Machwerk
R.W. Aristoquakes
Teil 21-1
Im Olymp
Wieder gab's, so wollt's der Brauch
Für die Geschichte Beifall auch.
Doch der hielt nicht sehr lange an
Denn Hermes war als nächster dran
Und drängelte voll Ungeduld
Sich bereits ans Rednerpult.
Er war sich seiner Sache schlüssig.
Von einem der des Lebens überdrüssig
Einst war, las er dem Götterkorps
Nun einen Froschgeschichte vor.
Der lebensmüde Frosch
- aus dem Estnischen von Helga Viira -
Der
Frosch hockte mit finsterer Mine am Teich. Wütend vor sich hinmurmelnd, eilte
ein Igel vorbei. Statt eines Grußes knurrte er:
"Leb wohl, Frosch! Ich ertränke mich."
"Leb
wohl, ich wünsche gutes Gelingen!" quakte der Frosch. Der Igel plumpste
ins Wasser, prustete und planschte, hustete eine Weile und kroch wieder ans
Ufer.
"Einen schäbigen Teich hast Du" moserte er
zornig, "einfach jämmerlich! Das Wasser ist kalt und man verschluckt sich.
Versuche einer, sich im Pfuhl zu ertränken. Verboten solche Pfützen!"
Ärgerlich blickte der Frosch den Igel an und sprach:
"Hättest mich erst fragen sollen, ob man sich hier überhaupt ertränken
kann, du Narr. Ich hätte es dir gesagt. Aber gleich Hals über Kopf ins Wasser
stürzen! In diesem Teich kann man sich nicht das Leben nehmen. Ich habe es
mehrmals versucht. Meinst du, dass ich mich nicht längst selbst ertränkt hätte
wenn es möglich wäre?"
"Aber warum
willst du dich denn umbringen?" fragte der Igel.
"Warum,
warum! Weil ich niemand gefalle. Jeder sagt "Puh, ein Frosch!"
Was ist das für
ein Leben?! Doch sag, weshalb willst du sterben?"
"Weil niemand Angst vor mir hat, Stets heißt es: O was
für ein liebes Igelchen, was für ein nettes Igelchen! Ich sträube zwar meine
Stacheln und bubbere, aber darüber lacht man nur."
"Das ist schlimm" sagte der Frosch, "aber du
musst es ertragen. Wir sollten versuchen, der Sache auf den Grund zu
gehen."
Der Igel überlegte und meinte dann: "Einverstanden.
Lass uns miteinander in die weite Welt wandern. Vielleicht findet sich jemand,
dem du gefällst und der sich vor mir fürchtet."
Das taten sie dann auch und zogen von dannen. Sie gingen
und gingen, bis sie eines Tages auf einer Wiese ein Kalb sahen.
"Hör mal, Kalb, gefalle ich dir?" fragte der
Frosch.
Das Kalb ließ die Lefzen hängen, wackelte mit den Ohren und
blökte: "Du gefällst mir überhaupt nicht. Mir macht es Spaß, mit anderen
Kälbern um die Wette zu laufen, das gefällt mir."
"Hast
du vor mir Angst?" fragte der Igel.
"Was
sollte ich an dir fürchten?" fragte das Kalb zurück. "Ich habe Angst
vor dem neuen Scheunentor, da wage ich mich nicht hinein. Jeden Abend gibt es
deshalb Streit."
Enttäuscht
gingen die beiden weiter. Nach einer Weile sahen sie unter einem Strauch ein
paar nackte Füße. Das waren die Füße eines Faulpelzes, der unter dem Busch lag
und schnarchte.
"Hallo,
ihr Füße, gefalle ich euch?" fragte der Frosch.
"Was
sollte uns an dir gefallen?" antworteten die Füße. "Wir liegen gern
in der Sonne und bewegen unsere Zehen. Das ist eine Beschäftigung, die uns
gefällt."
Dann
fragte der Igel: "Habt ihr Angst vor mir?"
"Warum
denn, wir sind an spitze Steine gewöhnt. Doch wenn man uns zwischen den Zehen
kitzelt, ja, dann kriegen wir das Gruseln!"
Auf neue
enttäuscht, setzten Igel und Frosch ihren Weg fort. Eines Tages erblickten sie
eine Sonnenblume mit einem langen Stiel.
"Gefalle
ich dir?" fragte der Frosch.
"Nein",
antwortete die Sonnenblume und wandte ihm ihr rundes Antlitz zu, "mir
gefällt es, der Sonne ins Auge zu schauen."
"Fürchtest
du dich vor mir?" fragte der Igel.
"Weshalb?"
Die Sonnenblume wunderte sich. "Was kannst du mir schon antun? Ich habe
Angst vor den Sperlingen, die picken mir die Kerne aus. Ja vor denen fürchte
ich mich sehr!"
Die Verstimmung der
beiden Wanderer wuchs. Langsam wurde es Herbst.
"Machen wir den Winter über
Pause und warten das Frühjahr ab", schlug der Frosch vor. Dann gehen wir
aufs Neue los."
So kroch der Frosch tief in den
Teichschlamm, der Igel aber begab sich in sein warmes Nest,
und sie hielten Winterschlaf.
An einem milden Frühlingsabend
standen ein Mädchen und ein Bursche am Zaun, sie hüben und er drüben, und
unterhielten sich. Die Sonne war untergegangen, rot glühte der Himmel im
Westen. In der Luft schwebte der herbe Duft modrigen Laubes, weißer Nebel stieg
vom Teich empor, aus dem das gedämpft Quaken der Frösche klang.
"Herrlich ist dieses
Froschkonzert", sagte das Mädchen. "Für mich gehört es nun einmal zum
Frühling. Gefällt es dir auch?" Der Bursch bejahte. Und beide schwiegen
eine Weile.
"Aber was raschelt da?"
flüsterte das Mädchen plötzlich erregt. "Mir wird unheimlich, ich fürchte mich.
"Das ist ein Igel", entgegnete der Bursche, "Vor ihm braucht du
keine Angst zu haben."
"Kann sein", meinte das
Mädchen, "aber wenn es im Dunkeln so raschelt, da wird einem doch
bange."
Frosch und Igel waren gerade auf
der Suche nach einem Nachtlager und krochen im welken Laub umher. Sie hörten
die Unterhaltung der jungen Leute und schwiegen. Dann flüsterte der Frosch:
""Leb wohl Igel! Ich habe also eine schöne Stimme, ich gehe zum Teich
zurück."
"Geh nur!" antwortete
der Igel,. Ich bleibe hier und spaziere abends durch die Büsche. Hier ist es
gut zu sein."
Und so trennten sie
sich.
Die Frühlingsnacht wurde immer
dunkler. Es war warm und still, die Birken dufteten, und vom Teich her ertönte
vielstimmiger Froschgesang, mild und beruhigend und zugleich aufregend wie der
Frühling selbst. Vom Gartenwinkel her war leises Blätterrascheln zu hören....
wird fortgesetzt
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