Samstag, 6. August 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 28

Der totale Krieg


achdem

er ein Gebet gesprochen

Hat er sich im Schilf verkrochen

Um ein Nickerchen zu machen.

Gar fürchterlich war das Erwachen.

Zwei Mäus rissen ihn aus seinem Traum

Welchen er träumte grad vom Heimatteiche

Und von seiner nächsten Laiche.

Sie zerrten ihn zum Riedgrassaum.

Dort haben sie den Frosch belehrt.

„Diesmal ist es umgekehrt.

Nun bist du’s, der sterben muss.

So wie im Hades Tantalus,“

Fluchte die eine von den beiden,

„Sollst du Höllenqualen leiden“.

„Doch vorher“, sprach die andre Maus,

Spuckst du all dein Wissen aus.

Erzählst uns alles was du weißt

Über euch Frösch‘ und wie du heißt“.

„Mein Nam‘ ist Bogrill“ log der Grüne.

„Mein Vater Goliath ist ein Hüne“.

Wenn Papa euch am Teich erwischt

Er euch derart das Fell verdrischt,

Dass ihr im Leben niemals wieder

Mir verrenkt, wie jetzt die Glieder.

Mein Alter ist in unserm Teich

Der stärkste Frosch im ganzen Reich

Und mit dem König gut bekannt,

Welcher Pausback wird genannt.

Der General von Unkenschluder

Ist mein hochverehrter Bruder.

Er ist neben meinem Vater

Pausbacks treuster Kriegsberater.

Von ihm stammt auch der Aufmarschplan

Nach welchem das Frosch-Heer momentan

Von Westen vorrückt, kampfgesinnt.

Bevor die Invasion beginnt,

Lasst mich noch ein letztes sagen.

Wir werden alle Euch erschlagen.

Bevor die Sonne sinkt ins Meer

Ist vernichtet euer Heer.

Nie wieder wagt ihr aufzumucken;

Auf ewig tragt ihr unser Joch“;

Pfützner hörte beide schlucken,

„Wenn ihr mir die Freiheit gebt,

Versprech‘ ich, dass ihr überlebt.

Ich red‘, bevor‘s für euch zu spät,

Mit Pausback. Seine Majestät

Hört auf mich. Ich könnt mir denken,

Dass er das Leben würd euch schenken“.

„Halts Maul du blöder, nasser Frosch“

Fluchte da die eine Maus,

„Sonst stopf ich dir die breite Gosch

Und schlage Dir die Zähne aus“.

Und die andre fügte an:

„Du blöder Hetsch, du Missgestalt,

Denk dran du grüner Hampelmann,

Du bist in unserer Gewalt.

Bevor du stirbst noch eine Frage:

Wie ist bei euch die Nachschublage“?

Pfützner überlegte; dann,

Nachdem er lange sich besann

Sprach er: „Danke die Verpflegungslage

Ist gut dank einer Mückenplage.

Wir haben alle satt zu essen!

Bei euch, so scheint mir unterdessen,

Wird die Verpflegung langsam knapp.

Am Ende macht ihr alle schlapp.

Unser Volk hat Fleisch stets frisch

Auch im Kriege auf den Tisch.

Im Tornister für den Sturm

Hat jeder von uns einen Wurm“.

Die beiden Mäuse waren platt.

Der Frosch ergänzte: „Ich bin satt,

Schau“, sprach er, „dort jene Mücken

Würd‘, hätte Hunger ich, verdrücken.

Wir mussten uns noch nie beklagen,

Haben stets `nen vollen Magen,

Denn Falter, Spinnen wie auch Bienen

Sind fett und reich an Vitaminen.

Übers Essen gibt’s kein Murren.

Wir haben alles was wir wollen“.

Er hörte ihren Magen knurren

Und sah sie mit den Augen rollen.

Deshalb führte er schnell weiter aus:

In unserem Kühl-und Speicherhaus

All die leck‘ren Sachen liegen

Wie Asseln, Maden, Käfer, Fliegen.

Selbst Mäuse in Gefangenschaft

Bekommen Reisbrei, Speck und Gerstensaft“.

„Euren Kriegern“, fuhr er fort,

„Geht es weitaus besser dort

Als Kriegsgefangener im Lager

Als Euch; Keiner ist, wie ihr so mager“.

„Wenn ihr also Hunger habt“,

So hat er weiter dann gesagt,

„Dann lasst mich frei und kommt mit mir.

„Was wollte ihr weiter darben hier?

Bei uns, in Froschheim um die Ecke

Lebt wie die Maden ihr im Specke.

Heute Abend euer Land

Ist sowieso in unsrer Hand.

Also beeilt euch, lasst mich frei

Sonst endet ihr in Sklaverei“!

„Du gerissener grüner Hund

Machst uns wässrig hier den Mund“

Schrie die eine von den beiden:

„Lieber will ich Hunger leiden

Als dich hier wieder frei zu lassen“.

Die andre drauf: „Das könnt dir passen,

Uns mit Worten zu verhöhnen.

Das werden wir dir abgewöhnen“.

Dann bogen beide sie durch Drücken

Ihm die Arme auf den Rücken

Dass er wie am Spieße schrie.

„Wir bringen dich zur Kompanie

Und stellen dich dem Hauptmann vor

Oder Rattimauser dem Major“.

Gesagt, getan, so wurd‘s gemacht.

Gefesselt ward er hingebracht.

Der Hauptmann sprach zum Frosch: „Dein Bruder,

Der General von Unkenschluder

Hat den Plan für diese Schlacht,

Wie du berichtet hast, gemacht

Und wie ich hör, warst du dabei.

So bitt ich dich, geh ins Detail

Doch ein kleines bisschen mehr

Und berichte mir beizeiten

Daraus nun die Einzelheiten.

Wie viel Mann hat euer Heer“?

Rattimauser der Major

Setzte das Messer ihm ans Ohr

Und quietschte sichtlich mit Vergnügen

„Wage nicht uns zu belügen.“

Frosch Pfützner, trotz der schlimmen Lage,

Mit Feingefühl und viel Gespür

Setzte an zur Gegenfrage:

„Und was bekomme ich dafür“?

Rattimauser, der Major

Setzte erneut den Dolch ans Ohr;

Indes der Hauptmann mehr bedacht,

Versprach, „die Freiheit nach der Schlacht“.

Pfützner dachte, „In der Patsche

Ist es besser wenn ich quatsche“!

Da fiel ihm Santoianni ein.

„Das“ dacht er, „könnt die Lösung sein“!

Begeistert war er einst gewesen

Als Francesco er gelesen.

Plötzlich erinnerte er sich

Und lachte schelmisch innerlich.

Was in dessen Buch beschrieben

Hat den Mäusen nun spontan

Er unter ihre Nas‘ gerieben

Als des Bruders Angriffsplan.

Dass in Wirklichkeit der Bruder,

Wie auch der Name Unkenschluder

War in der Not nur ausgedacht

Er ihnen nicht zur Kenntnis bracht‘.

Stattdessen, damit die Mäus erschrecken

Und in den Löchern sich verstecken,

Erzählte er den beiden was

Von Giften, Wasser, Feuer und von Gas.

„Wie die Menschen ihre Motten

Durch Pülverchen im Schrank ausrotten,

So plant General von Unkenschluder

`Nen Giftangriff mit Mäusepuder

Um euch alle zu vernichten“.

So hörten sie den Frosch berichten.

„Auch will er, aus den gleichen Gründen

Euer ganzes Land anzünden

Damit ihr allesamt verbrennt

Oder aus dem Lande rennt“.

Auch von Giftgas war die Rede.

Um zu siegen in der Fehde

Ist Pausback jedes Mittel Recht.

Strychnin-Häppchen gar kunstgerecht

Will eures großen Hungers wegen,

Man vor eure Löcher legen.

An dem was wir Euch da servieren

Wird euer ganzes Volk krepieren.

So manches was euch unbekannt

Wird noch im Angriffsplan genannt.

Jener in seinem ersten Drittel

Setzt ganz auf Maus-Vernichtungsmittel.

In seinem zweiten Drittel dann

Steht was man mit Feuer machen kann.

Ganz nebenbei erfährt man auch

Wie man umgeht mit dem Rauch,

Dass er durch eure Straßen zieht

Und keiner mehr von euch was sieht

Und ihr, weil euch die Augen brennen,

Hastig beginnt davon zu rennen,

Weil ihr sonst am Ende noch

Geräuchtert sterben würdet doch.

Im letzten Teil ist neben Gas

Auch Wasser aufgeführt und was

Damit ein kluger Mann

Im Kriege alles machen kann.

Die Mäuse standen wie gelähmt!

„Dass ihr Frösche euch nicht schämt

Solche Mittel anzuwenden“

Rügte Rattimauser der Major.

„Kommt ihr euch nicht schäbig vor“?

Pfützner erwiderte: „Verzeih,

Gas ist heut der letzte Schrei

Und Gift im Krieg gegen die Maus

Legten schon die Ägypter aus.

Im Papyrus Ebers steht

Genau beschrieben wie es geht.

Die Mäuse hörten zu ganz Ohr.

Da trug er Einzelheiten vor.

„man nehme von Nux vomica

Oder Scilla marittima,

Einer giftigen Zwiebelpflanze

Den Saft und koche auf das Ganze

Und setze es den Mäusen vor“.

Der Hauptmann spitze wach sein Ohr

Und während Major von Rattimauser

Legte seine Stirn noch krauser

Als sie ohnehin schon war

Fuhr Pfützner, innerlich gar heiter,

Äußerlich ernst, im Texte weiter

Und legte in Einzelheiten dar,

Was er im Band zu Maus und Ratte

Vor langer Zeit gelesen hatte.

„Auch Eberwurz, wenn es uns frommt

Als Gift gen euch zum Einsatz kommt.

In Öl mit Mehl schön angerührt

Es zum Essen euch verführt.

Den Magen sollt ihr euch verderben

Und wenn ihr satt seid alle sterben.

Auch Poleiminze, Mäusedorn

Mischt man unter euch ins Korn.

Mit Springwolfmilch und Rizinus

Vor euern Löchern zum Genuss

Ausgelegt wird man euch locken.

Ihr werdet auf dem Lokus hocken,

Mit Dünnschiss all und mehr Toxin

Als Ihr verkraftet, im Urin.

Ihr werdet in Euren Löchern sitzen

Und Blut anstatt von Wasser schwitzen.

Schwefel, ungelöschter Kalk, Arsen

Wird vor euren Türen steh‘n.

Mit all den netten, gift’gen Dingen

Wird man euch ums Leben bringen“.

Den Mäusen noch mehr Angst zu machen,

Erzählte Pfützner all die Sachen

Weiter nun aus zweiter Hand

Die er beim Italiener fand.

„Die Räude werdet ihr bekommen

Wenn ihr die Asche eingenommen

Von Eichenholz, die ungescheut

Man in eure Gänge streut.

Zinkphosphat und Warfarin

Wirft man euch zum fressen hin.

Damit ihr allesamt krepiert

Wird jedes Pulver ausprobiert.

Irgendwie wird es gelingen

Mit Gift euch alle umzubringen.

Aus unserm Giftmischer-Labor

Ging manche Mischung schon hervor,

Die für den Krieg als Waffe dann

Pausbacks Heer gut brauchen kann.

Eudrin- und Strychnin-Sulfat,

Castrix , Barium-Karbonat,

Schimmelpilze, Bockshornklee,

All das hat die Frosch-Armee

Um den Garaus euch zu machen

Und noch weitaus schlimm’re Sachen.

Tomorin und Dikumarol,

Kumchlorin und Kumaphenol,

Trioxyd, Natriumchlorat,

Sowie ein Wurzelpräparat,

Von einem Rhododendronstrauch,

Ist einsatzreif zum Kriegsgebrauch

Um das Mausvolk zu vernichten.

Ich könnt noch manches euch berichten

Jedoch will die Lust aufs Sterben

Ich euch nicht noch mehr verderben.

Doch eines muss ich noch erwähnen.

Die Augen werden euch all tränen“,

Fügte er an. „seit ein paar Tagen,

Ihr werdet es wohl nicht ertragen,

Wird Senfgas an die Front gebracht.

Um zu gewinnen diese Schlacht

Und auszumerzen euer Geschlecht

Ist Pausback jedes Mittel recht.

Senfgas, vom König hochgelobt

Hat der Gröfaz schon erprobt.

Doch unsere gar ehrenwerten

ABC-Waffen-Experten

Haben“, so sprach er zu Major,

„Mit euch noch weitaus Schlimm‘res vor.

Mit Phosphorwasserstoff `nem Gas,

Will man, nach allem was ich las,

Euer Volk zur Einsicht bringen

Und die Kapitulation erzwingen.

Falls das nicht klappt folgt ein Pogrom

Durch Bio-Waffen und Atom.

Wir haben all das einsatzreif“.

So endete der Redner steif

Und wartete, im Blicke Hohn,

Nun auf der beiden Reaktion.

Den beiden Mäuseoffizieren

War Pfützners Rede an die Nieren

Das konnte man deutlich seh’n, gegangen.

Mit zittriger Stimme und mit Bangen

Sprach der Hauptmann: „Die Froschnation

Hat die Genfer Konvention

Zum Scheine scheinbar und fingiert

Wie es sich zeigt nur ratifiziert.

Doch das wird euch schlecht bekommen.

Brotnager hat sich vorgenommen,

Krümeldieb den Sohn zu rächen.

Er wird seinen Schwur nicht brechen.

Nein, das wird er niemals tun!

Keine Maus wird eher ruh’n,

Kämpfend zum Äußersten beherzt

Bis euer Volk ist ausgemerzt“!

Von Rattimauser, der Major

Ergänzte: „Als Antwort werden Chlor

Wir in alle Flüsse gießen

Die zu euerm Froschteich fließen“

Und weiter fluchend und stupide:

„Gülle, Müll und Pestizide

Schleppen wir an euern Strand

Und vergiften euer Land.

Wie Smitheus in der Iliade

Schickte die Pest ins Griechenlager,

So wird die elfte Maus-Brigade

Unter Leutnant von Pestbeulennager

Den schwarzen Tod ins Land euch bringen

Um Pausback zur Aufgabe zu zwingen.

Ihr werdet allesamt verrecken.

Ihr könnt euch noch so gut verstecken,

Der schwarze Tod, die Beulenpest,

Rafft euch dahin, gibt euch den Rest.

Keiner von euch wird überleben.

Bald wird es keinen Frosch mehr geben

Der uns so wie du hier droht“!

Er fuhr fort gar renitent:

„Für unser Volk herrscht keine Not

Denn wir sind längst schon resistent.

Über eure Hinterlist in Sachen

Kriegsplanung können wir nur lachen.

All euer Gift, selbst wenn wir‘s schlucken

Kann uns heute nicht mehr jucken.

E 605 und Warfarin,

Raffte zwar viele von uns hin,

Doch jetzt und heute, Gott sei Dank,

Macht uns kein Gift so schnell mehr krank.

Ihr werdet es bald sehen;

Uns kann nichts mehr geschehen“!

Das war zwar reichlich übertrieben.

Doch ähnliches stand aufgeschrieben

Als Halbwahrheit in Hypothesen

In Buche, das der Frosch gelesen.

„Ihr blöden Mäus“ schrie Pfützner nun,

„Wenn ihr glaubt, ich seid immun

Gegen unsern Angriffsplan,

Habt ihr gewaltig euch vertan.

Wenn ihr es auf die Spitze treibt

Kein Mausschwanz von euch übrig bleibt.

Dann geht es euch wie jener Art

Die als des Katers Widerpart,

Welchen Art Spiegelman verspottet,

Wurde beinah ausgerottet“!

Das war zu viel! Der Mausmajor

Holte erneut den Dolch hervor.

Der Hauptmann hielt den Gegner fest.

Ein schneller Stich gab dem den Rest.

Frosch Pfützner ging es an die Nieren.

Elendiglich musst‘ er krepieren.

Was weiter in der Schlacht passiert

Demnächst hier berichtet wird.

-----

wird fortgesetzt

Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.