Sonntag, 13. November 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 61

Pfiffigquatsch berichtet über

seine Dienstzeit bei der Marine


ocken,

wecken rise, rise,

In internationaler Weise

Erschallt der Weckruf heut an Bord.

Vom Admirale bis zum Lord

Muss jeder sich die neuen schönen

Traditionen angewöhnen.

Nach guter alter Flotten-Art

Hat man das Herkömmliche bewahrt

So dass die neue Tradition

Man einem der nicht autochthon

Wie ich an Bord zur See gefahren,

Man sollte besser ganz ersparen.

Die Sache ist sehr kompliziert:

Nur wer den Dienst an Bord studiert

Täglich und die ATP

(DaB = Dienst an Bord, Anweisung für den Dienstbetrieb auf Marineenheiten;

ATP = Allied Tactikal Publication, Taktissches Signalbuch für NATO-Schiffe)

Kommt heute noch zurecht auf See.

Was an Bord man wissen muss

Ist in den Werken gut sortiert

Erklärt und bestens illustriert.

Vom Haarschnitt bis zum Flaggengruß

Geordnet nach dem Alphabet

Von A wie Aal

Bis Z wie Zahl,

Alles in diesen Büchern steht.

Nichts ist dem Zufall überlassen;

Sich mit den Werken zu befassen

Gilt an Bord als erste Pflicht.

Ohne Regeln geht es nicht

Hat der Flottenchef gedacht

Und das Werk herausgebracht.

Das Regelwerk vom Umfang her

Ist etwa sieben Kilo schwer.

Alles ist mit klugem Wort

Geregelt und umschrieben dort.

Alles steht in dieser Fibel!

Weitaus mehr als in der Bibel.

Der Autor namentlich bekannt

Ist mit Homer zwar nicht verwandt

Aber man sagt, des Ausdrucks wegen,

Wär die Ilias nichts dagegen.

Das Buch der Bücher ist seit Spee,

Das weiß ein jeder Dummerjan.

An Bord nun mal der DaB.

Die Bibel ist ein Schundroman

Gegen das Werk von dem die Kenner sagen

Dass es bereits ist vorgeschlagen

Für den Nobelpreis, Sparte Literatur.

Gemacht, so scheint‘s, für alle Zeiten.

Ist das Werk derart verfasst

Dass es zu jeder Lage passt.

Zwischen den austauschbaren Seiten

Und der genialen Klaviatur

Ist genügend Platz gehalten.

Um zeitgemäß es zu gestalten

Sitzt an Land gar aufgebläht

Der Stab der Admiralität,

Der peinlich genau darüber wacht

Dass alles an Bord wird so gemacht

Wie es im Buch steht festgeschrieben.

Die Spezialisten dort vor Ort

Haben manches große Wort

Gar weise und sehr wohl bedacht

Weil sie das Übertreiben lieben,

In das Werk schon eingebracht.

In epischer Länge, mit scharfem Verstand

Erdenken die klugen Leute an Land

Indem sie ihre Phantasie entfalten,

Ständig für das Bordverhalten

Neues, das der Seemann dann

Auf seinem Schiff gebrauchen kann!

Wacheinteilung, Rollenplan,

Wann wer wo mit was ist dran;

Wann der Seemann aufzusteh’n

Und wann er hat zu Bett zu geh’n;

Welcher Bootsmaat wen vertritt,

Alles teilt das Buch ihm mit;

Wer in welcher Kammer wohnt,

Und wer jeweils überm andern thront;

Wer zuerst den andern grüßt,

Wo man den Arrest verbüßt;

Großreinschiff und Decke fegen;

Alles haben die Kollegen

Die an Land den Plan gemacht,

Bis ins Kleinste durchgedacht.

Wie man Seite pfeift und Front;

Wo man an Oberdeck sich sonnt.

Wie man schuftet, malocht und klotzt,

Wie mit dem Wind man richtig kotzt;

Wie man Farbe wäscht und pönt,

Wie man an Seegang sich gewöhnt;

Wie man pflegt die Außenhaut,

Und wie man einen Türken baut;

Was achten Dwars und Backbord ist

Und der ganze andre Mist

Steht in der Schwarte zum Beweis

Festgeschrieben schwarz auf weiß.

Alles ist dort festgelegt.

Wie man sich an Bord bewegt;

Was die Wache hat an Deck

Für `nen Sinn und Einsatzzweck;

Wie man still steht oder rührt;

Was dem Kapitän gebührt.

Wie man die Hand erhebt zum Gruß

Und der ganze andre Stuss

Für den inneren Dienstgebrauch.

Dass man tritt nicht auf den Schlauch

Oder gar in frische Farbe.

Wie man feuert eine Garbe;

Nichts wurd in diesem Werk vergessen,

Wer wann und wo erscheint zum Essen

Und wie er sein Besteck einsetzt

Dass damit keinen er verletzt.

Wer morgens die Potacken dreht

Und wer wo zum Pinkeln geht.

Jeder Pups ist vorbedacht!

Dass man keinen Fehler macht

Ist dem Seemann anbefohlen

Sich Rat aus diesem Werk zu holen.

Wie man die Kanonen richtet,

Wie ein Leck wird abgedichtet;

Wie man mit der Mütze winkt

Und mit der Morselampe blinkt;

Wer im Morgenstress verhärmt

Wem wann wo die Brille wärmt;

Was man macht beim Rollenschwof

Mit einem der sich anstellt doof;

Wie man Untergeb’ne hetzt

Ohne dass man sie verletzt;

Alles, selbst was altbewährt,

Ist in diesem Buch erklärt

Damit keiner es vergisst

Auch wenn es noch so logisch ist.

Wie Flaggen man und Wimpel setzt,

Und wie das Bordmesser man wetzt;

Wie man einen Plan aufstellt

Und wie den Gegner man verprellt.

Was man mit den Toten macht

Auf dem Schiffe nach der Schlacht.

Wie man eines Feind’s gedenkt

Den man hat im Meer versenkt.

Wie man die Flagge dippt zum Gruß

Und wie lang man darf wenn man mal muss.

Wie man mit Müll und Dreck verfährt,

Auch das ist klar darin erklärt.

Wann wer an welcher Leine zieht

Und wer wann wo nach wem mal sieht.

Wer mir der Backschaft wann ist dran

Und wie man Verpisser finden kann.

Wie einer der `nen Furz gelassen

Am falschen Orte, ist zu fassen

Und was nach diesem Dienstvergehen

Mit dem Schurken soll geschehen

Ist im Dienst an Bord geregelt;

Auch wie man mit dem Winde segelt.

An alles wurde da gedacht.

Was bei Meuterei man macht.

Wie zum blauen Tuch mit Kragen

Der neue Orden ist zu tragen.

Wie man fährt die Wäschelast

Und wer wo dient als Pantry-Gast.

Wie lang die Socken sind zu tragen,

Und die mausgrauen Unterhosen

Der Fähnriche, Maate und Matrosen

Kann man in diesem Werk nachschlagen“.

Der Feldmarschall staunte: „Erzähl mir mehr,

Denn so was haben wir nicht beim Heer.

Mit so einem Werk, wenn wir es hätten,

Ließ sich manch dumme Ärger glätten

Den wir mit unsren Mäusen haben“.

„Da hast du Recht“ sprach Pfiffigquatsch.

„Das Buch für jeden Pallawatsch,

Hat für jede Sache in der Tat

Schwarz auf weiß den rechten Rat.

Alles regelt diese Fibel.

Höchst akkurat und sehr penibel

Ist darin klar festgelegt

Wie man sich an Bord bewegt

Und wer welchen Weg benutzt.

Auch wie man die Toiletten putzt

Mit der Bürste, wenn man war,

Ist geregelt klipp und klar.

Was man, sollt‘ das Schiff mal sinken

Zu tun hat um nicht zu ertrinken

Oder auch wohin man rennt

Wenn’s vorne raucht und hinten brennt.

Und dass man nicht zu denken braucht

Auch umgekehrt wenn‘s achtern raucht.

Wo gespult wird, wo gefegt,

Alles ist dort festgelegt.

Wem Mittelwächter zusteht und wem nicht,

Wer gehört zu welcher Schicht

Und wie lang die Wache dauert.

Schriftlich fixiert und untermauert

Mit Skizzen, dass man es versteht

Wer wann wo auf Posten steht.

Auch wie man ja zu sagen hat

Und wie man nach dem schlichten Wort

Zu reagieren hat sofort

Damit nicht über jeden Stuss

Man nachdenken erst lange muss,

Ist auf einem extra Blatt

In Großbuchstaben abgedruckt.

Wie man schützend sich schnell duckt

Bevor man die Kanonen löst

Und wie man mit dem Ösfass öst.

Wie ein Tau wird angeschlagen,

Und wie man knurrt mit vollem Magen

Damit der Smutje nicht vergisst

Wann Frühstückszeit und Mittag ist.

Wie man Leck-Stützbalken sägt

Und wie man sie im Längsgang trägt,

Längs ausgerichtet und nicht quer

Dass man damit nicht hängen bleibt.

All diese und noch so manches mehr

Dem Seemann dieses Buch beschreibt“.

Pfiffigquatsch geriet in Rage:

„Das Buch gibt Antworten zu jeder Frage“

Und dann fuhr mit er damit fort

Dem Feldmarschall mit Hohn im Wort

Daraus noch ein paar Einzelheiten

Aus dem Werk zu unterbreiten:

„Wie man grüßt im Schlafanzug,

Wann wechselt man den Bettbezug;

Wie man die Kanone schwenkt

Und wie man den Torpedo lenkt

Und wie man zielt, damit man trifft

Ist dargelegt in dieser Schrift.

Was zu tun ist und was nicht,

Welcher Dienstgrad welchen sticht;

Wer meldet wem zu welcher Zeit,

Was man tut bei Trunkenheit;

Selbst was man gegen Dünnschiss macht

Oder wenn es zu laut kracht,

Man die Ohrstöpsel recht verwendet,

Dass es nicht im Trauma endet.

Auch wer wo wann zu was ist dran,

Man diesem Werk entnehmen kann.

Wann zu loben ist oder zu strafen,

All das regeln Paragraphen.

Wie und auch mit welchem Wort

Man sich meldet zum Rapport;

Wie man fit hält sich und trimmt;

Wie man ein Heizer-Steh-Bad nimmt;

Wie man `ne Flaschenpost abschickt

Falls man einmal Heimweh hat.

Wie man die Länge des Heimatwimpels akkurat

Berechnet und auch wie man ihn bestickt.

Wie man Befehle so auspfeift

Dass sie auch jedermann begreift;

Wie man einen Shanty singt

Dass er auch allen Freude bringt;

Wen man duzen darf und auch wen nicht;

Wann zu löschen ist das Licht.

Wann wer ist zur Beförderung dran,

Und auch wie man das verhindern kann;

Wie man still steht achtungsvoll,

Was man tun und lassen soll,

Alles regelt dieses Buch.

Wie man benutzt ein Scheuertuch,

Wie man auftritt kernig stramm

Und noch manch andrer Zatterkram

Steht im DaB zu lesen.

Wie man ran kommt an die Spesen;

Wie oft man soll die Zähne putzen

Und wann der Bart ist reif zum Stutzen;

Wie man richtig navigiert,

Wie man das Schiff mit Flaggen ziert;

Wann wer was zu machen hat und wo

Ist klar beschrieben und wieso.

Was man macht mit einem der

Trotzdem schieß mal wieder quer.

Wie man recht das Ruder legt

Und wie man seine Mauken hegt

Damit auch nachts der Nebenmann

Sie riechen und bewundern kann.

Selbst wie man nach dem Nachtgebet

Behutsam sich im Bock umdreht

Ohne dabei den Kameraden

Zu stören oder ihm zu schaden.

Wann wer eine Pause hat zu machen

Und all die and’ren wicht‘gen Sachen

Sind festgelegt in diesem Buch.

Wo man empfangen darf Besuch,

Wie man sich an Land verhält

Und was man besser nicht erzählt;

Wie man Kameraden stützt,

Wie man sich und andre schützt;

Wie lange wer an Land nur bleibt,

Wo und wann wer Frühsport treibt;

Wo ein Schlüssel hängt der passt

Zur Kammer, Messe oder Last.

Wie man die Hängematte zurrt,

Was man mit einem macht der murrt.

Wie lang der Seemannssonntag dauert

Und wie man einen Feind auflauert.

Wie man verhindert, falls man döst,

Dass aus Verseh’n ein Schuss sich löst.

Was man macht bei `nem Orkan

Und schwerer See im Ozean;

Wie man freundlich und galant

Der Gnädigsten küsst ihre Hand.

Und wie man sich als Ordonanz

Zu üben hat in Toleranz

Und wie man, falls mal was geschieht

Was man gar nicht sehen wollte,

Sich unbedingt verhalten sollte

Indem man schnell beiseite sieht“.

„Das ist halt so beim Militär“

Hakte der Feldmarschall jetzt ein.

Ihr wäret ein komischer Verein

Wenn es bei Euch nicht auch so wär

Wie bei unsereins im Heer.

Deshalb bitte ich dich sehr

Mein lieber Freund, erzähl‘ mir doch

Vom Dienst an Bord jetzt weiter noch“.

Pfiggigquatsch drauf ganz spontan

Fügte das Folgende noch an:

Das Buch, ich hab es schon berichtet

Ist von der Admiralität ersonnen

Oder besser gesagt zurechtgesponnen.

Vieles darin ist so verdichtet

Und aufgeblasen so obskur

Wie nur Mäus‘ mit Abitur

Ohne Ahnung von maritimen Dingen

Im Stab an Land es fertig bringen“.

Dann ging er ins Eingemachte

Indem ein paar Beispiele er brachte:

Im DaB steht klar beschrieben

Was die Leut‘ an Land die lieben

Als bestes ihrer Geistesgaben

Aus den Fingern sich gesogen haben.

Wie man sich verhalten soll

Bevor an Bord erscheint der Zoll;

Wie sich vermeiden lässt geschickt

Dass einen eine Filzlaus zwickt.

An alles war im Buch gedacht.

Wie man nachts das Schiff bewacht.

Wie mit Messer und mit Gabel

Man umzugehen hat passabel.

Wann man Hurra schreit und wie laut

Und vor wem man Männchen baut;

Wie man, anstatt aufzumucken

Sich bei Gegenwind soll ducken;

Wie Loyalität man dadurch zeigt

Indem man weise lieber schweigt

Anstatt laut und klar zu sagen

Was an Bord ist zu beklagen.

Alles regelt das Pamphlet.

Sogar was man mit einem macht

Der über Bord springt in der Nacht.

Am Ende wird es ganz konkret.

Im letzten Kapitel klipp und klar

Steht und das ist wirklich wahr,

Dass am schnellsten vorwärts kommt

Wer kommentarlos und zwar prompt

Ohne nachzudenken macht

Was längst im Buch ist vorbedacht.

Was der Kapitän an Bord

Zu gelten hat und was der Lord.

Wie man zackig grüßend stramm

Offizieren mit Tamtam

Ehrerbietung stets erweist

Indem man ihre Leistung preist.

Wie man an Bord auf großer Fahrt

Disziplin und Sitten wahrt;

Wie man dem Herren Kommandant

Blind ergeben konziliant

Zu dienen hat ohn‘ dass man muckt,

Steht in diesem Buch gedruckt.

Der Kapitän, so liest der Knecht,

Auch falls er fehlt, hat immer Recht!

Der Satz hier deutlich untertrieben,

Steht fett gedruckt dort aufgeschrieben.

Hingegen fehlt das schöne Wort

Zivilcourage gänzlich dort.

Alles ist festgelegt nur nicht

Wie man mit Traditionen bricht,

Die weil sie nicht sind zeitgemäß,

Man heute besser nicht besäß‘“.

Der Leutnant holte ganz tief Luft:

„Wenn ich mal träfe diesen Schuft

Der all den Unsinn so versponnen

Hat im Stabe sich ersonnen,

Würd‘ ich ihm den Hals umdreh’n“!

„Er wird die aus dem Wege geh’n“

Lachte da der Feldmarschall:

„Es ist bei euch wie überall.

Auch bei uns im Heeresstabe

Sitzen Mäus‘ mit Dichtergabe,

Die, weil sie zu sonst nichts taugen

Sich Unsinn aus den Fingern saugen.

Und dann berichtete auch er

Was er erlebt hatte beim Heer.

-----

Was der Oberfeldmarschall

Erzählt hat mir im Redeschwall

Berichte demnächst ich auch Dir

Wenn Du wieder reinklickst hier

wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.