Montag, 9. September 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-18
 Achter Kriegstag

Die Helden um den Sieg betrogen
Sind abgekämpft nach Haus gezogen.



Sie wollten eines nur noch tun;
Essen, trinken und dann ruh'n.

Die Toten haben all die Nacht
Dort wo sie starben zugebracht.

Umschwirrt von Faltern, Mücken, Fliegen
Ließ man sie im Dunkel liegen.

"Der Adebar würd's nicht versäumen
Tags darauf das Schlachtfeld aufzuräumen"
So dachte der Herr General,
"Dann ist es klar fürs nächste Mal!"

***

Ruhe am Teiche:
Ein Frosch springt hinein:
"Plop", das Geräusch des Wassers.

Nach einem Haiku von Basho

***

Die Helden der Schlacht indessen waren
Derweil zu Hause angekommen.


Als Mausi Käsner hat wahrgenommen,
Dass von ihrem, ach so lieben
Mann war ein Bein im Krieg geblieben,
Lief sie mit Sorge im Gebaren
Verzweifelt im Mausloch hin und her.

Ihr Mauser sprach: "Nun reg dich ab,
Wobei er einen Kuss ihr gab.
"Ich muss nun in den Krieg nicht mehr;
Das ist mir die Sache wert!"
So hat er Weib und Kind belehrt.

Und dann erzählte er den Seinen
Von der Schlacht und den gemeinen
Fröschen die nichts andres kennen
Als hinter Mäusen her zu rennen
Um ins Wasser sie jagen,
Oder im Schilf sie zu erschlagen.

"Ich hatte Glück;" sprach er zum Schluss,
"Als ich den Eridanos-Fluss
Wollte an der Furt grad queren
Haben sie mich überfallen.
Ich konnt mich ihrer nicht erwehren.
Sie haben mir, als wir dort stritten
Meinen Fuß zwar abgeschnitten
Samt den Zehen und den Krallen.
Doch wär ich ihnen nicht entkommen
Hätten mir die Froschepheben
Ganz bestimmt mein kostbar Leben,
Da bin ich sicher, auch genommen."

"Du siehst Mausi;" fügte spontan
Er zur Gattin weiter an:
"Das Schicksal meint es gut mit mir.
Nun bleib für immer ich bei Dir
Und bei den Kindern hier zu Haus,
Und als kriegsversehrte Maus,
Bekomm vom König ich den Speck
Wie jeder andre Mausephebe
Der für den adeligen Jeck
Ein Bein hat, so wie ich verloren.
So hat er es uns einst geschworen,
Kostenlos solang ich lebe.

Doch es sollte anders kommen
Als Käsner es hat angenommen.
Davon und des Königs Ehr
Berichte später ich noch mehr
***

Nebenan bei Schinkenmauses,
Micki Pips, die Frau des Hauses,
Vor der Familienzukunft bang.
Immer noch nach Worten rang
Weil ihr Gatte Schinkenmaus
Kam ohne linke Hand nach Haus.


Als seine Ehefrau dann sah,
Dass den Schwanz er auch war los,
War der Kummer doppelt groß.
Einer Ohnmacht ziemlich nah,
Den Sohnemann an ihrer Hand,
Sie ratlos vor dem Gatten stand.

Der sprach: "Es tut mit wirklich leid.
Glaub mir, ich hab gekämpft mit Schneid.
Zwei Frösche, dreist und unverfroren,
Haben mich, die feigen Lurche,
Im Schlachtfeld in der Ackerfurche
Hinterhältig aufgelauert.
Zwei Stunden hat es wohl gedauert
Bis ich die beiden in der Schlacht
Endlich hatte umgebracht.
Dabei hab ich den Schwanz verloren.
Das rechte Auge stach im Strauß
Einer der beiden auch mir aus."

"Hauptsache du hast den Kampf gewonnen!"
Pfiff da sein Sohnemann besonnen.
Da musste selbst die Gattin lachen.
"Ich werd dir was zu essen machen"
Sprach sie wie in Askese
Und dachte bei sich insgeheim:
"Für den Stummel aus Holz und Leim
Mach ich ihm eine Prothese;
Die wird ihm sicherlich gut stehen.
Das Weitre werden wir dann sehen."

                                                                         ***      

Weit schlimmer war ein andrer Mann
Der vom Krieg nach Haus kam, dran.

Quaga Quabb von Hoppsepodde,
Daheim am Teiche in der Grotte
Direkt hinterm Binsenbusche,
Traf seine Gattin namens Krusche
Zu Haus mit einer Quappe an
Die während er war in der Schlacht,
Sein Weib hatte zur Welt gebracht.


Das Kind war ihm sofort ein Graus.
Das Zwitterding aus Frosch und Maus
Hatte als Kind schon einen Bart
Und einen Schwanze am Hintern der
Den Kriegsheimkehrer störte sehr,
Weil er nicht passte zu seiner Art.

"Was hast du Schlampe nur getan,"
Schrie er und ihr war anzusehen
Dass ihr die Sache peinlich war.

"Ach Liebster," sprach sie, "ein Versehen!"
Dann machte sie dem Gatten klar
Was passiert war in der Nacht
Am ersten Kriegstag vor der Schlacht.

"Du warst grad in den Krieg gezogen.
Ich lag so wie immer prüde
Im meinem Mausebettchen müde,
Da hat ein Mauser mich betrogen!

Ich dachte damals offenbar
Dass ein Traum das Ganze war.
Er legte sich zu mir ins Bett
Und hauchte zärtlich und so nett,
Mit verstellter Stimme, grade so
Als wärst es du, der meinen Po
Tätschelte und sagte, -komm doch her-.
Was dann geschah, ich weiß nicht mehr.
Im Traume muss ich wohl intim
Tatsächlich gewesen sein mit ihm.
Als plötzlich er das Licht anmachte
Und geblendet ich erwachte,
Sah ich, ich sag es grad heraus,
Es warst nicht du, es war 'ne Maus
Die mich, ich war ja selbst ganz platt,
Dreimal vergewaltigt hat."

"Verzeih mir Liebste, noch einmal"
Erwiderte der General,
"Dass ich hab Schlampe dich genannt.
War dir der Mauser denn bekannt?"
Wollte er gerissen
Noch von Krusche wissen.
"Wenn dem so wär, dann würd' ich ihn
Zur Verantwortung gleich ziehn!"

"Nein" sprach sie, "das ist es ja;
Alles was ich von ihm sah,
War neben seinem grauen Schwänzchen,
Das Muttermal auf seinem Ränzchen."

"Den kenn ich" schrie der General.
"Das ist der Sohn von Trüffelmauser
Dem bekannten Admiral.
Sein dreister pubertärer Lauser
Dient ebenfalls bei der Marine.
Ein Vergeh'n an grünen Frauen
Ist dem Lümmel zuzutrauen."

Dann wurd gar finster seine Mine.
"Da kann ich," sprach er, "nicht viel machen,
Denn bei der Navy solche Sachen,
Wie man sie dir hat angetan,
Das weiß jeder Dummerjan,
Nennt man mit Stolz im Unterton,
Schlichtweg einfach Tradition.
Und weil die auf See beim Militär
Noch wichtiger als Gehorsam wär,
Müsste man den Bastard eben
Zur Marinejugend geben."

"Für einen wie ihn," so fuhr er fort,
"Auf einem Schiff der Hochseeflotte
Zu dienen als Kadett
Ist genau der rechte Ort.
Er wär nicht ausgesetzt dem Spotte,
Den man zu Hause mit ihm hätt'."

Nach einer kurzen Pause dann
Fügte er zu ihr noch an:

"Für die Navy ist man nie zu jung.
Ich meld ihn an zu Musterung
Und weiter gar erbarmungslos:
"Die nehmen wirklich alles jetzt,
Dort werden wir ihn sicher los."

Sein Weib hat sich nicht widersetzt;
Im Gegenteil, sie stimmte zu.

Seither im Hause Hoppsepodde,
Am Froschteich nah der Binsengrotte
Das Thema Mausquapp' ist tabu.


Um das Kapitel abzuschließen
Sei noch kurz drauf hingewiesen
Dass Admiral von Trüffelmauser
Und sein pubertärer Lauser
Und dessen Sohnemann in Spe
Blieben allesamt auf See.

Die ersteren auf einem Potte
Von Mausulinas Hochseeflotte
Sind ersoffen als ihr Schiff
Lief im Teiche auf ein Riff.


Der Balg von Hoppsepoddes Frau
Ging tags drauf zu früher Stunde
Auf einem Froschkreuzer zu Grunde
Weil nicht hielt das Ankertau.
Ohne jeden Feindkontakt
Stürzte das Schiff ins Katarakt
Des Eridanos-Strom's hinab
So dass es keine Rettung gab.

***

Nachdem die Navy er verhöhnte
Sich der Herr General versöhnte
Schnell mit seiner Gattin Krusche.
Was sich weiter in der Grotte
Abspielte einst am Binsenbusche
Lassen wir dahingestellt.
Um zu erholen uns vom Spotte
Welcher herrscht auf dieser Welt
Berichten wir das nächste Mal
Was indes im Göttersaal
Auf dem Olymp die lieben
Götter nebst dem Chefgott trieben.

wird fortgesetzt




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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.