Mittwoch, 12. September 2012


   Teil 10 - 328
  Märchenerzähler im Olymp


"O, das war wirklich interessant;
Das hab ja nicht mal ich gekannt"
Sprach Aristomyomaximus
Und auf leichtem schnellen Fuß
Sprang sie auf das Podium.
Und weil es grade passte darum
Trug sie verschmitzter Gosch
Das Märchen vor vom schlauen Frosch.


Der schlaue Frosch


Auf dem kleinen Waldsee findet heute ein großes Froschkonzert statt. Jeder der Grünröcke quakt aus voller Kehle und möchte lauter als der andere sein. Dabei bemerken die Sänger nicht, dass über dem kleinen Gewässer die weiße Gefahr mit langem, rotem Schnabel droht. Ihr größter Feind beobachtet sie schon eine ganze Weile aus der Luft. Für ihn klingen die schiefen Quaktöne wie ein Sinfonieorchester und führen den großen Vogel direkt in das Schlaraffenland.

Der Storch zögert nicht lange und landet in der Nähe des Sees. Vorsichtig stakst er mit seinen langen Beinen zum flachen Ufer. Die Frösche sind so sehr in ihren Wettstreit vertieft, dass sie den schwarz-weißen Vogel nicht bemerken.

Plötzlich stößt dieser mit seinem langen Schnabel zu und schnappt sich einen Grünrock aus dem Wasser. Ängstlich zappelt der Kleine mit seinen Froschbeinen und quakt jämmerlich. Sofort verstummt das Konzert und alle anderen Frösche tauchen vor Schreck im See unter. Dort warten sie unter der Wasseroberfläche ab, was passieren wird.

Der Storch legt die Beute vor seine langen, roten Beine und hält sie mit dem Fuß fest.
„Du wirst mir sehr gut schmecken“, meint er zu dem zitternden Frosch. „Du bist ein schmackhaftes Abendbrot.“

Mit leiser Stimme antwortet der Gefangene: „An mir ist doch nichts dran, fang dir lieber eine fette Maus.“

 „Nein, ich hab heute Appetit auf Frösche.“

Der Storch packt den Frosch erneut mit dem roten Schnabel und will sich gerade mit ihm in die Lüfte erheben, als der Kleine einen weiteren Versuch wagt, um am Leben zu bleiben. „Kannst du mir noch einen letzten Wusch erfüllen, bevor du mich zum Abendbrot verschlingst?“

„Eine letzte Bitte darf man eigentlich nicht ausschlagen“, antwortet der Weißstorch. „Sag, was du möchtest, und wenn es in meiner Macht steht, werde ich sie dir gewähren.“

„Nun“, sagt der Frosch, „wir Grünröcke machen jeden Tag untereinander ein Wettschwimmen! Stets bin ich der Sieger. Wie wäre es, wenn wir beide über den See um die Wette schwimmen? Ich möchte gerne sehen, ob ich auch gegen einen Storch gewinne.“

„Gegen mich hast du keine Chance, mein Kleiner. Ich habe Schwimmhäute an meinen Füßen und darum gewinne ich. Aber gut, lass es uns ausprobieren. Nachher kann ich dich immer noch fressen!“

Der Rotschnabel lässt den Grünrock aus seinem Schnabel fallen.
Nun stehen beide am Ufer und der Storch sagt: „Ich zähle bis zehn und dann springen wir gemeinsam ins Wasser und schwimmen los.“

Der große Vogel fängt an zu zählen. Kaum ist er bei zehn angelangt, springt der Frosch in den See, taucht sofort auf den Grund und verkriecht sich im Schlamm. Bevor der Storch die List des Frosches begreift, ist dieser bereits außer Reichweite. Wütend und hungrig erhebt sich der große Vogel in die Lüfte und fliegt davon. Er kann nur hoffen, dass ihm kein anderer dabei zugesehen hat, wie er sich vor dem kleinen Grünrock blamiert hat.


 wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.