Samstag, 19. Mai 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 98
 Lyriker im Olymp

Froschmedizin und Krötengift Teil III

Doch dieses war nur eingeschoben.
Darum schnell zurück nach oben
Auf das Vortragspodium
Zu den Seelen im Elysium
Wo Äskulap noch immer stand
Um vom Spickzettel in seiner Hand
Sich als Doktor zu bewähren
Und die Heroen aufzuklären
Über das, wie er es sah,
Was mit den Fröschen einst geschah.

Er räusperte sich noch zweimal dort;
Dann fuhr er in seinem Vortrag fort:
„Wir waren, das wollt ich noch sagen,
Bei seiner Seele angekommen“
Begann er erneut. „Bleibt nachzutragen
Was bei da Vinci ich entnommen.
Der Frosch, so schrieb Leonardo
Lebt ohne Kopf und Herz grad so,
Als sei er noch ein heiles Wesen.
Er hüpft davon in großer Eile
Auch ohne diese beiden Teile,
So als wäre nichts gewesen.
Und weiter hat den Mann geschrieben
„Daraus schließ ich, seine Seele
Sitzt im Rumpfe noch fidele
Irgendwo gar gut versteckt
Und hat den Torso angetrieben.
Ob da Vinci sie entdeckt
Dort später hat ist unbekannt.
Andrerseits ist interessant
Was der Künstler weiterschreibt:
„Wenn man es auf die Spitze treibt
Und ihm das Rückenmark durchbohrt,
Dann zuckt der Frosch und stirbt hinfort.
Köpft man den Frosch und reizt ihn dann
Dort wo der Kopf ward abgeschnitten,


Lässt er sich nicht lange bitten
Und turnt so wie ein Hampelmann.
„Der Frosch kann kopflos sogar lieben“

Fügte der weise alte Mann
In einer Randbemerkung an
Die uns erhalten ist geblieben.
Die Seele, die den Bogen spannt
Zur Ewigkeit, soweit bekannt,
Hat im Frosch, der so geschunden
Bis heut kein Forscher noch gefunden.
Die Frage lautet: Hat er eine
Oder aber hat er keine?
Wenn ja, sitzt sie im Rückenmark
Oder anderswo autark?
Jede Antwort auf die Frage
Blieb unbefriedigend und vage.
Aristoteles hat uns betrogen,
In punkto Seele angelogen
Denn er behauptet, dass vom Herz
Sie strebt nach oben himmelwärts.
Reißt man es dem Frosch heraus,
So hüpft er trotzdem, ei der Daus.
Sogar geköpft, dekapitiert
Er noch lange nicht krepiert.


Wirft man ohn‘ Kopf ihn in den Teich
Beginnt zu schwimmen er sogleich.
Er lässt nicht nach, schwimmt stundenlang
Weiter im Bewegungsdrang.
Und sein Herz schlägt ganz allein
Als würd es noch im Körper sein
Vor sich hin wie eine Uhr.
Wo liegt des Rätsels Lösung nur?
Oder stimmt es etwa doch
Was Aristoteles beteuert?
Am Ende funktioniert es noch
Telekinetisch ferngesteuert.
Hält man dem dekapitierten Lurch
Ein Streichholz an den grünen Po,
Geht er in wilder Panik durch
Wie ein Ross im Feuer so.
Ohn‘ Kopf und Herz, wenn man ihn zwickt,
Wie ein gesunder er erschrickt.
Er kann ohn‘ Kopf und Herz sogar
Noch Sex haben, wie wunderbar
Ist dieses Tier, ich sag es laut,
Von seinem Schöpfer doch gebaut.
Selbst wenn man ihm das Hirn entfernt,
Das haben wir von Goltz gelernt,
Quakt der Frosch, wenn er es will;
Wenn nicht, dann bleibt er lieber still.
Er kann ohn‘ Kopf sogar noch denken
Und seine Beine dorthin lenken,
So lesen wir bei Pflüger,
Welcher zu lesen lesenswert,
Wo er zu kratzen sich begehrt.
Doch sind wir deshalb klüger?
Der Frosch, bei Forschern renommiert,
Wurd gar verbissen und mit Fleiß
In und auswendig studiert.
Doch gab das Tier bis heut nicht preis
Was die Forscher wissen wollten.
Noch manches im Zusammenhang
Ist, so denk ich, von Belang.
Felix Fontane, ohn‘ zu unken,
Machte die Frösche so betrunken,
Dass sie mit den Augen rollten.
Er dacht wohl es würd lustig sein
Und flößte ihnen Branntwein ein.
Je mehr dem Tier er davon gab
Desto schneller ging’s bergab.
Der Quaks verlor die Reaktion
Und wurde bald bewusstlos schon.
Ein Frosch, der zwanzig Tropfen trank
War einen ganzen Tag lang krank.
Da Frösche wenn sie erst mal trinken,
Ganz selten nur „nein danke“ winken,
Ging mancher am gebrannten Wein
Bei den Trinkversuchen ein.
Noch vieles wurd mit ihm probiert.
Zerstückelt, zerrissen, massakriert,
Ersäuft, erstickt, durchbohrt, geblendet,
Gemartert bis er ist verendet.
In einer Hexenschrift gar steht,
Das er ward durch den Wolf gedreht.
Man hat auf Hölzer ihn gespickt,
Skalpiert und in den Po gezwickt.
Ja sogar seinen Innereien
Ließ man Interesse angedeihen.
Man schnitt aus purer Langeweile
Leber und Lunge in kleine Teile
Und suchte in den Därmen gar
Ob was darin zu finden war.
Den Magen, ach es war ein Graus,
Die Forscher sind ja so verrucht,
Pumpte man den Fröschen aus.

Sogar sein Kot wurde durchsucht.
Doch die Seele fand man nicht
Darin von dem verdammten Wicht.
Überall hat man gesucht.
Mancher Forscher hat geflucht
Und dem grünen Kerl gegrollt,
Während er suchend vor ihm stand,
Weil er, was er finden wollt,
Im sezierten Frosch nicht fand.
Jeder wollt der erste sein,
Der des Lurches Seel in Augenschein
Nehmen konnte und darum
Suchte man im Frosch herum.
Dickdarm, Dünndarm und Kloake
Wurd untersucht. Das Froschgequake
Setzte vielen Forschern zu.
Dennoch gab man keine Ruh,
Durchwühlte zigtausende von Tieren
Das Gedärm im grünen Leibe.

Doch weder in Lunge, Leber und den Nieren
Noch in der Milz fand man die Bleibe
Jener die man finden wollt, der Seele
Des Frosches; auch nicht in seiner Kehle
Wurden die Forscher fündig.
Sie suchten weiter all‘samt sündig
Schamlos, unerlaubt intim
 Weiter noch herum in ihm.
Doch weder in Bärmutter und Geilen
Noch im Mark und andern Teilen
War das blöde Ding zu finden“.
„Selbst in den gesiebten Winden“
Sprach Äskulap und hat gelacht,
„Wurde sie nicht ausgemacht“.
Die Sache ist noch heute offen.
Die Frage lautet hat er eine
Oder aber hat er keine“!
Die Seelen schwiegen all betroffen.
Zwei Minuten war es still.
„Was meinst denn du dazu Achill“
Befragte Hektor den Peliden.
„Schau dich um“ sprach der „hienieden,
Dann kennst du meine Antwort drauf“.
Was wollt Achill damit nur sagen?
Er wagte sich nicht nachzufragen.
Da stand die Seel von Quaggporch auf.
„Hätt keine Seel das grüne Tier,
Wär keine von den unsren hier“
Rief er durchs Elysium.
„Schaut euch doch im Saal mal um;
Ihr seht, es lässt sich nicht verhehlen.

Was grün ist sind all Frösche-Seelen.
Und dann rief er sie mit Namen
Worauf sie angeflogen kamen.
„Bratschka, Bratschke, Brettjepogg,
Broasga, Brodschga, Brozerer,
Dätschke, Datschga, Hutschfrogg,
Gögge, Gechse, Gäckerer….“
So ging es weiter, tausend Namen.
Bis auf Quakopp alle kamen.
Jener hatte sich vertan
Und war im Hades nebenan.
„Siehst du“ sprach Quaggporch da zu Äskulap
Was ich vor dir versammelt hab
Beweist dass auch Frösche Ihre Seelen
Sterbend den Göttern anempfehlen.
Da wir alle tapfer waren
Dereinst in unserm Erdenleben,
Ist Gerechtigkeit uns wiederfahren.
Zeus hat uns jenen Platz gegeben
Der Helden zusteht nach dem Tode“.
Da sprach Homerus der Rhapsode:
„Die Antwort auf die Seelenfrage
Ist, hört zu was ich euch sage:
Ja die Frösche haben eine,
Wenn auch eine ziemlich kleine.
Ihr seid der lebende Beweis.
Hier schließt sich nun der Forschungskreis.
Ich denk, ihr geht mit mir konform
Ätherisch ist die Seelenform!
Doch ihre Farbe variiert
Zweifellos, gar keine Frage
Ich bitte euch so glaubt es mir,
Zwischen schwarzweiß und grün meliert,
Je nach der aktuellen Lage
Des  Sündenkontostands auf ihr.
Und dann fügte in aller Ruh
Er noch das Folgende hinzu:
„Die Seele ist bei Mensch und Tier,
Das wissen, denk ich, alle hier,
Damit sie ewig funktioniert,
Auch dementsprechend konstruiert.
Sie besteht, das wisst ihr auch,
Aus einem schattenlosen Hauch
Des Schöpfers welcher mit Esprit
Vor langer Zeit erdacht hat sie.
Antriebsart Perpetuus,
Treibstoff reiner Spiritus.
Design und Funktion grandios,
Vakuumgelagert, reibungsfrei,
In Gang gesetzt einst virtuos
Von Konstrukteur Gott Adonai.
***
wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.