Mittwoch, 15. Juli 2015

Am Schlachtfeldrande

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 33 - 6
- 9. Kriegstag -
Am Schlachtfeldrande

ort 

wo heut am Froschteichsaum
Ein mächtiger Kastanienbaum
In den weiten Himmel ragt,
Hat Maus Süßchen jung betagt,
So wie ihr Freund es wollte haben,
Aristo Korax einst begraben.



Danach grub sie sich selbst ein Loch
Im das sie trauernd sich verkroch.

***

Tagelang hat sie geweint.
Doch nachts im Traum mit dem vereint
Der ihr der Liebste war im Leben,
Schien ihre Seele zu entschweben
Und mit der des Freundes sich
Zu verbinden inniglich,
Um so wie einst im Lanzenrauschen
Am Schlachtfeldrand sich auszutauschen,
Wo dereinst sie so glücklich waren.

"Du kannst mir alles offenbaren,"
Hörte im Traum den Freund sie sagen,
"Was dich bedrückt" und ohn' zu zagen
Hat träumend sie ihm anvertraut,
Dass sie auch weiter auf das baut,
Was er ihr einst im Leben
Als Ratschlag hat gegeben.

***

So kam es wie es kommen sollte.
Genau wie Korax es einst wollte.

Er gab der Maus, worum sie bat,
Vom Jenseits aus erneut den Rat:

"Süßchen, suche meine Gattin auf.
Sie wohnt an der Stromes Unterlauf,
Dort wo der Eridanos sich
Am großen Schilfrohrknöterich,
Der an seiner Mündung sprießt,
In unseren privaten Pfuhl ergießt.

Schenk meiner Gattin reinen Wein.
Indem du dich erklärst ihr, ein.
Glaube mir, du wirst es sehen,
Lieblichgrün wird dich verstehen.

Und dann wartest du bei ihr
Bis meine Söhne vom Krieg heimkehren.
Ach, mein Mädchen glaube mir,
Sie werden dich noch mehr verehren,
Als ich es noch vor kurzem tat."
Zudem gab er ihr den Rat:

"Süßchen, liebe, hübsche, kleine Maus,
Wähl dir einen davon aus
Und nimm ihn, wenn du magst sodann,
Wenn du ihn liebst, zum Ehemann.

Ich bin sicher, er wird dich
Lieben noch viel mehr als ich
Es jemals tat auf Erden.

Er wird dich auf Händen tragen
Und niemals, ohne dich zu fragen,
Ob du es willst, dich zart berühren
Um dich zur Liebe zu verführen,
Die ich dir in meinem Erdenleben,
Weil ich vermählt war, durft' nicht geben.
Ihr werdet sicher glücklich werden."

***

Nacht für Nacht, man glaubt es kaum,
Hatte die Maus den gleichen Traum.

Als eines Morgens sie erwachte
Sie deshalb auf den Weg sich machte
Um mit einem Fliegenkuchen
Des Liebsten Gattin aufzusuchen.

***

Der Krieg war schon zwei Wochen aus
Als die kleine hübsche Maus
Am großen Schilfrohr-Knöterich
Einen Frosch sah, welcher sich
Dort gerade eine Fliege fing.

"Hallo süßes kleines Ding"
Sprach sie der grüne fesche Mann
An seinem Pfuhle fröhlich an.
"Korax Hüpfgut ist mein Name"
Erklärte er der Mäusedame
Und dann hat er im Näherkommen
Sich ihr näher angenommen.

"Wie heißt du und was willst du hier"
Wollte wissen er von ihr
Als sie am Eridanos-Strand
Ihm direkt gegenüber stand.

***

"Mein Gott", dachte die hübsche Maus,
"Der sieht ja fast wie Korax aus
Den kürzlich feige in der Schlacht
Man als Spion hat umgebracht."

Und dann wurd ihr plötzlich klar
Wer der Grüne vor ihr war.

"Süßchen ist mein Name" sprach
Als Antwort sie zu ihm danach
Und fügte an im Plauderton,
"Und du bist vermutlich Aristos Sohn.
Deinen Vater, der sich Korax nannte,
Ich persönlich sehr gut kannte.
Er war mein bester Freund bisher.
Doch leider lebt er nun nicht mehr.

Nein, er fiel nicht in der Schlacht.
Der Geheimdienst hat ihn umgebracht
Weil er gesehen wurd mit mir.
Die dachten er wär ein Spion.
Die sind dümmer als die NSA
Drüben in den USA
Oder als der BND
Mitsamt der Schwester MAD.

Sie verwechselten ihn mit Laokoon,
Der einst in Troja samt den Erben
Obwohl er Recht hatte, musst sterben.

Komm mit, dann zeig sein Grab ich dir.

Dort wo er einst dem Kommen und Gehen
Der Gezeiten hatte zugesehen,
Und den Wellenschlag belauschte
Der um seinen Froschteich rauschte,
Habe ich, so wollte er es haben,
Deinen Herrn Papa begraben."

"Kunstwerke, wie sie Antenor
Für die Seinen all in Anbetracht
Der Dummheit welche ward gemacht
Im Altertum errichten ließ,
Konnt' ich nicht setzen für den Spieß,
Der Treue dem König und auch mir gelobte,
Weil rund um mich der Krieg noch tobte,"
Sprach sie und sah zu ihm empor,
Als sie dort angekommen waren.



***

"Der Krieg", sprach da der Frosch verbittert,
"In den wir sind hineingeschlittert,
Hat unsere Völkern Schlacht um Schlacht,
Nur Hunger, Leid und Tod gebracht.

Den Bruder, noch so jung an Jahren
Und meine Eltern nahm er mir.

Die Mutter, von ihm einst umworben
Ist am Gram kürzlich gestorben
Nachdem ein Kriegsheimkehrer ihr
Die Nachricht brachte und auch mir,
 Was unserm Ernährer ist geschehen
Und dass es war wohl ein Versehen,
Weil dort geht öfter mal was schief,
Das dem Geheimdienst unterlief!

"Ach, liebe Maus, ich danke dir
Dass du Papa bestattest hast!"

"Das tat ich gern", sprach sie gefasst
Und zeigte ihm den Fliegenkuchen.
"Ich wollte euch all grad besuchen"
Fuhr sie dann fort, den Tränen nah.

***

Als er die feuchten Äuglein sah,
Nahm er sie zärtlich in den Arm.
"Du bist so lieb und du hast Charme.
Anmut und Liebreiz stehen dir,
Ach was sage ich, gefallen mir."
So sprach er zu ihr und sah sie an.

***

Und da geschah es!  Simultan,
Als sie sich in die Augen schauten,
Kam es wie es kommen sollte.
Exakt so wie es Korax wollte
Der im Jenseits was geschah,
Glücklich auch geschehen sah.

Es sprang ein Funke und die beiden
Mochten gern sich plötzlich leiden.
Und weil sie sich sofort vertrauten,
Küssten sie sich froh sogleich.
Er lud sie ein an seinen Teich,
Wo sie so manches sich erzählten
Und eines Tages dann vermählten.

***

Seitdem erforschen beide sie,
Was von ihm erhalten blieb
Das Werk aus alten Tagen
Welches Homer als Parodie
Dereinst auf die Ilias schrieb.
Und was die Batrachomyomachia,
Gefertigt handschrift in Antiqua,
Mit der Bibel im Vergleich
Den Lebenden will sagen.

Täglich, gleich nach dem Morgenbad,
Studieren beide sie Homer
Und in der Bibel nebenbei,
Die Testamente alle zwei
Wie auch die Apokryphen,
Was nicht leicht ist, sondern schwer.

Das Ganze täglich dergestalt
Mit dem erwähnten Sinngehalt,
Die Schriften gründlich all zu prüfen,
Um Lügen zu entdecken,
Die sich darin verstecken,
Damit am End als Resultat,
 Das um was es darin geht
 Die Wahrheit auf einem Blatte steht
Welches heut noch ist vakat.

***

Ob, wie er es sich hat vorgenommen,
Hüpfgut die Doktorarbeit irgendwann,
An seines toten Vaters statt,
Zum Thema einst beenden kann
Um den Titel zu bekommen,
Das steht auf 'nem andern Blatt.


***

All dies, das hätt' ich fast versäumt,
Wurd hier im Vorgriff eingefügt,
So wie Aristo still vergnügt,
Es sich damals hat erträumt,
Bevor von Pausbacks Schergen er
Ermordet wurde mittels Speer.

***

Doch zurück aufs Schlachtfeld nun.
Dort gab es mancherlei zu tun
Bevor der Krieg sein Ende nahm
Und der Frieden wieder kam!


wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.