Montag, 4. April 2011


Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 6- 8

- Sanitäter und Deserteure -


as war

tatsächlich interessant“

Sprach nebenan Frau Doktor Krötlin jetzt,

„Das meiste war mir zwar bekannt;

Doch eine Frage noch zuletzt;

Ich frag sie nicht von ungefähr!

Was wollen sie beim Militär?

Die Frösche bei der Truppe hier,

Das können sie ruhig glauben mir,

Haben die Probleme nicht,

Die sie erwähnten im Bericht“!

Da mischte sich der Chefarzt ein:

„Wir sind auch nicht gern bei dem Verein.

Aber man hat es uns befohlen“!

„Mich mussten sie gar holen“,

Ergänzte Doktor Concolor.

„Die Feldjäger vom dritten Korps

Haben mich hierher gebracht

Um auszuhelfen nach der Schlacht.

Wir tun, wie sie hier unsre Pflicht,

Ganz sicherlich, mehr tun wir nicht“!

„Na gut“, sprach sie, dann bis um acht.

Macht‘s gut Kollegen, gute Nacht“.

Während lauschend an der Wand,

Craugasides noch immer stand

War es langsam hell geworden.

Die Frösche putzten ihre Orden

Und machten, nach der kurzen Nacht,

Sich wieder fertig für die Schlacht.

Die Sanis waren schlimmer dran.

Kein Aug hatten sie zugetan.

Sie schleppten immer noch die Leichen

Vom Vortag zur Verbrennung fort.

Flammen als gut sichtbare Zeichen,

Wiesen den Weg zu jenem Ort,

Wo endete der Helden Ruhm,

Im Schlachtfeld-Krematorium.

Die Zählung hatte es ergeben.

Vier Millionen Frösche-Leben

Hatte am Vortage die Schlacht,

Gekostet und nichts eingebracht.

Hyla Korax, ein Kriegsberichter

Dacht‘ bei sich „das Schwanzgelichter

Hat weitaus mehr von uns erschlagen,

Als Mäuse dort sind zu beklagen“.

Die Frage, die sich stellte nun,

War; konnt‘ man es dem Volk antun,

Und unverblümt die Wahrheit schreiben?

„Ich werd‘ ein bisschen untertreiben“,

Dacht er und zog fix Rex-loyal,

Drei Nullen ab von dieser Zahl.

Dann spitzte er erneut den Blei

Und sprach: „Ihr Götter steht mir bei,

Führt mit die Hand, damit mir nicht

Gefärbt gerät der Kriegsbericht.

Achtet darauf, dass meine Feder

Nicht übertreibt und sich jedweder

Parteinahme im Krieg enthält.

Damit mein Kommentar gefällt

Den Völkern noch in tausend Jahren,

Lasst mich nur Wahres offenbaren“.

„Und bitte“ fügte er hinzu,

„Zeus im Olympus, so achte du

Darauf, dass sie mich beim Berichten

Nicht auch noch gar zu Grunde richten“!

So sprach Hyla; was er sah

Nebenan, ging ihm recht nah.

Da hat im Schilf, nun war er platt,

Ein Frosch mit einer Maus doch glatt,

So schien es, sich vertraut liiert,

Und mit dem Feind fraternisiert.

Dies war in König Pausbacks Staat

Verboten und galt als Hochverrat.

„Den Mäusen gelte nichts als Hass“

So stand es gedruckt im Kriegserlass,

Den Pausback hatte unterschrieben.

„Man darf nur Frosch und Kröte lieben,

Denn nur der grün- und braune Lurch,

Ist rein und arisch durch und durch.

Das blaue Lurchen-Blut zu schänden

Die Adeligen schändlich fänden.

Mäuse sind, so hieß es stur,

Im Erlass dort, Abschaum nur.

Mit dem Geschmeiß zu fraternisieren,

Hieß im Krieg, den Kopf riskieren.

„Die Artreinheit gilt als Gebot“!

Der Satz war dick und rot

gedruckt.

Darunter aufgeführt was jenem droht,

Der dagegen auf sich muckt.

Die Todesstrafe stand darauf

Sich mit dem Feinde einzulassen.

Der Frosch im Schilf nahm es in Kauf,

Er war ein Christ und konnt‘ nicht hassen.

„Hallo“ sprach er im Schilf zur Maus,

„Du siehst mir ziemlich traurig aus.

Bericht mir, was geschehen ist

Und erzähl mir deine Sorgen.

Als Ehrenmann und guter Christ,

Teil ich mit dir die Sorgen.

„Ach“ sprach sie, „mein Mann Fips Nager

Ist hin und meinen lieben Schwager

Hat es die Hinterhand zerfetzt.

Er verblutet schwerverletzt.

Wenn niemand hilft ihm in der Not,

Ist er sicher auch bald tot“.

„Nicht bange sein“ sprach Junker Matsche,

„Ich helfe dir gern aus der Patsche“!

Als Erstes und in aller Ruh,

Drückte er Fips die Augen zu,

Der mit dem Schwert noch in der Hand,

Getötet lag am Schlachtfeldrand.

Danach an seinem Krankenlager,

Verband den Fuß er noch dem Schwager.

„Keine Angst, Du musst nicht sterben“

Sprach er zum verletzten Mann

Und sah sich dessen Wunde an.

„Sicher ist, dass deine Erben,

Sich etwas noch gedulden müssen

Bis am Erbe, Speck und Nüssen,

Sie sich einst bedienen können.

So manches kannst du dir noch gönnen.

Bis zum Tode ist’s noch weit.

Wenn du schlau bist und gescheit,

Hältst du dich vom Schlachtfeld fern.

Du lebst, wie ich, doch viel zu gern.

Pfeifen wir auf die Armee.

Verstecken wir uns hier am See,

Bis der Krieg und all der Zwist

Irgendwann vorüber ist“!

Die Maus darauf, mit neuem Mut:

„Ja, der Verschlag ist recht gut.

Ich bin sofort dazu bereit.

Besser ein schlechter Fried‘ als Leid.

Ich stimme zu dem Herrn Voltaire,

Der sagt, dass Krieg nur Raubzug wär.

Viel zu schnell in unsrer Zeit,

Artet jeder kleine Streit,

Sich zu einem Kriege aus.

Du weißt es so wie jede Maus,

Dass gleich, wenn die Trompeten schallen,

Wieder unnütz die besten Männer fallen.

So war es immer schon im Krieg.

Der König schmückt sich mit dem Sieg

Und seiner Generalität

Verleiht er bunte Glitzerorden,

Als Dank für all das sünd’ge Morden.

Während das Land liegt übersät

Noch von gefallenen Soldaten,

Feiern bei Hof die Potentaten,

Zechen froh und stoßen an,

Auf das nächste Mal, na dann“.

Als sie so sprachen hinterm Knick,

Hinkten draußen grade zwei

Kriegsheimkehrer schlapp vorbei.

Man sah sofort, welch Missgeschick

Den beiden unterlaufen war.

Der eine hatt‘ sein linkes Bein

Verloren und der andre gar,

Der neben ihm zog querfeldein,

Gänzlich ohne Beine war.

Der linke zudem hatt‘ ein Aug verloren.

Beide haben sich geschworen

„Nie wieder Krieg“. In Frieden leben,

War fortan nur der beiden Streben.

Aus der Gegenrichtung lahm,

Eine Maus den Heimweg nahm.

Gesenkten Hauptes schlich sie dahin.

Man hatte sie gar arg geschunden.

Mit Krieg hatt‘ sie nichts mehr im Sinn,

Ist in ihr Loch verschwunden.

So mancher zog, wie jene drei,

Draußen noch am Knick vorbei.

Hundert Meter links davon,

Von Pausbacks Garde-Bataillon,

Junker Grün und Motzerich,

Schlugen in die Büsche sich.

Der eine sprach zum andern leis:

„So wahr ich Motzerich noch heiß,

Zieh aus dem Kriege ich die Lehr

Und werfe weg mein Schießgewehr.

Bestrafung nehme ich in Kauf“.

Dann nahm die Knarre er beim Lauf

Und warf ins Wasser seine Braut.

„Das kostet uns die grüne Haut“

Hielt der andre ihm entgegen.

„Wir gelten jetzt als Deserteure“!

„Und wenn mein Leben ich verlöre,

Keine Hand werd ich mehr regen

Für Pausback und den General.

Mir ist der Krieg ab heut egal“!

Da warf der andre, ohn‘ lang zu trutzen,

Auch in den Teich den Mauser-Stutzen

Und schimpfte laut „ich hab null Bock

Auf Krieg, weil dieser Unsinn ist“

Und schlüpfte aus dem Waffenrock.

„Endlich wieder Zivilist“

Jubelten danach sehr weise,

Die beiden Deserteure leise.

Die zwei, um das hier nachzutragen,

Haben mit zivilem Mut

Sich nach Hause durchgeschlagen.

Es geht ihnen noch heute gut.

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Wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.