Montag, 30. Januar 2012

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 9 – 4

Ausmarsch der Frösche



ann
er fiel und wo es war

Ist der Wissenschaft nicht klar.
Die einen sagen Pergamon,
Die andern meinen Ilion.
Der Streit geht bis unsre Tage.
Eines jedoch steht außer Frage!
Wo der Held begraben liegt!
Schliemann als Ausgräber bewährt
Hat es vor seinem Tod erklärt.
„Wo der Skamandros landumschmiegt,
Gemächlich durch die Troas fließt
Und sich im Hellespont ergießt,
Liegt der Held nebst Grabbeigaben,
Im Grab von Patroklos begraben.
Gleich nebenan ruht sanft und still
Aias noch und auch Achill
Hat, wie die Forscher uns bekunden,
Am Hellespont sein Grab gefunden.
Frische Blumen gibt’s nicht oft.
Doch manchmal kommt ganz unverhofft
Einer doch nochmal vorbei.
So Alexander drei, drei drei
Hat dereinst nach der großen Schlacht
An den Gräbern Rast gemacht.
Für jeden gab’s `nen Blumenstrauß.
Auch sein Freund der Großwesir
Hephaistion stand mit ihm hier.
(Aleksander Krawczuk, „Der trojanische Krieg“
Jena 1990, S. 115, siehe auch Lexikon Alte Welt S. 1251)
Sie zogen splitternackt sich aus
Und liefen wie es Brauch war stumm,
Um die Grabstätte herum.
Alexander sprach dabei
Zum Freund: „Der Ruhm der Großen Drei
Wird nie vergeh‘n so wie auch der
Von dem der sie beschrieb, Homer.
Lasst uns bei dem, wie’s einst gewesen
Im Frosch-Maus-Kriege weiterlesen.
„Die Schlacht tobte vier Tage nun
Und immer gab’s noch viel zu tun.
Als am fünften Tage rot
Die Sonne der Welt den Gruß erbot
Ging’s weiter“ so beschreibt es der
„So grausam wie am Tag vorher.“!
Die Frösche mit neuem Angriffsplan
Griffen zuerst mal wieder an.
Alle Kräfte konzentriert
Ist man um acht Uhr losmarschiert.
Der General kam später nach.
Er konnt‘ nicht schlafen bei dem Krach
Den die Truppen vor seinem Haus
Machten als sie rückten aus.
Durchs Fenster, noch im Schlafanzug,
Sah er zu wie Zug um Zug
Die Garnison voll kampbereit
Zog erneut hinaus zum Streit.
Vorneweg die Pioniere
In Fleckfieberhäute all gehüllt.



Vornehmer die Offiziere
In Samt, weil das den Zweck erfüllt
Die Helden in den schicken Sachen
Auch kenntlich allesamt zu machen.
So schritten sie in langer Reih
Im Gleichschritt draußen jetzt vorbei.
Ein um’s andre Fußfrosch-Korps
Marschierte durchs Kasernentor
Hinaus. Die ganze Froscharmee
Rückte aus von Pausbacks See
Best gerüstet, ohne Zagen
Um für den König sich zu schlagen.
Tausende von Füsilieren



Sah er da vorbeimarschieren.
Sie sangen froh in Reih und Glied
Allesamt das gleiche Lied:
„Es ist so schön Soldat zu sein“!
Einer hinterm anderen drein,
Marschierten sie zu Pausbacks Ehr
Hinaus ins Feld mit dem Gewehr.
Links, zwei, drei, im rechten Tritt
Alle grölten fröhlich mit.
Nur einer, es war wie verhext,
Sang einen völlig falschen Text.
Lauthals scholl’s aus seiner Brust:



„Das Wandern ist des Müllers Lust“.
Ein Zweiter der ganz offenbar
Ebenfalls ein Witzbold war,
Mit Namen hieß er Hopsassa,
Sang lustig „Fidirallala“
Und zwar nach jedem siebten Schritt.
Das brachte manchen aus dem Tritt
Der militärisch gut gedrillt,
Ihn zu halten war gewillt.
Der General am Fenster dacht:
„Das hab ich früher auch gemacht“.
Als nächstes Truppenelement



Zog das Gift-Krott-Regiment
Im Laufschritt mit Hurra-Geschrei
In die Schlacht. „Hops, links-zwo-drei“
Hat zum Anführer gekürt
Der Hauptmann sie hinaus geführt.
Dann folgte schon die Reiterei.
Pärchen-weise, zwei zu zwei
Ritten sie unter dem Applaus
Des Volkes das an Ufer stand,
Mit den Lanzen in der Hand,
Und frohem Mut ins Feld hinaus.
Die Reiter all‘samt Offiziere,
Waren tapf’re Kürassiere.
Kerzengrad, den Fuß im Bügel,
Saßen sie, die Gäul‘ am Zügel



Von starker Hand zurückgehalten.
So ritten sie im Trab verhalten,
Vom König in die Pflicht gerufen,
Auf tausend unbeschlagen‘nen Hufen,
Zum Siege alle fest entschlossen,
Hinaus auf ihren hohen Rossen.
Wenig später ging‘s salopp
Dann schneller weiter im Galopp.



Hei was hat das Spaß gemacht
Auf einem Pferdchen in die Schlacht
Zu reiten das war höchst bequem
Und ging viel fixer noch zudem
Als mit dem Fußvolk zu marschieren.
„Wir werden heute nicht verlieren
So wie kürzlich wir verloren“
Dacht Lork und gab dem Kaul die Sporen,
Dass der nur so nach vorne flog.
Um das Tempo zu forcieren
Der Reiter nun sein Langschwert zog
An dem ein Tier zum Schnabulieren
Für das Ross an einem Ring
Und einem seid‘nen Faden hing.


Die Fliege ward dafür bezweckt,
Dass sich das Pferdchen noch mehr streckt,
Und auf dem Wege in die Schlacht
Möglichst große Sprünge macht.
Der Gaul ließ seine Hufe fliegen.
Er wollte ja die Fliege kriegen
Die am Schwert unter dem Ring
Direkt vor seiner Nase hing.
Das Pferdchen auf der Fliegenjagt
Trug den Reiter unverzagt
In Riesensätzen hopp, hopp, hopp,
Über Stock und über Stein,
Vorwärts nun im Frosch-Galopp.
„Die Fliege muss die meine sein“
Dacht das Ross! Der Reiter dacht
Mit frohem Mut schon an die Schlacht.
Da ging das Pferd samt Lork dem Lurch
Genarrt vom Fliegenköder durch.
Der Reiter ist im hohen Bogen
Kopfüber in den Sumpf geflogen.
Das Ross ist flugs im Schilf verschwunden.
Es wurd‘ bis heut noch nicht gefunden.
Mit Lork, nachdem er zu sich kam,
Es ein böses Ende nahm.
Er taumelte zum See benommen.
Dort hat zwei Treffer er bekommen.
Er konnte später selbst nicht sagen
Wie es sich hatte zugetragen.
Er hatte den Gegner übersehen
Weil ihm vom Sturz noch übel war.
Drum war ihm auch das Kampfgeschehen
Im Nachhinein nicht so recht klar.
Er legte, von einem Speer getroffen
Nach vorn sein Innenleben offen
Indem es wahrlich grauenvoll
Ihm vor die eignen Flossen quoll.
In seinem grünen Hinterteil
Stak ein langer spitzer Pfeil.
Der hatte sein Hüftgelenk zertrümmert.
„Nie wieder werd‘ so unbekümmert,
Wie gerade noch bis eben,
Ich im Sattel sitzen können.
Aus ist’s mit dem Reiterleben.
Man wird mir einen Urlaub gönnen“.
So dachte er in seinem Schmerz.
Da sah im Sumpfe er sein Herz.



Nebst Magen, Nieren und den Lungen
War es ihm auf dem Leib gesprungen.
Es schlug, das sah er poch, poch, poch,
Auch außerhalb des Körpers noch
Und erfüllte selbst im Dreck
Zu seinen Füßen noch den Zweck
Welchen, ihm als er's gemacht
Der Schöpfer hatte zugedacht.
„Ach je“ wurd Lork es jäh bewusst.
„Oh Schreck“ dacht er, „der Blutverlust,
Ist ach verflucht, was mach ich bloß
Zum Überleben viel zu groß.
Er wollt nach seinem Herzen greifen
Um die Aorta zuzukneifen.
Da wurd‘ ihm schlecht. Dem letzten Fluch
Folgte sein Zusammenbruch.
Es sah komisch aus und arg skurril
Als langsam er ins Koma fiel.
Nie wieder ist er aufgewacht.
Als er starb war‘s zehn nach Acht.
Um acht Uhr elf, das war der Lohn
Für seine Tapferkeit im Krieg
Was seine Seel' im Hades schon
Wo sie auch für immer blieb.
Zur gleichen Zeit im Hauptquartiere
War’s Zeit auch für die Flaggoff’ziere
Nach dem morgendlichen Duschen
Und opulenten Abschiedsmahl
Nach des Hausherrn freier Wahl,
Zu schlüpfen in die Feldkampfpuschen.
Der General von Papplagütz
Sprach zur Gattin Unken-Ütz:
„Nun wird es Zeit, jetzt muss ich geh’n
Und nach meiner Truppe seh’n“.
Die Holde darauf sehr intim
Wünschte Erfolg im Kriege ihm
Und gab dem tapfer’n Frosch
Noch einen Schmatzer auf die Gosch.
„Mach's gut“ sprach sie zum Ehemann.
„Wir seh’n uns heute Abend dann
Wenn hinter dir liegt all die Last
Und du die Schlacht gewonnen hast.
Pass gut auf auf Dich, du weißt
Die Mäuse sind im Krieg gar dreist.
Dann flüsterte sie leis „Viel Glück
Und komm gesund zu uns zurück.
Du weißt ich brauche dich so sehr“!


Dann reichte sie ihm seinen Speer.
Quakfröschla das Töchterlein,
Wie könnte es auch anders sein,
Quengelte dazu „Papa Bittebittebitt
Bring mir ein Mäuseschwänzchen mit“.
Sie verstand noch nichts vom Krieg
Und äffte plärrend „Heil und Sieg“
So wie’s Mama zum Abschied sprach,
Dem Vater dabei winkend nach.
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Ob der Siegheil-Ruf der Seinen
Und der Abschiedswunsch der Kleinen
Sich erfüllt hat oder nicht
Steht im nächsten Kriegsbericht.

wird fortgesetzt


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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.