Dienstag, 6. Dezember 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 72

Paddurxes Tod


as der

Leutnant hat zu Haus getan

Geht die anderen nichts an.

Denn nur Zivilisten können

Sich so etwas im Krieg noch gönnen.

An der Front im Feld hingegen

Kämpften die Mäuse gar verwegen

Weiter tapfer Mann für Mann

Gegen die dreisten Frösche an

Die ihren Prinzen mit Bedacht

Hatten dereinst umgebracht.

Den guten Krümeldieb zu rächen

Und die Froscharmee zu schwächen

Galt seither als adäquat

Für jedermann im Mäusestaat.

Das nahm auch Springer sich zu Herzen.

Die Frösche alle auszumerzen

Wurd‘ ihm, der sonst kein Bösewicht,

Nun zur ersten Bürgerpflicht.

Freiwillig ging er an die Front.

Wie einst Achill am Hellespont

Hat Trojaner umgebracht

So hat es nun auch er gemacht.

Die Frösche mussten es ertragen.

Dutzende hat die Maus erschlagen.

Ohne Rast und ohne Ruh

Schlug Springer unbarmherzig zu.

Mit dem Schwerte in der Hand

Stürmte er durch Pausbacks Land

Und mähte nieder sie in Reihen.

Vom Gezeter, Stöhnen und vom Schreien

Der Frösche ließ er sich nicht stören.

Er tat als würd‘ er’s überhören

Und meuchelte ohn‘ jeden Sinn,

Und ohn‘ zu kennen all die Namen

Im Krieg die Gegner nur so hin

Wie sie vor sein Schwert ihm kamen.

Er hatte hundert schon geköpft

Als er vom Kriegshandwerk erschöpft,

Am Seeufer auf Paddurx stieß.

„Ich schenke dir das gold‘ne Vlies“

Jener in Todesangst laut schrie

Indem er bettelnd auf die Knie

Niederfiel und weiterflehte.

Die Hände verschränkt wie zum Gebete

Ließ er sich vor der kühnen Maus

Gar weinerlich dann weiter aus:

„Was du verlangst werd‘ ich dir geben

Doch bitt ich dich, schenk mir das Leben.

Ich bin Pausbacks Schwiegersohn

In spe. Mein Vater der Baron,

Würdest du mich jetzt verschonen,

Würde dich gar reich belohnen.

Nebst dem Vlies als Dankesgaben

Sollst du zwanzig Kröten haben.

Glaub mir, ich hab genug davon.

Sie warten auf mich alle schon

In meinem Teich die süßen Unken.

Sie sind sicher schon ganz liebestrunken

Denn ich bin schon lange fort.

Von mir ein einziges nettes Wort

Und sie würden Dich verwöhnen.

In den allerhöchsten Tönen

Würdest du meinen Harem preisen.

Ich bitte dich, pack weg das Eisen;

Steck es in die Scheide

Rechts an deinem Kleide“.

Als Springer tat wie’s vorgeschlagen

Hörte er Paddurx dankbar sagen:

„Du wirst es nicht bereuen;

Sie werden dich erfreuen.

Meine Unken sind nicht prüde

Und für die Liebe nie zu müde.

Sie haben gute Kondition;

Da hast du wirklich was davon;

Dass sie mit ihrem Reitz nicht geizen

Und gerne ihre Beine spreizen

Wirst du gleich selbst erleben.

Sie werden gern dir all das geben

Was du erträumt dir Nacht für Nacht

Hast im Felde in der Schlacht.

Sie werden gern sich dir verschenken;

Du wärst im Himmel, wirst du denken;

Sie haben wirklich etwas los,

Du wirst es seh’n, sie sind famos.

Was du dir wünscht, werden sie machen

Und noch ganz andre tolle Sachen.

Hören und Seh’n wird dir vergeh’n;

Die Augen wird es dir verdreh’n

Wenn meine süßen nassen Krötchen

Streicheln mit zarten feuchten Pfötchen

Dein graues, glattes, samt‘nes Hemd.

Ihnen ist keine Technik fremd;

Das Kamasutra für Maus und Lurch

Gehen sie mit dir gleich durch;

Von vorn bis hinten und zurück;

Du wirst vergehen schier vor Glück.

Alles was du so lange hast vermisst

Bekommst du, dass du’s nie vergisst

Das garantier ich dir schon jetzt!

Und Angst davor, dass eine petzt,

Es deinem Weibe könnte sagen,

Brauch dich auf keinen Fall zu plagen.

Im Krötenpfuhle dort am Bache

Spricht man nur die Unkensprache

Und die versteht die deine

Bestimmt nicht wie ich meine“.

Niemand hatte schon seit Wochen

Von Weibern mehr mit ihm gesprochen.

„Na gut“ sprach Springer „ich schone dich,

Doch geh voraus und führe mich

Nach Haus zu dir zum Krötenteich;

Wenn schon, dann will ich sie jetzt gleich“!

Er hatte schon seit Tagen keine

Mehr gehabt und seine kleine

Nette, süße Ehemaus

War weit weg, allein zu Haus.

Ihm stand nach einem Weib der Sinn;

Drum zog’s ihn zu den Unken hin

Mit einem Sehnen und zwar so

Wie den Frosch im „wooing go“.

Er sah im Geist sie schon vor sich

Die hübschen nackten Unken.

Ihm wurde schon ganz feierlich.

Sein Herzchen pochte freudetrunken

Und sein graues Schwänzchen stand

Ihm besonders gut heut, wie er fand.

Noch nie bis dato, ungelogen

Hatte Mausi er betrogen.

Noch niemals hatte er sich eine

Andere Maus je als die Seine

Mit zu sich ins Bett genommen.

Am Krötenpfuhle angekommen

Haben all die frechen Unken

Den beiden freundlich zugewunken.

Das Sonderbare war dabei,

Das im Wasser immer zwei

Grüne ziemlich nah beisammen

Gemütlich durch den Froschteich schwammen.

Als Paddurx sah wie seine Lieben

Pärchen-weis durchs Wasser trieben

Wurde er wütend. Kreidebleich

Sprach er: „Wie mir scheint die Laich

Hat ohne uns schon angefangen“.

Darauf ist’s ihm schlecht ergangen.

„Du grünes Schwein hast mich betrogen“

Schrie Springer Paddurx zornig an.

Bevor das Schwert er hat gezogen

Hat er ein Übriges getan.

Den Frosch an einen Pfahl gebunden

Hat er gefoltert und geschunden.

Als letztlich dieser es dann wagte

Und nach dem Warum leis fragte

Hat der Mauser zugestochen.

Er traf das Herz. Ein letztes Pochen

Dann stand es still. Das Blut rann rot

Aus seiner Brust. Er selbst war tot.

Im nahen Pfuhle seine Unken,

Allesamt lieb und tugendreich,

Nur momentan arg liebestrunken

Beschäftigt lustvoll mit der Laich,

Unkten Paddurx fröhlich zu:

„Ach du dummer Grünfrosch du,

Hättest du’s mit uns getrieben

Dann wäre dir das erspart geblieben.

Hättest du eine von uns genommen

Dann wär es nicht so weit gekommen

Wie es kam grad eben,

Dann würdest du noch leben.

Anstatt eine von uns bequemen

Unken dir als Weib zu nehmen

Wolltest du den Thron

Als Pausbacks Schwiegersohn

Am königlichen Hof besteigen.

Weil du protzend wolltest zeigen

Was auch ein kleiner grüner Mann,

Wenn er will, erreichen kann,

Wolltest du zu hoch hinaus.

Eingeheiratet ins Königshaus

Wolltest du vor uns hier prahlen.

Du musstest mit dem Leben zahlen“.

So unkten die Schönen all im See.

Doch Pausbacks Schwiegersohn in spe

Paddurx nahm es nicht mehr wahr

Weil er dazu zu tot schon war.

Indes ließ Springer, jene Maus

Der man so übel mitgespielt

Seine Wut aus sich heraus.

Er ging auf Froschjagd. Nun gezielt.

Nach der missglückten Herzenssache

Sehnte er sich nur noch nach Rache.

Vergessen waren Lust und Liebe.

Aus Frust bezog nun mancher Hiebe

Von ihm obgleich er ganz und gar

Unschuldig an der Sache war.

Sein sehnsuchtsvolles Lustverlangen

War dem Mauser längst vergangen

Und darum tat er was vonnöten

Im Krieg gegen die Frösche war, sie töten.

So mancher Frosch genau genommen

Ist nur deshalb umgekommen

Weil Maus Springer liebestrunken

Nicht ran kam an die geilen Unken.

Da diese all zusammen

Halb getaucht im Wasser schwammen

Und Springer den Schwanz weder zum Tauchen

Noch zum Schwimmen konnt‘ gebrauchen.

Die wirklich arg frustriete Maus

Ließ ihren Frust an allen aus

Die ihr in den Weg nun kamen,

Und zwar in König Pausbacks Namen.

Zum Beispiel Grönpoch der Alkalde

Der unten, nah dem Binsenwalde

Am Abend noch spazieren ging.

Die Maus verpasste ihm ein Ding

Mit ihrem Fuße so beherzt,

Dorthin wo es am meisten schmerzt.

Der Bürgermeister erlitt `nen Hodenbruch.

Von da an war er ein Eunuch

Der später, weil ihn Pausback bat,

In seinen Dienst bei Hofe trat.

Dort leitet er den Harem nun.

Als Kastrat gibt’s viel zu tun

Denn die Frösche bei Hof sind sehr

All hinter Pausback Kröten her.

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Von dort und mancherlei Skandal

Der bei Hofe einst geschah,

Berichte ich das nächste Mal

So wie ich es sah.


wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.