Machwerk
R.W. Aristoquakes
Teil 31 - 48
- Im Elysium -
"Von
Fröschen gibt es mancherlei
Von dem noch zu
berichten sei,"
Sprach Helena
darauf in knappen
Aber ernst
gemeinten Worten.
"Doch auch
von des Lurches Quappen,
Die man im Wasser
allerorten,
Wenn man
hinschaut, sehen kann,
Gibt es vielerlei
Geschichten
Die sich lohnen,
zu berichten."
Worauf die Schöne
gleich begann
Eine davon
auszuwählen
Um sie den andern
zu erzählen.
Die Kaulquappen
- Karl Ewald -
Quelle, Vier feine Freunde, Stuttgart 1927
Es war
Ende März.
Die
Schlittschuhe waren bis zum nächsten Mal verwahrt worden, denn das Eis war
überall geschmolzen. Auch der Schnee war zu Wasser geworden und füllte die
Gräben, dass sie überliefen. Nur tief unterm Gebüsch lag noch ein wenig; aber
dieser Überrest war so gering und schmutzig, dass niemand sich etwas aus ihm
machte.
Und das Gras begann, sich zu schämen, weil es so gelb war; und es
fragte unten in der Erde an, ob denn der neue Nachwuchs noch nicht bald komme.
Die Veilchen schlugen vorsichtig ihre Blauäuglein auf, und in den Knospen der
Bäume war ein emsiges Werden im Gange, damit der Pfingstschmuck nur ja
beizeiten fertig würde. Tag für Tag schwollen die Knospen mehr und mehr; in
ihnen lagen viele hellgrüne Gewänder bereit; und eines schönen Tages verlor der
Stachelbeerstrauch die Geduld, seine Knospen sprangen auf, und er fächelte sich
mit winzigen Blättern, als könnte er es vor Wärme nicht aushalten.
Die Sonne
aber guckte jeden Augenblick zwischen den treibenden Wolken hinab und rief mit
schallender Stimme über die Erde hin:
»Ich
komme! Ich komme! Nur geschwind an die Arbeit, dann hat alles seine Ordnung!«
Das meinte
auch der Star, der im Walde auf dem Grabenrand saß und sich sehnte.
Kalt war
es freilich, besonders in der Nacht, und an Futter fand man auch nur das
Allernotwendigste. Aber der Star kommt lieber einen Monat zu früh als einen Tag
zu spät. Er putzte und schniegelte sich, hielt den Schnabel recht hoch in die
Luft und pfiff, um die gute Laune nicht zu verlieren. Als die eigne Musik ihn langweilte,
legte er den schwarzen Kopf auf die Seite, schloss die
Augen und lauschte dem Grabenwasser, das eifrig rieselte und rauschte und
allerlei vor sich hinmurmelte.
»Sing,
Bächlein!« sagte der Star. »Singe nur. Im Sommer bist du versiegt und verstummt.
Wir andern aber fangen dann erst richtig an, denn dann ist der Tag voller
Sonnenschein und das Feld voller Würmer, und ich selbst habe ein Nest mit
allerliebsten Jungen.«
»Ach ja!«
seufzte eine Stimme ganz in der Nähe. »Wem Gott Kinder beschert, dem beschert
er auch Sorgen.«
Der Star
schaute sich um und gewahrte einen großen braunen Frosch, der ihn mit traurigen
Augen anstierte.
»Aha, du
bist es!« sagte er. »Ich wünsche dir ein frohes Frühjahr! Aber man darf nicht
so reden, wie du es tust. Natürlich hat man viel Arbeit, wenn das Nest voller
Kinder ist. Sie sind hungrig und schreien; und man hat ein gehöriges Tagewerk
hinter sich, wenn man ihnen den Hals gestopft hat. Aber dafür ist's auch
herrlich, so am Abend beim Neste zu sitzen und zu singen. – Sagst du das nicht
auch?«
»Ich sage
Quorax!« schrie der Frosch ärgerlich.
Der Star
tat so, als ob er nichts gehört hätte, und fuhr ruhig fort:
»Und noch schöner ist es, die Kinder heranwachsen zu sehn, zu
beobachten, wie sie Augen bekommen ... und Flügel und Schwänze ... und sie
fliegen und Würmer fangen zu lehren!«
»Quak ...
quak ... quorax!« schrie der Frosch und machte drei ungeheure Sprünge.
»Ich weiß
nicht, was du mit deinem Gequake sagen willst,« bemerkte der Star, »aber es
klingt recht unmanierlich.«
Bevor er
noch ausgesprochen hatte, war der Frosch kopfüber in den Graben gesprungen. Er
zog seine Vorderbeine an die Brust heran und machte mit den Hinterbeinen
gewaltige Schwimmbewegungen. Drei-, viermal schwamm er hin und her, dann hüpfte
er wieder aus dem Wasser, setzte sich auf seinen alten Platz neben den Star und
starrte melancholisch in die Luft.
Der Star
pfiff eine sanfte Melodie und sagte dann:
»Hat es geholfen?
Du bist offenbar ein bisschen hitzig von Natur, und das ist recht dumm von Dir!
Man soll das Leben nicht so feierlich nehmen. Erzähl mir, was Dich quält! Es
hilft zuweilen, wenn man sein Herz erleichtert, und ich langweile mich.«
»Sie
würden mich doch nicht versteh'n, wenn ich's Ihnen auch erzählen würde,«
erwiderte der Frosch. »Was weiß ein vornehmer Vogel wie Sie
vom Ernst des Lebens? Sie haben Ihr warmes, behagliches Nest und können Ihre
Kinder zu anständigen Leuten erziehen. Unsereins hat es nicht so gut. Ich habe
überhaupt kein Nest, und meine Jungen muss ich ganz ihrem Schicksal
überlassen.«
»Du hast
kein Nest?« fragte der Star erstaunt. »Wohin legst du denn deine Eier?«
»Dort
unten hin,« erwiderte der Frosch und zeigte in den Graben hinab.
»Ins
Wasser?«
»Natürlich.
Daran ist doch nichts Merkwürdiges. Meine Eier haben keine so harte Schale wie die
Ihren; wenn ich sie auf die Erde legen wollte, würden sie sofort vertrocknen
und zugrunde geh'n.«
»Können
Deine Kinder denn schwimmen – gleich von Anfang an?«
»Gott sei
Dank! Das können sie allerdings. Das liegt der Familie nun mal im Blut. Sonst
aber sind sie so aus der Art geschlagen, dass man sich darüber zu Tode grämen
könnte.«
»Was tun
sie denn?«
»Kommen
Sie, und überzeugen Sie sich selber!«
Der Frosch
hüpfte am Grabenrand entlang, und der Star spazierte hinterdrein; denn er war
neugierig und hatte ja in dieser Jahreszeit nichts zu
versäumen. Als sie an eine Stelle gelangten, wo der Graben sich zu einem
regelrechten kleinen See erweiterte, und wo das Wasser stillzustehen schien,
machte der Frosch Halt.
Das Wasser
war voll winziger Tierchen, die hin und her schwammen und an den Wasserpflanzen
herumzupften. Beine hatten sie nicht, aber ungeheuer dicke Bäuche und lange
Schwänze mit Schwimmflossen. Sie sahen aus wie Kugeln mit Fischschwänzen, und
am Kopf hatten sie auf jeder Seite eine Art Büschel, mit dem sie im Wasser
herumfächelten.
Der Frosch
sah den Star recht wehleidig an, sagte aber nichts.
»Schau,
schau!« meinte der Star und leckte sich den Schnabel. »Die sehen wirklich appetitlich
aus. Wenn man nur wüsste, wie sie schmecken! Es sind doch wohl Fische.«
»Ich weiß
es nicht,« erwiderte der Frosch. »Aber aus meinen Eiern sind sie tatsächlich
gekommen; und ich glaube nicht, dass unsre Familie jemals Fische aufzuweisen
gehabt hat.«
»Wart
einmal!« sagte der Star nachdenklich. »Ich habe davon gehört, erinnere mich
aber nicht mehr recht, wie die Dinge liegen. Nur so viel weiß ich, dass später
richtige Frösche daraus werden. Wenn sie sich einmal die
Hörner abgelaufen haben, wirst du gewiß Freude an ihnen erleben.«
»Ja, sie
müssen allerdings noch so manches ablegen, bevor Frösche daraus werden,«
erwiderte der Frosch. »Was für einen Schwanz sie haben! Hat man je einen Frosch
mit einem Schwanz gesehen? Und dieser Bauch! Man kann ja durch die Haut
hindurch alle Gedärme sehen. Und dann das Gebaumel da am Halse! Wo sind denn
eigentlich ihre Beine? Sehen Sie doch, wie sie im Wasser herumrennen und Gras
und ähnliches Zeug fressen, während dicht vor ihrer Nase die prachtvollsten
Insekten herumschwimmen! Der liebe Gott mag wissen, was ich verbrochen habe,
dass meine Kinder solche Missgeburten geworden sind!«
Der Frosch
begann, jämmerlich zu flennen, und der Star erwog schon, ob er sich nicht
lieber empfehlen solle, denn alles Traurige war ihm zuwider. Aber da sprang der
Frosch mit einem gewaltigen Satze in den Graben, schwamm zu einem Stein hin,
der ein wenig über die Wasseroberfläche hervorragte, und kletterte hinauf.
»Da ist
das komische alte Geschöpf!« riefen die Tierchen im Wasser. »Nun wird's lustig
werden!«
Alle
lachten, daß ihre dicken Bäuche wackelten und die Schwänzlein vor Freude
bebten. Dann schwammen sie um den Stein herum und sangen
aus vollem Halse:
»Alter Frosch, auf trägen Beinen
Humpelst du am Strand.
Neuen Zeiten, will uns scheinen,
Hältst du gar nicht stand!
Statt zu humpeln durch das Gras,
Plätschern wir im frischen Nass
Wie aus Rand und Band.«
Zweimal
sangen sie ihr unartiges Liedchen, das dem alten Frosch die Tränen über die
Backen liefen.
»Da können
Sie es selbst sehen,« sagte er zu dem Star. »So reden sie mit ihrer eignen
Mutter!«
»Jaaaa,«
erwiderte der Star nachdenklich. »Das macht sich freilich nicht gut.«
Jetzt
schwammen die Tierchen weiter den Graben entlang. Nachdem der Frosch sich die
Augen getrocknet und seine Fassung wieder gewonnen hatte, sah er, dass nur ein
einziges Tierchen zurückgeblieben war, das im Wasser gerade unter dem Stein
stand und mit dem Schwanze um sich schlug.
»Pfui!
Schäm er sich!« schrie der Frosch. »Steht er noch immer da und macht sich über
seine alte Mutter lustig! Ihr seid mir nette Burschen!«
»Ich bin kein Bursch,« sagte das Junge. »Ich bin eine Kaulquappe.«
»Ja, warte
nur, bis ich dich zu fassen kriege, du ungezogner Lümmel du! Nicht einmal der
ehrliche Name deiner Eltern ist gut genug für dich.«
Die
Kaulquappe schwamm ein paar Mal hin und her und zupfte an einer Wasserpflanze.
Dann blieb sie wieder unter dem Stein stehen und sagte:
»Immer
heulst und schimpfst du, als ob die Welt untergehen sollte. Ich begreife nicht,
wie du dich so anstellen kannst, du alte Froschmutter! Du hast wohl ganz
vergessen, dass du auch mal jung warst!«
»Ob ich
das vergessen habe?« erwiderte der Frosch erbost. »In meiner Jugend hatte man
andre Begriffe von Anstand und guter Sitte, Jungfer Naseweis! Als ich ein
junges Mädchen war, da wäre ich nicht um alles in der Welt mit solchen
Firlefanzen am Kopf herumgelaufen, wie du sie da trägst!«
»Davon
weiß ich nichts,« sagte die Kaulquappe und fächelte vergnügt mit den Büscheln.
»Sind sie nicht hübsch? Es sind meine Kiemen. Ohne die könnte ich überhaupt
keine Luft kriegen.«
Der alte
Frosch bebte vor Zorn:
»Soso ...
du befasst dich mit Kiemen ... du Grünschnabel! Und einen schönen langen
Schwanz hast du zum Scharwenzeln! Aber dir ordentliche
Beine anzuschaffen, das übersteigt wohl deine Mittel?«
»Was
sollte ich wohl mit denen?« fragte die Kaulquappe gleichgültig. »Du brauchst
sie vielleicht, um da oben am Lande herumzustelzen. Ich schwimme ja, dazu habe
ich meinen Schwanz. Heutzutage geht's nicht ohne ihn. Mit der langsamen
altmodischen Manier kommt man nicht mehr durch. Die Kultur steigt, und man muss
mit der Zeit gehen.«
»Gott
erbarme sich!« sagte der Frosch, indem er seine Vorderbeine auf der Brust
kreuzte und zum Himmel aufblickte.
Ȇbrigens
ist es ganz unmöglich, so eine alte Faselliese wie dich zur Vernunft zu
bringen,« sagte die Kaulquappe. »Du verstehst nichts, deine Zeit ist vorbei.
Ich will dich bloß daran erinnern, dass du selber mich auf die Welt gesetzt
hast. Darum musst du mich auch nehmen, wie ich bin.«
Mit diesen
Worten schwamm die Kaulquappe davon. Der alte Frosch kehrte zum Grabenrande zurück
und setzte sich neben den Star, der nicht wusste, wie er die traurige Mutter
trösten sollte. Drum flötete er:
»Nun kommt
der Frühling, und dann wird alles wieder gut, du sollst es sehen! Wo warst du
im Winter?«
»Ich habe in einem Loch unten auf dem Grunde des Mühlenteiches
gesessen,« erwiderte der Frosch.
»Jaaa.
Davon kann man allerdings schwermütig werden,« sagte der Star. »Du solltest ein
wenig auf Reisen gehen. Das erfrischt und macht Laune.«
»Gott, wo
denken Sie hin?« entgegnete der Frosch. »Ich mit meiner Figur! Ich bin für die
Ruhe geschaffen, wenn ich bloß quer über die Wiese hüpfe, tun mir meine
Hinterbeine weh.«
Dann flog
der Star fort. Der Frosch ließ seine Zunge weit aus dem Munde hervorschnellen
und schnappte eine Fliege, die auf dem nächsten Blatte saß, ohne an etwas Böses
zu denken. Er fraß die Fliege und versank dann wieder in seine trüben Gedanken.
Der Star
war eifrig dabei, sein Nest dichtzumachen und auszupolstern. Er wohnte in dem
Starenkasten auf der Ulme, die vor dem Forsthause stand, und er merkte, dass es
bald Zeit war, die Eier zu legen; denn der Kopf war ihm so sonderbar benommen,
und von Zeit zu Zeit musste er weinen.
Da fiel
ihm der arme Frosch ein, den er nun schon geraume Zeit nicht zu Gesicht
bekommen hatte. Er flog auf den Grabenrand und rief.
»Hier bin ich, hier bin ich, Frau Star!« antwortete der Frosch dicht
neben der Stelle, wo der Star sich niedergelassen hatte.
»Was?
Sitzest Du immer noch hier? Wie geht es denn mit den Kindern? Jetzt kommt auch
meine Stunde, und da musst ich an dich denken.«
»Das war
hübsch von Ihnen, dass Sie sich einer armen Frau erinnern. Vielen Dank! Ich
sehe die Dinge jetzt nicht mehr so tragisch an.«
»Wie kommt
denn das?« fragte der Star.
Der Frosch
winkte ihm und hüpfte ganz bis ans Wasser heran.
»Wollen
Sie sich selbst überzeugen!« sagte er.
Und der
Star guckte in den Graben hinab. Der war voller Kaulquappen, die wie früher
lustig umher schwammen, aber viel größer geworden waren. Und einige von ihnen
hatten hinten die niedlichsten Froschschenkelchen von der Welt, ja zwei von den
größten der Tierchen hatten sogar schon kleine Vorderbeine.
»Nicht
wahr?« sagte der alte Frosch, »Sie fangen an, sich besser aufzuführen. Sie
haben allerdings immer noch den garstigen Schwanz und das Teufelszeug am Kopfe.
Aber jetzt sehe ich wenigstens, dass die Sache einen Zweck hat. Und nun halte
ich mich mehr zurück, schelte die kleinen Wesen nicht mehr aus. Ich denke, das
beste ist, man lässt der Natur ihren Lauf. Sehr schwer zu
behandeln sind sie übrigens. Als ich neulich eins von ihnen lobte, weil es
anfange, Vernunft anzunehmen, lachte es mich bloß aus und sagte, ich dürfe mir
nicht einbilden, dass es jemals so eine alte Hinkepinke werden wolle, wie ich.
Ach ja, die Kinder, die Kinder! Gebe Gott, dass Sie mehr Glück mit den Ihren
haben!«
»Schönen
Dank!« erwiderte der Star. »Ich fliege jetzt nach Hause und fange an.«
Und in der
nächsten Zeit lag das Starenweibchen auf seinen Eiern in dem Kasten auf der
Ulme und hatte ganz und gar keine Zeit, an den Frosch zu denken. Als sie aber
merkte, dass die Jungen nun jeden Augenblick ausschlüpfen konnten, bat sie
ihren Mann, solange er noch Zeit habe, zum Graben hinüber zu fliegen und einen
Gruß von ihr zu bestellen.
»Die
Froschfrau ist auch Mutter,« sagte sie. »Aber die Ärmste hat mit ihren Kindern
Pech gehabt. Man muss ihr ein bisschen Teilnahme erweisen.«
Und nun
erzählte Frau Star ihrem Manne alles, was sie auf dem Grabenrande gesehen und
gehört hatte, und dann flog er hinüber.
So sehr er
sich jedoch auch umschaute, er sah keine Kaulquappen im Wasser. Der Graben war bereits halb ausgetrocknet, und unten im Schlamme kroch bloß
eine alte, fette Kröte herum.
Da hörte
er auf einmal auf der Wiese jenseits des Grabens einen gewaltigen Lärm. »Quak!
Quak! Quorax!« Eine ganze Menge Frösche schrie durcheinander. Mitten in dem
Kreise saß die alte Froschmutter, während ihre Kinder im Grase umher sprangen.
Alle hatten jetzt Beine, und die Kiemenbüschel am Kopfe waren verschwunden. Die
Tierchen sahen überhaupt wie richtige kleine braune Frösche aus; ihre nasse
Haut glänzte in der Sonne, und sie quakten nach Noten. Ein Schwanzstückchen
aber hatten alle noch aus ihrer Jugend behalten.
»Herr
Gott, Kinder!« sagte der alte Frosch. »Seid doch nur vernünftig! Ich bin so
froh, so froh über euch! Ihr sollt sehen, den widerwärtigen Schwanzrest werdet
ihr auch noch los, und dann ist alles in schönster Ordnung.«
Einige von
den jungen Fröschen setzten sich nun so, dass man ihre Schwänze nicht sehen
konnte. Sie legten den Kopf auf die Seite und sahen die Alte zärtlich an:
»Wir haben
gar keine Schwänze mehr! Wir sind schon richtige Frösche, liebes
Mütterchen! Mit dem Kaulquappenwesen das war ja nur Spaß.«
Aber
andere streckten den Schwanz vor, soweit sie konnten, und
lachten die Alte aus, wie sie es in ihrer ersten Kindheit getan hatten.
»Unsinn!
Unsinn! Unsinn! Du alte Froschmutter!« schrieen sie. »Wir sind dieselben, die
wir immer waren ... Kannst du den Schwanz nicht sehen? Bilde dir nur nicht ein,
dass wir vernünftig geworden seien, wie du es nennst. Soweit bringen wir es
nie. Stets wollen wir freie, lustige Kaulquappen bleiben!«
Der alte
Frosch schalt und bat, die Jungen schrieen, und der Lärm wurde immer ärger. Der
Star schüttelte den schwarzen Kopf und flog nach Hause, um seiner Frau zu
erzählen, was er gesehen und gehört hatte.
»Das ist
ja eine recht unruhige Familie,« sagte er.
»Eine unglückliche
Familie ist's!« erwiderte Frau Star. »Sobald ich wieder ausgehen kann, mache
ich mit unsern Kleinen einen Spaziergang und statte der Froschmutter einen
Besuch ab. Für unsre Kinder ist es gut, wenn sie etwas von der Welt sehen. Dann
wissen sie ihr behagliches Heim desto mehr zu schätzen.«
Und als
die jungen Stare Augen und Federn bekommen und ein wenig fliegen gelernt
hatten, begab sich ihre Mutter mit ihnen auf die Wiese, damit
sie den alten Frosch kennen lernen sollten. Lange suchten und riefen sie nach
ihm; und schließlich fanden sie ihn unter einem großen grauen Stein.
»Nun?«
fragte der Star. »Ich bin jetzt so weit, wie du siehst! Wie ist es dir
ergangen? Wo sind deine Kinder?«
»Die sind
längst weg,« erwiderte der Frosch. »Sie haben sich über die Wiese verstreut und
sorgen für sich selber.«
»Das ist
ja großartig!« sagte der Star. »Und wie sehen sie denn aus?«
»Jösses!
Es sind die niedlichsten Frösche von der Welt geworden. Sie springen und sagen:
Quak! Ich könnte mir keine bessern Kinder wünschen!«
»Na also
... Ende gut, alles gut!«
»Darin
haben Sie recht. Aber der Anfang war allerdings schwer genug. Und stellen Sie
sich einmal vor: Eines Tages, als sie ganz ausgewachsen waren und den Schwanz
und all das andre Zeug abgelegt hatten, unterhielt ich mich mit ihnen über die
Sache. Und da starrten sie mich an mit Augen, die gar nichts mehr von früher zu
wissen schienen. Und die Kinder lachten und ließen mich kaum ausreden,
schließlich sagte eins von ihnen, ich hätte ihnen eine zu schlechte Erziehung
gegeben, wenn sie mal Kinder kriegten, so sollten die etwas andres zu
hören bekommen, falls sie solche Affenstreiche unternehmen
würden. – Ich bitte Sie, was sagen Sie dazu? Wie habe ich gepredigt und
gekämpft!«
»Ja ...
die Jugend ist undankbar,« sagte Mutter Star.
»Nun,« meinte
die Froschfrau zum Schluss, »sie haben sich ja doch fügen müssen, und das ist
die Hauptsache. Im Winter sitzen wir alle in unsern Löchern auf dem Grunde des
Mühlenteichs, und dann kann niemand es ihnen ansehen, wie ausschweifend sie in
ihrer Jugend gelebt haben.«
***
wird
fortgesetzt
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