Samstag, 22. Januar 2011




Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 2-1

Da senkt die Sonne sich im Purpurschein

Hinterm Rohr in Pausbacks Teich hinein,

Und Nebelschwaden aus dem Moor

Kriechen an alle Ufer vor.

Dunkelheit hebt aus dem Teich

Gen Himmel sich gar folgenreich

Empor und hüllt mit Gottes Macht

Das Land umher in schwarze Nacht.

Die Könige samt ihrer Trosse

Sind ohnmächtig. Die Finsternis

Lässt im Sprunge ihre Rosse

Verharren vor jedem Hindernis.

Das Schlachtfeld liegt in Schwarz gehüllt.

Die Krieger sind umgeben

Vom Wunder welches Gott erfüllt

Zu retten ihrer Leben.

So legen die geschund‘nen Glieder

Sie müde all aufs Moos gleich nieder

Um sich vom Kampfe auszuruh’n.

Ross und Reiter, Frosch und Maus,

Landser, Offizier, Tribun,

Sammeln Kraft so, spannen aus,

Um tags darauf bei Sonnenschein,

Wieder frisch und fit zu sein.

Sie wissen alle, dass der Krieg

Noch nicht zu End‘ und fern der Sieg.

Doch das, so denken sie, sind Sorgen,

Nicht von heut sondern von morgen.

So deckt man sich mit Hoffnung zu

Und schläft. Nur Pausback der Filou

Liegt wach und grübelt drüber nach,

Wie er des Krieges Ungemach

Für sich zum Vorteil könnte wenden.

Mit einem Siege muss es enden,

Denkt er, sonst wackelt noch mein Thron.

Dann steht er auf, stielt sich davon.

Im Reich der Krebse hat verbracht

Er schließlich dann den Rest der Nacht.

Als die Sonne morgens brannte hernieder,

Stand er auf dem Schlachtfeld wieder,

Mit einer Fahne in der Hand

Auf welcher “Peace“ geschrieben stand.

Indem er das weiße Banner schwenkt,

Den Schritt durchs Feld der Ehr er lenkt.

Dort liegen Tausende von Leichen,

Mäuse und auch seinesgleichen,

Frösche, blutig geschlagen starr und stumm,

Zwischen noch Lebenden herum.

Die Letzteren unter Weh und Ach,

Reiben die Augen sich grad wach

Und blinzeln dem König, der verwegen

Das Friedenstuch schwenkt, dumm entgegen.

Der stellt sich vor den Maus-Rex hin

Und spricht zu ihm mit Hintersinn:

„Der erste Tag von Krieg und Schlacht,

Hat großes Leid uns schon gebracht;

Tausende von unsern Helden,

Wie mir meine Späher melden,

Mussten im Kampf ihr Leben lassen.

Ich kann es beinah selbst nicht fassen;

Wo man hintritt, liegen Leichen.

Was willst du damit nur erreichen?

Dein Volk stößt so ins Unglück du,

Und das meine noch dazu!

Dein Starrsinn hat dazu geführt,

Dass die edelsten der Ritter

Getötet wurden“, sprach er bitter.

Der Mäusekönig ungerührt

Pfiff: „Bevor wir weiterstreiten,

Lass uns schnell auf beiden Seiten

Die Toten sammeln, Mann für Mann,

Damit man sie verbrennen kann.

Doch wenn die Feuer sind erloschen,

Wird weiter auf euch eingedroschen,

Bis eure hinterlist‘ge feige Brut

Ersoffen ist im eignen Blut“.

Pausback schrie: “Komm zur Vernunft,

Sonst geht es dreckig Deiner Zunft.

Ich lass euch allesamt ertränken,

Köpfen und am Hals erhängen“.

Und dann fuhr mit ernstem Wort

Er in seiner Rede fort:

„Doch erst lasst uns geduldig sein;

Bringen wir die Toten ein,

Und sammeln die Verletzten auf,

Die dort ebenfalls zu Hauf

Auf dem Schlachtfeld kreuz und quer,

Liegen blutend noch umher“.

Weiter sprach er zu der Maus:

„Dann tauschen wir Gefang‘ne aus.

Zwei deiner Krieger gegen vier

Aus der glorreichen Armee von mir.

Und mittags, wenn vorbei die Nacht,

Geht es weiter mit der Schlacht“.

Des Frosches Rede hat ergrimmt

Nachdem er listig sich besann,

Brotnager zornig zugestimmt

Und wies den Adjutanten an,

Die Truppe schnell zu informieren

Und schriftlich all das zu fixieren,

Was nudis verbis abgemacht.

Der hat es zu Papier gebracht

Und legte mittags dann am Moor,

Den Waffenstillstandsvertrag vor.

„Von unserm König unterschrieben“,

Sprach der Adjutant durchtrieben,

„Es fehlt nur, weil es euch betrifft,

Darauf deine Unterschrift“.

Pausback las in aller Ruh.

Dann wollt die Unterschrift dazu

Er neben die des andern setzen.

Da, hinter ihm, schrie mit Entsetzen,

Quackquapper, sein Enkelsohn

Und Erbe dereinst auf den Thron:

„Achtung Opa! Diese Maus

Trickst dich hinterlistig aus.


Unterschreib nicht was sie hat

Gekritzelt auf das Lügenblatt“.

Da hat der König buchstabiert:

„Mittag bis Zwölf“, wie raffiniert.

Dann griff er ihn: Der Adjutant

Wurde mit Pausbacks Schwert bekannt.

Er starb zur Mittagszeit, high noon!

Die Schuld am Tod trug sein Tribun

Der vom Maus-Rex aufgehetzt

Den Vertrag hat aufgesetzt.

Nun überall im weiten Lande

Schaffte man zum Schlachtfeldrande

Gefallene Krieger haufenweise,

Um sie für ihre letzte Reise

Zur Verbrennung aufzuschlichten.

Gott Zeus oblag es, sie zu richten

Und festzulegen wen von allen,

Die auf dem Schlachtfelde gefallen,

Man aufnimmt im Olymp als Helden

Oder ob ihre Seelen sich,

Unten im Hades sollten melden,

Was für manche sicherlich

Wäre ziemlich jämmerlich.

Die Frösche holzten ab das Rohr

Und stapelten es kunstgerecht

Gemischt mit Leichen hoch empor.

„Tote Krieger brennen schlecht“,

Sprach Pausback in gerührtem Ton

Im Felde zu dem Enkelsohn.

Dem quoll aus feuchtem Äugelein

Jetzt kullernd eine Träne klein,

Denn vor ihm, auf dem ersten Hauf,

Lag sein toter Kumpel drauf,

Der brave Korax von der Laich,

Mit dem er gestern noch am Teich,

Unbeschwert und unverzagt,

Ein Mückelein hatte gejagt.

Als Fähnrich ward er eingezogen.

Das Schicksal war ihm nicht gewogen.

Der Feind kürzte ihm beide Schenkel.

Der König tröstete den Enkel

Und sprach: „Die Mäuse sind gemein;

Doch die Rache die ist dein“

Dann kam die Truppe anmarschiert

Und hat zum Abschied salutiert

Vor den toten Kameraden.

Pausback drauf, von Gottes Gnaden,

Griff zur Fackel und gewandt

Hat er Hauf um Hauf entbrannt.

Zum Klange der Trompete stieg

Der Rauch zum Himmel. „Uns der Sieg“,

Schwor der König in die Flammen

Und: „Die Mäuse soll’n verdammen“.

Ähnlich traurig war die Lage

Im Mäuselager. „Wehgeschrei und Klage“,

Sprach Brotnager, „ist eine Sache

Für Memmen, unser Stil ist Rache“.

Dann griff das Heer zu Axt und Keil

Und fällte Holz mit Säg und Beil.

Indes räumten auch die andern auf.

Die Helden, die im Schlachtverlauf

Für Reich und Rex hatten ihr Leben

Mutig streitend hingegeben,

Wurden zwecks Bestattung schnell

Eingesammelt rationell.

Maus um Maus kam angelaufen

Mit Leichen für den Scheiterhaufen.

Nagezahn ein Grenadier,

zog mit einer Faust gleich vier

Am Schwanz, so war es nicht so schwer,

Hinter sich zum Feuer her.

Maus Erdmann schleifte eine bleiche

Mausetote Mäuseleiche

Auf dem Rücken brav heran,

Auf dass man sie bestatten kann.

Zwei Meter vor dem Scheiterhauf‘,

Macht die Maus die Augen auf

Und fragt den Totenträger schrill,

Was der von ihrem Schwänzchen will.

Maus Erdmann darauf fassungslos,

Ließ sofort das Schwänzchen los.

„Was machst du da für blöde Sachen“,

Sprach er zur andern voller Wut.

„Wollt Feuer untern Hintern machen

Dir just gerade. Ist nur gut,

Dass Du zuvor bist aufgewacht;

Sonst hätte ich Dich umgebracht“.

„Ach was, ich habe dich geprellt“,

Sprach der: „Ich hab mich tot gestellt,

Weil ich zwei Frösche hab gesehen.

Doch Gott sei Dank ist nichts gescheh‘n“.

Und dann fuhr er fort gereizt:

„Morgen wirst auch du verheizt.

Dem König ist das Volk egal,

Er benötigt einen Sieg;

Drum jagt er morgen noch einmal,

Uns alle wieder in den Krieg.

Ich hab schon längst die Nase voll.

Weißt du denn, was der Blödsinn soll?“

So fragte er den Kameraden.

„Dem ganzen Volke wird er schaden.

Die Frauen sind allein zu Haus

Und weinen sich die Augen aus,

Während wir im Felde sterben.

Wer soll unser Heldentum vererben,

Im Blut den Söhnen weitergeben,

Wenn wir Heroen nicht mehr leben?

Die besten Krieger starben schon,

Für den blöden Königssohn.

Was wäre, wenn es dich getroffen

Hätte an statt von Bröseldieb

Und Du im See wärst abgesoffen?

Kein Wort vom König nicht ein Piep

Hätt er zu deinem Tod verloren.

Keiner von uns bleibt ungeschoren,

Wenn morgen er, weil’s ihm behagt,

Uns wieder auf das Schlachtfeld jagt.

Er opfert uns für seinen Streit

Den er mit den Fröschen hat.

Ich bin dazu nicht mehr bereit.

Ich sag’s wie’s ist, auch als Soldat.

Ich bin gegen diesen Krieg!

Erstens, weil wir ihn verlieren!

Zweitens, was brächte uns ein Sieg?

Wer sollt‘ das neue Reich regieren

Das wir hinzugewönnen dann?

Was wollen wir mit einem Teich

Wenn keiner von uns schwimmen kann?

Schon jetzt ist viel zu groß das Reich

Um seine Grenz mit Wall und Hecken

Wie sich’s gehörte abzustecken.

Und außerdem, ich bin ein Christ

Und als solche Pazifist,

Der obwohl ich hab viel Mut,

Keiner Fliege etwas tut.

Übrigens, mein Nam‘ ist Quäker.

Was ich sag ist kein Geschäker.

Ein Pazifist bei uns zu sein

Bringt wenig Anerkennung ein.

Doch glaube mir aus gutem Grund,

Steh ich für Frieden ein profund.

Mit Feigheit hat das nichts zu tun,

Vielmehr ist es pragmatisch

Und weise, da gibt’s kein Vertun,

Doch meistens problematisch.

Es ist im Krieg nicht populär,

Sich quer zu stell’n beim Militär.

Auch schätzt man’s nicht, wenn ungefragt

Dem Feldherrn man die Meinung sagt.

Doch was zu tun ist, muss man tun.

Ich geh noch heute zum Tribun

Und mach ihm deutlich, dass die Rache

Für Bröseldieb ist seine Sache“.

Quäker immer mehr in Rage,

Fuhr fort: „Es ist eine Blamage

Für die ganze Mausarmee.

Die Herren mit dem Portepee,

Kriechen dem König sonst wohin,

Mit dem schäbigen Hintersinn,

Dass der Herrscher sich nicht ziert

Und sie weiter finanziert.

----

Wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.