Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 8 – 66
Carl von Clausewitz
„Vom Kriege“
Krieg“ so fängt er an.
Zweck und Mittel folgen. Dann
Wird der Genius erklärt
Der im Kriege sich bewährt.
Von Anstrengung und von Gefahr
Weiter auch die Rede war.
Friktion im Krieg, Fernmeldewesen.
Kein Grund um weiter dort zu lesen.
Die erster hundertfünfzig Seiten
Nur Theorie, um einzuleiten.
Im ersten Teil, vom dritten Buch
Macht der Autor den Versuch
Das große Schlagwort Strategie
Zu erläutern irgendwie.
Kühnheit, Tugend und Moral,
List, Überraschung, Kräftewahl;
Dynamik und Beharrlichkeit;
Vereinigung von Kraft und Zeit
Sind and‘re Kapitel überschrieben.
Meist hat der Autor übertrieben.
Auf Seite zweihundert schließlich dann
Fängt das Buch erst richtig an.
Unter der Überschrift Gefecht
Steht mancherlei geradebrecht
Was nur der Genius versteht
Um den es weiter vorne geht.
Dann beginnt der Zweite Teil.
Dort bietet Clausewitz das feil
Was jeder Frontsoldat verschmäht.
Für die Generalität
Mag es wichtig sein; wer weiß?
Gräulich blätternd kam in Schweiß.
Er verlor die Übersicht.
Was er suchte fand er nicht.
Feldzug, Schlachtordnung, Quartier,
Avantgarde und Kriegstheater;
Alles fand sich im Brevier.
Doch als Kampf-und Frontberater
War das Werk von Clausewitz
Ungeeignet. Sein Besitz,
Das stellte sich nun schnell heraus
War keine Hilfe für `ne Maus,
Um ihr, dass sie nicht verreckte,
Weil sie im Schlamassel steckte
Eine Ausweg aufzuzeigen.
Das Buch das dem Major war eigen,
Diente lediglich dem Offizier
Als Renommee wie das Rapier
Um damit ein wenig anzugeben.
Als Hilfe für das Überleben
Kann man dieses Werk vergessen.
Kaum ein Wort darin vom Essen.
Im ganzen Werk die Überschriften
Taugen nicht zum Frieden stiften.
Angriff und Verteidigung,
Flankenschutz und Marschordnung,
Sukzessiver Widerstand,
Rückzug aus dem Feindesland;
Diversion und Offensive,
Invasion und Defensive,
Verlagerung des Angriffszieles,
Politischer Zweck des ganzen Spieles;
Wie man einen Feind bezwingt,
Wie ein Überfall gelingt,
Wie man Flüsse überquert,
Wie man sich vor Schlägen wehrt;
Wie man Festungen angreift,
Wie man ganze Städte schleift;
Wie man geschickt den Boden nutzt,
Wie man dem Feind die Klingen stutzt;
Angriff des Feindes im Quartier;
An alles hat der Offizier
Carl von Clausewitz gedacht.
Rückzug nach verlor’ner Schlacht;
Überlegenheit nach Zahl,
Angriffstaktik, Waffenwahl,
Handhabung der Kriegsdienstkunst,
Nutzung von Nebel, Nacht und Dunst;
Bau von Festungen und Schanzen,
Sicherung von Allianzen,
Volksbewaffnung und Kordon,
Beschrieben im Offiziers-Jargon;
Jeden kriegerischen Akt
Erklärt vom General exakt.
Führungsprinzip und Reglement,
Das ganze Feldzugs-Repertoire;
Wo der Führer hat zu steh’n,
Dass es alles gut kann seh’n;
Gebrauch von physischer Gewalt
Ohne Schonung kraftgeballt;
Wald-, Gebirgs-; Vernichtungskampf,
Und all den andern Kriegsdienst-Krampf
Hat der General gediegen
In seinem Werk „Vom Krieg“ beschrieben.
Mit bonapartistischem Verstande
Erklärt uns Carl von Clausewitz
Wie man Krieg führt hierzulande.
Hingegen keinerlei Notiz
Darüber was man im Kriege in der Schlacht
Wenn man im Sumpfe festsitzt, macht.
Gräulich schlug das Machwerk zu
Und reichte es dem Korporal.
Der blätterte in aller Ruh
Sich durch den Wälzer noch einmal.
Die Mäus‘ indessen rings umher
Sanken tiefer mehr und mehr.
Die ersten im tiefen Sumpfgelände
Falteten verschämt die Hände.
Andere hingegen fluchten.
Was immer auch die Mäus‘ versuchten
Sich aus der Falle zu befrei’n,
Sie sanken immer tiefer ein!
Das war die Lage: Vorklugbeiß
Auf seines Anführers Geheiß,
Wühlte sich durchs Buch „Vom Kriege“.
Soldatentum ihm in die Wiege
Gelegt, schrieb Clausewitz der General
Ein Werk welches fundamental
Sich mit dem dummen Krieg befasst
Der allen Klugen ist verhasst.
Bellum iustum! Pax Romana!
Gleich nach der Prolegomena,
Die ihm seine Gattin schrieb,
Auf Lichtenberg ein Seitenhieb.
Er hänselte gar als Strategen
Seine Offizierskollegen
Die mit dem Thema ohne Frucht
Sich hatten vor ihm schon versucht.
„Salbadereien aller Art
Hätten sie ihm nicht erspart“
Schrieb er. Als Intellektueller eigen
Wollt den Stümpern er es zeigen.
Er kannte sich aus in dem Milieu.
In einer Art wie Montesquieu
Der vom Geiste der Gesetze schrieb
Damit sein Buch auch zeitlos blieb,
Ging er zu Werke. Was er dacht‘
Hat er zu Papier gebracht.
Wie man einen Vorteil nutzt
Und wie den Gegner man verdutzt;
Wie man verhindert intelligent
Dass man in Bajonette rennt;
Wie einen Feind man im Gefecht
Aussticht schnell und kunstgerecht;
Wann man zur Attacke bläst,
Den Gegner ins Leere laufen lässt,
Wie und wo und wann man ficht
Oder angreift besser nicht.
Wie, ohne dass man sich groß schindet
Man ein Bollwerk überwindet;
Wie man den Gegner in der Schlacht
Niederwirft und wehrlos macht;
Wie man tarnt sich so geschickt
Dass man selbst vor sich erschrickt;
Wie man den Feind zum Handeln zwingt
Auf dass der Angriff ihm misslingt;
Wie man umgeht mit der Flinte,
Wie man ansetzt eine Finte;
Wie man der Kühnheit edle Tugend
Im Kriege abverlangt der Jugend;
Wie man `nen Knecht in Anbetracht
Des Untergangs zum Feldherrn macht;
Wie man die Truppe motiviert
Dass sie durchhält und marschiert
Und immer wieder neu beginnt
Solange bis sie einmal gewinnt.
Wie man Reserven führt heran
Und wo man die bekommen kann;
Wie man des Feindes Kräfte bindet
Und wo man dessen Truppen findet;
Wann man an Aufgabe muss denken
Und das Panier sollt lieber senken
Als mit Ehrgeiz im Betragen
Eine Schlacht erneut zu wagen.
All das schrieb Clausewitz auf Ehr
In sein Buch und noch viel mehr.
Vorklugbeiß der Korporal
Blätterte irrational
Im Werk „Vom Kriege“ hastig weiter.
Neben ihm ein Hauptgefreiter
Schrie ihn plötzlich unwirsch an:
„Beeil dich doch du Blödian;
Mir steht der Schlick schon bis zum Kinn;
In zehn Minuten bin ich hin“:
Auch von der anderen im Moor
Sah’n nur die Köpfe noch hervor.
Der Verzweiflung nah im Grimm
Fluchten manche ziemlich schlimm.
Einer rief in Ungeduld:
„Die Offiziere haben Schuld;
Erst jagen sie zum Kriegsdienstzweck
Uns dümmlich rein in diesen Dreck
Und wenn wir im Schlamassel stecken
Lassen sie uns all verrecken.
Das größte Schimpfwort, glaubt es mir,
Welches ich kenn ist Offizier“!
Sogar der König nicht grad glimpflich
Wurde beschuldigt dreist und schimpflich.
„Troxartes“ schrie von hinten einer,
„Ist ein Schuft ein hundsgemeiner.
Nur weil sein Bankert Bröseldieb
Im Schilfe bei den Fröschen blieb
Riskieren wir hier Kopf und Kragen.
Uns’re Haut zu Markte tragen
Müssen wir für Parteckfresser.
Warum gab er Acht nicht besser,
Samt Lychomyle auf den Kleinen?
Ich kümmere auch mich um die Meinen
Und wenn ich nicht zu Haus kann sein,
Wie jetzt im Krieg, sperr‘ ich sie ein.
Leckmülle und dem Potentaten
Eine Extrawurst zu braten
War dumm von uns. Nie wieder zieh
Ich in die Schlacht für ihn und sie“!
Während die Truppe lauthals fluchte
Der Korporal noch immer suchte.
Er wühlte sich, dem Tode nah
Durch die Kriegs-Scholastica
Die der Major zum Rettungszweck
Hatte mit im Kampfgepäck.
Bot Clausewitz, das war die Frage
Einen Ausweg aus der Lage
In welcher sie sich just befanden?
Jedes Stichwort war vorhanden
In dem dicken Buch “Vom Kriege“.
Was man macht nach einem Siege
Am Ende einer Kanonade.
Wer wo marschiert bei der Parade.
An alles hatte Carl gedacht.
Was man bei Ungehorsam macht;
Doch kein einziges Kapitel
Mit „Rettung bei Gefahr“ im Titel.
Wie Widerspenstige man zähmt,
Wie man des Feindes Vormarsch lähmt;
Wie man den Geist der Krieger lenkt,
Dass jeder nur an Rache denkt;
Wie Tollkühnheit bei einem Mann
Erwecken man und fördern kann;
Wie man mit Beharrlichkeit
Dem Gegner zufügt großes Leid;
Wie man dem Feind den Schneid abkauft,
Wie man am besten mit ihm rauft,
Und wie man ihn in die Zange nimmt
Und ihn ordentlich vertrimmt;
Wie man die Truppen im Gefecht
Nach vorne führt so kunstgerecht,
Dass keinem auf dem Weg dorthin
Kommt zu flüchten in den Sinn;
Wann Trossknechte und den Tambour
Man nach hinten schickt retour
Dass sie nicht verloren gehen.
Wie man sich im Kampfgeschehen
Den besten Überblick verschafft
Und wie man sich erneut aufrafft,
Falls eine Schlacht verloren ging.
Über jede Lage und jedes Ding
Hat Clausewitz sich ausgelassen.
„Verflucht, das ist doch nicht zu fassen“
Schrie Vorklugbeiß der Korporal,
„Ich glaube, Carl der General
Wusste selbst nicht was man macht
Wenn so wie wir just in der Schlacht
Das Heer vom Feind angelockt
Plötzlich im Schlamassel hockt.
Mit sarkastischem Humor
Las laut er aus dem Buche vor:
Wie man den Gegner überrascht
Und ihn im eignen Lager hascht.
Wie man die Stellung so bezieht,
Dass der Gegner es nicht sieht.
Wie durch Stellungswechsel man
Seinen Gegner foppen kann.
Wie man in Virtuosität
Hass auf den Feind im Lager sät.
Wie man die Kanonen richtet
Damit man möglichst viel vernichtet;
Wie man Lufthiebe vermeidet
Und die Schlacht für sich entscheidet;
Mit allem war der Mann vertraut;
Selbst wie man `ne Latrine baut
Kann man nach so vielen Jahren
Noch aus seinem Werk erfahren.
An alles hat mit Geistesblitz
Gedacht der gute Clausewitz.
Doch was man, wenn man ohne Mut
In einer Klemme sitzt, dann tut,
Hat, so scheint es, genial,
Vergessen wohl der General.
Kein Wort davon was einer macht
Bevor er umkommt in der Schlacht.
Der Korporal gar ungezogen
Warf Clausewitz im hohen Bogen
In den Sumpf. Mit dumpfem „Patsch“
Landete das Buch im Matsch.
Ein paar Sekunden lag es dort;
Dann sank es unter und war fort.
Das Standartwerk „Vom Kriege“ war,
Das war allen Mäusen klar
Gegen die Batrachomyomachie
Nichts als graue Theorie.
Vorklugbeiß noch wutgeladen
Sprach zu seinen Kameraden:
„Bevor wir hier im Dreck versinken
Lasst uns die Frösch‘ zu Hilfe winken.
Dann droht uns zwar Gefangenschaft;
Doch besser lebend in der Haft
Als im Schlick den Heldentod
Zu sterben unter Atemnot“!
Wie vom Korporal erdacht
Hat man schließlich es gemacht.
Keiner wollt im Moor versinken.
Alle begannen sie zu winken
Und der ganze Mausverein
Begann laut dazu zu schrei’n.
„Zu Hilfe, bitte helft uns doch
Sonst sterben wir hier alle noch.
Ihr edlen Herrn und stolzen Ritter
Ihr wisst es doch der Tod schmeckt bitter.
Errettet uns und euer Lohn
Wird unsre lebenslange Fron
Für Pausback euern König sein“.
Da ertönte ganz weit vorn,
Den Mäusen ging‘s durch Mark und Bein,
Des Oberst Pärres Angriffshorn.
Wie vorbesprachen so getan.
Die Frösche griffen sofort an!
Im Sturmschritte auf Flossenfüßen.
Patschten alle sie heran
Und haben ihre Pflicht getan.
„Ihr müsst nun alle dafür büßen“
Schrie der Oberst zorngenährt,
„Dass ihr uns habt den Krieg erklärt“!
Grauenhaft war das Massaker,
Welches die grünen Froschteich-Quaker
Anrichteten nun im Moor.
Maus um Maus den Kopf verlor.
Allen ging es an den Kragen.
Allesamt wurden erschlagen.
Die ganze Kompanie musst‘ sterben
Und allen von ihnen war es klar
Wer an ihrer schlimmen Qual
Und schuldig an ihrem Tode war.
Carl von Clausewitz der General!
Oberst Pärre, die Kanaille
Erhielt die Tapferkeitsmedaille.
In der Begründung für den Orden
Ist bestätigt schriftlich worden
Dass kein einziger Frosch versehrt
Aus der Schlacht ist heimgekehrt.
Alle waren sie gesund.
Das war dafür der Grund.
Die Tat, so stand’s im Protokoll,
War mutig und gar ehrenvoll.
Und weiter stand da noch zu lesen
Wie es tatsächlich ist gewesen.
„Tausend Mäus‘ aus höchster Not
Errettet vor dem Erstickungstod“.
-----
Wie der Mäusegeneral
Bewertet hat den Zwischenfall
Und wie er reagierte drauf
Das zeige demnächst ich hier auf.
wird fortgesetzt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen