Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 8 – 28
Der totale Krieg
er ein Gebet gesprochen
Hat er sich im Schilf verkrochen
Um ein Nickerchen zu machen.
Gar fürchterlich war das Erwachen.
Zwei Mäus rissen ihn aus seinem Traum
Welchen er träumte grad vom Heimatteiche
Und von seiner nächsten Laiche.
Sie zerrten ihn zum Riedgrassaum.
Dort haben sie den Frosch belehrt.
„Diesmal ist es umgekehrt.
Nun bist du’s, der sterben muss.
So wie im Hades Tantalus,“
Fluchte die eine von den beiden,
„Sollst du Höllenqualen leiden“.
„Doch vorher“, sprach die andre Maus,
Spuckst du all dein Wissen aus.
Erzählst uns alles was du weißt
Über euch Frösch‘ und wie du heißt“.
„Mein Nam‘ ist Bogrill“ log der Grüne.
„Mein Vater Goliath ist ein Hüne“.
Wenn Papa euch am Teich erwischt
Er euch derart das Fell verdrischt,
Dass ihr im Leben niemals wieder
Mir verrenkt, wie jetzt die Glieder.
Mein Alter ist in unserm Teich
Der stärkste Frosch im ganzen Reich
Und mit dem König gut bekannt,
Welcher Pausback wird genannt.
Der General von Unkenschluder
Ist mein hochverehrter Bruder.
Er ist neben meinem Vater
Pausbacks treuster Kriegsberater.
Von ihm stammt auch der Aufmarschplan
Nach welchem das Frosch-Heer momentan
Von Westen vorrückt, kampfgesinnt.
Bevor die Invasion beginnt,
Lasst mich noch ein letztes sagen.
Wir werden alle Euch erschlagen.
Bevor die Sonne sinkt ins Meer
Ist vernichtet euer Heer.
Nie wieder wagt ihr aufzumucken;
Auf ewig tragt ihr unser Joch“;
Pfützner hörte beide schlucken,
„Wenn ihr mir die Freiheit gebt,
Versprech‘ ich, dass ihr überlebt.
Ich red‘, bevor‘s für euch zu spät,
Mit Pausback. Seine Majestät
Hört auf mich. Ich könnt mir denken,
Dass er das Leben würd euch schenken“.
„Halts Maul du blöder, nasser Frosch“
Fluchte da die eine Maus,
„Sonst stopf ich dir die breite Gosch
Und schlage Dir die Zähne aus“.
Und die andre fügte an:
„Du blöder Hetsch, du Missgestalt,
Denk dran du grüner Hampelmann,
Du bist in unserer Gewalt.
Bevor du stirbst noch eine Frage:
Wie ist bei euch die Nachschublage“?
Pfützner überlegte; dann,
Nachdem er lange sich besann
Sprach er: „Danke die Verpflegungslage
Ist gut dank einer Mückenplage.
Wir haben alle satt zu essen!
Bei euch, so scheint mir unterdessen,
Wird die Verpflegung langsam knapp.
Am Ende macht ihr alle schlapp.
Unser Volk hat Fleisch stets frisch
Auch im Kriege auf den Tisch.
Im Tornister für den Sturm
Hat jeder von uns einen Wurm“.
Die beiden Mäuse waren platt.
Der Frosch ergänzte: „Ich bin satt,
Schau“, sprach er, „dort jene Mücken
Würd‘, hätte Hunger ich, verdrücken.
Wir mussten uns noch nie beklagen,
Haben stets `nen vollen Magen,
Denn Falter, Spinnen wie auch Bienen
Sind fett und reich an Vitaminen.
Übers Essen gibt’s kein Murren.
Wir haben alles was wir wollen“.
Er hörte ihren Magen knurren
Und sah sie mit den Augen rollen.
Deshalb führte er schnell weiter aus:
In unserem Kühl-und Speicherhaus
All die leck‘ren Sachen liegen
Wie Asseln, Maden, Käfer, Fliegen.
Selbst Mäuse in Gefangenschaft
Bekommen Reisbrei, Speck und Gerstensaft“.
„Euren Kriegern“, fuhr er fort,
„Geht es weitaus besser dort
Als Kriegsgefangener im Lager
Als Euch; Keiner ist, wie ihr so mager“.
„Wenn ihr also Hunger habt“,
So hat er weiter dann gesagt,
„Dann lasst mich frei und kommt mit mir.
„Was wollte ihr weiter darben hier?
Bei uns, in Froschheim um die Ecke
Lebt wie die Maden ihr im Specke.
Heute Abend euer Land
Ist sowieso in unsrer Hand.
Also beeilt euch, lasst mich frei
Sonst endet ihr in Sklaverei“!
„Du gerissener grüner Hund
Machst uns wässrig hier den Mund“
Schrie die eine von den beiden:
„Lieber will ich Hunger leiden
Als dich hier wieder frei zu lassen“.
Die andre drauf: „Das könnt dir passen,
Uns mit Worten zu verhöhnen.
Das werden wir dir abgewöhnen“.
Dann bogen beide sie durch Drücken
Ihm die Arme auf den Rücken
Dass er wie am Spieße schrie.
„Wir bringen dich zur Kompanie
Und stellen dich dem Hauptmann vor
Oder Rattimauser dem Major“.
Gesagt, getan, so wurd‘s gemacht.
Gefesselt ward er hingebracht.
Der Hauptmann sprach zum Frosch: „Dein Bruder,
Der General von Unkenschluder
Hat den Plan für diese Schlacht,
Wie du berichtet hast, gemacht
Und wie ich hör, warst du dabei.
So bitt ich dich, geh ins Detail
Doch ein kleines bisschen mehr
Und berichte mir beizeiten
Daraus nun die Einzelheiten.
Wie viel Mann hat euer Heer“?
Rattimauser der Major
Setzte das Messer ihm ans Ohr
Und quietschte sichtlich mit Vergnügen
„Wage nicht uns zu belügen.“
Frosch Pfützner, trotz der schlimmen Lage,
Mit Feingefühl und viel Gespür
Setzte an zur Gegenfrage:
„Und was bekomme ich dafür“?
Rattimauser, der Major
Setzte erneut den Dolch ans Ohr;
Indes der Hauptmann mehr bedacht,
Versprach, „die Freiheit nach der Schlacht“.
Pfützner dachte, „In der Patsche
Ist es besser wenn ich quatsche“!
Da fiel ihm Santoianni ein.
„Das“ dacht er, „könnt die Lösung sein“!
Begeistert war er einst gewesen
Als Francesco er gelesen.
Plötzlich erinnerte er sich
Und lachte schelmisch innerlich.
Was in dessen Buch beschrieben
Hat den Mäusen nun spontan
Er unter ihre Nas‘ gerieben
Als des Bruders Angriffsplan.
Dass in Wirklichkeit der Bruder,
Wie auch der Name Unkenschluder
War in der Not nur ausgedacht
Er ihnen nicht zur Kenntnis bracht‘.
Stattdessen, damit die Mäus erschrecken
Und in den Löchern sich verstecken,
Erzählte er den beiden was
Von Giften, Wasser, Feuer und von Gas.
„Wie die Menschen ihre Motten
Durch Pülverchen im Schrank ausrotten,
So plant General von Unkenschluder
`Nen Giftangriff mit Mäusepuder
Um euch alle zu vernichten“.
So hörten sie den Frosch berichten.
„Auch will er, aus den gleichen Gründen
Euer ganzes Land anzünden
Damit ihr allesamt verbrennt
Oder aus dem Lande rennt“.
Auch von Giftgas war die Rede.
Um zu siegen in der Fehde
Ist Pausback jedes Mittel Recht.
Strychnin-Häppchen gar kunstgerecht
Will eures großen Hungers wegen,
Man vor eure Löcher legen.
An dem was wir Euch da servieren
Wird euer ganzes Volk krepieren.
So manches was euch unbekannt
Wird noch im Angriffsplan genannt.
Jener in seinem ersten Drittel
Setzt ganz auf Maus-Vernichtungsmittel.
In seinem zweiten Drittel dann
Steht was man mit Feuer machen kann.
Ganz nebenbei erfährt man auch
Wie man umgeht mit dem Rauch,
Dass er durch eure Straßen zieht
Und keiner mehr von euch was sieht
Und ihr, weil euch die Augen brennen,
Hastig beginnt davon zu rennen,
Weil ihr sonst am Ende noch
Geräuchtert sterben würdet doch.
Im letzten Teil ist neben Gas
Auch Wasser aufgeführt und was
Damit ein kluger Mann
Im Kriege alles machen kann.
Die Mäuse standen wie gelähmt!
„Dass ihr Frösche euch nicht schämt
Solche Mittel anzuwenden“
Rügte Rattimauser der Major.
„Kommt ihr euch nicht schäbig vor“?
Pfützner erwiderte: „Verzeih,
Gas ist heut der letzte Schrei
Und Gift im Krieg gegen die Maus
Legten schon die Ägypter aus.
Im Papyrus Ebers steht
Genau beschrieben wie es geht.
Die Mäuse hörten zu ganz Ohr.
Da trug er Einzelheiten vor.
„man nehme von Nux vomica
Oder Scilla marittima,
Einer giftigen Zwiebelpflanze
Den Saft und koche auf das Ganze
Und setze es den Mäusen vor“.
Der Hauptmann spitze wach sein Ohr
Und während Major von Rattimauser
Legte seine Stirn noch krauser
Als sie ohnehin schon war
Fuhr Pfützner, innerlich gar heiter,
Äußerlich ernst, im Texte weiter
Und legte in Einzelheiten dar,
Was er im Band zu Maus und Ratte
Vor langer Zeit gelesen hatte.
„Auch Eberwurz, wenn es uns frommt
Als Gift gen euch zum Einsatz kommt.
In Öl mit Mehl schön angerührt
Es zum Essen euch verführt.
Den Magen sollt ihr euch verderben
Und wenn ihr satt seid alle sterben.
Auch Poleiminze, Mäusedorn
Mischt man unter euch ins Korn.
Mit Springwolfmilch und Rizinus
Vor euern Löchern zum Genuss
Ausgelegt wird man euch locken.
Ihr werdet auf dem Lokus hocken,
Mit Dünnschiss all und mehr Toxin
Als Ihr verkraftet, im Urin.
Ihr werdet in Euren Löchern sitzen
Und Blut anstatt von Wasser schwitzen.
Schwefel, ungelöschter Kalk, Arsen
Wird vor euren Türen steh‘n.
Mit all den netten, gift’gen Dingen
Wird man euch ums Leben bringen“.
Den Mäusen noch mehr Angst zu machen,
Erzählte Pfützner all die Sachen
Weiter nun aus zweiter Hand
Die er beim Italiener fand.
„Die Räude werdet ihr bekommen
Wenn ihr die Asche eingenommen
Von Eichenholz, die ungescheut
Man in eure Gänge streut.
Zinkphosphat und Warfarin
Wirft man euch zum fressen hin.
Damit ihr allesamt krepiert
Wird jedes Pulver ausprobiert.
Irgendwie wird es gelingen
Mit Gift euch alle umzubringen.
Aus unserm Giftmischer-Labor
Ging manche Mischung schon hervor,
Die für den Krieg als Waffe dann
Pausbacks Heer gut brauchen kann.
Eudrin- und Strychnin-Sulfat,
Castrix , Barium-Karbonat,
Schimmelpilze, Bockshornklee,
All das hat die Frosch-Armee
Um den Garaus euch zu machen
Und noch weitaus schlimm’re Sachen.
Tomorin und Dikumarol,
Kumchlorin und Kumaphenol,
Trioxyd, Natriumchlorat,
Sowie ein Wurzelpräparat,
Von einem Rhododendronstrauch,
Ist einsatzreif zum Kriegsgebrauch
Um das Mausvolk zu vernichten.
Ich könnt noch manches euch berichten
Jedoch will die Lust aufs Sterben
Ich euch nicht noch mehr verderben.
Doch eines muss ich noch erwähnen.
Die Augen werden euch all tränen“,
Fügte er an. „seit ein paar Tagen,
Ihr werdet es wohl nicht ertragen,
Wird Senfgas an die Front gebracht.
Um zu gewinnen diese Schlacht
Und auszumerzen euer Geschlecht
Ist Pausback jedes Mittel recht.
Senfgas, vom König hochgelobt
Hat der Gröfaz schon erprobt.
Doch unsere gar ehrenwerten
ABC-Waffen-Experten
Haben“, so sprach er zu Major,
„Mit euch noch weitaus Schlimm‘res vor.
Mit Phosphorwasserstoff `nem Gas,
Will man, nach allem was ich las,
Euer Volk zur Einsicht bringen
Und die Kapitulation erzwingen.
Falls das nicht klappt folgt ein Pogrom
Durch Bio-Waffen und Atom.
Wir haben all das einsatzreif“.
So endete der Redner steif
Und wartete, im Blicke Hohn,
Nun auf der beiden Reaktion.
Den beiden Mäuseoffizieren
War Pfützners Rede an die Nieren
Das konnte man deutlich seh’n, gegangen.
Mit zittriger Stimme und mit Bangen
Sprach der Hauptmann: „Die Froschnation
Hat die Genfer Konvention
Zum Scheine scheinbar und fingiert
Wie es sich zeigt nur ratifiziert.
Doch das wird euch schlecht bekommen.
Brotnager hat sich vorgenommen,
Krümeldieb den Sohn zu rächen.
Er wird seinen Schwur nicht brechen.
Nein, das wird er niemals tun!
Keine Maus wird eher ruh’n,
Kämpfend zum Äußersten beherzt
Bis euer Volk ist ausgemerzt“!
Von Rattimauser, der Major
Ergänzte: „Als Antwort werden Chlor
Wir in alle Flüsse gießen
Die zu euerm Froschteich fließen“
Und weiter fluchend und stupide:
„Gülle, Müll und Pestizide
Schleppen wir an euern Strand
Und vergiften euer Land.
Wie Smitheus in der Iliade
Schickte die Pest ins Griechenlager,
So wird die elfte Maus-Brigade
Unter Leutnant von Pestbeulennager
Den schwarzen Tod ins Land euch bringen
Um Pausback zur Aufgabe zu zwingen.
Ihr werdet allesamt verrecken.
Ihr könnt euch noch so gut verstecken,
Der schwarze Tod, die Beulenpest,
Rafft euch dahin, gibt euch den Rest.
Keiner von euch wird überleben.
Bald wird es keinen Frosch mehr geben
Der uns so wie du hier droht“!
Er fuhr fort gar renitent:
„Für unser Volk herrscht keine Not
Denn wir sind längst schon resistent.
Über eure Hinterlist in Sachen
Kriegsplanung können wir nur lachen.
All euer Gift, selbst wenn wir‘s schlucken
Kann uns heute nicht mehr jucken.
E 605 und Warfarin,
Raffte zwar viele von uns hin,
Doch jetzt und heute, Gott sei Dank,
Macht uns kein Gift so schnell mehr krank.
Ihr werdet es bald sehen;
Uns kann nichts mehr geschehen“!
Das war zwar reichlich übertrieben.
Doch ähnliches stand aufgeschrieben
Als Halbwahrheit in Hypothesen
In Buche, das der Frosch gelesen.
„Ihr blöden Mäus“ schrie Pfützner nun,
„Wenn ihr glaubt, ich seid immun
Gegen unsern Angriffsplan,
Habt ihr gewaltig euch vertan.
Wenn ihr es auf die Spitze treibt
Kein Mausschwanz von euch übrig bleibt.
Dann geht es euch wie jener Art
Die als des Katers Widerpart,
Welchen Art Spiegelman verspottet,
Wurde beinah ausgerottet“!
Das war zu viel! Der Mausmajor
Holte erneut den Dolch hervor.
Der Hauptmann hielt den Gegner fest.
Ein schneller Stich gab dem den Rest.
Frosch Pfützner ging es an die Nieren.
Elendiglich musst‘ er krepieren.
Was weiter in der Schlacht passiert
Demnächst hier berichtet wird.
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wird fortgesetzt
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