Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 310
Märchenerzähler
im Olymp
Die nächste Seele schritt per pedes
Zum Rednerpulte. Lykomedes
(Ilias 9/84; 12/366; 17/345; 19/240;
Böoter, Sohn des Kreion)
Des Böoters Kreios stolzer Sohn
Griff dort sogleich zum Mikrophon.
"Hört zu" sprach er, ohne zu zagen
Mit dem Mikro in der Hand,
Ich möchte euch nun ein paar Sagen
Danach trug er dem Seelenkorps
Eine nach der andern vor.
Die Schatz anbietende Kröte
Im Sagen umklungenen
Schloß Velleberg oberhalb Völs bei Innsbruck, von dem jetzt freilich nur noch
ein einziges großes Gewölbe zu sehen ist, liegt ein gewaltiger Schatz, den die
Bewohnerin des Häuschens, das sich jetzt auf der Höhe des Schlosshügels erhebt,
einmal als riesige Lohe blühen gesehen hat.
Vor alter
Zeit, als dieses Häuschen noch lange nicht erbaut war, brach der Maurer Hannes
Hörtnagl, der auch anno neun tapfer mitgefochten hat, mit noch einem Arbeiter
den Backofen unterhalb Velleberg ab. Er war gerade im Begriffe einen Schwamm zu
entzünden, weil sich sein Gehilfe ein Pfeiflein anstecken wollte, als ein
Krötlein zum Vorschein kam, das die vordem Prätzlein faltete, als wollte es die
beiden etwas bitten. Der Hörtnagl dachte gleich, es könnte da etwas dahinter
stecken und wollte seinem Gehilfen nur noch den glimmenden Schwamm reichen, da
war das Krötl schon verschwunden und die Zeit verpasst, den Schatz zu heben,
wodurch auch die arme Seele erlöst worden wäre.
Quelle: Die
schatzanbietende Kröte, F. Dörler, Schätze und Schatzhüter in Tirol: ZfVk. 4,
1898, 232f zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 359,
S. 187f
SCHLANGEN, KRÖTEN, ROSENRUTEN
Es soll
ein gar böse Brut sein, diese Kröten und Schlangen. Sobald man einer von beiden
ansichtig wird, muss man sofort die Lippen fest aneinanderpressen, damit es der
Zauberin (die Seele der bösesten Zauberin lebt in der Kröte fort, daher nennt
man die Kröte auch schlechtweg "coradonica", Zauberin, Hexe) nicht
gelänge, die Zähne im Munde zusammenzuzählen. Gelingt es ihr, so muss der
Mensch im Laufe des Jahres sterben, mindestens wird er aber schwer krank.
Dieses Gerede mag Ursache sein, dass manche Kinder wirklich beim Anblick der
Kröte ernstlich erkranken - aus Schreck.
Wird die
Kröte im Stall ertappt, da ist erst ein noch größeres Unglück im Zuge, als wenn
ein Kind stürbe. Sie saugt den Kühen die Milch aus dem Euter aus, behext die
Rinder derart, dass sie nicht mehr melken lassen und keine Kälber kriegen, und
besitzt so viel Gift, dass der ganze Stall vergiftet und auf Jahre lang
todbringend wird.
Gegen
diese Verzauberung und Vergiftung der Kuhställe gibt es ein einziges Mittel.
Man muss den Backofen durch lauter einjährige Heckenrosentriebe glühend machen,
dann nimmt man einen ganz neuen Topf samt Deckel, tut ein wenig Mischung von
Milch und Urin der behexten Kühe hinein, steckt die Mischung in den Backofen,
und bis die Flüssigkeit ausdünstet, platzt der Topf unter großem Gekrache - und
in demselben Moment platzt auch die Hexe, die das Unglück verschuldet hatte.
Ein
anderes, aber wie es scheint minder bewährtes Mittel besteht darin, daß man die
Kröte beim Hexen im Stall ertappen muss; hernach schlägt man sie so lange mit
Rosenstöcken, bis sie ganz zerfasert, das heißt zu Staub geschlagen wird, sonst
würden ihre Zaubereien nicht wirkungslos bleiben.
Quelle: Matthias Bena,
Wien: Zeitschrift für österreichische Volkskunde 17, 1911, 175;
Aus: Will-Erich Peuckert,
Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 17, Seite 18f
Die verwunschene Kröte
Unweit Mistelbach war früher ein stattliches Schloss, von einem
Raubritter bewohnt. Einst zog ein Fuhrmann vorbei, der von den wilden
Raubgesellen überfallen und ermordet wurde; sterbend aber drohte er ihnen, dass
sein und seiner Kinder Fluch sie verfolgen werde. Einige Jahre waren seit diesem
Vorfalle verflossen, und der große Aufwand hatte des Ritters Vermögen schon
bedeutend vermindert. In seiner Not ließ er sich mit dem Teufel ein, der
schaffte Geld herbei und der Ritter lebte zehn Jahre darauf los, dann aber
erwartete er ängstlich die Stunde, an welcher ihn der Teufel abholen würde.
Diese kam und der Teufel fuhr mit ihm in den Berg, auf welchem sich die Burg
befand. Und seit jener Zeit sah man von Zeit zu Zeit eine ungewöhnlich große
Kröte aus dem Berge hervorkommen. In diese Kröte war der grausame Ritter
verwandelt. Die Burg verfiel, und als im Tale ein ziemlich großes Dorf sich
erhob, machte man den Vorschlag, eine Kirche in der Nähe von der Schlossruine
zu erbauen, damit der in die Kröte verwandelte Ritter erlöst werde. Alle
Vorkehrungen waren getroffen, und die Grundfesten des Turmes waren bereits
angelegt; da kam zur Nachtzeit die Kröte aus dem Berge, und zerstörte alles,
was man gebaut hatte. Mehrmals wurde der Grund gelegt, aber wieder zerstört. So
geschah es dreimal. Schon wollte man den Bau aufgeben, und die Kirche auf einer
anderen Stelle erbauen; da ging ein Priester mit dem hochwürdigen Gute, in
Begleitung der Dorfbewohner zur Mitternachtsstunde auf den Berg und erschoss,
mit einer geweihten, gläsernen Kugel die verwunschene Kröte, In kurzer Zeit
darauf ward die Kirche erbaut, und dem heiligen Martin geweiht. Heutzutage
sieht man noch die Wassergräben der Burg, die mit hohem Grase bewachsen sind.
Zum Andenken an jene Begebenheit befindet sich eine aus Stein gehauene Kröte am
äußeren Gesimse der Kirche.
Quelle:
Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz. Bd. V, 1927
Die Kröte auf der Steinalm
Nicht
recht geheuer war es auch auf der Steinalm, der ehemaligen Müllnerhütte. Im
Keller hockte nämlich eine große Kröte, ein Tier von der Art, das man bei uns
"Heppei" nannte, und tapste dort herum. Wenn jemand da hinunterstieg,
konnte er es hören. Brachte die Sennerin vielleicht grad frische Butterballen
in den Felsenkeller hinab, dann hockte sich das Heppei auch mal mitten auf den Kellerboden
und legte die Vorderbeinchen so zusammen, als wollte es um etwas bitten. Oft
wurde es der Almerin zuviel und sie jagte die Kröte mit dem Besen hinaus. Aber
am anderen Tag saß dann das Tierchen schon wieder im Keller. Keiner wusste, wie
es wieder hereingekommen war.
Nun ging
einmal die Sennerin zum Beichten und ließ des Heppeis wegen eine Messe lesen.
Sie hoffte, dadurch von dem lästigen Hausgenossen befreit zu werden. Als sie
wieder auf die Alm kam, war das Heppei wirklich verschwunden und kam nie
wieder. Eine ruhelos umgehende Seele, die die Krötengestalt hatte annehmen
müssen, wahrscheinlich von einer Sennerin, die Böses angestellt hatte, war
erlöst worden.
Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und
Geschichten
DIE KRÖTE AUF WEIßENSTEIN
Eine Frau
in Bozen hatte eine Wallfahrt nach Weißenstein versprochen, kam jedoch nie zur
Ausführung dieses Gelübdes. Nach ihrem Tode musste sie darum so lange als Kröte
leiden, bis sie ihr Versprechen eingelöst haben würde. Als scheußliche Kröte
watschelte sie gegen den beliebten Wallfahrtsort, den sie erst in sieben Jahren
erreichen konnte. Dann aber, als sie das Ziel erreicht hatte und das
gnadenvolle Muttergottesbild sah, war sie erlöst und flog in Gestalt einer
schneeweißen Taube zum Himmel. (Bozen.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2.
Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 329, S. 196
Die armen Seelen
Arme
Seelen, die erst erlöst werden müssen, haben die Gestalt einer Kröte. Wer bei
Lebzeiten eine Wallfahrt versprochen, aber nicht gehalten hat, muss sie nach
dem Tode als Kröte mühselig ausführen.
Einst
starb ein Mann und hatte eine gelobte Wallfahrt nach Mariazell nicht gemacht.
Unaussprechliches musste er nun als Kröte auf dem Wege nach Mariazell erdulden.
Bald wurden der Kröte die Füße zerquetscht, bald wurde sie den mühsam
erklommenen Berg wieder hinabgeworfen. Als sie endlich bei der Kirche war,
brauchte es noch viel, bis sie hineinkam. Beim Gnadenaltar angelangt, erhob
sich die Kröte, faltete die Vorderpratzl und verschwand. Die Leute erkannten,
dass es eine erlöste Seele war.
Jemand war gestorben und da er der Seligkeit
nicht würdig war, wurde er in eine Kröte verwunschen. In dieser Gestalt suchte
nun die arme Seele nach Altötting zu kommen. Auf der Brücke über den Inn wurde
sie aber von einem Vorübergehenden in den Inn geworfen. Dadurch war die
Erlösung vereitelt.
Kröten soll man nichts zuleide tun, denn
verwunschene Menschen sind in ihre Gestalt gebannt. Ein Fürst suchte einst
seine verwunschene Tochter in den weiten Wäldern des Höhnhart, bis er in das
Krottental kam, wohin seine Tochter gebannt war. Durch ein frommes Versprechen
glückte es ihm, den Bann zu lösen. Den Weg, auf dem der Fürst an die richtige
Stelle kam, nannte man den "Fürstenweg", an das Tal der Kröten
erinnert heute noch das Krotental.
Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr.
Albert Depiny, Linz 1932, S. 91 - 94
Die feuersprühende Kröte
Ein alter
Kaminfeger, Jos. Ant. Vogt, sammelte einst Reiser zu Besen im Gestrüpp beim
„alten Schlössle“. Als er nach getaner Arbeit sich müde auf eine alte Mauer
niederließ, stand eine Jungfrau vor ihm und gab ihm durch Zeichen zu verstehen,
ihr zu folgen. Sie führte ihn in ein großes Gewölbe. Dort sollte er eine wüste
Kröte von einer Mauernische herunterschlagen. Alsdann werde er zu Reichtum
kommen und die Jungfrau wäre erlöst. - Bei Berührung aber wurde die Kröte immer
größer, ihre Augen funkelten und sprühten Feuer aus. Der Erschrockene sprang
über Hals und Kopf davon und stand bald wieder an der Stelle, die er zum
Ausruhen ausgesucht hatte.
Quelle:
Andreas Ulmer, Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins,
Dornbirn 1925-1931, S. 956, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander
Petzoldt, München 1994, S. 137f
Die Kröte in der Wallfahrtskirche
Eine
Bäuerin aus Bayern, welche dicht an der tirolischen Grenze wohnte, verlobte
sich nach der Wallfahrtskirche zur Muttergottes in Absam. Sie gelangte aber
niemals dazu, zu gehen, ob aus Nachlässigkeit oder aus Mangel an Zeit, das
erwähnt die Sage nicht. Dafür ist es aber der Bäuerin übel ergangen; denn als
sie gestorben war, musste sie den Weg zur Kirche nach Absam in Gestalt einer
Kröte machen und hatte dabei viel zu leiden. Ein Bauer am Wege wollte sie
erschlagen, ein anderer sie zertreten, ein dritter schleuderte sie über einen
hohen Felsen, und der Mesner von Absam ließ sie nicht in die Kirche hinein.
Zweimal schleuderte er sie zur Vorkirche hinaus, bis es ihr dennoch gelang, zum
Gnadenbilde zu kommen, wo die Kröte die vordem Füßlein wie zum Gebete faltete,
betete und dann als lichter Streifen zum Fenster hinausflog, worüber die Leute
in der Kirche nicht wenig erstaunten. So ist also die arme Seele erlöst worden.
Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und
herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 115
Die Kröte auf der Hohen Salve
Es war einmal ein
schöner Jüngling von guten Gaben, aber allzu weichlich erzogen und gewöhnt,
blindlings nach dem Gelüst des Augenblicks zu tun. So vergeudete er das Seine,
geriet in verderbte Gesellschaft und ward schließlich ein Straßenräuber, ja der
Anführer einer ganzen Räuberbande. Als solcher ward er von den Häschern eifrig
gesucht, und sie trieben ihn so in die Enge, dass er Gefängnis und Galgen schon
vor Augen sah. In solcher Bedrängnis tat er das Gelübde: wenn ihm Gott hülfe,
dem Gericht zu entrinnen und irgendwo ein neues, ehrbares Leben anzufangen, so
wollte er eine Wallfahrt zum Johanniskirchlein auf der Hohen Salve tun. Da half
ihm Gott wunderbar, dass es ihm wirklich gelang, den Schergen zu entwischen und
in Sicherheit zu kommen. Wie er nun der Angst ledig war und unangefochten leben
konnte, vergaß er sein Gelöbnis, und es blieb unerfüllt, bis er starb. Zur Buße
aber musste er nach seinem Tode in Gestalt einer Kröte geistern, bis es ihm
gelänge, von Bayern, wo er verstorben war, auf die Hohe Salve zu kriechen.
Die arme Kröte kam
langsam vorwärts, hatte oftmals zu rasten und oftmals sich vor den Misshandlungen
unverständiger Menschen zu verbergen. Endlich erreichte sie doch, nach Jahr und
Tag, den Gipfel der Hohen Salve. Aber nun handelte es sich darum, in die Kirche
zu kommen, und das war das Schwerste; denn die Leute wollten die Kröte um keine
Welt hineinlassen. Immer wieder ward sie mit Fußtritten von der Schwelle
weggestoßen. Zuletzt gelang es ihr dennoch, unbemerkt in das Kirchlein zu
schlüpfen; und dort kroch sie dreimal um den Altar. Da stand plötzlich vor den
erstaunten Betern ein schöner Mann, der erzählte ihnen alles von seinem
Räuberleben und seiner Rettung, und wie er sich darnach zwar gebessert und Buße
getan, aber die gelobte Wallfahrt unterlassen habe. Und da er ihnen alles bis
zum letzten kundgetan hatte, verschwand er, denn nun war er erlöst.
Quelle:
Tiroler Legenden, Helene Raff, Innsbruck 1924, S. 182ff
Die Kröte von Benediktbeuern
In
Benediktbeuern ist einmal eine Kröte zur Kirchentür hereingekommen und hat wie
zur Andacht die Brätzel mit den fünf Zehen zusammengelegt. Der Messner hat das
grausliche Vieh austreiben wollen, aber der Pfarrer hat sein Fürwort eingelegt
und so ist sie bis an den Altar vorgekommen. Dort ist die arme Seel erlöst
gewesen und als Taube davongeflogen.
Quelle: Sagen aus dem Isarwinkel, Willibald Schmidt,
Bad Tölz, 1936, 1979;
wird fortgesetzt
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