Sonntag, 23. Januar 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 2-2

Jetzt wurd‘ auch Erdmann langsam bös.

„Wahrlich, die Sach‘ ist skandalös“,

Gab zornig er dem andern Recht.

„Und sie verdienen gar nicht schlecht

Am Kriege, der zu nichts sonst nützt

Als dass er die Korrupten stützt.

Doch glaub ich, dass es nicht viel bringt

Wenn wir zum König geh’n und klagen.

Er will den Krieg ja unbedingt

Und wird uns aus dem Lande jagen,

Wenn Vorwürfe in Führungssachen,

Wir ihm dem Mausvolkführer machen.

Und außerdem“, sprach er vertrackt,

„Die Brüder sind so abgeschmackt,

Sie werden uns für dumm verkaufen

Und unsre Meinung unterlaufen.

Auch stimmt der alte Spruch exakt,

Dass eine Kräh der andern hackt

Kein Auge aus: Du wirst es sehen;

Wenn wir zu protestieren gehen,

Wird Meuterer man uns gleich heißen

Und sofort in den Kerker schmeißen“.

Maus Quäker gab zur Antwort drauf:

„Das nehmen mutig wir in Kauf.

Wenn wir’s nicht tun, fängt keiner an;

Mach mit, sonst sind wir schuld daran,

Dass unser Volk wird umgebracht

In dieser blöden Völkerschlacht“!

„Du hast recht“, sprach Erdmann da.

„Wir riskieren den Eklat!

Wenn die Generalität

Von morgens früh bis abends spät,

Den König damit neu bekniet,

Dass er erneut zu Felde zieht,

Hat unser einer auch das Recht,

Was zu tun fürs Mausgeschlecht.

Lass uns beide in Union,

Gegen die Administration

Anmarschieren zu bewegen,

Zur Aufgabe die Kriegsstrategen.

Die sind mit Dummheit all geschlagen.

Für sie die Haut zu Markte tragen

Wär die größte Narretei.

Wir machen davon uns nun frei.

Auch ein Soldat muss es mal wagen,

Seine Meinung dem zu sagen,

Dem er zur Seite steht loyal.

Wenn zu feig der General,

Muss der Gefreite eben ran.

Besser einmal falsch getan,

Als unser kostbar Mäuseleben

Im Rachefeldzug hinzugeben.

Besser mal den Adel schelten,

Denn als Speichellecker gelten.

Besser ein verächtlich Lachen,

Als allen Unsinn mitzumachen.

Besser mal ein Wort riskieren,

Als linientreu zu apportieren.

Besser `nen Orden abzulehnen,

Als zuzujubeln dümmlich denen,

Die warten auf den Volksapplaus,

Weil auf den Endsieg sie sind aus.

Wir wissen doch, das geht oft schief,

Weil der, der zu den Waffen rief,

Oft so verblendet ist im Hass

Und weiter schöpft aus einem Fass,

In dem er vermutet noch sein Heer,

Obwohl es lange schon ist leer.

Besser man legt die Waffen nieder

Und kehrt nach Hause lebend wieder,

Als tapfer weiter zu marschieren

Und mit Hurrageschrei verlieren.

Besser für des Volkes Wohl,

Umzustürzen das Idol,

Als ja zu sagen, weil es Brauch

Und günstig für den eig‘nen Bauch.

Besser im Gefängnis frieren,

Als das Spiegelbild verlieren,

Das man bisher hie und da,

Mit stolzen Blicke morgens sah

Wenn man sich den Bart gestutzt.

Schweigend ertragen keinem nutzt.

Besser die Meinung vorher sagen,

Als sie dem Unheil nachzutragen.

In diesem Sinn“, sprach Erdmann nun,

„Lass uns unsre Pflicht jetzt tun“!

So kam es, dass wie Musketiere,

Die beiden stolz mit dem Rapiere

Umgeschnallt, bei Hof erschienen

Um friedlich ihrem Volk zu dienen.

Als Erstes fragte man sie dort

Was sie denn bei dem Rapport

Wichtiges zu melden hätten.

„Wir wollen die Armee erretten,

Bewahren sie vor ihrem Fall“,

Sprach Quäker zum Oberfeldmarschall.

„Und außerdem“, sprach Erdmann weiter,

„Sind wir zum Frieden Wegbereiter,

Wir haben gestern nach der Schlacht,

Lang bei den Opfern zugebracht.

Da erkannten wir spontan:

Es leidet stets der Untertan

An dem was oben wird verbrochen.

Kein General wurd‘ je erstochen

Der an des Königs Tafel saß

Und sein Brot bei Hof‘ nur aß.

Der Adel ganz noblesse oblige

Hält vornehm sich zurück im Krieg.

Dieses Morden im Felde ist ein Wahn!

Warum macht ihr denn keinen Plan,

Der den Frieden uns erhält?

Uns scheint es fast, dass euch gefällt

Was ihr mit uns da unten treibt.

Solange ihr am Leben bleibt

Berührt euch das, so scheint es mir,

Am Rande nur, bei Hofe hier.

Es muss ein End noch heute Nacht

Haben, bevor die nächste Schlacht

Morgen früh beginnen kann.

Wo ist der König, der Tyrann“?

„Hier bin ich“, klang es hinter ihm.

„Was habt ihr gegen mein Regime“?

Fragt die Stimm‘ aus Richtung Thron.

Dort saß der König in Person.

Er hatte schon das Nachthemd an

Und wirkte ganz wie ein Galan

Der aus Höflichkeit erblüht,

Um eine Dame sich bemüht.

„Der wollte grad zur Königin“,

Schoss es den beiden in den Sinn,

Indem sie artig, ritterlich,

Verneigten vor dem Herrscher sich.

Dann hat Maus Quäker elegant,

Sich an seine Majestät gewandt.

„Erlauchter Schinkenklauber du,

Sei uns wohlgesinnt, hör zu.

Wir kommen zu so später Stunde,

Zu dir nur aus dem einen Grunde,

Zu warnen Eure Majestät,

Vor dem Krieg, bevor’s zu spät.

Wir wollen fragen auch warum

Ihr das Mausimperium,

Aufs Spiel setzt, eines Toten wegen?

Rachelust bringt niemals Segen!

Und Bröseldieb, dein lieber Sohn,

Das weißt du selbst, hat nichts davon,

Weil er im Grabe nicht mehr sieht

Was seinetwegen nun geschieht.

Um Frieden zu stiften kamen wir.

Nur deshalb sind so spät wir hier.

Weil es wichtig uns erscheint,

Zu verhandeln mit dem Feind,

Bieten wir euch hier spontan

Unseren Dienst als Herold an.

Wir sollten mit König Pausback reden

Um zu beenden diese Fehden

Die uns in Nord und Süd, in West und Osten

All auf dem Feld das Leben kosten.

Besser auf Vertrauen bauen,

Als sich auf die Klauen hauen“!

„Ja, ja“, sprach müde da der Rex,

„Das kenn ich alles, Lukas, sechs.

Dort steht, was keiner kann recht fassen,

Tut Gutes, jenen die euch hassen,

Halt hin auch deine andre Wange

Und sei vor keinem Fausthieb bange.

Ja, ich schätze Gottvertrauen,

Doch wer die Bibel will verdauen;

Wer jeden Satz draus will versteh’n,

Der muss schon ganz genau hinseh’n“.

„Und“ fährt er fort, „welch Religion,

Gibt zurück mir meinen Sohn,

Den Pausback, der Schuft ermordet hat?

Rache will ich für die Tat“!!!

Maus Erdmann schüttelte den Kopf,

„Lassen wir den alten Zopf.

Besprechen wir das Ungemach

Welches morgen tausendfach,

In der Schlacht mit Höllenpein,

Auf das Mausvolk bricht herein.

Majestät, wir fleh’n sie an,

Verwerfen sie den Angriffsplan.

Ich weiß, die Generale sagen,

Dass der Feind wär leicht zu schlagen.

Das Gleiche behauptet die Generalität

Des Feindes auch indem sie rät

König Pausback ohn‘ zu zagen

Eine neue Schlacht zu wagen.

Wir trauen diesen Schurken nicht

Und ihrer Augenwischerei.

Hier ist der wahre Frontbericht,

Wir haben ihn dabei.

Bitte Hoheit, seh’n sie hier,

Die Verluste auf Papier.

Gestern in der ersten Schlacht

Wurden schon massig umgebracht.

Zwei Millionensiebzehn Helden,

Starben unter schlimmer Qual.

Als Verletzte sind zu melden,

Drei Millionen und ein General“.

„Der Letzt‘re überlebt bestimmt“,

Sprach Quäker vorlaut, arg ergrimmt.

„Der hat, als er sich dünn gemacht,

Sich den Schwanz verrenkt im Schacht,

Durch den er sich verdrücken wollte.

Leider entkam er der Revolte,

Die ein Mauser angezettelt hatte

Als er feige Stabsdienstratte

Ohn‘ dass ein Gegner ihr kam nah

Hals über Kopf entfliehen sah“.

„Interessant, hoch interessant,

Das war mir bisher nicht bekannt“,

Sprach der König, “doch zur Lage:

Ich verstehe eure Klage

Und stimm‘ euch zu, dass Krieg und Zwist,

Auf Dauer keine Lösung ist.

Ich reich zum Frieden gern die Hand,

Doch erst wenn ich als Unterpfand,

Nach der Schlacht und Niederlage,

Pausback in meinen Händen habe,

Um ihn aus der Welt zu schaffen

Mit eigner Krallenhand ohn‘ Waffen.

Erst danach werd ich Frieden schließen.

Ihr seht, ganz ohne Blutvergießen.

Geht es im Leben manchmal nicht.

Und auch im Politikgefecht,

Kommt man mit Nachsicht nicht zurecht.

Da muss man schon mal herrschereigen,

Dem andern auch die Zähne zeigen,

Sonst würde man am Ende gar verlacht.

Gefühle sind da nicht angebracht.

Wer die Macht, wie ich, in Händen hält,

Muss wehren sich, weil er sonst fällt.

Ihr seht, ich kämpfe für den Thron,

Und nicht aus Rache für den Sohn,

Welchen Pausback umgebracht.

Ich schlag zurück mit aller Macht,

Die mir zur Verfügung steht“!

„Und wenn es in die Hose geht?

Was dann, wenn wir die Schlacht verlieren,

Und in Gefangenschaft marschieren?

So frage ich als kleiner Mann,

Sprich Herr König, was ist dann“???

Quäker zornig und in Rage,

Sprach zum Herrscher: „Noch ‚ne Frage.

Was geschieht mit deinem Reich,

Wenn die Frösche dich im Teich

Morgen ertränken, so wie deinen Sohn,

Wer kämpft, frag ich, dann um den Thron?

Majestät, wir bitten sie.

Retten sie die Monarchie.

Bleiben sie im Bette morgen.

Sparen sie sich all die Sorgen,

Die eine Schlacht, wenn sie misslingt,

Nach sich zieht und mit sich bringt“!

Quäker und Erdmann schonungslos,

legten ihre Meinung dar.

Der Mäusekönig fassungslos

Nahm wie im Traume es nur wahr,

Was die beiden Unverzagten.

Ihm nun im eignen Hause sagten.

Mutig platzierend jedes Wort

Fuhren die beiden zornig fort.

„Der Krieg hat lange Tradition.

Seit Anbeginn der Schöpfung schon,

Schlagen Völker sich die Köpfe ein.

Seit Abel seinen Bruder Kain

Aus Eifersucht hat umgebracht,

Wurd’ mancher Krieg und manche Schlacht

Auf unsrer Welt schon ausgetragen.

Doch wenn ich darf, dann möcht ich fragen,

Was hat das alles denn gebracht?

Neuen Hunger stets auf Macht!

Legt endlich eure Waffen nieder,

Sprecht mit den Nachbarn endlich wieder.

Machet auch den andern klar,

Dar neue Wort, make love not war!

Sagt es der Gemeinde.

Liebet eure Feinde!

Die Geschichte hat gelehrt,

Dass Kriege sind nicht lebenswert.

Kein noch so überleg’ner Sieg

Macht wett die Opfer, die im Krieg,

Das Volk zuvor, für sein Gelingen

Sterbend leidend musst erbringen.

Die Truppe, die ins Feld ihr führt,

Beim Gegner nur das Feuer schürt.

Auch wenn Ihr denkt ihr heizt ihm ein,

Wird reziprok die Wirkung sein.

Was nützt es wenn ihr Hass dort sät,

Wo morgen ihr als Majestät,

Vom Volk umjubelt wollt doch sein?

Glaub König uns, es bringt nichts ein,

Mit Krieg das Land zu überziehen.

Auch wenn die Frösche alle fliehen,

Werden sie einst wiederkommen.

Niemals wird es hingenommen,

Dass ein geschwänzter Okkupant

Herrscher wird im Froschteichland.

Neuer Streit ist programmiert.

Weil keiner gern sein Land verliert,

Wird sich das Froschvolk nicht bequemen,

Sondern furchtbar an uns Rache nehmen.

Drum raten wir, reicht eure Hand,

Dem Gegner aus dem Froschteichland.

Verzichtet endlich auf Gewalt,

Werdet gemeinsam lieber alt.

Lebt friedlich und in Harmonie

Zusammen mit dem Lurchenvieh.

Last ab von euerm Rachewahn;

Macht endlich einen Friedensplan,

Sonst ufert euer Zwist noch aus,

Bis ein Weltkrieg wird daraus.

Gestern bereits der Schlachtverlauf,

Deutete schon hin darauf,

Dass ihr mit eurer Angriffsmasche,

Legt die Welt in Schutt und Asche.

Was soll denn aus dem Manntier werden

Wenn es nur Schutt gibt noch auf Erden“?

Schrie Quäker mutig, voller Grimm:

„Noch niemals war ein Krieg so schlimm.

Ich musst‘ es am eignen Leib erfahren.

Die Frösche kamen an in Scharen.

In ihrer wilden Kampfesweise,

Fielen wir Mäuse dutzendweise.

Ich hatte Glück, elf Leichen lagen

Auf mir, ich konnt‘ es kaum ertragen;

Ich kam fast um, vor Atemnot.

Die Frösche dachten, ich wär tot.

Bewusstlos fand mich Erdmann so.

Ich bin ihm dankbar und so froh,

Dass rechtzeitig er noch erkannte,

Dass ich noch leb, mich nicht verbrannte!“

Der König ohn‘ jegliche Begeisterung,

Hatte gehört die Schilderung,

Der beiden Krieger beim Rapport.

Dann ergriff auch er das Wort

Und rief nach seinem Hofmarschall.

Der lies darauf die Wache kommen

Wie stets in einem solchem Fall.

Die hat die beiden festgenommen.

Gefesselt, Schwanz an Schwanz gebunden,

Geohrfeigt, geknebelt und geschunden,

Lagen sie nun vor dem Thron.

Der König grinste voller Hohn

Und sprach: „Nun hört mir beide zu:

Was ich plane ist ein Coup.

Der Krieg nach meiner Theorie,

Ist die beste Strategie

Um durch Einsatz schwerster Waffen,

Den Frieden endgültig zu schaffen.

Die Ideologie ist neu.

Ich bleib ihr noch bis morgen treu

Und führ die Schlacht, derart total,

Dass niemand mehr es wagt nochmal.

Ich weiß, Milliarden werden sterben.

Die halbe Welt stürz ich in Scherben

Um sie vom Morden zu befrei‘n.

Danach wird immer Frieden sein.

Der Schöpfer wird mich dankbar preisen

Als den Weisesten der Weisen

Der vom Übel hat die Welt befreit

Die er geschaffen seiner Zeit.

Die Menschheit wird mir zu Füßen liegen.

Nie wieder muss sie sich bekriegen.

Auf Denkmälern werde ich thronen.

In allen Ländern und Regionen

Rund um den Globus wird man mich

Und meine Taten ewiglich

Lobpreisen im Sonnen-und im Mondesschein.

In die Geschichte geh ich ein

Als der Rex, der mit dem Schwert,

Der Welt den Frieden hat beschert“!

Nach dieser Rede zog zurück,

Der König sich. Privates Glück

In den Gemächern nebenan,

Stand als Termin auf seinem Plan.

Was sich da hinter den Kulissen

Abspielte, lohnt nicht es zu wissen.

Im Thronsaal unterdessen trat

Die Garde auf gar rabiat.

Erdmann und Quäker, fortgezerrt

Brutal, wurden und eingesperrt.

In einem finstern Mauseloch,

sitzen sie wohl heute noch,

Irgendwo geknebelt stumm,

Inzwischen skelettiert herum.

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wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.