Donnerstag, 4. Dezember 2014

Im Lazarett


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 28 - 6
- 9. Kriegstag -
- Im Lazarett und nebenan -


Leichenkühlhaus nebenan
Indes die dritte Schicht begann.
Frau Oberärztin Huckasch Hunke,
(Dissertation Ursula Wiepen, S. 56/59)
Eine kluge, fesche Rotbauchunke,
Mit ihren studierten Froschkollegen,
In ihrem Team gab's deren sieben,
Hat der ungeklärten Fälle wegen,
Ursachenforschung dort betrieben.

Wurd einer tot im Feld gefunden,
An welchem weder Blut noch Wunden
Äußerlich zu erkennen waren,
Hat man ins Kühlhaus ihn gefahren
Und dort eingelagert dann
Bis die Obduktion begann.

Hunderte von Leichen lagen
In den Regalen hier seit Tagen.
Sauber gewaschen und stocksteif,
Arg blass schon untersuchungsreif,
Warteten sie nur darauf,
Dass ein Doktor schnitt sie auf
Um sie von innen zu betrachten.

"OK" sprach Ärztin Huckasch Hunke,
Zu ihren Arztkollegen bieder,
 "Na dann wollen wir mal wieder."
Und fragend fügte sie sodann
Was sie wissen wollte an:
"Wie heißt der tote Froschhalunke?"


"Es ist", sprach ein Kollege drauf.
"Der alte Oberst Huppeauf,
Den die Sanis gestern brachten.
Er soll beim Stab nach zwei Glas Wein
Plötzlich vom Stuhl gefallen sein."

"So, so", hat sie darauf gelacht.
Und dann hat sie ihn aufgemacht.

"Oje", entfuhr es ihr, "die Leber."
Pausback als sein Arbeitgeber,
Trägt die Schuld an seinem Tod.
Weil zu Fliegen in der Not
Er statt Wein nur Wasser trank,
Wurd der arme Oberst krank.
So was hält der stärkste Lurch,
Als Alkoholiker nicht durch."

"Flickt dem alten Stabsfilou
Schnell sein Bäuchlein wieder zu"
Sprach sie und fügte sogleich an,
"Und schafft den nächsten mir heran!"

"Dann trank sie auf des Oberst Wohl,
Einen Schluck puren Alkohol,
Der eigentlich zum Desinfizieren
Ihr dienen sollte und den Ihren.

Dann wandte sie in aller Ruh,
Sich der nächsten Leiche zu.

"Ja wen haben wir denn da"
Grinste sie, als sie die sah.

Es war erneut ein Offizier.
Hüppel hieß der arme Hund.
Er war verlobt einmal mit ihr.
Doch das hat sie aus gutem Grund
Den andern lieber nicht gesagt.

"Wann starb er?" hat sie nur gefragt.

"Am Samstag Morgen um halb acht
Hat man ihn zu uns gebracht,"
Sprach einer ihrer Assistenten.

"Seine Haut wirkt pergamenten"
Dachte sie mit wachem Sinn
Und griff dem Toten unters Kinn,
Um ihm in Überprüfungssachen,
Sein breites Froschmaul aufzumachen.

Sie sah, er war vergiftet worden.
"Trug er" so fragte sie "nen Orden?"

Während heimlich sie ein Tränchen weinte,
Man die Frage ihr verneinte.

"Ja, er ist ermordet worden."
Dachte sie und durft's nicht sagen.

Den pour le mèrite, den er getragen
So stolz einst um den Hals gebunden,
Hatte man nicht bei ihm gefunden.

Obwohl die Sache ihr schien klar
Und sie sich ziemlich sicher war,
Dass Hüppel aus Eifersucht und Neid
Um den Ordensschmuck am Kleid,
War hinterhältig in der Schlacht,
Von Kameraden wurde umgebracht,
Griff sie entschlossen zum Skalpell.
Ruckzuck, ein Schnitt, es ging sehr schnell,
Hat Hüppel, exakt in der Mitten,
Sie das Bäuchlein aufgeschnitten.

Er, den sie mochte einst so gern,
Roch innerlich nach Mandelkern.
"Zyankali" rief sie als von nah
Sie seinen Mageninhalt sah.

In angedauter  Mückengrütze
Entdeckte sie die Säurepfütze,
Welche extrem stark immer noch,
Gar intensiv nach Mandel roch.

"Todesursache Mord durch Gift"
Schrieb sie dann in steiler Schrift
Arg zornig auf den Totenschein
Und dachte Kameradenmord.

Doch weil so was durfte nicht sein,
Ergänzte sie obwohl nicht wahr,
Dass eine Maus der Mörder war.

"Näht ihn zu und bringt ihn fort,
Und schafft den nächsten mir heran,
Damit ich ihn sezieren kann!"
Sprach sie dann und rieb die Hände
Als ob sie sich darob würd' sorgen
Dass einer plötzlich ihr verschwände
Oder vergammeln könnt bis morgen.

***

Die nächste Leiche die man brachte,
War die von Püggütsch Huppesachte.
(Dissertation Ursula Wiepen, S.15/90)

"Wir liegen heut noch gut im Plan"
Dachte die Ärztin Huckasch Unke
Nach einem kurzen Blick zur Uhr.

Dann setze sie das Messer an.
Sogleich schwappte grüne Tunke,
Es war wohl Magenbitter pur,
Ach es war fürwahr ein Graus,
Aus dem toten Frosch heraus.

"Magendurchbruch" schrieb sie schlicht
Dann in den Sezierbericht.

Während ihr Team hat ganz geschickt
Den Toten wieder zugeflickt,
Erblickte sie im Kühlregal
Eine stattliche, doch bleiche,
Ziemlich gut gebaute Leiche.

"Laut Schulterstück ein General"
Dacht sie und sah den Toten dann
Sich noch etwas genauer an.

"Mein Gott", rief sie, "den kenn ich ja.
Es ist Schaporg Quax von Hopsassa.
(Dissertation Ursule Wiepen, S. 109)
Mit dem hab ich ja einst studiert.
Und dann hat sie ihn seziert.

Sie schnitt ihn auf. Was sie dann sah
War eine Riesen - Prostata.

Sie hat es erst nicht glauben wollen.
Das Ding war so stark angeschwollen,
Dass es dem Herz den Platz wegnahm,
Wodurch es zum Infarkt dann kam.

"Armer Quax" hat sie gedacht,
Denn sie war dereinst mit ihm
Ein paar Nächte lang intim.
"Damals hattest du das nicht"
Doch das verschwieg sie im Bericht.
Und hat ihn wieder zugemacht.

Was die anderen dort lasen
War "Herzstillstand durch Metastasen."

***
Was die Oberärztin dann
Noch so stellte alles an,
Im Lazarette dazumal,
Berichten wir das nächste Mal.

wird fortgesetzt





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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.