Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 8 – 61
Pfiffigquatsch berichtet über
seine Dienstzeit bei der Marine
wecken rise, rise,
In internationaler Weise
Erschallt der Weckruf heut an Bord.
Vom Admirale bis zum Lord
Muss jeder sich die neuen schönen
Traditionen angewöhnen.
Nach guter alter Flotten-Art
Hat man das Herkömmliche bewahrt
So dass die neue Tradition
Man einem der nicht autochthon
Wie ich an Bord zur See gefahren,
Man sollte besser ganz ersparen.
Die Sache ist sehr kompliziert:
Nur wer den Dienst an Bord studiert
Täglich und die ATP
(DaB = Dienst an Bord, Anweisung für den Dienstbetrieb auf Marineenheiten;
ATP = Allied Tactikal Publication, Taktissches Signalbuch für NATO-Schiffe)
Kommt heute noch zurecht auf See.
Was an Bord man wissen muss
Ist in den Werken gut sortiert
Erklärt und bestens illustriert.
Vom Haarschnitt bis zum Flaggengruß
Geordnet nach dem Alphabet
Von A wie Aal
Bis Z wie Zahl,
Alles in diesen Büchern steht.
Nichts ist dem Zufall überlassen;
Sich mit den Werken zu befassen
Gilt an Bord als erste Pflicht.
Ohne Regeln geht es nicht
Hat der Flottenchef gedacht
Und das Werk herausgebracht.
Das Regelwerk vom Umfang her
Ist etwa sieben Kilo schwer.
Alles ist mit klugem Wort
Geregelt und umschrieben dort.
Alles steht in dieser Fibel!
Weitaus mehr als in der Bibel.
Der Autor namentlich bekannt
Ist mit Homer zwar nicht verwandt
Aber man sagt, des Ausdrucks wegen,
Wär die Ilias nichts dagegen.
Das Buch der Bücher ist seit Spee,
Das weiß ein jeder Dummerjan.
An Bord nun mal der DaB.
Die Bibel ist ein Schundroman
Gegen das Werk von dem die Kenner sagen
Dass es bereits ist vorgeschlagen
Für den Nobelpreis, Sparte Literatur.
Gemacht, so scheint‘s, für alle Zeiten.
Ist das Werk derart verfasst
Dass es zu jeder Lage passt.
Zwischen den austauschbaren Seiten
Und der genialen Klaviatur
Ist genügend Platz gehalten.
Um zeitgemäß es zu gestalten
Sitzt an Land gar aufgebläht
Der Stab der Admiralität,
Der peinlich genau darüber wacht
Dass alles an Bord wird so gemacht
Wie es im Buch steht festgeschrieben.
Die Spezialisten dort vor Ort
Haben manches große Wort
Gar weise und sehr wohl bedacht
Weil sie das Übertreiben lieben,
In das Werk schon eingebracht.
In epischer Länge, mit scharfem Verstand
Erdenken die klugen Leute an Land
Indem sie ihre Phantasie entfalten,
Ständig für das Bordverhalten
Neues, das der Seemann dann
Auf seinem Schiff gebrauchen kann!
Wacheinteilung, Rollenplan,
Wann wer wo mit was ist dran;
Wann der Seemann aufzusteh’n
Und wann er hat zu Bett zu geh’n;
Welcher Bootsmaat wen vertritt,
Alles teilt das Buch ihm mit;
Wer in welcher Kammer wohnt,
Und wer jeweils überm andern thront;
Wer zuerst den andern grüßt,
Wo man den Arrest verbüßt;
Großreinschiff und Decke fegen;
Alles haben die Kollegen
Die an Land den Plan gemacht,
Bis ins Kleinste durchgedacht.
Wie man Seite pfeift und Front;
Wo man an Oberdeck sich sonnt.
Wie man schuftet, malocht und klotzt,
Wie mit dem Wind man richtig kotzt;
Wie man Farbe wäscht und pönt,
Wie man an Seegang sich gewöhnt;
Wie man pflegt die Außenhaut,
Und wie man einen Türken baut;
Was achten Dwars und Backbord ist
Und der ganze andre Mist
Steht in der Schwarte zum Beweis
Festgeschrieben schwarz auf weiß.
Alles ist dort festgelegt.
Wie man sich an Bord bewegt;
Was die Wache hat an Deck
Für `nen Sinn und Einsatzzweck;
Wie man still steht oder rührt;
Was dem Kapitän gebührt.
Wie man die Hand erhebt zum Gruß
Und der ganze andre Stuss
Für den inneren Dienstgebrauch.
Dass man tritt nicht auf den Schlauch
Oder gar in frische Farbe.
Wie man feuert eine Garbe;
Nichts wurd in diesem Werk vergessen,
Wer wann und wo erscheint zum Essen
Und wie er sein Besteck einsetzt
Dass damit keinen er verletzt.
Wer morgens die Potacken dreht
Und wer wo zum Pinkeln geht.
Jeder Pups ist vorbedacht!
Dass man keinen Fehler macht
Ist dem Seemann anbefohlen
Sich Rat aus diesem Werk zu holen.
Wie man die Kanonen richtet,
Wie ein Leck wird abgedichtet;
Wie man mit der Mütze winkt
Und mit der Morselampe blinkt;
Wer im Morgenstress verhärmt
Wem wann wo die Brille wärmt;
Was man macht beim Rollenschwof
Mit einem der sich anstellt doof;
Wie man Untergeb’ne hetzt
Ohne dass man sie verletzt;
Alles, selbst was altbewährt,
Ist in diesem Buch erklärt
Damit keiner es vergisst
Auch wenn es noch so logisch ist.
Wie Flaggen man und Wimpel setzt,
Und wie das Bordmesser man wetzt;
Wie man einen Plan aufstellt
Und wie den Gegner man verprellt.
Was man mit den Toten macht
Auf dem Schiffe nach der Schlacht.
Wie man eines Feind’s gedenkt
Den man hat im Meer versenkt.
Wie man die Flagge dippt zum Gruß
Und wie lang man darf wenn man mal muss.
Wie man mit Müll und Dreck verfährt,
Auch das ist klar darin erklärt.
Wann wer an welcher Leine zieht
Und wer wann wo nach wem mal sieht.
Wer mir der Backschaft wann ist dran
Und wie man Verpisser finden kann.
Wie einer der `nen Furz gelassen
Am falschen Orte, ist zu fassen
Und was nach diesem Dienstvergehen
Mit dem Schurken soll geschehen
Ist im Dienst an Bord geregelt;
Auch wie man mit dem Winde segelt.
An alles wurde da gedacht.
Was bei Meuterei man macht.
Wie zum blauen Tuch mit Kragen
Der neue Orden ist zu tragen.
Wie man fährt die Wäschelast
Und wer wo dient als Pantry-Gast.
Wie lang die Socken sind zu tragen,
Und die mausgrauen Unterhosen
Der Fähnriche, Maate und Matrosen
Kann man in diesem Werk nachschlagen“.
Der Feldmarschall staunte: „Erzähl mir mehr,
Denn so was haben wir nicht beim Heer.
Mit so einem Werk, wenn wir es hätten,
Ließ sich manch dumme Ärger glätten
Den wir mit unsren Mäusen haben“.
„Da hast du Recht“ sprach Pfiffigquatsch.
„Das Buch für jeden Pallawatsch,
Hat für jede Sache in der Tat
Schwarz auf weiß den rechten Rat.
Alles regelt diese Fibel.
Höchst akkurat und sehr penibel
Ist darin klar festgelegt
Wie man sich an Bord bewegt
Und wer welchen Weg benutzt.
Auch wie man die Toiletten putzt
Mit der Bürste, wenn man war,
Ist geregelt klipp und klar.
Was man, sollt‘ das Schiff mal sinken
Zu tun hat um nicht zu ertrinken
Oder auch wohin man rennt
Wenn’s vorne raucht und hinten brennt.
Und dass man nicht zu denken braucht
Auch umgekehrt wenn‘s achtern raucht.
Wo gespult wird, wo gefegt,
Alles ist dort festgelegt.
Wem Mittelwächter zusteht und wem nicht,
Wer gehört zu welcher Schicht
Und wie lang die Wache dauert.
Schriftlich fixiert und untermauert
Mit Skizzen, dass man es versteht
Wer wann wo auf Posten steht.
Auch wie man ja zu sagen hat
Und wie man nach dem schlichten Wort
Zu reagieren hat sofort
Damit nicht über jeden Stuss
Man nachdenken erst lange muss,
Ist auf einem extra Blatt
In Großbuchstaben abgedruckt.
Wie man schützend sich schnell duckt
Bevor man die Kanonen löst
Und wie man mit dem Ösfass öst.
Wie ein Tau wird angeschlagen,
Und wie man knurrt mit vollem Magen
Damit der Smutje nicht vergisst
Wann Frühstückszeit und Mittag ist.
Wie man Leck-Stützbalken sägt
Und wie man sie im Längsgang trägt,
Längs ausgerichtet und nicht quer
Dass man damit nicht hängen bleibt.
All diese und noch so manches mehr
Dem Seemann dieses Buch beschreibt“.
Pfiffigquatsch geriet in Rage:
„Das Buch gibt Antworten zu jeder Frage“
Und dann fuhr mit er damit fort
Dem Feldmarschall mit Hohn im Wort
Daraus noch ein paar Einzelheiten
Aus dem Werk zu unterbreiten:
„Wie man grüßt im Schlafanzug,
Wann wechselt man den Bettbezug;
Wie man die Kanone schwenkt
Und wie man den Torpedo lenkt
Und wie man zielt, damit man trifft
Ist dargelegt in dieser Schrift.
Was zu tun ist und was nicht,
Welcher Dienstgrad welchen sticht;
Wer meldet wem zu welcher Zeit,
Was man tut bei Trunkenheit;
Selbst was man gegen Dünnschiss macht
Oder wenn es zu laut kracht,
Man die Ohrstöpsel recht verwendet,
Dass es nicht im Trauma endet.
Auch wer wo wann zu was ist dran,
Man diesem Werk entnehmen kann.
Wann zu loben ist oder zu strafen,
All das regeln Paragraphen.
Wie und auch mit welchem Wort
Man sich meldet zum Rapport;
Wie man fit hält sich und trimmt;
Wie man ein Heizer-Steh-Bad nimmt;
Wie man `ne Flaschenpost abschickt
Falls man einmal Heimweh hat.
Wie man die Länge des Heimatwimpels akkurat
Berechnet und auch wie man ihn bestickt.
Wie man Befehle so auspfeift
Dass sie auch jedermann begreift;
Wie man einen Shanty singt
Dass er auch allen Freude bringt;
Wen man duzen darf und auch wen nicht;
Wann zu löschen ist das Licht.
Wann wer ist zur Beförderung dran,
Und auch wie man das verhindern kann;
Wie man still steht achtungsvoll,
Was man tun und lassen soll,
Alles regelt dieses Buch.
Wie man benutzt ein Scheuertuch,
Wie man auftritt kernig stramm
Und noch manch andrer Zatterkram
Steht im DaB zu lesen.
Wie man ran kommt an die Spesen;
Wie oft man soll die Zähne putzen
Und wann der Bart ist reif zum Stutzen;
Wie man richtig navigiert,
Wie man das Schiff mit Flaggen ziert;
Wann wer was zu machen hat und wo
Ist klar beschrieben und wieso.
Was man macht mit einem der
Trotzdem schieß mal wieder quer.
Wie man recht das Ruder legt
Und wie man seine Mauken hegt
Damit auch nachts der Nebenmann
Sie riechen und bewundern kann.
Selbst wie man nach dem Nachtgebet
Behutsam sich im Bock umdreht
Ohne dabei den Kameraden
Zu stören oder ihm zu schaden.
Wann wer eine Pause hat zu machen
Und all die and’ren wicht‘gen Sachen
Sind festgelegt in diesem Buch.
Wo man empfangen darf Besuch,
Wie man sich an Land verhält
Und was man besser nicht erzählt;
Wie man Kameraden stützt,
Wie man sich und andre schützt;
Wie lange wer an Land nur bleibt,
Wo und wann wer Frühsport treibt;
Wo ein Schlüssel hängt der passt
Zur Kammer, Messe oder Last.
Wie man die Hängematte zurrt,
Was man mit einem macht der murrt.
Wie lang der Seemannssonntag dauert
Und wie man einen Feind auflauert.
Wie man verhindert, falls man döst,
Dass aus Verseh’n ein Schuss sich löst.
Was man macht bei `nem Orkan
Und schwerer See im Ozean;
Wie man freundlich und galant
Der Gnädigsten küsst ihre Hand.
Und wie man sich als Ordonanz
Zu üben hat in Toleranz
Und wie man, falls mal was geschieht
Was man gar nicht sehen wollte,
Sich unbedingt verhalten sollte
Indem man schnell beiseite sieht“.
„Das ist halt so beim Militär“
Hakte der Feldmarschall jetzt ein.
Ihr wäret ein komischer Verein
Wenn es bei Euch nicht auch so wär
Wie bei unsereins im Heer.
Deshalb bitte ich dich sehr
Mein lieber Freund, erzähl‘ mir doch
Vom Dienst an Bord jetzt weiter noch“.
Pfiggigquatsch drauf ganz spontan
Fügte das Folgende noch an:
Das Buch, ich hab es schon berichtet
Ist von der Admiralität ersonnen
Oder besser gesagt zurechtgesponnen.
Vieles darin ist so verdichtet
Und aufgeblasen so obskur
Wie nur Mäus‘ mit Abitur
Ohne Ahnung von maritimen Dingen
Im Stab an Land es fertig bringen“.
Dann ging er ins Eingemachte
Indem ein paar Beispiele er brachte:
Im DaB steht klar beschrieben
Was die Leut‘ an Land die lieben
Als bestes ihrer Geistesgaben
Aus den Fingern sich gesogen haben.
Wie man sich verhalten soll
Bevor an Bord erscheint der Zoll;
Wie sich vermeiden lässt geschickt
Dass einen eine Filzlaus zwickt.
An alles war im Buch gedacht.
Wie man nachts das Schiff bewacht.
Wie mit Messer und mit Gabel
Man umzugehen hat passabel.
Wann man Hurra schreit und wie laut
Und vor wem man Männchen baut;
Wie man, anstatt aufzumucken
Sich bei Gegenwind soll ducken;
Wie Loyalität man dadurch zeigt
Indem man weise lieber schweigt
Anstatt laut und klar zu sagen
Was an Bord ist zu beklagen.
Alles regelt das Pamphlet.
Sogar was man mit einem macht
Der über Bord springt in der Nacht.
Am Ende wird es ganz konkret.
Im letzten Kapitel klipp und klar
Steht und das ist wirklich wahr,
Dass am schnellsten vorwärts kommt
Wer kommentarlos und zwar prompt
Ohne nachzudenken macht
Was längst im Buch ist vorbedacht.
Was der Kapitän an Bord
Zu gelten hat und was der Lord.
Wie man zackig grüßend stramm
Offizieren mit Tamtam
Ehrerbietung stets erweist
Indem man ihre Leistung preist.
Wie man an Bord auf großer Fahrt
Disziplin und Sitten wahrt;
Wie man dem Herren Kommandant
Blind ergeben konziliant
Zu dienen hat ohn‘ dass man muckt,
Steht in diesem Buch gedruckt.
Der Kapitän, so liest der Knecht,
Auch falls er fehlt, hat immer Recht!
Der Satz hier deutlich untertrieben,
Steht fett gedruckt dort aufgeschrieben.
Hingegen fehlt das schöne Wort
Zivilcourage gänzlich dort.
Alles ist festgelegt nur nicht
Wie man mit Traditionen bricht,
Die weil sie nicht sind zeitgemäß,
Man heute besser nicht besäß‘“.
Der Leutnant holte ganz tief Luft:
„Wenn ich mal träfe diesen Schuft
Der all den Unsinn so versponnen
Hat im Stabe sich ersonnen,
Würd‘ ich ihm den Hals umdreh’n“!
„Er wird die aus dem Wege geh’n“
Lachte da der Feldmarschall:
„Es ist bei euch wie überall.
Auch bei uns im Heeresstabe
Sitzen Mäus‘ mit Dichtergabe,
Die, weil sie zu sonst nichts taugen
Sich Unsinn aus den Fingern saugen.
Und dann berichtete auch er
Was er erlebt hatte beim Heer.
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Was der Oberfeldmarschall
Erzählt hat mir im Redeschwall
Berichte demnächst ich auch Dir
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wird fortgesetzt
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