Donnerstag, 1. Dezember 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 70

Der neue Oberbefehlshaber


ie

Nusskernschlemmer ging es vielen

Mauskriegern die ins Wasser fielen.

Die meisten sind auf See geblieben

Und als Leichen abgetrieben

Bis der Reiher irgendwann

Sie am nächsten Morgen

Aus dem Wasser fischte dann

Um sie zu entsorgen.

Die Frösche sahen vom Ufer aus

Fröhlich zu wie Maus um Maus

Sich im Teich zu Tode trank

Und im nassen Element versank

Weil sie zu Schwimmen nicht verstand.

Ach was haben sie gelacht.

Klunter hat gar vorgemacht

Was man mit den Armen treibt,

Und wie man hält die Hand

Damit man über Wasser bleibt.

Doch die Mäuse viel zu dumm

Für das Freischwimm-Praktikum,

Nach dem Beispiel von Frosch Klunter

Gingen weiter unter.

Huckepin und Quaxerich

Hielten ihre Bäuche sich

Ach was war das für ein Spaß,

Den piepsenden Mäusen dort im Nass,

Ersaufend all beim Untergeh’n

Vom trocknen Land aus zuzuseh’n.

Eine rettete sich noch

Indem sie auf `ne Binse kroch

Die sie vor sich plötzlich fand

Weil sie dort im Wasser stand.

Doch es half ihr nicht viel weiter.

Hutschenkanter, ein Gefreiter

Und tapferer Recke der Armee,

Tauchte durch den ganzen See

Und dann biss der grüne Bengel

Listig ab den Binsenstängel,

So dass die arme Maus samt Stiel

Zurück ins Wasser wieder fiel.

Obgleich sie fit noch war und munter

Zog sie der Böse Frosch hinunter.

Sie, die noch keinen Tag war krank

Starb daran, dass sie ertrank.

Zur gleichen Zeit am Schilfrohrrand

Eine Patrouille Potz Ratz fand,

Den Meister der an jenem Tag

Den Tipp gab für den Brückenschlag.

Er ward zum General gebracht.

Dort wurd ihm der Prozess gemacht.

Angeklagt, so war die Lage,

Wegen Hochverrat und Sabotage

Stand das Urteil bereits fest.

Ab in den Bau. Nach dem Arrest

Erschießung durch ein Standgericht.

Potz Ratz schrie: „Ich wollt das nicht“

Als man das Urteil hat verkündet.

Der General sprach: „Unbegründet

Wird keiner von mir umgebracht.

Dein Vorschlag, den du uns gemacht

Auf Pausbacks Insel zu gelangen,

Wie Du weißt ist schief gegangen.

Die halbe Armee ging dabei drauf.

Nun musst du vor den Flintenlauf“!

Dann bracht man ihn zur Tötungswand.

Als man die Augen ihm verband

Ward er vom Adjutant gefragt

Was sein letzter Wunsch denn wäre.

Potz Ratz dacht nach und hat gesagt

Zornig, laut und ordinär.

„Leck mich am Arsch“ ganz ohne Hehl.

Da gab der andre Schießbefehl.

Die Schützen, weil man folgen muss,

Schossen! Wie ein einz’ger Schuss

Donnerte die Salve los.

Die Überraschung war sehr groß.

Nicht einer hatte ins Ziel getroffen.

Der General zu tiefst betroffen

Brüllte seinen Adju an:

„Tu was“ schrie er, „mach schon Mann,

Bring ihnen das Schießen bei“!

Da schossen noch einmal die drei,

Denn Gehorsam war ja Pflicht.

Die Kugeln trafen wieder nicht,

Zischten weit vorbei am Ziel.

Dass der Adju durch sie fiel

War keine Absicht. Aus Versehen

Ist er den schießenden Soldaten

In die Schusslinie geraten.

Doch das Unglück war geschehen!

Von drei Kugeln höchst suspekt

Lag der Dümmling hingestreckt

Vor Potz Ratz, der Idiot

Im eignen Blute und war tot.

Der General nun wutentbrannt,

Mit dem Säbel in der Hand

Schrie. „Feuer“ und hat laut geflucht.

Da haben sie’s nochmal versucht.

Drei Schüsse die wie einer klangen

Lagen deckend, diesmal voll.

Der General hatt‘ kein Verlangen

Zum Befehlen mehr; mit Groll

Im Herzen sank er nieder.

Befohlen hat er niemals wieder!

Der arme Potz Ratz unterdessen

Stand noch immer an der Wand.

Vor Todesängsten halb besessen

Ihm der Lebenswille schwand.

Er zitterte: Vor Angst und Pein

Knickten seine Beine ein.

Schnell sprang einer der drei Schützen

Hin um den armen Kerl zu stützen.

Der zweite, ebenfalls geschwinde

Entfernte ihm die Augenbinde.

Der Todgeweihte konnt‘ kaum glauben,

Was er nun sah mit eig’nen Augen.

Seine Freunde, alle zwei

Von der Kirchenmaus-Pfarrei

Und Kräuselhaar sein Vetter

Waren seine Retter.

Wie war Potz Ratz erleichtert da.

Glücklich rief er „Heureka“,

Das wär ins Aug beinah‘ gegangen.

Als die Patrouille mich gefangen

Dachte ich nun ist es aus

Denn eine graue Kirchenmaus

Ist dem werten Herren General,

So dacht‘ ich bei mir, Schiet egal.

Der Brückeneinsturz war ein Schock

Für ihn, der zu faul war nachzudenken

Als Bauernopfer und als Sündenbock,

Wollt‘ er die Schuld auf mich nun lenken.

Um sich selbst zu profilieren

Wollte er mich exekutieren.

Vor Wut auf mich war er verrückt.

Beinah wär es ihm geglückt.

Wärt‘ ihr zu Hilfe nicht gekommen

Hätt es ein böses End‘ genommen.

Ich dank euch herzlich, doch was nun

Sollen wir als nächstes tun“?

„Einem Freund, dem Unrecht droht

Durch einen solchen Bösewicht

Wie es der General von Brandmaus war,

Zu erretten aus der Not

Ist die erste Bürgerpflicht

Und für jeden Maussoldaten klar“!

Sprach da der Vetter. „Wir sind vier:

Du führst uns an, wir folgen dir.

Ich werde deine rechte Hand

Und schimpf mich dann dein Adjutant.

Du stellst ein „von“ vor deinen Namen

So wie’s bei hohen Tieren Brauch.

Spielst General, zwar ohn‘ Examen;

Doch was Brandmaus konnt‘ das kannst du auch.

Als sie so sprachen ganz spontan

Schlossen sich andre ihnen an.

„Und ich“ piepste Maus Zottelschwanz

„Werde eure Ordonanz.

Ich kost‘ das Essen vor und auch den Wein

Schenk ich euch immer reichlich ein.

Bei mir muss keiner Hunger leiden.

Ich werd‘ den Speck in Happen schneiden

Schön für euch alle mundgerecht

Damit ihr euch nicht den Kiefer brecht

Und stets für frischen Käse sorgen.

Ich werde alles für euch borgen,

Wonach euch grad der Gaumen steht,

Damit es immer gut euch geht“.

„Und ich pfiff Lochner kollegial

Spiel ab jetzt den Korporal.

Ich sammle die versprengte Truppe

Wieder ein. Gruppe für Gruppe

Formier ich sie, so gut es geht

Bis die Brigade wieder steht“!

„Gut; dann probieren wir’s nochmal“

Sprach von Potz Ratz der General

Seines Zeichens nun und dann

Greifen wir sie richtig an.

Die Frösche denken wir sind tot.

Wenn wir sie beim Abendbrot,

Während sie sich Mücken haschen

Auf der Wiese überraschen,

Können wir sie kriegen

und ganz leicht besiegen.

Wir greifen aus der Sonne an,

Dass man uns nicht sehen kann

Und rücken vor gegen den Wind,

Dass sie uns nicht wittern können,

Aus dem Schilf heraus geschwind

Grad wenn sie sich das Essen gönnen.

Die Hetschen werden arg erschrecken

Wenn wir mit Trompetenschall

Im Marschschritt alle niederstechen“.

„Dann wirst du sicher Feldmarschall“

Sprach lachend darauf Zottelschwanz

Seines Zeichens Ordonanz

Des Kommandierenden von Potz Ratz

Bei der erneuten Frösche-Hatz.

Wie vorgeplant, so wurd’s gemacht.

Es war Abend, kurz nach acht.

Da kam Lochner ganz formell

Zum Generale zum Apell.

„Die Truppe steht, ist einsatzklar.

Zehntausend etwa und ein paar

Konnt‘ ich noch zusammentreiben.

Die andern wohl vermisst all‘ bleiben“.

Der General sprach „Gut gemacht,

Auf Männer, macht euch klar zur Schlacht.

Jetzt haben wir das beste Licht

Und vergesst die Waffen nicht“!

Wie durchgeplant und vorbedacht

Wurd es schließlich auch gemacht.

Um acht Uhr zehn erging Befehl

Zum Vormarsch auf des Archipel

Wo die Froschsoldaten saßen

Und ihre Abendfliegen aßen.

Von Potz Ratz, der General

Gab persönlich das Signal

Zum Angriff: „Männer Vorwärts Marsch,

Tretet ihnen in den Arsch,

Haut ihnen die Goschen rot,

Packt sie, würgt sie, schlagt sie tot.

Spießt sie, beißt sie bringt sie um.

Kratzt und stecht sie, macht sie stumm“!

Mit Distelblättern und Dornenzweigen

Stürmten die Helden mäuseeigen

Gegen die Frösche Mann für Mann

Mutig und verwegen an.

Die Frösche jedoch in Sachen

Krieg erfahren, hatten Wachen

Um den Lagerplatz im Feld

Zur Bewachung aufgestellt.

Ein Wächter, der auf einem Baum

Saß hoch oben überm Schilfrohrsaum,

Sah die Mäus‘ durch’s Riedgras schleichen.

Er gab dem Neben-Mann ein Zeichen

Und dieser mit gespitzter Gosch

Gab‘s weiter an den nächsten Frosch.

Die Meldung lief in Windeseile

Weiter so und nach `ner Weile

Kam die Warnung an im Lager.

„Sie greifen wieder an, die Nager“

Meldete der Oberst Quack

An den König. Dieser „Zack“

Schoss noch eine Mücke tot

Und schluckte sie zum Abendbrot.

Kauend noch, die Faust geballt

Befahl er: „In den Hinterhalt:

Tarnt euch, dass euch gut versteckt

Keiner der Mauskrieger entdeckt.

Wir stellen unten sie am See

Gab er Befehl an die Armee.

Darauf warte ich schon lange;

Heut nehmen wir sie in die Zange“

Dabei grinste er gar scheel

Und gab einen weiteren Befehl:

„Schafft herbei Morast und Dreck

Und schmiert mit Schlamm das Ufer ein,

So dass die Rutschbahn ihren Zweck

Erfüllt. Wie Seife muss sie sein.

Es muss vor Glätte nur so flutschen,

Dass sie all ins Wasser rutschen

Und weil sie keinen Halt mehr finden

In unserm kühlen Nass verschwinden.

Die Taucher zieh‘n sie dann hinab

In Ihr eignes Massengrab“!

Und an den Oberst Quack gewandt:

„Du bist mir dafür der Garant,

Dass alles wie am Schnürchen läuft

Und mir dabei kein Frosch ersäuft“.

Der andre sagte nur „Jawohl“.

Dann hörten sie schon das Gejohl‘.

„Sie kommen, gebt ihnen den Rest“

Schrie Pausback, „dort genau von West.

Macht schnell, die Waffen nun zur Hand.

Rettet unser Vaterland“!

Die Mäuse taktisch gut staffiert

Sind in Froschhausen einmarschiert.

Sie fanden keinen einz’gen Lurch;

Drum marschierten sie hindurch.

Ohne Zaudern ohne Halt

Waren sie am Wasser bald,

Wo die Frösch‘ auf Lauer lagen

Um sie in den See zu jagen.

Um acht Uhr zwanzig Sommerzeit

War es dann am Teich so weit.

Der Oberst gab in aller Ruh

Alarm. Die Falle schnappte zu.

Den Gegnern Panik einzuflößen

Ließ er die dicke Berta lösen.

Es war nur die Salutkanone;

Doch auch die war nicht ganz ohne.

Es war als würd die Welt nach oben

Um einen Meter angehoben.

Die Mäuse bei dem lauten Knall

Stoppten ihren Überfall.

Sie hielten sich die Ohren zu.

Von Potz Ratz dacht bei sich „Nanu,

Die Frösche konnten Feuerwaffen,

Wie mir scheint, sich wohl beschaffen“.

Der Adju dacht bei sich im Stillen:

“Die werden uns noch alle killen“!

„Da geh ich lieber auf Distanz“

Dacht mit Respekt die Ordonanz

Und versteckte sich geschickt

Hinter einem Feldrainknick.

Lochner, der Korporal hingegen,

Wie immer tapfer und verwegen.,

Rief seinen Landsern „Vorwärts“ zu.

„Rückzug ist für uns tabu.

Vorwärts Männer mit Hurra.

Heil und Sieg dir Mausula“!

Da griffen von der Flanke her

Die Frösche an. „Setzt euch zur Wehr“

Schrie von Potz Ratz der General.

Haltet durch noch dieses Mal.

Gleich haben wir den Krieg gewonnen.

Dann können wir im Ruhm uns sonnen.

Haltet durch; nicht feige sein;

Heizt den Höppern nochmal ein;

Lasst sie eure Zähne spüren

Dann werde ich euch heimwärts führen

Nach der Schlacht mit Siegesbanner“!

So schrie Potz Ratz und dann begann er

Mit seinem scharfen Degen

Die Frösche schier hinwegzufegen.

Doch seine Taktik ging nicht auf.

Die Grünen kamen nun zu Hauf

Und setzten festentschlossen nach.

Die Mausarmee war viel zu schwach

Um dem Gegner Stand zu halten

Geschweige denn ihn auszuschalten.

Nun eingekesselt die Armee

Wie Paulus einst in Stalingrad;

Voraus im Osten nur der See,

War schlimm die Lage in der Tat.

Die ersten waren schon gefallen.

Die feisten, nassen, grünen drallen

Hetschen aus dem Froschteichmoor

Rückten immer weiter vor

Und kesselten gar hundsgemein

Die Mäus‘ nach Strich und Faden ein.

„Wir werden allesamt verderben

Oder am Hunger alsbald sterben“

Dachten die grauen Maussoldaten

Als sich ihnen die Frösche nahten.

„Wir müssen einen Ausbruch wagen“

Sprach General von Potz Ratz ohn‘ Zagen.

Wir brechen durch, dort auf den Deich

Fügte er hinzu noch kesser,

Von oben aus da kämpft sich‘s besser“!

„Das käme einem Selbstmord gleich“

Erwiderte der Korporal.

„Wir sollten lieber noch einmal

Kämpfen nach unsrer Väter Art

Dann bleibt uns all die Schmach erspart

Die Paulus musst ertragen!

Zu feig ein Widerwort zu wagen

Tat er was ihm dazumal

Der braune Gröfaz strikt befahl.

Weil er zu lang gezögert hat

Starb die Armee in Stalingrad“!

Der General hat‘s kurz bedacht;

Dann hat er zackig kehrt gemacht.

„Männer“ rief er, „zeigt es ihnen.

Nun gilt’s den Sold euch zu verdienen.

Zweikampf ist nun angesagt.

Ich erwarte, dass sich jeder plagt

Und mannhaft in der Kesselschlacht

Unserm Volke Ehre macht.

Also werft euch ins Gefecht“!

Er endete gerad noch recht

Um einen Dolchstoß abzuwehren

Den ein Frosch ihm wollt bescheren.

------

Wie der Krieg noch weiter geht,

Wer sterben muss und wer noch nicht,

Das beschreibt der Kriegsbericht

Der in der nächsten Folge steht.

wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.