Sonntag, 2. November 2014

Die beiden Kriegsherrn


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 27- 8
- 9. Kriegstag -
- Die beiden Kriegsherrn -

Die beiden Kriegsherrn unterdessen
Hatten andere Interessen.

So wie sie stets zu tun es pflogen,
Wenn draußen auf dem Feld der Ehre,
Es brenzlig wurd für ihre Heere,
Hatten sich zurückgezogen.

Sie spielten klug und geistig wach
Anstatt zu kämpfen lieber Schach,
Weil dabei nicht das Blut gleich fließt
Und einem den ganzen Krieg verdrießt.


Während draußen in der Schlacht
Wurd die Drecksarbeit gemacht,
Unterhielten sich die zwei
Nebst der Holzbrettspielerei,
Wo einer wollt den andern schlagen,
Über aktuelle Fragen.

Auch über den Krieg wurde gesprochen.
"Ja, das hat mein Sohn verbrochen",
Hat die Maus zum Frosch gesagt.
Psicharpax der dumme Bub
(Sohn des Mäusekönigs, der vom Frosch angeblich
 ersäuft wurde und  die Ursache für den Beginn
der kriegerischen Auseinandersetzung war. An anderer
Stelle auch Krümeldieb oder Bröseldieb genannt)
Im pubertären Wachstumsschub,
Ich hab mich auch schon aufgeregt,
Hat uns alle reingelegt.

Er ist damals, ich sag es offen,
Als mit dir zur See er fuhr,
In Wirklichkeit gar nicht ersoffen.
Er hat die Sache inszeniert,
Um mein Mitleid zu erregen.
Ich hab geschimpft mit ihm deswegen
Als er zurück nach Hause kam.
Worauf er seine Rüstung nahm
Und mit Langschwert, Pfeil und Bogen
Aus Protest ist in den Krieg gezogen.

Der gute Bub, es ist zum Weinen,
Wird noch sterben in der Schlacht."

Pausback wollt das nicht verneinen
Doch sprach zum andern er bedacht
Und ohne jede Stichelei:
"Ach was, der Krieg ist bald vorbei.
Dein Sohn kommt sicherlich nach Haus."

Dann  warf er ihm die Dame raus
Und sprach grinsend: "Du bist schachmatt."
Da war der Mäusekönig platt!

"Doch um bei deinem Sohn zu bleiben,"
Fuhr Pausback freundlich lächelnd fort;
"Der  neigt, scheint mir zum Übertreiben
Und führt gern das große Wort.

Als er an der Schilfrohrbucht
Mich am Teich hat einst besucht,
Hat zu meinem Missbelieben,
Er ein wenig übertrieben
Als er von sich und auch danach,
Von seinen werten Eltern sprach."

"Was hat denn Krümeldieb gesagt?"
Hat Troxartes da gefragt
Und fügte sogleich ganz spontan,
Einen Nachsatz auch noch an:

"Der Bub ist sicher kein Genie;
Doch übertreiben würd' er nie.
Dafür ist er zu bescheiden!"

Pausback wollte es vermeiden
Den Gastgeber des Buben wegen,
Erneut nun nochmals aufzuregen.
Doch der Wahrheit wegen dann,
Fing er zu berichten an:

"Er sprach von sich, als wär' er reich
Und dass rein gar nichts wär' mein Teich,
Gegen all die Ländereien
Seines Vaters: Jene seien
Zig tausendmal größer als mein Pfuhl.
Und dass zu Haus auf güldnem Stuhl,
Er würd' nebst seinem Papa sitzen,
Der auf der nördlichen Hemisphäre,
Der größte aller Herrscher wäre.

Du würdest so viel Land besitzen,
Dass die Sonne, wenn sie am Himmel steht,
Niemals darin untergeht.
Es reicht, log er, vom Hellespont,
Nach Westen bis zum Horizont
Und noch, so führte er es aus,
Ein gutes Stück ins Meer hinaus.

Und er sprach, mich zu verstimmen,
Und eure Lebensart zu preisen,
Über all die leckeren Speisen,
Welche ihr beim Mahl genießt.
Ihr würdet all im Reichtum schwimmen,
Weil Honig dort bei euch nur fließt,
Wo bei uns die Flüsse pur
Führen simples Wasser nur.

Krümeldieb, das lass Dir sagen,
Hat ziemlich dick einst aufgetragen,
Als ich ihn am Teich erwischte,
Wo er sich nach einem Zank
Mit einem Wiesel grad erfrischte
Und von meinem Wasser trank.

Er wollte mich gar glauben machen,
Dass euer Volk und eure Rasse
Wär' auf der Welt die Herrscherklasse,
Der ich, weil er vor dir das wüsste,
Mich tunlichst unterordnen müsste.

Weil Mäuse, darauf wollt er wetten,
Eine bessre Herkunft hätten,
Als wir Frösche; und auch du
Wärst makellos; es stünd' euch zu
Unser stolzes Volk am Teich
Verpflichten zum Fron in euerm Reich.
Du würdest binnen ein paar Wochen
Mich und die meinen unterjochen.

All das und noch viel dümmere Sachen
Hat Krümeldieb mir aufgetischt,
Als ich ihn hab am See erwischt,
Wo, das will ich nicht verhehlen,
Er das Wasser wollt mir stehlen!"

Da musste Troxartes lauthals lachen.
"So ist er nun einmal mein Sohn!"
Sprach er mit Stolz im Unterton.
"Er scheut das Wasser so wie ich,
Denn unser Volk versteht es eben
An Land viel besser noch zu leben
Als du mit deinem Lurchenvolk
Im Teiche unterm Uferkolk.

Wir haben alles was wir brauchen
Und müssen deshalb nicht erst tauchen!"

Der Froschkönig vernahm den Hohn
In seines Gegenübers Ton,
Doch ließ er sich nicht provozieren
Und fuhr statt dessen stante pede
Fort in seiner Klagerede.


"Und am Schluss hat ungefragt
Dein Filius mir noch gesagt,
Dass ihr die edelsten von allen Tieren
Wäret weil ihr all zusammen,
Würdet von Apoll abstammen,
Und der, so sprach er frank und frei,
Noch heute euer Schutzgott sei.

Er hat den Mund sehr voll genommen
Als wir miteinander sprachen.
Doch als er auf meinem Rücken saß
Und ich mit ihm bin los geschwommen,
Ist vergangen ihm der Spaß.
Da hat er ohne jeden Grund
Gewinselt wie ein feiger Hund!"


Auch der Mäusekönig jetzt
Ließ den andern nicht erkennen
Dass seinen Sohn feige zu nennen
Ihn gar tief hatte verletzt.

Um Streit jetzt zwischen ihnen beiden
In seinem Hause zu vermeiden
Fuhr beschwichtigend mit Stolz im Wort
Er zu seinem Gaste fort:

"Was mein Bub dir hat beschrieben,
Ist alles wahr, das kannst du glauben.
Er hat sogar noch untertrieben.
Du wirst es nachher selber sehen
Wenn nach nebenan wir gehen,
Und ich dich nach 'nem Honigbade,
In mein Haus zum Essen lade.
Es gibt Käse heut mit Trauben.
Das Bad davor, wie immer hier,
Damit auch alles passt
Und du alles hast,
Bereitet meine Gattin dir.

Ich hab ihr viel von dir erzählt.
Seit ich mit Leckmüll bin vermählt,
Tauschen wir uns rege aus.
Sie ist eine kluge Maus
Und eine Schönheit obendrein,
Auf die ein König stolz kann sein.

Sie ist die schönste Maus von allen.
Du wirst ihr sicher auch gefallen."

Pausback wollte protestieren
Obwohl er Appetit schon hatte.

"Du brauchst dich bei uns nicht zu zieren"
Sprach indessen Leckmülls Gatte.
Fühl dich bei uns ganz zu Haus."

"Vor dem Festmahle jedoch,"
Fuhr fort die königliche Maus,
"Ein paar klare Worte noch:"

"Dass wir Mäuse all zusammen,
Vom Griechengott Apoll abstammen,
Ist bei uns hier unbestritten.
Doch unsere guten alten Sitten,
Und unser ganzer Lebensstil,
Stammen noch aus der Zeit am Nil,
Wo vor vielen tausend Jahren
Unsere Ahnen Götter waren.

Als kleinstes Säugetier der Welt
Unter Ägyptens Himmelszelt,
So war dereinst der Status Quo,
Regierten wir nebst dem Pharao."

***

Wird fortgesetzt







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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.