Dienstag, 22. November 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 66

Carl von Clausewitz

„Vom Kriege“


as ist

Krieg“ so fängt er an.

Zweck und Mittel folgen. Dann

Wird der Genius erklärt

Der im Kriege sich bewährt.

Von Anstrengung und von Gefahr

Weiter auch die Rede war.

Friktion im Krieg, Fernmeldewesen.

Kein Grund um weiter dort zu lesen.

Die erster hundertfünfzig Seiten

Nur Theorie, um einzuleiten.

Im ersten Teil, vom dritten Buch

Macht der Autor den Versuch

Das große Schlagwort Strategie

Zu erläutern irgendwie.

Kühnheit, Tugend und Moral,

List, Überraschung, Kräftewahl;

Dynamik und Beharrlichkeit;

Vereinigung von Kraft und Zeit

Sind and‘re Kapitel überschrieben.

Meist hat der Autor übertrieben.

Auf Seite zweihundert schließlich dann

Fängt das Buch erst richtig an.

Unter der Überschrift Gefecht

Steht mancherlei geradebrecht

Was nur der Genius versteht

Um den es weiter vorne geht.

Dann beginnt der Zweite Teil.

Dort bietet Clausewitz das feil

Was jeder Frontsoldat verschmäht.

Für die Generalität

Mag es wichtig sein; wer weiß?

Gräulich blätternd kam in Schweiß.

Er verlor die Übersicht.

Was er suchte fand er nicht.

Feldzug, Schlachtordnung, Quartier,

Avantgarde und Kriegstheater;

Alles fand sich im Brevier.

Doch als Kampf-und Frontberater

War das Werk von Clausewitz

Ungeeignet. Sein Besitz,

Das stellte sich nun schnell heraus

War keine Hilfe für `ne Maus,

Um ihr, dass sie nicht verreckte,

Weil sie im Schlamassel steckte

Eine Ausweg aufzuzeigen.

Das Buch das dem Major war eigen,

Diente lediglich dem Offizier

Als Renommee wie das Rapier

Um damit ein wenig anzugeben.

Als Hilfe für das Überleben

Kann man dieses Werk vergessen.

Kaum ein Wort darin vom Essen.

Im ganzen Werk die Überschriften

Taugen nicht zum Frieden stiften.

Angriff und Verteidigung,

Flankenschutz und Marschordnung,

Sukzessiver Widerstand,

Rückzug aus dem Feindesland;

Diversion und Offensive,

Invasion und Defensive,

Verlagerung des Angriffszieles,

Politischer Zweck des ganzen Spieles;

Wie man einen Feind bezwingt,

Wie ein Überfall gelingt,

Wie man Flüsse überquert,

Wie man sich vor Schlägen wehrt;

Wie man Festungen angreift,

Wie man ganze Städte schleift;

Wie man geschickt den Boden nutzt,

Wie man dem Feind die Klingen stutzt;

Angriff des Feindes im Quartier;

An alles hat der Offizier

Carl von Clausewitz gedacht.

Rückzug nach verlor’ner Schlacht;

Überlegenheit nach Zahl,

Angriffstaktik, Waffenwahl,

Handhabung der Kriegsdienstkunst,

Nutzung von Nebel, Nacht und Dunst;

Bau von Festungen und Schanzen,

Sicherung von Allianzen,

Volksbewaffnung und Kordon,

Beschrieben im Offiziers-Jargon;

Jeden kriegerischen Akt

Erklärt vom General exakt.

Führungsprinzip und Reglement,

Das ganze Feldzugs-Repertoire;

Wo der Führer hat zu steh’n,

Dass es alles gut kann seh’n;

Gebrauch von physischer Gewalt

Ohne Schonung kraftgeballt;

Wald-, Gebirgs-; Vernichtungskampf,

Und all den andern Kriegsdienst-Krampf

Hat der General gediegen

In seinem Werk „Vom Krieg“ beschrieben.

Mit bonapartistischem Verstande

Erklärt uns Carl von Clausewitz

Wie man Krieg führt hierzulande.

Hingegen keinerlei Notiz

Darüber was man im Kriege in der Schlacht

Wenn man im Sumpfe festsitzt, macht.

Gräulich schlug das Machwerk zu

Und reichte es dem Korporal.

Der blätterte in aller Ruh

Sich durch den Wälzer noch einmal.

Die Mäus‘ indessen rings umher

Sanken tiefer mehr und mehr.

Die ersten im tiefen Sumpfgelände

Falteten verschämt die Hände.

Andere hingegen fluchten.

Was immer auch die Mäus‘ versuchten

Sich aus der Falle zu befrei’n,

Sie sanken immer tiefer ein!

Das war die Lage: Vorklugbeiß

Auf seines Anführers Geheiß,

Wühlte sich durchs Buch „Vom Kriege“.

Soldatentum ihm in die Wiege

Gelegt, schrieb Clausewitz der General

Ein Werk welches fundamental

Sich mit dem dummen Krieg befasst

Der allen Klugen ist verhasst.

Bellum iustum! Pax Romana!

Gleich nach der Prolegomena,

Die ihm seine Gattin schrieb,

Auf Lichtenberg ein Seitenhieb.

Er hänselte gar als Strategen

Seine Offizierskollegen

Die mit dem Thema ohne Frucht

Sich hatten vor ihm schon versucht.

„Salbadereien aller Art

Hätten sie ihm nicht erspart“

Schrieb er. Als Intellektueller eigen

Wollt den Stümpern er es zeigen.

Er kannte sich aus in dem Milieu.

In einer Art wie Montesquieu

Der vom Geiste der Gesetze schrieb

Damit sein Buch auch zeitlos blieb,

Ging er zu Werke. Was er dacht‘

Hat er zu Papier gebracht.

Wie man einen Vorteil nutzt

Und wie den Gegner man verdutzt;

Wie man verhindert intelligent

Dass man in Bajonette rennt;

Wie einen Feind man im Gefecht

Aussticht schnell und kunstgerecht;

Wann man zur Attacke bläst,

Den Gegner ins Leere laufen lässt,

Wie und wo und wann man ficht

Oder angreift besser nicht.

Wie, ohne dass man sich groß schindet

Man ein Bollwerk überwindet;

Wie man den Gegner in der Schlacht

Niederwirft und wehrlos macht;

Wie man tarnt sich so geschickt

Dass man selbst vor sich erschrickt;

Wie man den Feind zum Handeln zwingt

Auf dass der Angriff ihm misslingt;

Wie man umgeht mit der Flinte,

Wie man ansetzt eine Finte;

Wie man der Kühnheit edle Tugend

Im Kriege abverlangt der Jugend;

Wie man `nen Knecht in Anbetracht

Des Untergangs zum Feldherrn macht;

Wie man die Truppe motiviert

Dass sie durchhält und marschiert

Und immer wieder neu beginnt

Solange bis sie einmal gewinnt.

Wie man Reserven führt heran

Und wo man die bekommen kann;

Wie man des Feindes Kräfte bindet

Und wo man dessen Truppen findet;

Wann man an Aufgabe muss denken

Und das Panier sollt lieber senken

Als mit Ehrgeiz im Betragen

Eine Schlacht erneut zu wagen.

All das schrieb Clausewitz auf Ehr

In sein Buch und noch viel mehr.

Vorklugbeiß der Korporal

Blätterte irrational

Im Werk „Vom Kriege“ hastig weiter.

Neben ihm ein Hauptgefreiter

Schrie ihn plötzlich unwirsch an:

„Beeil dich doch du Blödian;

Mir steht der Schlick schon bis zum Kinn;

In zehn Minuten bin ich hin“:

Auch von der anderen im Moor

Sah’n nur die Köpfe noch hervor.

Der Verzweiflung nah im Grimm

Fluchten manche ziemlich schlimm.

Einer rief in Ungeduld:

„Die Offiziere haben Schuld;

Erst jagen sie zum Kriegsdienstzweck

Uns dümmlich rein in diesen Dreck

Und wenn wir im Schlamassel stecken

Lassen sie uns all verrecken.

Das größte Schimpfwort, glaubt es mir,

Welches ich kenn ist Offizier“!

Sogar der König nicht grad glimpflich

Wurde beschuldigt dreist und schimpflich.

„Troxartes“ schrie von hinten einer,

„Ist ein Schuft ein hundsgemeiner.

Nur weil sein Bankert Bröseldieb

Im Schilfe bei den Fröschen blieb

Riskieren wir hier Kopf und Kragen.

Uns’re Haut zu Markte tragen

Müssen wir für Parteckfresser.

Warum gab er Acht nicht besser,

Samt Lychomyle auf den Kleinen?

Ich kümmere auch mich um die Meinen

Und wenn ich nicht zu Haus kann sein,

Wie jetzt im Krieg, sperr‘ ich sie ein.

Leckmülle und dem Potentaten

Eine Extrawurst zu braten

War dumm von uns. Nie wieder zieh

Ich in die Schlacht für ihn und sie“!

Während die Truppe lauthals fluchte

Der Korporal noch immer suchte.

Er wühlte sich, dem Tode nah

Durch die Kriegs-Scholastica

Die der Major zum Rettungszweck

Hatte mit im Kampfgepäck.

Bot Clausewitz, das war die Frage

Einen Ausweg aus der Lage

In welcher sie sich just befanden?

Jedes Stichwort war vorhanden

In dem dicken Buch “Vom Kriege“.

Was man macht nach einem Siege

Am Ende einer Kanonade.

Wer wo marschiert bei der Parade.

An alles hatte Carl gedacht.

Was man bei Ungehorsam macht;

Doch kein einziges Kapitel

Mit „Rettung bei Gefahr“ im Titel.

Wie Widerspenstige man zähmt,

Wie man des Feindes Vormarsch lähmt;

Wie man den Geist der Krieger lenkt,

Dass jeder nur an Rache denkt;

Wie Tollkühnheit bei einem Mann

Erwecken man und fördern kann;

Wie man mit Beharrlichkeit

Dem Gegner zufügt großes Leid;

Wie man dem Feind den Schneid abkauft,

Wie man am besten mit ihm rauft,

Und wie man ihn in die Zange nimmt

Und ihn ordentlich vertrimmt;

Wie man die Truppen im Gefecht

Nach vorne führt so kunstgerecht,

Dass keinem auf dem Weg dorthin

Kommt zu flüchten in den Sinn;

Wann Trossknechte und den Tambour

Man nach hinten schickt retour

Dass sie nicht verloren gehen.

Wie man sich im Kampfgeschehen

Den besten Überblick verschafft

Und wie man sich erneut aufrafft,

Falls eine Schlacht verloren ging.

Über jede Lage und jedes Ding

Hat Clausewitz sich ausgelassen.

„Verflucht, das ist doch nicht zu fassen“

Schrie Vorklugbeiß der Korporal,

„Ich glaube, Carl der General

Wusste selbst nicht was man macht

Wenn so wie wir just in der Schlacht

Das Heer vom Feind angelockt

Plötzlich im Schlamassel hockt.

Mit sarkastischem Humor

Las laut er aus dem Buche vor:

Wie man den Gegner überrascht

Und ihn im eignen Lager hascht.

Wie man die Stellung so bezieht,

Dass der Gegner es nicht sieht.

Wie durch Stellungswechsel man

Seinen Gegner foppen kann.

Wie man in Virtuosität

Hass auf den Feind im Lager sät.

Wie man die Kanonen richtet

Damit man möglichst viel vernichtet;

Wie man Lufthiebe vermeidet

Und die Schlacht für sich entscheidet;

Mit allem war der Mann vertraut;

Selbst wie man `ne Latrine baut

Kann man nach so vielen Jahren

Noch aus seinem Werk erfahren.

An alles hat mit Geistesblitz

Gedacht der gute Clausewitz.

Doch was man, wenn man ohne Mut

In einer Klemme sitzt, dann tut,

Hat, so scheint es, genial,

Vergessen wohl der General.

Kein Wort davon was einer macht

Bevor er umkommt in der Schlacht.

Der Korporal gar ungezogen

Warf Clausewitz im hohen Bogen

In den Sumpf. Mit dumpfem „Patsch“

Landete das Buch im Matsch.

Ein paar Sekunden lag es dort;

Dann sank es unter und war fort.

Das Standartwerk „Vom Kriege“ war,

Das war allen Mäusen klar

Gegen die Batrachomyomachie

Nichts als graue Theorie.

Vorklugbeiß noch wutgeladen

Sprach zu seinen Kameraden:

„Bevor wir hier im Dreck versinken

Lasst uns die Frösch‘ zu Hilfe winken.

Dann droht uns zwar Gefangenschaft;

Doch besser lebend in der Haft

Als im Schlick den Heldentod

Zu sterben unter Atemnot“!

Wie vom Korporal erdacht

Hat man schließlich es gemacht.

Keiner wollt im Moor versinken.

Alle begannen sie zu winken

Und der ganze Mausverein

Begann laut dazu zu schrei’n.

„Zu Hilfe, bitte helft uns doch

Sonst sterben wir hier alle noch.

Ihr edlen Herrn und stolzen Ritter

Ihr wisst es doch der Tod schmeckt bitter.

Errettet uns und euer Lohn

Wird unsre lebenslange Fron

Für Pausback euern König sein“.

Da ertönte ganz weit vorn,

Den Mäusen ging‘s durch Mark und Bein,

Des Oberst Pärres Angriffshorn.

Wie vorbesprachen so getan.

Die Frösche griffen sofort an!

Im Sturmschritte auf Flossenfüßen.

Patschten alle sie heran

Und haben ihre Pflicht getan.

„Ihr müsst nun alle dafür büßen“

Schrie der Oberst zorngenährt,

„Dass ihr uns habt den Krieg erklärt“!

Grauenhaft war das Massaker,

Welches die grünen Froschteich-Quaker

Anrichteten nun im Moor.

Maus um Maus den Kopf verlor.

Allen ging es an den Kragen.

Allesamt wurden erschlagen.

Die ganze Kompanie musst‘ sterben

Und allen von ihnen war es klar

Wer an ihrer schlimmen Qual

Und schuldig an ihrem Tode war.

Carl von Clausewitz der General!

Oberst Pärre, die Kanaille

Erhielt die Tapferkeitsmedaille.

In der Begründung für den Orden

Ist bestätigt schriftlich worden

Dass kein einziger Frosch versehrt

Aus der Schlacht ist heimgekehrt.

Alle waren sie gesund.

Das war dafür der Grund.

Die Tat, so stand’s im Protokoll,

War mutig und gar ehrenvoll.

Und weiter stand da noch zu lesen

Wie es tatsächlich ist gewesen.

„Tausend Mäus‘ aus höchster Not

Errettet vor dem Erstickungstod“.

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Wie der Mäusegeneral

Bewertet hat den Zwischenfall

Und wie er reagierte drauf

Das zeige demnächst ich hier auf.

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.