Sonntag, 15. September 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 21-5
Märchenerzähler im Olymp

Ohne Pause froh und heiter
Ging es im Olymp nun weiter.
Die jungfräulich hübsche Hestia,
Göttin von Haus, Feuer, Herd et cetera,
Las dem erlauchten Götterkader
Eine Geschichte vor von Schrader.

Der verliebte Frosch
Von Ursula Irmgrit Schrader



Der warme Hauch des Frühlings sprengte die Eisschollen des kleinen Teiches. Der erste Regen fügte die von der Sonne zerklüftete Schlammschicht zusammen. Feuchte Wärme weckte verborgene Schläfer zum Leben.
Es war Frühling. Mit ihm legte die Erde neuen Schmuck an. Vögel zwitscherten glücklich. Auch unserem kleinen Frosch wärmte die erste Frühlingssonne die Glieder, Leben kam in seinen kalten Körper. Er reckte sich und drückte sich durch den Schlamm den warmen Sonnenstrahlen entgegen.

Der Himmel war schon fast blau. Aus den Bäumen tropften noch die letzten warmen Regentropfen auf seine Haut. Er öffnete sein Maul um seine Stimmbänder zu prüfen. "Quak, Quak, Quak", hörte man seine ersten unsicheren Rufe über den Teich. Er sprang ins Wasser, ruderte zu einem von der Sonne erwärmten Stein und hangelte sich noch etwas steif hoch.

"Quak, Quak", ertönte seine Stimme, aber nirgendwo her kam eine Antwort. Hatte der Frühling die anderen Schläfer noch nicht erweckt? Letztes Jahr saßen schon viele Froschdamen um den Teich herum.

"Quak, quak", lockte er, dabei kam ihm die nette Froschdame vom vorigen Frühling in den Sinn. Glücklich und verliebt wie er war, schrieb er sogar ein Gedicht. Wie waren die Verse doch gleich ? 

Die Schönste des Teiches beginnt ihr Leben,
sieht sie den strahlenden Mond sich erheben.
Die Liebste im Wasser auf wärmenden Stein ...

Ein Knacken am Uferrand, er horchte auf und lockte "Quak, Quak ". Ein schwarz behaarter Kopf mit großen Augen schaute ihn an . Schreckensbleich sprang er ins Wasser und ruderte zum Schilf, um sich in dem Dickicht in Sicherheit zu bringen. 

Etwas verschüchtert lugte er aus seinem Versteck. Ach, der alte Hund war's. Er kam hier immer her um seinen Durst zu löschen, oder um die Brotstücke zu stehlen, die der Mensch den Fischen zugedacht hatte. "Quak, Quak", lockte der kleine Frosch leise aus dem Schilf. Voriges Jahr, ja da war alles anders. 

Er beschloss in seiner Einsamkeit: ich muss sie suchen. Irgendwo müssen die anderen doch sein! Die Beharrlichkeit seiner Tonkünste allein führten nicht zum Erfolg. Er sprang aus dem feuchten Dunkel des Rohres in den angrenzenden Wald, hüpfte auf einen alten, morschen Baumstumpf und schaute sich um. 

Stille, nur eine dicke Fliege sonnte sich auf einem Grashalm. "Hunger", schoss es durch seinen Kopf. Gekonnt schnellte seine klebrige Zunge empor, fing die Fliege und verschluckte sie. Traurig hüpfte er weiter und träumte vom Jahr davor. Ja, da war er wer! Er durfte sogar Vorsänger der Damen sein, was ihn noch heute mit Stolz erfüllte! Ach ja, und sie stimmte dann irgendwann in sein Lied mit ein. Ihr Gesang am Frühlingsabend war wie der Gesang der Lerche. Sein Herz bebte vor Sehnsucht. Er hüpfte weiter in Richtung morscher Eiche, wo im vorigen Jahr die vielen Kerbtiere waren.

Doch was war das? Die Eiche war weg! Stattdessen saß er vor einer riesigen weißen Wand mit verglasten Löchern. Er drehte den Kopf nach rechts und dann nach links, aber nirgendwo war ein Durchkommen. Betrübt hüpfte er zu seinem Teich zurück, ruderte durchs Wasser und setzte sich auf ein großes Blatt der alten Mummel.
 
  Er war allein! Seine Damen waren sicher hinter der großen weißen Wand, die der Mensch errichtet hatte. "Quak, Quak", rief er noch einmal zaghaft und nickte erschöpft ein. Er schlief tief und träumte. In seinem Traum sah er einen riesigen blauen See mit alten angeschwemmten Bäumen im seichten Wasser. Rohrkolben, der sich sanft im Wind bewegte. Enten tummelten sich am Ufer auf Futtersuche und ein weißer Schwan zog majestätisch an ihm vorüber. Vor ihm tauchte eine alte Trauerweide ihre Äste tief in den See. Die Sonne spiegelte sich im Wasser wieder. Er schaute versonnen ihren Strahlen nach .


Doch da, auf einmal, hörte er richtig? "Quak, Quak", tönte es an sein Ohr. Er glaubte es nicht, er traute einfach seinen Ohren nicht. "Quak, Quak", kam es von nebenan und dann hüpfte sie zu ihm herüber.

"Du bist wieder da", sagte er leise, "nun kann es Frühling werden".


wird fortgesetzt



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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.