Dienstag, 8. Januar 2013


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 11 - 24
 6. Kriegstag
 - Moorgeckers Rache  -

Käslochschnitzer, ein Mäuseheld
Hatte draußen just im Feld,
Im Streite, ohne lang zu zagen,
Moorgecker den Schenkel abgeschlagen.
Er säuberte des Schwertes Schneide
Und stieß zurück es in die Scheide.
"Du verfluchter Schwanzloslurch
Ich schneide dir die Kehle durch"
Schrie er den Grünen dabei an,
"Wenn du mir nochmal irgendwann
In die Quere kommst, bring ich dich um."

  
Der Frosch saß vor ihm blutend stumm.
Er sah sein abgeschlag'nes Bein
Vor sich im Blute liegen
Er dacht. "Was ist die Maus gemein,
Nun werd ich wohl ein Holzbein kriegen.
Dann wurd ihm schlecht. Besinnungslos
Sank er zu Boden. Rigoros
Wurd er der Waffen dann beraubt.
Alles hat man abgestaubt.
Als er wieder zu sich kam
Ein Stück Schilfrohr er sich nahm
Das er anspitzte zum Speer.
Mit diesem in der Diebstahlssache,
Ohn' seinen Schild zur Feindabwehr,
Nahm er an den Mäusen Rache.


Auf einem Beine hüpfte er
Den grauen Halunken hinterher.
Hundert hat er in der Schlacht
Sicherlich noch umgebracht
Und Dutzenden brach er die Knochen,
Dass siechend sie sind heimgekrochen.
Er wütete im Rachewahn
Durch das ganze, weite Land
Vom Teiche bis zum Schilfrohrrand.
So wie dereinst Dschingis Khan
Mähte er die Feinde nieder
Und brach ihnen alle Glieder.
Es war Mord und Todschlag pur
Auf die fürchterlichste Weise.
Hinter ihm die Todesspur
Glich einer Vernichtungsschneise
Wie ein Orkan sie hinterlässt.


Was übrig blieb als roter Rest
Ward ein Strom von Mäuseblut.
Auf einem Bein, mit Todesmut
Kämpfte er bis nah am Bach
Er erschöpft zusammenbrach.
Der Kreislauf war ihm kollabiert.
Beinahe wäre er krepiert.
Er hatte Glück, dass man ihn fand.
Pfrösch schleppte ihn zum Rinnsalrand,
Und hat zwecks Überleben
Zu trinken ihm gegeben.


Als er endlich zu sich kam
Der Retter ihn beiseite nahm.

"Du musst" sprach er zum Kameraden
"Den Schenkel in Kamille baden,
Sonst kommt der Wundbrand noch hinein
Und das könnt dann dein Ende sein."

"Wie soll den Schenkel ich zum Bade
Bringen" hat Moorgecker darauf gelacht:
"Den hab samt Flossen und der Wade
Ich doch verloren in der Schlacht!"

Da musste auch der andre grinsen.
"Ich mach" sprach er, "aus ein paar Binsen
Dir zwei Krücken, du wirst seh'n,
Damit kannst du wieder geh'n.


Gesagt, getan, um kurz vor acht
Verabschiedeten sich die zwei.
Pfrösch musst hinaus erneut zur Schlacht.
Für Moorgecker war sie vorbei.
Der starb später dann im Bett
Am Wundbrande im Lazarett.
Die Krücken bekam sein Nachtbar; der
Hatte gar keine Schenkel und Beine mehr.

Wie es Pfrösch im Krieg erging,
Ob er sich einen Speer einfing
Oder anderswie gefallen ist
Weiß keiner. Doch er wird vermisst!

Als sicher gilt indes hingegen
Dass Quäker fiel, der gar verwegen
Sich im Kampfe hat geschlagen.
Doch keiner konnte später sagen,
Als man ihn tot am Froschpfuhlrand
Auf der Kieselsteinbank fand,
Wie er zu Tod gekommen war.
Womöglich hat der Adebar,
Der Frösche manchmal gerne neckt
Den tapfern Kerl zu Tod erschreckt.

Krotsch schloss den toten Kameraden
In seine Arme. Schuldbeladen
Weinte eine Träne er.


Doch das half nun auch nichts mehr!
"An der Front im Waffenstreite
Stand Quäker stets mir treu zur Seite."
So dachte er, drum lud er sich
Den Kumpel auf. Gar ritterlich
Trug er ihn heim zu seinem Weib.
Wie Aias seinen Freund Achill
Auf dem Rücken heim trug still,
So trug zum weiteren Verbleib,
Er Quäker, ach es war ein Graus,
Nach Froschbachau heim in sein Haus,
Ach, es war ein schwerer Gang,
Wo der Freund gewohnt hatte bislang.


Dort wurde er dann aufgebahrt
Und so lange noch aufbewahrt,
Bis all die lieben Anverwandten,
Kinder, Onkeln, Enkel und Tanten,


Die von weither sind gekommen
Hatten Abschied all genommen.

Danach gab es im Trauerhaus,
Wie's üblich war den Leichenschmaus

Bei dem, nach alter Tradition
Wie kürzlich erst beim Moorbaron,
Die Trauergemeinde stundenlang
Die Heldentaten all besang
Welche Witwe Krötis Gatte
Sich in der Schlacht geleistet hatte.

Danach am späten Abend dann
Die Erbschaftsstreiterei begann.

Der Bruder wollt das Buckelschwert,
Der Schwager Quäkers Degen.
Der Erstgebor'ne ehrenwert,
Hatte nichts dagegen.
Onkel Marsgäggert der Schelm,
Dem Verblichenen bislang wenig hold,
Bestand darauf, dass ihm der Helm
Des Toten zugesprochen wurd,
Denn er wusst' der ist aus Gold.
Tante Prooz, es war absurd
Bekam am End den Lederschild
Mit Apollos Jugendbild
Das drauf ganz fein ziseliert,
Ins Metall war eingraviert.
Die lieben Enkel, all noch Quappen
Durften die Schulden dann berappen
Die der Kriegsheld Nacht für Nacht
In der Kantine hatt' gemacht.
Die Witwe hat das Bett bekommen.
In das hat Krotsch sie mitgenommen.

Als Dank dafür, dass er den toten
Gatten hatt' nach Haus gebracht,
Hat sie sich ihm nun angeboten.
Er hat nicht lange nachgedacht
Und den Dank gern angenommen.
So ist auch er zu was gekommen.

Sie dacht dabei an ihren Mann
Mit dem sie immer glücklich war.
"Mit mir bist du viel besser dran"
Machte indessen Krotsch ihr klar.
Sie räkelte sich in den Laken
Und ließ den Frosch im Bette quaken
Und dacht bei sich. "Ach war ich dumm.
Ich werd mich wohl in ihn verlieben!"
Jetzt war sie schlau. Sie wusst' warum.
Krotsch kam die Sache sehr gelegen.
Er warf den Speer weg und den Degen
Und ist bei ihr geblieben!

Während die zwei im Bette lagen
Haben andre sich geschlagen.
Im Osten an der Frosch-Maus-Front
Schlug sich Langschwänzer gekonnt
Mit zwei grünen, feisten, fiesen
Fröschen die Protz und Dätsche hießen.


Der erste lag am Boden schon.
Der andre, offenbar sein Sohn,
Hat ihn wie Aias einst den Patroklos
Tapfer verteidigt. Furios
Stieß er mit der Lanze zu.

"Du verdammter Mauser du,
Hast meinen Vater grad erschlagen"
Hörte Langschwänzer ihn klagen.
Dann drang der Stahl ihm durch die Stirn
Tief ein ins morsche Zwischenhirn.
"Ojemine" dachte die Maus.
Dann war es mit dem Denken aus.
Die Sinne schwanden ihr und dann
Kam ihre Seel' im Hades an.
Dort traf am Ufer sie den Lurch
Den sie grad erschlagen hatte.
Jener sprach zu ihr: "Gestatte
Dass ich dich den Styx hindurch
Ins Elysium führe, dort
Ist für uns der rechte Ort."
Er hat sie bei der Hand genommen
Und dann sind sie los geschwommen.

Gemeinsam klopften sie ans Tor.
Von drinnen her, vom Korridor,
Rief Rhadamanthys: "Kommt herein
Ihr sollt bei uns willkommen sein."
"Kommt mit" sprach er, "hier durchs Portal,
Dann geradeaus, der Nase lang,
Durch den langen dunklen Gang,
Dort wo es hell wird ist ein Loch.
Dann zwei Kilometer noch
Und ihr kommt in den großen Saal."
"Dort steht einer" sprach traurig er sonor
"Der stellt euch dann den andern vor.
Ich kann euch leider nicht begleiten
Denn drüben auf der andern Seiten
Sind nur Seelen zugelassen
Die zu Heldenseelen  passen."

Die zwei sind sogleich los gekrochen.
Wie angekündigt und versprochen
Stand eine Seele an der Pforte
Die sprach mit Diensteifer im Worte:
"Ihr beide seid bei all den frommen
Helden hier uns sehr willkommen.
Zum Einstand, das muss ich erklären,
Müsst ihr euch jedoch erst bewähren
Und uns, ohn' lang erst nachzufragen,
Ein neues Froschgedicht aufsagen.
Wenn ihr das schafft ist Zeus bereit
Zu schenken euch die Ewigkeit!"

***

Wie die beiden tapfren Seelen
Ohn' ihre Herkunft zu verhehlen,
Den Eintritt ins Elysium sich
Erdienten bericht' in Kürze ich.

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.