Mittwoch, 4. September 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-16
 Achter Kriegstag

Als jener einst am Schlachtfeldrand
Fürs Vaterland auf Wache stand,
Kamen aus dem dichten Rohr,
Arm in Arm zwei Mäus' hervor.

Die eine war sein Eheweib.
Die hatte schlicht zum Zeitvertreib,
Denn ihr Mauser war im Krieg,
Den Zivilisten Mauselieb,
Das dreiste Weib, sie sei verflucht,
Sich zu vergnügen ausgesucht.

Schlürfewein in seinem Zorn
Musst anseh'n was sein Lebensborn,
Für den sein Weib er bisher hielt,
Mit dem Buhlen dort verspielt
Direkt vor seinen Augen trieb.

Als der Mauser Mauselieb
Schließlich zur Attacke schritt
Und mit Mausi, seinem Weib,
Aus purer Lust, zum Zeitvertreib,

Im Galopp 'ne Runde  ritt,
Dacht Schlürfewein, des Mäusleins Gatte,
An einen biblischen Bericht,
Den er als Bub verinnerlicht,
Und bis dato auch behalten hatte.

Wie Pinhas es auf Moses Rat
Mit Simri und mit Kosbi tat
(4 Mose 25,6-15, Numeri 25,6-15)
Durchbohrte mit dem Schwerte er
Die Unzüchtigen im Verkehr,
Just auf dem Höhepunkt der Lust
Mit seinem Speer durch Bauch und Brust.


"Ihr Elenden;" schrie er dabei:
"Das habt ihr nun davon ihr zwei,
Während ich für Volk und Reich,
Wache schiebe hier am Teich,
Treibt es ihr und nutzt es aus
Dass ich weile nicht zu Haus.
Was ihr da macht ist unerhört,
Ihr seid ja so verdorben!"

Die beiden haben's nicht gehört.
Sie waren längst verstorben.

 Schlürfewein fluchte gar sehr
Indem posthum die Gattin er
Eine alte Schlampe nannte
Die Treue und Moral nicht kannte.
Doch das hörte die nicht mehr.

Da schwirrte unverhofft ein Speer,
Geschleudert beinahe so scharf,
Wie einst Achill die Lanze warf
Und ist ihm durch den Kopf geflogen.

Die Maus hat nicht mehr nachvollzogen
Was da mit ihr geschehen war
Und auch nicht wie der Mörder hieß,
Welcher schleuderte den Spieß.

Der Schmerz brannte sich in ihr fest
Und gab dem armen Tier den Rest.
Gestorben und tot für immerdar,
Musst sie nie wieder an die Front.

Während ihre Seele schon
Gar tief unter dem Hellespont
Badete im Acheron,
Kämpfte der Lanzenwerfer Murkeckert,
Bewaffnet nur mit Schild und Schwert,

Gegen Stibitzer.     Die Maus
Schrie wütend und gerad heraus:
"Ich murks dich ab du Blödian!
Was meinem Freund du angetan,
Wirst du büßen jetzt du Schuft.
Noch heute wirst du in der Gruft
Bei deinen eignen Ahnen liegen
Um von den Maden so wie die,"
Er im Zorne weiter schrie,
"Im Gestank der Friedhofserden
Gefressen und durchwühlt zu werden!"

"Dazu musst du mich erst besiegen!"
Grinste der Frosch. Dann stach er zu.
Er traf die Maus mit einem Schwinger
Des Langschwertes am Zeigefinger
Und schrie dabei: "Du Stümper du,
Ich mach dich kalt, ich bring dich um!"
Wonach zu seinem Gaudium
Und ohne weitres Wortgezank',
Mit einem Tropfen Blut am Finger
Sie bewusstlos niedersank.

Frosch Murkeckert, der Mausbezwinger,
Schleppte die besinnungslose
Maus hinab ans Ufermoor,
Wo er dann im dichten Rohr,
Gar feige doch in Heldenpose,
Behutsam, dass sie nicht erwachte,
Ihr spielerisch den Garaus machte.


Das Völkerrecht auf keiner Seite
Wurde beachtet mehr im Streite.

In der Schlacht die Kombattanten
Zwei Ziele scheinbar nur noch kannten:
Ins Feindesland schnell einzudringen
Und sich gegenseitig umzubringen.

Gefangene hat in der Schlacht
Man ganz selten nur gemacht.
Doch wenn mal einer ward gefangen
Ist es ihm gar schlecht ergangen.

Die Generalität nicht dumm,
Bracht die Gefangenen all um;
Denn einen Gegner zu bemuttern
Ihn zu bewachen mit zwei Posten,
Um ihn auch noch durchzufuttern,
Das verursacht unnütz Kosten,
Darüber war man sich im Klaren,
Die man besser sollte sparen.

Abgeurteilt als gar frecher
Garstig grüner Kriegsverbrecher,
Wurd mancher Frosch, so wird berichtet,
Von den Mäusen hingerichtet.


Die Guillotine Pulapkana
Ein polnisches Modell,
Modifiziert für Krott und Rana,
Billig, sicher, leise, schnell
Beförderte die Froschepheben,
So war's in Mausulia Mode,
Maschinell,  ruck zuck, vom Leben
Auf Tastendruck zum Tode.



Zu Massengräbern hingekarrt,
Wurden nachts sie ebenda,
Im Dunkel, dass es keiner sah,
Ohn' große Umstände verscharrt.

So war es bei den Mäusen Brauch
Und manchmal bei den Fröschen auch.

***

Im Planungsstabe unterdessen,
Bei den tapferen gar kühnen
Stabsdienstlern der Grünen,
Haben zwei am Tisch gesessen
Und den Schlachtplan kurz vor sieben,
Schnell noch einmal umgeschrieben.


"Wir schicken die siebte Froscharmee
Anstatt der dritten an den See,
Dann können wir die dritte
Mit der achten in der Mitte
Auf dem Schlachtfeld dislozieren
Um ins Mausland zu marschieren;"
Schlug General von Schottschborg vor.
Der Oberst Prozerer ganz Ohr,
(Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen S. 96 und 112)
Dachte ein kurzes Weilchen nach
Bevor zum anderen er sprach:

"Und wenn wir unser zweites Korps
Als Flankenschutz getarnt im Rohr,
In Lauerstellung positionieren,
So dass sie von den Seiten her
Setzen an zu Gegenwehr
Falls die Mäus es wagen
Nochmals zuzuschlagen,
Dann kann uns nichts passieren."

"Wir haben ja am Schlachtfeldrand,
Die Garden in der Hinterhand,"
Erwiderte der General
Und er fügte gleich spontan
Hastig ergänzend, lächelnd an:
"Du wirst es sehen, dieses Mal
Gehen sie uns alle
Ganz sicher in die Falle
Und deshalb mach für morgen
Ich mir keine Sorgen.
Ich bin sicher, dass wir binnen
Stunden Schlacht und Krieg gewinnen!"

"Ja," erwiderte der Oberst drauf.
"Und falls sich doch im Schlachtverlauf
Was andres sollt ergeben,
Dann ändern wir die Taktik eben!"

***

Wie geplant, so wurd's gemacht.
Draußen im Felde, in der Schlacht,
In praxi zwischen Frosch und Maus
Sah der Krieg ganz anders aus
Als geplant vom General.


Doch dazu mehr das nächste Mal
Wenn ich aus der Kriegsgeschichte
Für Euch weiter hier berichte.

***

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.