Samstag, 31. August 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-15
 Achter Kriegstag

Am Poggenpfuhl, vom Ufer aus,
Erschoss der Krieger Wühlemaus,
Just im Moment beim Waffengang,
Als der etwas essen wollte,
Einen Frosch beim Fliegenfang.


Die Fliege ist entkommen.
Der Frosch vom Gegnerpfeil getroffen,
So wie es kommen sollte,
Sank vor Schmerzen arg benommen
Ins Wasser. Dort ist er ersoffen.

Der Frosch war einer der Soldaten,
Weil jung er ward und unerfahren
Von dem noch keine Heldentaten
Groß bekannt geworden waren.
Er starb ganz ohne jede Lust
Am Krieg und hat sein Leben
 Ohn' einen Orden an der Brust
Für den König hingegeben.


Huckefrosch von Huckeperre,
(Alle Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen
zum Deutschen Wortatlas "Der Frosch", Marburg 1945)
Des Getöteten Papa,
Weil den feigen Mord er sah,
Stürmte vor mit Froschgeplärre
Um den Mord an seinem grünen
Pubertären Sohn zu sühnen.

Just als er im Rachedrang
Zornentbrannt ans Ufer sprang,
Wurd er von dem Mäusebiest
Mit der Lanze aufgespießt.



Ähnlich ist es Paung ergangen.
Als er mit seiner überlangen
Lanze sich wollt grad erfrechen
Eine Mücke zu erstechen,
Weil er Appetit grad hatte,
Hat aus ihrem Loch heraus
Ihm eine gottverdammte Maus
Sie hieß mit Namen Miniratte,
Den Speer in seinen großen
Grünen Blasebalg gestoßen.



Paung hat die Mücke schnell vergessen.
Auch mit dem Appetit aufs Essen
War es schlagartig vorbei.
Mit einem lauten Schmerzensschrei,
Ohne erst Rache anzustreben,
Schied ruckzuck er aus dem Leben.


Keppäd Keckt von Fretsch hingegen
(Alle Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen
zum Deutschen Wortatlas "Der Frosch", Marburg 1945)
Hatte Glück; es war ein Segen.
Ein Speer, welcher im hohen Bogen
Kam schwirrend durch die Luft geflogen,
Traf ihn in den Bauchspeck zwar;
Doch weil dahinter auch Speck war,
Sah die Verletzung schlimm zwar aus,
Doch im Lazarett zu Haus,
Würd' wie die anderen Epheben,
Die in der Schlacht verletzt wie er
Worden waren oder gar noch mehr,
Dank der Arztkunst überleben.


Notdürftig die tiefen Wunden
Im Feld vom Sani schnell verbunden,


Ward fix er von ihm hingebracht
Und schnellstens dort gesund gemacht,
Damit erneut er an die Front
Zum Weiterkämpfen wieder konnt'.

Ein andrer Krieger, Röllken Padde,
Am Froschteich ein Erlebnis hatte
Das er, er war sich sicher dessen,
Niemals im Leben würd' vergessen.

Als er am Teich Patrouille ging
Sah er einen Eindringling
Der dorthin ganz offenbar
Mittels Boot gekommen war.

Er schlich sich, ohn' sich aufzublähen,
Vorsichtig an um auszuspähen
Was der Fremdling denn dort wollte.

Als er durch das Schilf von nah
Sich den Eindringling besah,
Ungläubig er die Augen rollte.
Die Mausarmee ganz offenbar,
Das wurde schlagartig ihm klar,
Schickte Weiber in die Schlacht.

Eine Mausdame stand
Bewaffnet dort am Moorteichrand
Die Lanze stichbereit, auf Wache.


"Oh Gott," dacht er, "schnell weg von hier,"
Weil ihm nicht koscher ward die Sache;
Denn zu kämpfen gar mit ihr,
Kam für ihn nicht in Betracht.

Da hat er fix Reißaus genommen.
Quer durch den Teich ist er geschwommen
Um seinen sicher drauf erpichten
Kampfgenossen zu berichten
Was er auf der Teichmoosmatte
Am Ufer just gesehen hatte.

Zwei andre, Baconlick und Baconlover,
Zwei mit Speck geschmierte
Überseeische graue Alliierte,
So wie es ist im Krieg ist Brauch,
Schweigsam ohn' jegliches Palaver
    Waren auf Patrouille auch.

Sie hatten just beim Streife gehen
Vom andern Ufer aus gesehen
Wie der Frosch, vom Weibe bang
Flüchtend in das Wasser sprang.

Erst geschwommen, dann getaucht,
Hat er eilig in der Flucht
Vor der Maus sein Heil gesucht.

"Wenn seine Luft ist aufgebraucht"
Dachten sie, "dann taucht er auf."
Und so lauerten sie drauf,
Dass der Schurke endlich käme
Auf dass man ihn gefangen nähme.

Doch es sollte anders kommen
Als sie es sich vorgenommen!

Als beide sie ins Wasser schauten
Und lauernd fest darauf vertrauten,
Endlich mal beim Teichbewachen,
Einen Gefangenen zu machen,
Sahen die zwei, auf Orden wild,
Beflügelt vom Verlangen,
Endlich einen Frosch zu fangen,
Nur ihr eignes Spiegelbild.


Das stierten, noch ohn' Lametta dran,
Sie von sich selbst begeistert an
Und malten im Geist, in aller Ruh
Sich die Ordenspracht dazu,
Die sie in Zukunft würde schmücken,
Falls was geplant war, würde glücken.

"Da rührt sich was", "Da kommt er schon"
Hauchten sie beide fast synchron
Als das Wasser voller Trug
Vor ihnen endlich Wellen schlug.

  
Doch statt dem Frosche tauchten Speere
Urplötzlich aus den Fluten auf
Und änderten ihren Planverlauf.
Anstatt von Orden, Ruhm und Ehre
Gab Lanzenstiche es furios
Direkt aus dem schwarzen Meer,
Gestoßen und zwar kostenlos,
Mit Hinterlist von unten her.


Oh, was hat das weh getan.
Ach was pfiffen da die beiden;
Solche Schmerzen zu erleiden
Sah nicht vor ihr kluger Plan.

Die Frösche indes grinsten breit.
Sie scherte nur das eigne Leid;
Und davon gab's weiß Gott genug!

Rund um den Froschteich überall
War Lebensgefahr nun in Verzug.
Ein Frosch starb bei 'nem Überfall.

Er wollt, um etwas abzustauben,
Maus Kornsacks Eigenheim ausrauben.
Doch als ins dunkle Loch er sah,
Das Unglaubliche geschah!


Maus Kornsack stieß von unten her
Mit Karacho ihren Speer
Wütend in den Dieb hinein.
Der ließ sofort das Mausen sein
Und quakte nur stattdessen.
Kornsack, gestört beim Abendessen,
Trat durch die Hintertür vom Haus
Mit dem Messer flugs hinaus.



Begleitet von dessen letzten Klängen
Schnitt ab dem Frosch er ohne Eile
Die allerbesten Speckfleischteile
Um sie in den Rauch zu hängen.
"Grüne Schenkel ohne Haaren
Geräuchert noch viel leckrer waren,"
So dacht der Mauser bei sich keck
  Als überbackner Käs mit Speck.


***

Ja, der Krieg war arg brutal.
Es war so wie jedes Mal
Wenn zwei Völker sich mit Macht
Austobten in einer Schlacht.

***

Rittmeister Kollodux hingegen
Hatte Pech. Als im Galopp
Er auf seinem Ross verwegen,
Mit dem Befehle -Allez hopp-,
Den Gaul das Springen wollte lehren,
Begann der Schimmel sich zu wehren.
Er bockte zweimal und sprang weiter.
Kollodux, jedoch sein Reiter,
Ist im hohen Bogen
In den Sumpf hinein geflogen.



Er brach dabei im Ungeschick
An einem Fels sich das Genick.
Als er starb sein letzter Schrei
War "Sieg heil!" Dann war's vorbei.

***

An dem Ross das Interessante
War die amphibische Variante.
Drum fing es die Marine ein.
Die konnt" den Gaul ganz sicher brauchen,
Zum Schleppen, Schwimmen und zumTauchen.

Dort im Hochseeyachtverein
Brachte man dem Zossen bei,
Was Steuerbord und Backbord ist
Wie Flaggen man und Wimpel hisst
Und was man macht bei Meuterei.

Vom Gaul und auch vom Yachtverein
Wird später noch die Rede sein.

***

An dieser Stell' in den Bericht,
Wie der Wahrheit es entspricht,
Füge ich das nächste Mal,
Ach, was war das ein Skandal,
Nach dem Protokoll hier ein
Was dem Mauser Schlürfewein,
Er war im Krieg als Reservist,
An der Front geschehen ist.


***
wird fortgesetzt





Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.