Teil 2-1
Da senkt die Sonne sich im Purpurschein
Hinterm Rohr in Pausbacks Teich hinein,
Und Nebelschwaden aus dem Moor
Kriechen an alle Ufer vor.
Dunkelheit hebt aus dem Teich
Gen Himmel sich gar folgenreich
Empor und hüllt mit Gottes Macht
Das Land umher in schwarze Nacht.
Die Könige samt ihrer Trosse
Sind ohnmächtig. Die Finsternis
Lässt im Sprunge ihre Rosse
Verharren vor jedem Hindernis.
Das Schlachtfeld liegt in Schwarz gehüllt.
Die Krieger sind umgeben
Vom Wunder welches Gott erfüllt
Zu retten ihrer Leben.
So legen die geschund‘nen Glieder
Sie müde all aufs Moos gleich nieder
Um sich vom Kampfe auszuruh’n.
Ross und Reiter, Frosch und Maus,
Landser, Offizier, Tribun,
Sammeln Kraft so, spannen aus,
Um tags darauf bei Sonnenschein,
Wieder frisch und fit zu sein.
Sie wissen alle, dass der Krieg
Noch nicht zu End‘ und fern der Sieg.
Doch das, so denken sie, sind Sorgen,
Nicht von heut sondern von morgen.
So deckt man sich mit Hoffnung zu
Und schläft. Nur Pausback der Filou
Liegt wach und grübelt drüber nach,
Wie er des Krieges Ungemach
Für sich zum Vorteil könnte wenden.
Mit einem Siege muss es enden,
Denkt er, sonst wackelt noch mein Thron.
Dann steht er auf, stielt sich davon.
Im Reich der Krebse hat verbracht
Er schließlich dann den Rest der Nacht.
Als die Sonne morgens brannte hernieder,
Stand er auf dem Schlachtfeld wieder,
Mit einer Fahne in der Hand
Auf welcher “Peace“ geschrieben stand.
Indem er das weiße Banner schwenkt,
Den Schritt durchs Feld der Ehr er lenkt.
Dort liegen Tausende von Leichen,
Mäuse und auch seinesgleichen,
Frösche, blutig geschlagen starr und stumm,
Zwischen noch Lebenden herum.
Die Letzteren unter Weh und Ach,
Reiben die Augen sich grad wach
Und blinzeln dem König, der verwegen
Das Friedenstuch schwenkt, dumm entgegen.
Der stellt sich vor den Maus-Rex hin
Und spricht zu ihm mit Hintersinn:
„Der erste Tag von Krieg und Schlacht,
Hat großes Leid uns schon gebracht;
Tausende von unsern Helden,
Wie mir meine Späher melden,
Mussten im Kampf ihr Leben lassen.
Ich kann es beinah selbst nicht fassen;
Wo man hintritt, liegen Leichen.
Was willst du damit nur erreichen?
Dein Volk stößt so ins Unglück du,
Und das meine noch dazu!
Dein Starrsinn hat dazu geführt,
Dass die edelsten der Ritter
Getötet wurden“, sprach er bitter.
Der Mäusekönig ungerührt
Pfiff: „Bevor wir weiterstreiten,
Lass uns schnell auf beiden Seiten
Die Toten sammeln, Mann für Mann,
Damit man sie verbrennen kann.
Doch wenn die Feuer sind erloschen,
Wird weiter auf euch eingedroschen,
Bis eure hinterlist‘ge feige Brut
Ersoffen ist im eignen Blut“.
Pausback schrie: “Komm zur Vernunft,
Sonst geht es dreckig Deiner Zunft.
Ich lass euch allesamt ertränken,
Köpfen und am Hals erhängen“.
Und dann fuhr mit ernstem Wort
Er in seiner Rede fort:
„Doch erst lasst uns geduldig sein;
Bringen wir die Toten ein,
Und sammeln die Verletzten auf,
Die dort ebenfalls zu Hauf
Auf dem Schlachtfeld kreuz und quer,
Liegen blutend noch umher“.
Weiter sprach er zu der Maus:
„Dann tauschen wir Gefang‘ne aus.
Zwei deiner Krieger gegen vier
Aus der glorreichen Armee von mir.
Und mittags, wenn vorbei die Nacht,
Geht es weiter mit der Schlacht“.
Des Frosches Rede hat ergrimmt
Nachdem er listig sich besann,
Brotnager zornig zugestimmt
Und wies den Adjutanten an,
Die Truppe schnell zu informieren
Und schriftlich all das zu fixieren,
Was nudis verbis abgemacht.
Der hat es zu Papier gebracht
Und legte mittags dann am Moor,
Den Waffenstillstandsvertrag vor.
„Von unserm König unterschrieben“,
Sprach der Adjutant durchtrieben,
„Es fehlt nur, weil es euch betrifft,
Darauf deine Unterschrift“.
Pausback las in aller Ruh.
Dann wollt die Unterschrift dazu
Er neben die des andern setzen.
Da, hinter ihm, schrie mit Entsetzen,
Quackquapper, sein Enkelsohn
Und Erbe dereinst auf den Thron:
„Achtung Opa! Diese Maus
Trickst dich hinterlistig aus.
Unterschreib nicht was sie hat
Gekritzelt auf das Lügenblatt“.
Da hat der König buchstabiert:
„Mittag bis Zwölf“, wie raffiniert.
Dann griff er ihn: Der Adjutant
Wurde mit Pausbacks Schwert bekannt.
Er starb zur Mittagszeit, high noon!
Die Schuld am Tod trug sein Tribun
Der vom Maus-Rex aufgehetzt
Den Vertrag hat aufgesetzt.
Nun überall im weiten Lande
Schaffte man zum Schlachtfeldrande
Gefallene Krieger haufenweise,
Um sie für ihre letzte Reise
Zur Verbrennung aufzuschlichten.
Gott Zeus oblag es, sie zu richten
Und festzulegen wen von allen,
Die auf dem Schlachtfelde gefallen,
Man aufnimmt im Olymp als Helden
Oder ob ihre Seelen sich,
Unten im Hades sollten melden,
Was für manche sicherlich
Wäre ziemlich jämmerlich.
Die Frösche holzten ab das Rohr
Und stapelten es kunstgerecht
Gemischt mit Leichen hoch empor.
„Tote Krieger brennen schlecht“,
Sprach Pausback in gerührtem Ton
Im Felde zu dem Enkelsohn.
Dem quoll aus feuchtem Äugelein
Jetzt kullernd eine Träne klein,
Denn vor ihm, auf dem ersten Hauf,
Lag sein toter Kumpel drauf,
Der brave Korax von der Laich,
Mit dem er gestern noch am Teich,
Unbeschwert und unverzagt,
Ein Mückelein hatte gejagt.
Als Fähnrich ward er eingezogen.
Das Schicksal war ihm nicht gewogen.
Der Feind kürzte ihm beide Schenkel.
Der König tröstete den Enkel
Und sprach: „Die Mäuse sind gemein;
Doch die Rache die ist dein“
Dann kam die Truppe anmarschiert
Und hat zum Abschied salutiert
Vor den toten Kameraden.
Pausback drauf, von Gottes Gnaden,
Griff zur Fackel und gewandt
Hat er Hauf um Hauf entbrannt.
Zum Klange der Trompete stieg
Der Rauch zum Himmel. „Uns der Sieg“,
Schwor der König in die Flammen
Und: „Die Mäuse soll’n verdammen“.
Ähnlich traurig war die Lage
Im Mäuselager. „Wehgeschrei und Klage“,
Sprach Brotnager, „ist eine Sache
Für Memmen, unser Stil ist Rache“.
Dann griff das Heer zu Axt und Keil
Und fällte Holz mit Säg und Beil.
Indes räumten auch die andern auf.
Die Helden, die im Schlachtverlauf
Für Reich und Rex hatten ihr Leben
Mutig streitend hingegeben,
Wurden zwecks Bestattung schnell
Eingesammelt rationell.
Maus um Maus kam angelaufen
Mit Leichen für den Scheiterhaufen.
Nagezahn ein Grenadier,
zog mit einer Faust gleich vier
Am Schwanz, so war es nicht so schwer,
Hinter sich zum Feuer her.
Maus Erdmann schleifte eine bleiche
Mausetote Mäuseleiche
Auf dem Rücken brav heran,
Auf dass man sie bestatten kann.
Zwei Meter vor dem Scheiterhauf‘,
Macht die Maus die Augen auf
Und fragt den Totenträger schrill,
Was der von ihrem Schwänzchen will.
Maus Erdmann darauf fassungslos,
Ließ sofort das Schwänzchen los.
„Was machst du da für blöde Sachen“,
Sprach er zur andern voller Wut.
„Wollt Feuer untern Hintern machen
Dir just gerade. Ist nur gut,
Dass Du zuvor bist aufgewacht;
Sonst hätte ich Dich umgebracht“.
„Ach was, ich habe dich geprellt“,
Sprach der: „Ich hab mich tot gestellt,
Weil ich zwei Frösche hab gesehen.
Doch Gott sei Dank ist nichts gescheh‘n“.
Und dann fuhr er fort gereizt:
„Morgen wirst auch du verheizt.
Dem König ist das Volk egal,
Er benötigt einen Sieg;
Drum jagt er morgen noch einmal,
Uns alle wieder in den Krieg.
Ich hab schon längst die Nase voll.
Weißt du denn, was der Blödsinn soll?“
So fragte er den Kameraden.
„Dem ganzen Volke wird er schaden.
Die Frauen sind allein zu Haus
Und weinen sich die Augen aus,
Während wir im Felde sterben.
Wer soll unser Heldentum vererben,
Im Blut den Söhnen weitergeben,
Wenn wir Heroen nicht mehr leben?
Die besten Krieger starben schon,
Für den blöden Königssohn.
Was wäre, wenn es dich getroffen
Hätte an statt von Bröseldieb
Und Du im See wärst abgesoffen?
Kein Wort vom König nicht ein Piep
Hätt er zu deinem Tod verloren.
Keiner von uns bleibt ungeschoren,
Wenn morgen er, weil’s ihm behagt,
Uns wieder auf das Schlachtfeld jagt.
Er opfert uns für seinen Streit
Den er mit den Fröschen hat.
Ich bin dazu nicht mehr bereit.
Ich sag’s wie’s ist, auch als Soldat.
Ich bin gegen diesen Krieg!
Erstens, weil wir ihn verlieren!
Zweitens, was brächte uns ein Sieg?
Wer sollt‘ das neue Reich regieren
Das wir hinzugewönnen dann?
Was wollen wir mit einem Teich
Wenn keiner von uns schwimmen kann?
Schon jetzt ist viel zu groß das Reich
Um seine Grenz mit Wall und Hecken
Wie sich’s gehörte abzustecken.
Und außerdem, ich bin ein Christ
Und als solche Pazifist,
Der obwohl ich hab viel Mut,
Keiner Fliege etwas tut.
Übrigens, mein Nam‘ ist Quäker.
Was ich sag ist kein Geschäker.
Ein Pazifist bei uns zu sein
Bringt wenig Anerkennung ein.
Doch glaube mir aus gutem Grund,
Steh ich für Frieden ein profund.
Mit Feigheit hat das nichts zu tun,
Vielmehr ist es pragmatisch
Und weise, da gibt’s kein Vertun,
Doch meistens problematisch.
Es ist im Krieg nicht populär,
Sich quer zu stell’n beim Militär.
Auch schätzt man’s nicht, wenn ungefragt
Dem Feldherrn man die Meinung sagt.
Doch was zu tun ist, muss man tun.
Ich geh noch heute zum Tribun
Und mach ihm deutlich, dass die Rache
Für Bröseldieb ist seine Sache“.
Quäker immer mehr in Rage,
Fuhr fort: „Es ist eine Blamage
Für die ganze Mausarmee.
Die Herren mit dem Portepee,
Kriechen dem König sonst wohin,
Mit dem schäbigen Hintersinn,
Dass der Herrscher sich nicht ziert
Und sie weiter finanziert.
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Wird fortgesetzt
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