Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 226
Märchenerzähler
im Olymp
Hippodameia, Peirithoos Weib
(Ilias 2/742; Tochter des Atrax, Gemahlin
des Peirithoos und Mutter des Polypoites)
Unterhielt die Seelen weiter.
Sie las ihnen zum Zeitvertreib
Ein
Märchen vor von einem Reiter
Der auf einem Rosse wunderbar
Ritt und grün gekleidet war.
Der Froschreiter
|
-Chinesisches Märchen- |
Es lebte einmal ein armes Ehepaar im
Hochgebirge, weit, weit entlegen. Sie bestellten ihr dürres Land, das am
Berghang lag, mit Kartoffeln und Chingko (einer Art Gerste). Ihr Leben war
mühsam und hart. Sie wurden älter und ihre Kräfte nahmen langsam ab; beide
sehnten sich nach einem Kind. Sie sprachen zueinander: "Wie schön wäre es,
ein Kind zu haben. Wenn wir dann alt sind, hätten wir jemand, der unser Land
pflügt, der die uns auferlegte Arbeit für den Chungpon (Hofbeamter, der die
Steuern eintreibt) tut und unser Feuerholz hackt. Dann könnten wir zwei, wenn
wir sehr alt sind, doch unsere krummen Rücken eine Weile am eigenen Feuerplatz
ausruhen."
So beteten die beiden inständig zum Gott
der Berge und Flüsse. Und bald wusste die Frau, dass sie ein Kind haben würde.
Sieben Monate später gebar sie, aber sie gebar eine Frosch mit dicken
hervorquellenden Augen, kein menschliches Baby. Der Mann sagte: "Was ist das
für ein seltsames Wesen! Das ist kein Baby, sondern ein Frosch mit
hervorquellenden Augen. Komm, wir werfen ihn hinaus." Die Frau hatte nicht
das Herz, so etwas zu tun, sie erwiderte: "Gott hat uns nicht erhört. Er
gab uns einen Frosch statt eines Kindes. Aber jedenfalls wurde uns der Frosch
geboren, deshalb wollen wir ihn auch nicht hinauswerfen. Frösche wohnen am
liebsten im Schlamm. Tu ihn in den Teich hinter unserem Haus und lass ihn dort
leben."
Der alte Mann nahm den Frosch hoch, um
ihn wegzutragen, da sprach der Frosch: "Vater und Mutter, bitte tut mich
nicht in den Tümpel. Ich wurde von einem Menschen geboren, so lasst mich auch
mit Menschen aufwachsen. Wenn ich erwachsen bin, will ich unser Land und das
Leben der Armen verändern." Der alte Mann erschrak und rief: "Frau,
was für ein sonderbares Wesen! Es spricht wie ein Mensch!"
"Aber was es sagte; war gut",
erwiderte die Frau. "Es ist höchste Zeit, dass sich die Dinge für uns arme
Leute ändern; denn so kann es nicht weitergehen. Es kann kein gewöhnlicher
Frosch sein, wenn er sprechen kann. Lass ihn bei uns bleiben." Sie waren
gutherzige Leute und der Frosch lebte bei ihnen, als wäre er wirklich ihr Kind.
Drei Jahre vergingen, und der Frosch
sah, wie hart und unermüdlich die zwei Alten täglich arbeiteten. Da sagte er
eines Tages zu der alten Frau: "Mutter, mach mir einen Brotfladen aus
groben Mehl und tu ihn für mich in einen Beutel. Ich werde morgen zu dem
Chungpon gehen, der am Ende des Tales in der Burg mit den sieben steinernen
Türmen wohnt, ich will ihn um die Hand seiner Töchter bitten. Er hat drei
schöne Töchter. Ich will die heiraten, die ein gutes Herz hat und tüchtig ist,
und werde sie heimbringen, damit sie euch bei eurer täglichen Arbeit
hilft." - "Lieber Sohn, mach nicht solche Scherze", sagte die
alte Frau. "Als ob jemand seine Tochter solch einem kleinen und hässlichen
Wesen wie dir zur Frau gäbe! Einem bloßen Frosch, den man ohne es zu merken
zertreten kann!" - "Mach mir den Brotfladen, Mutter"; sagte der
Frosch. "Er wird schon einverstanden sein."
Schließlich willigte die alte Frau ein.
"Nun gut, ich werde ihn für dich machen", sagte sie. "Aber was
ist, wenn seine Leute bei deinem Anblick Asche auf deinen Kopf streuen, so wie
sie es mit Ungeheuern tun?" "Nein, Mutter", sagte der Frosch,
"das werden sie nicht wagen." Und so machte die alte Frau am
nächsten Morgen eine dicken Brotfladen aus groben Mehl und tat ihn in einen
Beutel. Der Frosch hing den Beutel auf seinen Rücken und hüpfte talwärts zur
Burg des Chungpon mit den steinernen Türmen. Als er zum Tor kam, rief der
Frosch: "O Chungpon, Chungpon, öffne das Tor." Der Chungpon hörte
jemand rufen und schickte seinen Diener, um nachzusehen, wer da war. Der Diener
kam zurück, er sah überrascht aus. "Wie seltsam! Es ist nichts als ein Frosch,
Herr, ein sehr kleiner Frosch, der am Tor ruft."
Der Verwalter des Chungpon sagte mit
einer Stimme, die immer weiß was zu tun ist: "Chungpon, das muss ein
Ungeheuer sein. Lass uns Asche auf ihn werfen." Der Chungpon war nicht
einverstanden. "Nein, warte einen Moment. Es muss kein Ungeheuer
sein", sagte er. "Frösche leben gewöhnlich im Wasser. Mag sein, dass
er mit einer Botschaft aus dem Palast des Drachenkönigs kommt. Besprenge ihn
mit Milch, wie du es bei einem Gott tun würdest, und dann will ich ihn selber
sehen." Seine Diener taten, wie ihnen befohlen und gaben dem Frosch einen
Empfang, als wäre er ein Gott. Sie besprengten ihn mit Milch und sprühten auch
etwas Milch in die Luft.
Dann ging der Chungpon selbst zum Tor
und fragte: "Kleiner Frosch, kommst du aus dem Palast des Drachenkönigs?
Was wünscht du?" - "Ich komme nicht vom Drachenkönig", antwortete
der Frosch. "Ich komme aus eigenem Entschluss, weil deine drei Töchter
alle das Heiratsalter erreicht haben und ich eine mir zur Frau wünsche. Ich
komme als Freier. Gib mir bitte deine Zustimmung, dass ich eine von ihnen
heirate." Der Chungpon und seine Diener erschraken, und der Chungpon
sagte: "Du sprichst Unsinn, Frosch! Du bist so klein und hässlich, wie
sollst du zu meiner Tochter passen? Schon manch hoher Chungpon hat um die Hand
einer meiner Töchter angehalten und ich habe sie ihm verweigert. Und nun soll
ich eine meiner Töchter einem Frosch geben? Du bist verrückt" - "Oho!
Das heißt, du bist also nicht einverstanden", sagte der Frosch. "Na
schön. Wenn du deine Zustimmung nicht gibst, werde ich lachen." Der
Chungpon wurde wütend, als er das hörte. "Frosch, du bist verrückt. Wenn
du lachen willst, fang an."
Da begann der Frosch zu lachen. Sein
Gelächter war zehnmal, nein hundertmal lauter als ein ganzer Teich voll Frösche
in der Nacht. Als er lachte erbebte die Erde. Die hohen Türme von Chungpons
Burg zitterten, als würden sie zusammenbrechen. Risse zeigten sich in den Mauern.
Steinchen und Staub tanzten durch die Luft, und Himmel und Sonne verdunkelten
sich. Die Familie des Chungpon und seine Diener rannten hin und her in dem
großen Haus, stießen aneinander und wussten nicht, was sie tun sollten. Manche
trugen sogar Möbelstücke auf ihrem Kopf, als ob dies das Unglück abwehren
würde. In seiner Verzweiflung steckte der Chungpon den Kopf aus dem Fenster und
bat den Frosch: "Bitte lach nicht mehr, Fröschlein, sonst werden wir alle
erschlagen. Ich will meiner ältesten Tochter sagen, sie soll mit dir gehen und
deine Frau werden." Der Frosch hörte mit dem Gelächter auf. Allmählich
beruhigte sich die Erde und die Burg wurde wieder fest.
Es war Angst, die den Chungpon dazu
trieb, seine älteste Tochter dem Frosch zu geben. Er befahl seinen Dienern,
zwei Pferde heranzuschaffen; eines als ihr Reitpferd und das andere, um ihren
Brautschatz zu tragen. Die älteste Tochter war gar nicht damit einverstanden,
einen Frosch zu heiraten. Als sie das Pferd bestieg, bemerkte sie zwei kleine
Mühlsteine unter der Dachrinne; heimlich nahm sie den oberen Mühlstein und
verbarg ihn in ihrer Bluse. Der Frosch hüpfte voran, um den Weg zu zeigen, und
die älteste Tochter folgte zu Pferd. Die ganze Zeit spornte sie das Pferd an,
schneller zu laufen, da sie hoffte, den Frosch einzuholen und ihn mit den
Pferdehufen zu töten. Aber der Frosch hüpfte einmal nach links, einmal nach
rechts, so dass es ihr nicht gelang. Schließlich wurde sie so ungeduldig, dass
sie, als sie ganz nah am Frosch war, plötzlich den Mühlstein aus der Bluse riss
und ihn auf den hüpfenden Frosch warf; dann wendete sie ihr Pferd, um nach
Hause zu galoppieren.
Sie war kaum ein Stück geritten, als der
Frosch rief: "Halt, Mädchen! Ich habe dir etwas zu sagen." Sie drehte
sich um und sah den Frosch, von dem sie doch hoffte, sie hätte ihn zerschmettert.
Durch das Loch in der Mitte des Mühlsteins war er entkommen. Sie schrak zusammen
und hielt ihr Pferd zurück. Der Frosch sprach zu ihr: "Wir sind nicht
füreinander bestimmt. Geh nach Hause, denn das ist es doch, was du
wünscht." Und er nahm das Pferd beim Zügel und führte sie zurück.
Als sie ihres Vaters Burg erreicht
hatten, sagte der Frosch zu dem Chungpon: "Wir passen nicht zueinander,
deshalb habe ich sie zurückgebracht. Gib mir eine andere von deinen Töchtern,
die besser zu mir passt." - "Was für ein eingebildeter Frosch du bist
- du kennst nicht deinen Platz!" schrie der Chungpon wütend. "Da du
mir meine Tochter zurückbringst, will ich dir auch keine andere geben. Was soll
ich, ein Chungpon, es zulassen, dass du unter meinen Töchtern jede beliebige
aussuchst?" Er zitterte vor Zorn. "Ich nehme an, du bist also nicht
einverstanden", sagte der Frosch. Na schön, wenn du nicht zustimmst, werde
ich schreien." Der Chungpon dachte für sich, es wird wohl nichts
ausmachen, wenn er schreit; es wird nicht so gefährlich sein wie sein
Gelächter. So sagte er schlechtgelaunt: "Also schrei. Niemand wird sich
vor deinem Schreien fürchten."
Da schrie der Frosch. Sein Schreien
klang wie Sturzregen in einer Sommernacht. Als er anfing, verdunkelte sich der
Himmel. Donner rollte ringsum und Wasserfluten strömten die Berge hinab.
Schnell wurde des Land in Seen verwandelt; die Wasser stiegen und umfluteten
die Burg und die steinernen Türme. Der Chungpon und sein Gefolge stiegen auf
das flache Dach und drängten sich aneinander. Das Wasser war schon bis zum
Geländer gestiegen. Der Chungpon musste seinen Hals weit herüber recken, als er
zum Frosch hinunter schrie: "Hör auf mit dem Schreien, Frosch, sonst
kommen wir alle um. Ich will dir meine zweite Tochter geben."
Der Frosch hörte sofort mit dem Schreien
auf und die Wasser sanken langsam zurück. Der Chungpon gab wieder Befehl, zwei
Pferde heranzuführen - das eine für seine Tochter und das andere, um den
Brautschatz zu tragen; und er bat seine zweite Tochter, mit dem Frosch zu
gehen. Die zweite Tochter war ebenfalls nicht gewillt zu gehen. Sie nahm den
anderen Mühlstein, als sie das Pferd bestieg, und verbarg ihn in ihrer Bluse.
Unterwegs versuchte auch sie, den Frosch von ihrem Pferd zertrampeln zu lassen.
Und auch sie schleuderte den Mühlstein und wandte sich um zum Heimritt. Aber
der Frosch rief hinter ihr her: "Mädchen, wir sind nicht füreinander
bestimmt", sagte er. "Du kannst heimgehen." Und er nahm das
Pferd beim Zügel und führte sie zurück.
Der Frosch gab die zweite Tochter dem
Chungpon zurück und bat ihn um die Hand der Jüngsten. Diesmal war der Chungpon
außer sich vor Zorn. Er sagte mit fast erstickter Stimme: "Du gibst mir
meine älteste Tochter zurück und ich gebe dir meine zweite. Du gibst auch sie
zurück und nun willst du meine dritte Tochter. Du bist wirklich wahnsinnig.
Kein Chungpon in der ganzen Welt könnte sich das gefallen lassen. Du...du....
du hast wirklich keinen Respekt vor Recht und Ordnung." Er war von Wut so
überwältigt, dass ihm die Worte im Hals stecken blieben und er nichts mehr
sagen konnte. Niemals, so empfand er, hatte einer soviel durchmachen müssen
wie er jetzt. Der Frosch gab ganz ruhig zurück: "Warum wirst du so zornig,
Chungpon? Deine zwei ältesten Töchter wollten nicht mit mir gehen, deshalb
schickte ich sie zurück. Aber deine dritte Tochter will. Warum also soll sie
nicht mit mir kommen?" - "Nein, nein, nein!" sagte der Chungpon
mit hasserfüllter Stimme. "Kein Mädchen will einen Frosch heiraten. Ich
habe dir zum letzten Mal deinen Willen gelassen." - "Du verweigerst
deine Zustimmung also?" sagte der Frosch. "Wenn du mir meinen Wunsch
nicht gewährst, werde ich springen." Der Chungpon erschrak zutiefst, aber
der Zorn überwältigte ihn so, dass er schrie: "Du kannst springen wie du
willst. Ich will nicht länger ein Chungpon sein, wenn ich dein Springen
fürchte."
Da sprang der Frosch. Als er sprang,
erbebte die Erde, hob und senkte sich wie eine Welle in stürmischer See. Die
Berge ringsum wankten so stark, dass einer gegen den anderen stieß, und
Felsgestein und Sand in den Himmel flogen, dass die Sonne sich verdunkelte.
Auch die Mauern und Türme von Chungpons Burg wankten so sehr, dass es schien,
als fielen sie jeden Augenblick zusammen. Da blieb dem Chungpon nichts übrig,
als sich in all dem Staub zu erheben und zu versprechen, ihm die Hand seiner
dritten Tochter zu geben. Der Frosch hörte augenblicklich auf zu springen. Erde
und Berge kamen wieder zur Ruhe. Der Chungpon war gezwungen, nun auch seine
dritte Tochter fortzuschicken, mit ihrem Pferd und einem zweiten dabei, das den
Brautschatz trug.
Die dritte Tochter hatte, anders als
ihre Schwestern, ein gutes Herz. Sie dachte, dass der Frosch sehr klug sein
müsste und willigte ein, mit ihm mitzugehen. Da nahm der Frosch sie mit nach
Hause. Seine Mutter war erstaunt, als sie beide an der Tür empfing. Denk nur,
mein kleines hässliches Kind hat solch eine schöne Frau bekommen, dachte sie.
Das Mädchen war voller Fleiß und ging täglich mit der Mutter aufs Feld
arbeiten. Dafür liebte die alte Frau sie sehr und wurde auch von der jungen
hochgeachtet. Die Mutter war sehr glücklich
Es wurde Herbstzeit. In jener Gegend war
es Sitte, jedes Jahr ein großes Pferderennen abzuhalten, Reich und Arm kamen
aus einem Umkreis von vielen Meilen zusammen mit ihren Rundzelten aus Fell und
dem frischgeernteten Korn. Sie verbrannten Weihrauchstäbchen zu Ehren der
Götter, tanzten, tranken Wein und veranstalteten Wettkämpfe. Die jungen Männer
suchten sich dort ihre Mädchen aus. Dies Jahr wünschte die Mutter, dass der
Frosch mitkäme, aber er weigerte sich. "Ich will nicht gehen, Mutter. Da
sind endlose Berge zu besteigen. Das ist zu weit für mich." Und er blieb
zu Hause, während die anderen fortgingen.
Sieben Tage dauerte das Fest. Die
letzten drei Tage gehörten den Pferderennen. Am Ende jedes Tages wurden die
Sieger des Rennens von tanzenden jungen Mädchen umringt und in die Zelte ihrer
Väter, Mütter und Brüder eingeladen, um dort den Chigko-Wein zu trinken, den
die Mädchen in großen irdenen Krügen zubereiteten. Als am dritten Tag das
letzte Rennen gerade begann, kam ein junger Mann, ganz grüngekleidet, auf
einem grünen Pferd angeritten und betrat mit ihm die Rennbahn. Er war
stattlich und von kräftigem Wuchs. Seine Kleider waren aus bestem Brokat und
Silber, sein Sattel mit Silber, Gold und Rubinen verziert. Ein mit Silber und
Korallen beschlagenes Gewehr hing an seiner Schulter. Jeder starrte zu ihm
hinüber, als er um Erlaubnis bat, am letzten Rennen teilzunehmen. Als dann das
Rennen begann, schien er nicht in Eile zu sein; er machte sich noch an seinem
Sattel zu schaffen, da waren die anderen jungen Reiter schon fortgaloppiert.
Aber er holte sie im Nu ein. Alle anderen Reiter achteten nur auf das Rennen,
wie sie so über das weite Feld galoppierten, doch der Fremde lud mitten im
Reiten sein Gewehr und schoss drei Adler herunter, die über ihm kreisten, jeden
mit einem Schuss vom Pferderücken aus. Als er an den Zuschauern vorbeiritt,
sprang er links vom Pferd herab, hob die schönsten goldenen Blumen auf und warf
sie den Leuten zur Linken zu; dann sprang er rechts herab, hob einige
Silberblumen auf und warf sie den Leuten zur Rechten zu. Wieder ritt er
vorwärts, und als er über die grünen Wiesen preschte, waren nur noch die
Pferdehufe zu sehen, wie sie den Rasen aufwühlten; es sah aus, als ob er durch
grüne Wolken ritt. Die Leute standen wie gebannt. Er überholte alle anderen Reiter
und war der erste am Ziel.
Jeder bei diesem Pferderennen war hell
begeistert, alte Männer und Frauen, die frommen Lama-Priester und die jungen
Mädchen. Ein Geraune ging durch die Menge: "Wo kommt er her? Wie ist sein
Name?" - "Er schoss vom Pferderücken aus und er sprang links vom
Pferd nach den goldenen Blumen und rechts nach den silbernen. Nie zuvor hatte
man so etwas gesehen!"- "Was für ein starker, was für ein schöner
junger Mann! Seht nur den prächtigen Sattel, sein Pferd, die Seide und den
kostbaren Brokat!" - "Wo ist nur das Mädchen, das zu solch einem Mann
passen könnte?" Die jungen Mädchen umringten den Sieger, sangen und
tanzten um ihn herum und luden ihn ein in ihre Zelte, damit er mit ihnen
Chingko-Wein trinke, den sie in großen irdenen Krügen zubereitet hatten. Doch
als die Sonne unterging, sprang der junge Mann schnell auf sein Pferd und ritt
davon ohne Abschied zu nehmen, in die Richtung, aus der die Braut des Frosches
und ihre Schwiegereltern gekommen waren. Alle Menschen sahen dem Staub nach,
der von den Hufen des grünen Pferdes aufwirbelte.
Die Braut des Frosches wunderte sich,
woher der junge Reiter wohl kam und auch sie dachte, wie schön und stark er
doch war. Sie hätte auch gern seinen Namen gewusst und warum er so schnell
davon geritten war, als die Sonne unterging. Vielleicht, dachte sie, lebt er
sehr weit von hier. Und als sie heimging, war sie, wie alle anderen auch, immer
noch verwirrt. Der Frosch erwartete sie an der Tür. Alle begannen nun, ihm von
dem Pferderennen zu erzählen; und sie waren überrascht, als sie herausfanden,
dass er alles über die Ereignisse dort bereits wusste, selbst von dem
unbekannten jungen Reiter -wusste er, bevor sie ihm davon erzählt hatten.
Nächstes Jahr, als es Herbst wurde,
sollte das Rennen wieder am gleichen Platz stattfinden. Vater, Mutter und das
Mädchen gingen wieder hin. Als die Zeit kam für die Pferderennen, dachten alle
Leute an den grün gekleideten Reiter und sein grünes Pferd. Dieses Jahr sagten
viele: "Wenn er diesmal kommt, müssen wir seinen Namen herausfinden, wo er
lebt und unter welchem Chungpon." Am letzten Tag, vor dem Start zum
letzten Rennen, betrat der Reiter in grünen Kleidern auf seinem grünen Pferd
die Rennbahn. Er kam so plötzlich, als wenn er vom Himmel herabgestiegen wäre.
Wieder hatte er sein schönes Gewehr bei sich, aber er trug diesmal ein noch
prächtigeres Brokatgewand. Er setzte sich hin und trank Tee, während alle
anderen Reiter schon mit dem Rennen begonnen hatten. Dann bestieg er sein Pferd
und schon im Galopp lud er wie letztes Jahr sein Gewehr und schoss drei Adler
herunter. Er sprang links herab und hob goldene Blumen auf, um sie den Leuten
zur Linken zuzuwerfen, und er sprang rechts herab und hob silberne Blumen auf,
um sie den Leuten zur Rechten zuzuwerfen, als er an ihnen vorbei ritt. Dann
preschte er weiter, so schnell als ob er auf einer Wolke ritt. Nichts als eine
grüne Wolke war zu sehen, die über die Wiese stob. Wieder war er der erste am
Ziel.
Wie immer sangen und tanzten die jungen
Mädchen zu Ehren der schnellen Reiter. Aber sie sangen und tanzten mit
besonderer Begeisterung für diesen jungen Mann und luden ihn vor allen anderen
ein, in ihren Zelten den Chingko-Wein zu trinken, den sie in großen irdenen
Krügen zubereitet hatten. Als die Sonne unterging, eilte er wieder fort, bevor
sie ihm Lebewohl sagen konnten. Die alten Männer und Frauen, die Lama-Priester
und die zärtlichen jungen Mädchen starrten auf den Staub, der unter den
Pferdehufen aufwirbelte, und ein wahrer Tumult brach aus, als wieder jeder den
anderen fragte, wer das wohl sein könnte und woher er käme. Aber auch dieses
Jahr hatten sie unterlassen ihn zu fragen, bevor er gegangen war.
Als das alte Paar und das Mädchen
heimkamen, fanden sie wieder heraus, dass auch diesmal der Frosch alles wusste,
was sich ereignet hatte, und dass der junge Mann der Sieger gewesen, obwohl er
als Letzter gestartet war. Das Mädchen wunderte sich: Wie konnte er alles
wissen, wenn er nicht dabei gewesen war. Warum musste der junge Mann vor
Sonnenuntergang fortgehen? Und warum ritt er in die gleiche Richtung davon wie
sie? Konnte solch ein guter Reiter wirklich aus der Menschenwelt kommen? Und
was für ein schöner, starker und netter junger Mann er war! Da beschloss sie,
der Sache auf den Grund zu gehen.
Es schien nur ein Augenblick lang, da
war es schon wieder Zeit zum jährlichen Rennen. Das Mädchen ging wie gewöhnlich
mit den Eltern, um Weihrauchstäbchen zu verbrennen, zu tanzen und Wein zu
trinken. Aber am letzten Tag, dem Tag des großen Rennens, sagte das Mädchen
zur Mutter: "Mutter, ich fühle mich nicht gut. Mein Kopf ist so schwer,
als wöge er tausend Pfund. Ich möchte nach Hause gehen. Las mich den Maulesel
nehmen und jetzt ziehen." Die Eltern waren immer sehr rücksichtsvoll zu
ihr und ließen sie mit dem Maulesel, der ihr Zelt trug, heimziehen. Sowie sie
aus der Sicht der Eltern war, trieb sie den Maulesel zu schnellem Trab an. Als
sie nach Hause kam, war das erste, was sie tat, nach dem Frosch zu sehen. Aber
sie konnte ihn nirgends finden. Doch dann, am Feuerplatz, fand sie eine leere
Froschhaut, die genau wie die ihres Mannes aussah. Sie nahm sie auf und vergoss
Tränen der Freude und rief laut: "Ja, er ist der grüne Reiter! O Gott, wie
glücklich bin ich! Ich habe einen Mann, der so schön und so stark ist und ein
so wundervoller Reiter. Nun weiß ich aber nicht, ob ich jemals für ihn die
richtige Frau bin! Was für ein glückliches Mädchen bin ich! Und zugleich was
für ein armes Mädchen bin ich!" Sie trocknete ihre Tränen, aber sie
flossen noch immer. Wieder und wieder blickte sie auf die Froschhaut und sagte
grollend: "Warum musst du solch abscheuliche Haut tragen? Warum musst du
so klein und hässlich sein? Möchtest du denn lieber ein Frosch sein als mein
richtiger Ehemann?" Sie fühlte solchen Hass gegen die Haut, dass sie
beschloss, sie zu verbrennen. Anderenfalls, dachte sie, wird er sich, wenn er
heimkommt, sofort wieder in den kleinen schrecklichen Frosch verwandeln. So tat
sie es denn und verbrannte die Haut.
Es war gerade Sonnenuntergang, als sie
die Haut verbrannte. Da plötzlich ritt der junge Mann vor auf seinem Pferd, wie
eine grüne Wolke, die vom Himmel herabkam. Er wurde blass vor Schrecken, als er
sah, wie seine Haut verbrannte, und sprang von seinem Pferd, um die Haut dem
Feuer zu entreißen. Zu spät: nur ein Bein war übrig. Er stieß einen tiefen
Seufzer aus und fiel schlaff zusammen auf einem großen Stein, der vor dem Haus
lag. Das Mädchen erschrak und lief, um ihm ins Haus hinein zu helfen.
"Mein lieber Mann", sagte sie traurig, "du bist in Wirklichkeit
ein so schöner junger Mensch und so ein guter Reiter. Warum willst du ein
Frosch sein? Andere Mädchen haben Menschen als Ehemann, aber mein Ehemann ist
ein Frosch! Weißt du nicht, wie unglücklich mich das macht?"
Der junge Mann antwortete:
"Mädchen, du warst zu ungeduldig. Was du tatest, tatest du zu früh. Du
hättest warten sollen, bis ich genügend Kraft habe, dann hätten wir glücklich
zusammenleben können. Nun werde ich nicht weiterleben und die Menschen werden
kein Glück haben." - "Habe ich denn Unrecht getan?" fragte das
Mädchen. "Was soll ich nun tun?" - "Es ist nicht dein Fehler.
Ich war zu sorglos", sagte der junge Mann. "Ich wollte meine Kräfte
erproben. Darum ging ich zu dem Wettkampf. Aber nun können weder die Menschen
noch wir glücklich werden. Ich bin kein gewöhnlicher Mensch, sondern der Sohn
der Mutter Erde. Hätte ich genügend Stärke erworben, so wollte ich mich erheben
und für die Menschen arbeiten. Denn ich möchte eine Welt sehen, in der die
Armen nicht länger von den Reichen zertreten und die einfachen Leute nicht mehr
von den Herrschenden unterdrückt werden. Ich möchte einen Weg finden, auf dem
wir leicht in das wunderbare Peking gelangen können, um dort unser Vieh gegen
Korn einzutauschen, im Handel mit unseren Brüdern, den Han-Leuten. Aber ich bin
jetzt noch nicht alt genug und habe noch nicht meine ganze Stärke erreicht. Ich
kann noch nicht durch die kalte Nacht kommen ohne meine Froschhaut und ich
werde sterben, bevor der Tag anbricht. Es wäre hier warm genug, wenn ich meine
volle Kraft erlangt hätte, und ich hätte meine Arbeit für die Menschen tun
können. Dann wäre unser Leben leicht geworden und ich hätte ohne meine
Froschhaut leben können. Aber es ist noch zu früh. Ich kann hier nicht bleiben.
Ich muss zurück zu meiner Mutter, noch heute Nacht."
Tränen traten in die Augen des Mädchens,
als sie dies hörte. Sie umklammerte den geschwächten Körper ihres Mannes mit
ihren Armen und sagte tieftraurig: "O, mein lieber Mann, du darfst nicht
sterben! Du musst leben. Ich will nicht glauben, dass du nicht leben
kannst." Das Mädchen weinte so herzzerreißend, dass er schließlich ihre
Hand nahm und sagte: "Mein junges Weib, gräme dich nicht so. Wenn du wirklich
möchtest, dass ich lebe, so gibt es noch etwas, was du tun kannst." Er
zeigte nach Westen. "Aber das kann nur geschehen, wenn es Gottes Wille
ist und mit seiner Erlaubnis geschieht. Setz dich sofort auf mein Pferd; noch
ist es Zeit, weil mein Pferd schnellfüßig ist. Es wird dich nach Westen tragen,
wo ein Himmelspalast steht zwischen roten Wolken. Geh hinein und rufe Gott an.
Bitte ihn um drei Dinge im Namen des Glücks aller Menschen, bitte ihn, sie zu
versprechen, bevor der Tag anbricht. Merke sie dir gut: Das erste ist, dass die
Menschen nicht länger in reich und arm geteilt sind; das zweite ist, dass die
einfachen Leute nicht von den Herrschenden unterdrückt werden, und das dritte
ist, dass da ein Weg gefunden wird, wie wir nach Peking gelangen und dort einen
Markt haben für unsere Rinder und Schafe und dort andere Waren kaufen können
von unseren Brüdern, den Han-Leuten. Wenn Gott dies verspricht, werden wir ein
warmes und heiteres Leben haben und ich werde ohne meine Froschhaut leben
können, auch in der Nacht. Und dann werde ich nicht sterben müssen."
Das Mädchen sprang sofort auf das Pferd
und galoppierte davon. Es sah aus, als flöge sie in den Himmel. Der Wind pfiff
hinter ihr her und sie überholte die blitzenden weißen Wolken. Zuletzt kam sie
zu dem Himmelspalast, der rosagolden wie die Sonne schimmerte. Sie trat ein und
trug Gott ihre Bitte vor. Gott war gerührt vor der Aufrichtigkeit und erhörte
ihre Bitten. Gott sagte zu Ihr: "Weil du aufrichtig bist, will ich dir all
deine Bitten erfüllen. Doch bevor der Tag anbricht, musst du in alle Häuser der
Menschen in deinem Tal gegangen sein, um ihnen die Nachricht zu bringen. Die
Bitten werden nur erfüllt, wenn alle Menschen vor Sonnenaufgang davon gehört
haben. Und es wird nicht länger kalt sein in diesem Teil des Landes und dein
Ehemann wird die Nacht ohne Froschhaut verbringen können." Das Mädchen
freute sich. Sie dankte Gott, stieg ohne zu zögern auf ihr Pferd und wandte
sich heimwärts, um vor Sonnenaufgang die Nachricht jeder Familie zu bringen.
Aber als sie in das Tal kam, stand ihr
Vater, der Chungpon, am Tor seiner Burg. Als er seine Tochter heranreiten sah,
rief er: "Was ist, Tochter, was ist geschehen? Warum reitest du zu dieser
späten Stunde aus?" - "O, Vater, es ist wirklich etwas geschehen!"
erwiderte die Tochter: "Gott hat mir etwas Wunderbares versprochen. Jetzt
gehe ich in jedes Haus, um es allen Menschen zu sagen." - "Warum so
eilig? Halt an und sage mir, was Gott dir versprochen hat", sagte der
Chungpon. "Vater, es ist keine Zeit dafür, um anzuhalten und es dir zu
erzählen", erwiderte das Mädchen. "Ich werde es dir später
sagen." - "Das wirst du nicht tun", sagte ihr Vater. "Ich
bin der Chungpon, nicht wahr? Du musst es mir zuerst erzählen." Und er
schritt die Stufen herab und hielt die Zügel des Pferdes fest.
Das Mädchen wusste, sie musste schnell
von ihm loskommen, so erzählte sie ihm alles. "Gott versprach uns drei
Dinge", begann sie. "Das erste ist, dass es keinen Unterschied geben
soll zwischen reich und arm." Der Chungpon runzelte die Stirn und fuhr sie
an: "Wenn da kein Unterschied zwischen reich und arm ist, dann gibt es
auch keine Rangunterschiede zwischen den Menschen. Wie sollen deine Schwestern
dann eine Mitgift bekommen, he?" Er hielt die Zügel noch fester. "Das
nächste ist, dass die einfachen Leute nicht von den Herrschenden unterdrückt
werden." - "Nicht unterdrückt von den Herrschenden, in der Tat! Wer
wird denn die Arbeit für uns tun? Wer wird unsere Rinder und Schafe
hüten?" Er ärgerte sich über die Maßen, dann fragte er, was das dritte
Versprechen sei. "Dass da ein Weg gefunden wird, wie wir nach Peking
gelangen, um dort unsere Rinder und Schafe unseren Han-Brüdern zu verkaufen und
ihre Waren einzuhandeln. O, Vater, wenn dies alles wahr wird, wird es schön und
warm hier sein, so dass..."
Aber der Chungpon wollte nicht zu Ende
hören. "Das ist alles Unsinn", brüllte er. "Wir machen es jetzt
ganz gut mit unseren Rindern und Schafen. Warum müssen wir die Waren von den
Han-Leuten haben? Das sind sicher nicht Gottes Befehle. Ich glaube nicht ein
Wort davon. Ich werde nicht zulassen, dass du solche Dinge den Menschen
erzählst." "Ich kann hier nicht länger bleiben, Vater", schrie
das Mädchen. "Lass mich gehen!" Sie versuchte davonzureiten, aber
ihr Vater wollte nicht die Zügel freigeben. Das Mädchen war außer sich vor Zorn
und kämpfte mit ihm wie rasend.
Da krähte der Hahn. Das Mädchen sprang
auf und versuchte, das Pferd anzuspornen. Aber noch immer hielt der Chungpon es
fest. Der Chungpon keuchte und schrie seine Tochter an: "Bist du verrückt?
Willst du, dass deine Schwestern ohne Mitgift heiraten? Willst du deinen Vater
herabwürdigen und ihn seine eigene Arbeit tun lassen? Wer soll das Vieh hüten?
Wer soll das Land pflügen? Bist du verrückt" Das Mädchen wusste nicht, was
es tun sollte. Der Hahn krähte zum zweiten Mal, und da stand sie, noch immer
mit dem Chungpon kämpfend. Verzweifelt peitschte sie ihr Pferd mit aller Kraft.
Das Pferd bäumte sich auf in die Luft und warf den Chungpon zu Boden. Sie hatte
erst ein Haus im Tal erreicht, als der Hahn zum dritten Mal krähte. Das
Morgenlicht erhellte schon den Himmel und nur wenige Menschen hatten das
Versprechen Gottes gehört.
Dem Mädchen wurde das Herz schwer. Der
Morgen kam und sie hatte es nicht geschafft. Es war zu spät. Alles was sie tun
konnte, war nach Hause zu eilen. Sie fand die zwei alten Leute weinend neben
dem jungen Mann, und ihre Schwiegermutter sagte Gebete her für den Toten. So
war alles vergeblich gewesen. Sie fiel auf den Körper des geliebten Mannes und
weinte bitterlich und klagte sich und ihren Vater an.
Der Leichnam des Froschreiters wurde auf
einem Felsvorsprung auf halber Höhe des Berges begraben. Und jeden Abend in der
Dämmerung weinte das Mädchen an seinem Grab, bis sie eines Tages in einen Stein
verwandelt war. Nun wurde ihr Weinen nicht länger gehört.
wird fortgesetzt
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