Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 311
Märchenerzähler
im Olymp
Als Lykomedes endlich fertig war
Mit seinen Frosch- und Krötensagen
Sprach Maximus zur Seelenschar:
"Eine müsst ihr noch ertragen"
Und dann trug sie mit Humor
Ihre Krötensage vor.
Der Süffling und die
Kolkkröten vom Geniusstrand
Norddeutsche Sage/ 3. Jahrtausend
-Sammlung Aristomyomaximus-
Als man einst, es muss so um die Drittjahrtausendwende herum gewesen
sein, am einst so schönen Badestrand der See im Norden von Germanien,
an einem nur ein paar Seefahrern der
Marine bekannten Gestade, damit begonnen hatte, einen großen Hafen zu bauen,
geschahen viele gar merkwürdige Dinge, die sich die dort ansässigen Friesen und
vor allen auch die beteiligten Hafenbaumeister bis zum heutigen Tage noch nicht
so recht erklären konnten.
Von den vielen Millionen Kubikmetern Sand die während der Bauarbeiten
dort im Laufe der Zeit tagsüber aus der Nordsee gebaggert wurden, verschwanden
über Nacht immer wieder riesige Mengen.
Einige der leitenden Ingeneure behaupteten, dass im Gezeitenstrom die
Ursache für das
sonderbare Phänomen zu suchen sei und die am Bau des riesigen Hafens
beteiligten Firmen schoben die Schuld auf die Geometer, die ständig damit
beschäftigt waren den vom Meeresgrund heraus gebaggerten Sand mit GPS-Sensoren zu vermessen und die an
Land aufgespülte Menge immer wieder neu zu berechnen.
Einer der einheimischen Alten jedoch, ein sonderbarer Kauz, den man
schon lange vor Baubeginn des Hafens, aus seinem alten Wohnwagen am einstigen
Sandstrand verrieben hatte, erzählte allen die es hören wollten, eine ganz
andere Geschichte.
"Er sind die Kolkkröten*, die am Geniusstrand heimisch waren, die
sich nun für die Vertreibung aus ihren angestammten Unterwasserhöhlen rächen
und die aufgeschütteten Sandflächen mit ihren riesigen Grabschaufeln immer
wieder unterhöhlen und versuchen sich neue Kolke für sich und ihre
Nachkommenschaft zu bauen".
Der alte, schon etwas spinnerte Mann wurde von allen verlacht. Keiner
hat ihm seine sonderbaren Geschichten abgenommen. Und weil der sonderbare Kauz
immer an einer Flasche mit bräunlich schimmernder Flüssigkeit nuckelte haben
ihn alle in Schlicktau am Rande der riesigen Hafenbaustelle schlicht nur
Suffkopf oder Süffling genannt.
Doch dann als plötzlich eines der ersten großen Hafenbauwerke, eine für
viele Millionen errichtete Schallschutzwand in sich zusammensackte ohne dass
die Ursache dafür gefunden werden konnte und sich die fast vierzig Meter langen
Spundwand-Eisenprofile, die für den Kajenbau erforderlich waren, von einem Tag
auf den andern nicht mehr so mühelos wie zuvor in den Meeresgrund rammen ließen
und noch viele, viele andere Probleme beim Bau des Hafens auftraten, wurden
auch die Hafenbaumeister stutzig.
Als dann Taucher die ersten Spundwand-Schlosssprengungen entdeckten und
immer mehr Sand von der Hafenbaustelle ins Meer zurück verschwand und sogar
frisch auf dem Meeresgrund verlegte Kühlwasserrohre für ein benachbartes
Kraftwerk einfach untergraben wurden, ist so mancher an den grünen Gestaden der
Jade ins Grübeln geraten.
Als es darüber hinaus auch noch zu nicht erwarteten Schlick- und
Sandablagerungen rund um den im Bau befindlichen Hafen kam und zusätzliche
Probleme durch Betonabsplitterungen am damals in der Region
"Jahrhundertbauwerk" genannten Großprojekt kam, begannen sich auch
die für den neuen Hafen verantwortlichen Politiker langsam zu wundern, ohne
allerdings eine Erklärung für die merkwürdigen Vorgänge auf und rund um die
Großbaustelle parat zu haben.
Selbst die hoch qualifizierten und bestimmt nicht gerade billigen
Gutachter, die vom Bauherrn eilig damit beauftragt wurden, nach den Ursachen
für all die merkwürdigen Ereignisse zu forschen, sind bis zum heutigen Tage zu
keinem Ergebnis gekommen. Sie konnten noch nicht einmal klären, so wird noch
heute berichtet, wo all die vielen Kolkkröten abgeblieben sind, die allesamt
aus ihren Unterwasserhöhlen am alten Wilhelmshavener Geniusstrand vertrieben
wurden.
Den alten Süffling aufzutreiben, um dem Wahrheitsgehalt seiner
merkwürdigen Geschichten auf den Grund zu gehen, ist bisher auch noch nicht
gelungen weil der gute Mann die Jaderegion längst mit unbekanntem Ziel
verlassen hat um irgendwo in der weiten Welt einen Job zu finden, mit dem er
sich von seinem Arbeitslohn auch mal einen kleinen Schluck Milch und ein wenig
Zucker leisten kann um dem kalten Kaffee in seiner Plastikflasche ein bisschen
mehr Geschmack zu geben.
Weil vor dem neu entstandenen Bauwerk, das den Namen JadeWeserPort
erhielt, ständig weiter gebaggert werden muss um die erforderliche Wassertiefe
für die großen Containerschiffe, die dort nun ihre Ladung löschen, zu halten,
hat die Sage vom Süffling und den
Kolkkröten, die von Bremer und Hamburger Geschäftsleuten zu ihrem
hinterhältigen Tun veranlasst worden sein sollen, am tiefen Fahrwasser der Jade
bis heute nicht entkräftet werden können und in der norddeutschen Sagenwelt Fuß
gefasst.
*
Die Kolkkröte ist ein an der Nordsee heimisches, sagenumwobenes Krötenwesen mit
schaufelartigen Füßen und rot funkelnden Augen, das unter Wasser tiefe Höhlen,
so genannte Kolke gräbt, die dann die Ursache für das Einstürzen selbst der
mächtigsten Stahl- und Beton-Wasserbauwerke sein können.
wird fortgesetzt
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