Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 8 – 46
Weiter im Krieg
die Götter zur Urne schritten
Die Frösche mit den Mäusen stritten.
Noch immer war im Kriegsgescheh’n
Das Ende längst nicht abzuseh’n.
Das Gegenteil, schien’s war der Fall.
Mord und Todschlag überall.
Die verfeindeten Parteien
Von ihrer Mordlust zu befreien
Wäre für Zeus mit eisernem Besen
Oder mit seinem Donnerkeil
Sicherlich nicht schwer gewesen.
Doch der im ob‘ren Weltenteil
Hatte mitten im Wahlkampf nun
Wesentlich wichtigeres zu tun
Als um den Frieden unten sich
Zu kümmern göttlich fürsorglich.
Obwohl er von oben alles sah,
Was auf dem Schlachtfelde geschah,
Griff er nicht ins Geschehen ein.
Er wollt gewählt erst wieder sein!
Das war die Lage: In der Schlacht
Wurde weiter umgebracht.
Schlammig Schlickner auf der Lauer
Erwischte den edlen Wursthautkauer.
Der hatte sich im Busch verirrt.
Nie wieder war er so verwirrt.
Schlammigs Lanze durch den Helm
Drang unverhofft dem Mäuseschelm
Von oben in die hohe Stirn.
Urplötzlich fuhr ein jähes Stechen
Ihm durch die graue Schädeldecke
Bis hinein ins Denkerhirn.
Zu spät noch ein Gebet zu sprechen,
So schnell bracht Schlickner ihn zur Strecke;
Erbarmungslos von einem Ast
Aus stach er zu. Es hat gepasst.
Ein andrer Frosch `ne andre Maus
Suchte sich als Gegner aus.
Er, Dendrobates Hupps vom Moor
Nahm sich den Giftmüllwühler vor
Welcher ihm mutig, unbeugsam,
Und kampfbereit entgegenkam.
Hupps, die Lanze stichbereit,
Mutig in mannhafter Tapferkeit,
Mit wehendem Busche auf dem Helm
Traf in den Arm den Pelztier-Schelm,
Dass dem sein Schwert im hohen Bogen
Aus seiner Schlaghand ist geflogen.
Der zweite Stich saß voll im Leibe.
Durch des Lederschildes Scheibe
Drang er der Maus ohn‘ jeden Lärm
Mitten hinein ins Giftgedärm.
Der Dickdarm welcher übervoll
Seit langem war, ihr überquoll.
Es stank bestialisch: Giftmüllwühler
Selbst verwundet noch ein kühler
Soldat mit frischem, klarem Geist
Dacht sterbend mit verkniff’ner Mine,
Was bei `ner Maus, sie schiss grad, heißt;
„Wäre ich doch zur Latrine
Vorhin als ich das Verlangen
Hatte lieber hingegangen.
Hätte in Ruhe ich geschissen
Wär jetzt mein Dickdarm nicht zerschlissen.
Hätte ich mir Zeit genommen
Wär es nicht zum Kampf gekommen.
Hätt ich auf meinen Bauch gehört,
Dann wär mein Fell jetzt nicht zerstört.
Übereifer schadet nur.
Warum war ich denn bloß so stur
Und hab‘ die Blähung nicht beachtet,
Als nebensächlich sie betrachtet.
Hätte ich sie ernst genommen
Wär es nicht so weit gekommen.
Es sind die kleinen Dinge eben,
Die man beachten muss im Leben“!
So dacht die Maus ein letztes Mal
Bevor sie Gott Hades sich empfahl.
Zwei andre Graue, auch im Pech
Schnappten die Brüder Lauchgrün frech.
Mit dem eignen Schwanz gebunden
Verspottet, gepiesackt und geschunden
Mussten sie viel Leid ertragen.
„Du sollst die Wahrheit endlich sagen
Du verfluchtes Mäuseluder“
Schimpfte der eine grüne Bruder
Proletenhaft und nicht grad fein,
Auf Maus Wurzausgräber ein.
Dann schnitt er ihr die Ohren ab;
Worauf sie ihm zur Antwort gab:
„Du blöder Hüpfer, du saudummer,
Mehr als meine Feldpostnummer
Wirst du nicht von mir erfahren.
Du kannst dir die Fragerei ersparen“!
Nun drohte ihr der grüne Mann
Den Verlust des Schwanzes an.
Da brach es dann aus ihr heraus:
„Ich bin in Mausula zu Haus.
Mit all den andern im Verein
Zog man mich zum Kriegsdienst ein.
Erst kam ich zur Bürgerwehr.
Seit gestern diene ich im Heer.
Mehr weiß ich nicht; als graue Maus
Erfuhr ich nichts. Ich hab ein Haus,
Siebzehn Kinder und `ne Frau.
Bei uns im Dorf herrscht große Not.
Die meisten Männer sind schon tot.
Mir geht’s im Grund wie dir genau.
Man hat mich an die Front gezwungen.
Zu Hause hungern meine Jungen.
Mein Weib, die hübsche kleine Maus,
Weint sich ohn‘ mich die Augen aus“
So hörte der Frosch den Krieger klagen.
„Ich kann auf deine weit’ren Fragen
Dir wirklich keine Antwort geben“.
„Das kostet dich dein Mauseleben“
Schrie der andre zornig, „Du
Dummes Vieh“. Dann stach er zu.
So kam Maus Wurzausgräber um.
Ihr Kumpel Grabenflüchter stumm
Hatte der Mordtat zugeseh’n.
Ihr sollte noch Schlimmeres gescheh’n.
Neben ihren hübschen Ohren
Hat sie den Schwanz auch noch verloren.
Dann traf es sie: Ein schriller Schrei,
Dann war es auch mit ihr vorbei.
Die Mörder sahen sich grinsend an:
„Wir sterben alle irgendwann“
Lachten sie. „So ist das eben.
Ein schnelles Sterben ehrt das Leben.
Vivere militare est!
Das Leben ist kein Freudenfest“!
Die beiden lauchgrünen Brüder lachten:
„Bevor wir weit’re Mäuse schlachten“
Sprach der jüngere der beiden
Zum großen Bruder höchst bescheiden.
„Sollten wir dem Hauptmann sagen
Was sich hier hat zugetragen,
Sonst gibt es später für das Morden
Für uns wieder keinen Orden
So wie sie es nach der letzten Schlacht
Haben wohl irrtümlich mit uns gemacht.
Gesagt, getan, wie vorgeschlagen,
Wurd‘ es dem Hauptmann zugetragen.
Der griff, so war’s inzwischen Masche,
In seine rechte Hosentasche
Und heftete sofort sodann
Den beiden neue Orden an.
Feierlich sprach er dabei:
„Wenn der Krieg ist erst vorbei
Werde ich es Pausback melden.
Er wird wie alle andren Helden
Einladen euch zum Siegesfest.
Dort bekommt ihr dann den Rest
Der euch zusteht als Soldat;
Lebenslang Pension vom Staat.
Doch nun kämpft weiter ohne Schiss;
Des Königs Dank ist euch gewiss.
Die beiden derart motiviert
Und mit Orden ausstaffiert,
Warfen sich sofort spontan
Ins nächste Gefecht mit neuem Elan.
Doch ist ganz anders es gekommen
Als man es sich hat vorgenommen.
Ein Maustrupp hat die zwei gestellt
Und um die Pension geprellt.
Vom Feinde derart aufgerieben
Sind tot im Felde sie geblieben.
Ihre Frauen, dolce far niente,
Verprassen nun die Witwenrente
Und legen dankbar hin und wieder
Ein paar Blumen für sie nieder
Am Grabe ihrer Froschsoldaten
Als Dank für ihre Heldentaten.
Im Hades unterdessen fluchten
Ihre Seelen denn ihnen ging es schlecht:
„Pausback soll sich dümm‘re suchen;
Uns ist der Krieg zu ungerecht.
Für König, Volk und Quakerland
Unser eins im Felde stand“
So hörte man die beiden klagen
„Die Haut haben zu Markt getragen
Wir im Krieg und Schlacht für Schlacht
Uns für das Volk verdient gemacht.
Die andern die zu Hause saßen,
Weil sie betucht und ehrenwert,
Unsere Rationen fraßen
Und jeden Abend zum Konzert
Gingen am heimatlichen Teich
Und schamlos feierten dort Laich.
Sie, die auf unser Wohl anstießen
Und dann die Puppen tanzen ließen
Während wir zum Sieg entschlossen
Für Pausback unser Blut vergossen;
All die dreisten Zivilisten
Die vom Kriegsdienst sich verpissten,
Bringen heute Lurch für Lurch
Oben unsre Rente durch
Die an der Front wir uns erstritten.
Das ist gegen alle guten Sitten.“!
So fluchten im Hades voller Zorn
Die lauchgrünen Seelen: „Könnt von vorn
Dort oben ich nochmal beginnen
Würd ich mich darauf besinnen,
Das vom Krieg der kleine Mann
Niemals profitieren kann.
Dem Kriegsdienst würd ich ohne Zagen
Mich verweigern“! „Nein zu sagen“
Ergänzte die andere, zu Krieg und Schlacht,
Ja das wär wirklich angebracht!
Ich würde Pausback laut verkünden:
Sorry Sir, aus religiösen Gründen
Und aus Gründen meiner Ehr
Töte ich für Dich nicht mehr.
Wenn niemand ginge zur Armee,
Dann wär der Krieg schon längst passee.
Wenn niemand griffe mehr zum Schwert
Dann wär es oben lebenswert“!
So unterhielten sich die beiden.
„Lieber hier ein bisschen leiden
Als nochmal für Pausback in die Schacht!
Was hat das Morden denn gebracht“?
So fragte die ältere die junge.
Die Seele mit einem Flügelschwunge
Hob vom Boden ab und sprach:
„Klug wird man immer erst danach.
Hätte vorher jemand mir
Gesagt, dass ich muss schmoren hier
Bis meine Sünden sind gesühnt
Zu denen mich hat der Krieg erkühnt,
Dann hätte ich auf Erden oben
Für Pausback keine Hand erhoben.
Während man so diskutierte
Im Hades, in der Feuerglut,
Oben ein Fröschlein aufmarschierte
Mit Schild und unverzagtem Mut.
Sein Name Peacefrog war Programm.
Frieden war nebst Schlick und Schlamm
Das Wichtigste für Ihn. Das Leben
Sinnlos im Kriege hinzugeben
Ist Sünde. Eine Maus zu töten
Für den Sold von ein paar Kröten
Ist grober Unfug, denn auch Nager,
Selbst wenn sie aus dem Gegnerlager
Stammen, hängen sehr am Leben.
Aus diesem einfachen Grunde eben
Setzte er sich ganz entschieden
Gegen Mord ein. Für den Frieden
Demonstrierte er der Christ
Couragiert als Zivilist.
Mit einem Pappschild in der Hand
Worauf der Satz geschrieben stand
Den alle im Felde lesen sollten.
Obwohl es die nicht wissen wollten
Marschierte mutig kreuz und quer
Zwischen jenen er umher.
„Soldaten sind Mörder“- Ein Brecht-Zitat!
„So was nennt man Hochverrat“
Schrie der erste Frosch empört.
Fast alle hat das Schild gestört.
Mancher dachte: „Berthold Brecht
Hatte ja im Grund genommen Recht“!
Doch offen dieses zuzugeben
Wollte keiner der Epheben.
Im Gegenteil, wie das so ist,
Schrie einer plötzlich „Kommunist,
Du verdammter Volksverhetzer.
Schnappt ihn den verdammten Ketzer“!
„Steinigt ihn den Hochverräter“
Plärrten die andern aufgebracht.
Ein anonymer Attentäter
Hat, was sie forderten gemacht.
Der Peacefrog starb, er hat sein Leben
Der Überzeugung hingegeben,
Dass Mord bleibt Mord, auch wenn die Tat
Ein König im Wahn befohlen hat.
Der Gute blieb ermordet liegen.
Landser und Offiziere schwiegen
Betreten einen Augenblick
Als den Braven sie beim Nahen
Tot nebst seinem Schilde sahen.
Doch dann fügten sie sich dem Geschick
Das ihnen der Krieg hat aufgezwungen.
Sie kämpften weiter notgedrungen
Denn sich ihm zu verweigern hieß
Dass Pausback sie erschießen ließ.
Frosch Sumpfpatschrich vom Wasser aus,
Stieß seine Lanze einer Maus
Die mit `nem Wurfbeil in der Hand
Ausholend am Ufer stand,
Ohn‘ jede Gnade in ihr Fell.
Sie brach zusammen auf der Stell‘.
Doch tot war sie noch lange nicht.
Der Frosch aufs Töten nur erpicht,
Zog deshalb übers linke Knie
Schnell und geschickt ins Wasser sie.
Dort hat er sie so lang getaucht
Bis sie blasser wurd‘ und blasser
Ihr Mausleben hat ausgehaucht.
Sie läg‘ noch heute dort im Wasser
Wäre nicht der Hecht gekommen
Und hätt sich ihrer angenommen.
Ja im Kriege die Interessen
Sind unterschiedlich. Aufgefressen
Machte den großen Fisch sie satt
Während manch kleiner Mann gehungert hat.
Im Streit am sumpfigen Poggenmoor
Tat Brettscher sich indes hervor.
Er hatte mit dem Schwert ohn‘ Herz
Einem Mauser Kopf und Sterz
Im Zweikampf zornig abgeschlagen.
Als Souvenir nach Hause tragen
Wollt‘ er die Sachen. Aufgespießt
Trug er den Schädel auf dem Speer,
Das Schwänzchen in der Hand daher.
Da hat ein Mäuschen ihn verdrießt
Das der Waldkauz in der Nacht
Hatte um ihren Stolz gebracht.
Ohne Schwanz das arme Ding!
Die Sache ihm zu Herzen ging.
„Hallo du süße kleine Maus“
Rief er der Kleinen sogleich zu,
Nimm diesen Schwanz, den geb‘ ich aus,
Und etwas Spucke noch dazu.
Komm her ich kleb ihn dir gleich an“.
„Du bist der erste grüne Mann“
Sprach sie zu ihm mit frohem Mut,
„Der etwas Gutes für mich tut“.
Sie bückte sich: Da stach er zu.
Es war ihr letztes Rendezvous
Dass sie mit einem Grünen hatte.
Brettscher, die hinterhält’ge Ratte
Ist später dann im Krieg gefallen.
Ein Maussoldat mit scharfen Krallen
Hat ihn, als er schlief bei Nacht
Hinterhältig umgebracht.
Auf dem Schlachtfeld bei den Tieren
Kamen die die guten Kampfmanieren
Von einst nun allesamt abhanden.
Aus Soldaten wurden Mörderbanden.
„Die Schlacht ist auf dem Höhepunkt“
Hat Hüpper Höppekrötsch geunkt.
Da wurd er senkrecht in der Mitten
Von einem Schwerte durchgeschnitten.
Das letzte was er dachte war:
„Was ist mir plötzlich sonderbar“!
Um den Gedanken festzuhalten
War er längst zu sehr gespalten.
Mit offenen Augen, blutverschmiert
Lag er da und ist krepiert.
Manchen hat es noch erwischt!
Wie es Homer uns aufgetischt
Schwarz auf weiß und Blatt für Blatt
Vom Krieg in der Ilias hat,
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So berichte froh und heiter
Ich in der nächsten Folge weiter.
wird fortgesetzt
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