Sonntag, 22. Juli 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 182
Märchenerzähler im Olymp

Übergangslos ging es weiter.
Ephialtes, der tapfere Streiter,
(Ilias 5/385; Sohn des Aloeus, Bruder
des Otos, hält mit dem den Ares gefangen)
Der Ares einst gefangen nahm,
Als nächster auf das Podium kam.
"Ich hab euch etwas mitgebracht
Was euch sicher Freude macht"
Sprach Otos Bruder, des Aloeus Sohn.
Dann, mit Verbindlichkeit im Ton,
Trug er, er war ein ausgekochter
Erzähler, von einer Königstochter
Das Märchen, alle waren schon ganz Ohr,
Und der Schorfkröte, den Seelen vor.

Die Königstochter
und die Schorfkröte


Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter. Das war eine rechte Wildtaube, trieb sich am liebsten mit den Jungen herum und sprang vom Morgen bis zum Abend über Block und Stock. Als sie zehn Jahre alt geworden war, lag sie den ganzen Tag mit ihrem Boot auf dem Wasser, und dabei kam es einmal, dass ihr das goldene Geschmeide, welches ihr der alte König zum Geburtstag geschenkt hatte, vom Arme glitt und in das Wasser fiel. Da war die Not groß, denn das Armband war von unermesslichem Werte, und der König sah auf das Geld; er ließ darum alle Fischer seines Königreiches kommen, die mussten eine Woche lang den See abfischen. Aber obgleich sie Tag und Nacht arbeiteten und den ganzen Grund aufwühlten, sie konnten das Geschmeide nicht finden; es war verschwunden und blieb verschwunden.

Eines Tages stand die Prinzessin am Strande und sah betrübt vor sich hin, da plätscherte es im Wasser, und eine große, dicke Schorfkröte kam auf den Sand gekrochen und glotzte die Prinzessin an und sprach: »Was gibst du mir, wenn ich dir das Armband wieder schaffe?« – »Ein Goldstück so groß, wie ein Taler!« antwortete die Königstochter hastig, denn Lieberes konnte ihr auf der ganzen Welt nicht geschehen, als das Armband wieder zu bekommen; aber die Schorfkröte sprach: »Für Gold und Silber schaff' ich dir das Geschmeide nicht; doch wenn du mir drei Wünsche gewährst, tauch' ich es dir aus dem Seegrund herauf.« Sagte die Prinzessin: »Da muss ich schnell meinen Vater fragen,« und husch war sie im Schloss und im Zimmer des alten Königs und erzählte ihm den Handel. »Was wird sich eine alte, dicke Schorfkröte wünschen,« dachte der König, »und am Ende ist das Armband drei Wünsche wert;« er erlaubte darum seiner Tochter, der Schorfkröte das Versprechen zu geben. Ei, was war das plumpe Tier froh, als es die Worte der Königstochter hörte, eins fix drei war es wieder im Wasser, und noch ein paar Augenblicke, so patschte es aus dem See heraus und trug das Armband um den Hals gehängt. Die Prinzessin nahm es geschwind ab und fragte nach den drei Wünschen. »Die fordere ich, wenn es mir passt,« antwortete die Kröte und kroch in das Wasser; die Königstochter aber lief mit ihrem Armband zum Schlosse und wusste sich vor Freude gar nicht zu lassen. Die Prinzessin war mittlerweile achtzehn Jahre alt geworden und hatte die Geschichte mit dem Armband schon ganz vergessen, da klopfte es eines Tages, als sie gerade mit Vater und Mutter bei Tische saß, an die Türe. Der Diener lief und machte auf; patsch, patsch kam die dicke Schorfkröte herein gekrochen und sprach: »Prinzesschen, ich komme heute um ein Rätselchen. Mein erster Wunsch soll sein, dass ich drei Wochen lang mit dir an Königs Tisch speise.« – »Daraus wird nichts!« sagte die Prinzessin. »Du hast mir aber versprochen, dass ich drei Wünsche frei haben solle für das Armband,« erwiderte die Schorfkröte. Sagte der alte König: »Was versprochen ist, muss gehalten werden,« und damit war die Sache abgemacht. Der Diener musste das Tier auf einen Stuhl neben die Prinzessin setzen, vor ihm stand ein Tellerchen, und die Königstochter legte darauf von allen Speisen, die auf den Tisch kamen.

Als die drei Wochen vergangen waren, sprach die Schorfkröte: »Jetzt tu ich den zweiten Wunsch. Du sollst mir jeden Morgen mein Bettchen machen, und ich will drei Wochen lang im Schlosse schlafen.« – »Nun seht einmal die närrische Kröte an,« sagte die Prinzessin und wollte davon nichts wissen. Aber wenn der alte König auch sehr auf das Geld sah, ein rechtschaffenes Herz hatte er darum doch, und er sprach: »Das hilft nicht; du hast's versprochen, und was ein Mensch versprochen hat, muss er auch halten, der König und Königskinder vornehmlich.« So wurde der dicken Schorfkröte auch der zweite Wunsch erfüllt; sie schlief drei Wochen lang in dem Schlosse, und jeden Morgen machte ihr die Prinzessin das Bettchen.

Nachdem die Zeit verflossen war, kam die Königstochter in große Sorgen, was sich das unverschämte Tier zum Dritten wünschen möchte. Und richtig, es war auch schlimm genug! »Prinzesschen,« sagte die Schorfkröte, »jetzt habe ich noch einen Wunsch frei, und da wünsche ich mir denn, dass ich drei Wochen lang neben dir in deinem Bettchen schlafe.« Die Königstochter hatte sich nun zwar schon an das Tier gewöhnt, auch schien es ihr lange nicht mehr so hässlich und garstig, wie im Anfang; aber als sie diese Worte hörte, hielt sie sich doch die Ohren zu und lief zu dem alten König und sprach: »Vater, das dritte kann ich nicht tun. Das kalte glibbrige, glabbrige Ding will in meinem warmen Bettchen schlafen!« Der König wusste noch gar nicht, was seine Tochter wollte; als er aber erfuhr, dass es sich um die dritte Bitte der Kröte handle, sagte er: »Liebes Kind, das hilft nicht; wer A sagt, muss auch B sagen; du hast das Versprechen gegeben und musst es auch halten.«

"Du hast ein Versprechen gegeben 

und musst es auch halten"

 – »Aber ich lege mein Röckchen dazwischen,« rief die Prinzessin, und das tat sie auch, damit ihr das Tier ja nicht zu nahe käme. Auch zählte sie die Tage an ihren zehn Fingern ab, so sehr sehnte sie sich, dass sie den hässlichen Gast los würde. Als nun die letzte Nacht vergangen war und der Morgen dämmerte und die Prinzessin sich herum drehte und eben zugreifen wollte, um die Schorfkröte aus dem Bette zu werfen, was erblickte sie da? Da war's keine Schorfkröte mehr, sondern ein wunderschöner Prinz, mit einem goldenen Stern auf der Brust. Der erzählte ihr, dass er in eine Schorfkröte verwünscht gewesen sei, nun aber habe sie ihn erlöst, und wenn sie es wolle, würde er sie gern zur Frau nehmen. Das war freilich etwas anderes, als die garstige Schorfkröte, und sie sagte sogleich ja, und nachdem sie sich angekleidet hatten, gingen sie zu dem alten König und baten ihn um seinen Segen. Der ließ noch an demselben Tage Verlobung und Hochzeit zugleich feiern, und als er starb, wurde der Prinz sein Nachfolger im Reich. Dort lebte er mit seiner jungen Frau Königin in Glück und in Frieden, und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch.

Quelle: Ulrich Jahn: Volksmärchen aus Pommern und Rügen l, Norden/Leipzig 1891,

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.