Mittwoch, 27. Juli 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 25

Ganz normales Kriegsgeschehen


er Andere,

das war Apoll.

Getarnt als Frosch hielt rücksichtsvoll

Und schützend er, höchst originell

Als Schutzschirm hin das Ägis-Fell.

Wie Phoibos Hektors schöner Leiche

(siehe Ilias 24,21)

Vor dem Peliden bot einst Schutz,

Dass der nicht an der Wagenspeiche

Zog im Zorn sie durch den Schmutz,

So stand er nun im Froschgewand,

Mit der Ägis in der Hand

Vor Mausekönigs Kriegs-Vollstrecker

Lychopinax Tellerlecker.

Der sah das Fell. Da stutzte er.

„Wo hast du dieses Ding nur her“?

Dann sah er auch den Heil’genschein.

„Du musst was ganz besond‘res sein

Wenn du es wagst ganz ungebeten,

Mir entgegen hier zu treten.

Du musst ein hohes Tier am Teich

Sein bei euch im Frösche-Reich,

Wenn Du es wagst, einem wie mir

Den Kriegs-Spaß zu verderben hier“!

Der andre grinste mitleidvoll:

„Ich warne dich, ich bin Apoll.

Der Herr der Musen, Drachentöter,

Gott des Lichtes und als Kröter

Sorge ich für manch Spektakel.

Ich spiel in Delphi das Orakel.

Ich bin, ich denk du ahnst es schon,

Des großen Zeus und Letos Sohn“.

Und dann wurde er noch dreister:

„Im Faustkampf bin ich Achäer-Meister.

Auch im Bogenschuss weltweit,

Bin ich der Beste meiner Zeit.

Wer mich und meinen Bogen kennt,

Mich schlichtweg Fernhintreffer nennt.

Mit sanften Pfeilen töt‘ ich jeden

Der sich will mit mir befehden.

Und hiermit geb‘ ich dir bekannt:

Ich werde Sminthios auch genannt,

Was, nur damit du es auch weißt,

Mausfeind und Mausbezwinger heißt.

Ich rate dir, halt dich zurück,

Sonst breche ich dir das Genick“!

Lychopinax staunte zwar.

Doch er liebte die Gefahr.

Deshalb hat er zugeschlagen.

Da hat sich etwas zugetragen

Was er nicht erwartet hatte.

Ohne jegliche Debatte

Schlug Apoll ganz unverfroren,

Der Maus die Ägis um die Ohren.

Der Schreck war groß, der Schreck saß tief.

Die Maus gar laut um Hilfe rief.

Aus Furcht versagten ihr die Glieder.

Bewusstlos sank ins Moos sie nieder,

Wo sie später dann ad hoc

Starb an einem Angstschweiß-Schock.

Zwei Mäuse-Heeres-Sanitäter

Fanden ihren Leichnam später.

Der eine Keck, der andre Kecker,

Schnappten sie sich Tellerlecker

Und schleppten ihn rund um den Teich

Nach Hause in das Mäuse-Reich.

Ach was war die Trauer groß.

Ganz Mausulina ausnahmslos,

Zwecks des Toten Seelenheil,

Nahm am Leichenzuge teil.

Sechs weiße Mäus‘ mit Trauerflor

Trugenden den Sarg. Der Herr Pastor

Sprach bewegt mit Dichtergabe

Zum Volke dann an ihrem Grabe.

Der Hauptteil seiner Trauerrede

Bezog sich auf den Krieg. „Die Fehde

Mit den Fröschen kostet uns Millionen

König Pausback zu entthronen,

Heut in der Entscheidungsschlacht,

Wäre endlich angebracht“.

Maus Lychopinax Tellerlecker,

Des Königs erster Macht-Vollstrecker

Lag nach alter Tradition und Art

Im weißen Sarge aufgebahrt

Und hörte, so schien es in Ruh,

Dem Pastor voller Andacht zu.

Die Hände zu Gebet gefaltet

Hatte man ihn schön gestaltet,

Den grauen Bart ihm frisch gestutzt

Und ihn feierlich herausgeputzt.

Von seiner Adels-Eleganz

Kündete sein Mauseschwanz.

Den hatte man ihm wohlgewogen

Unter der Schulter durchgezogen

Und von tiefem Gram bewegt,

Ihm neben seinen Kopf gelegt.

Seine Orden lagen wie es Brauch

Schön aufgereiht auf seinem Bauch.

Seine Waffen hatte man,

Noch mit den Blut der Feinde dran,

Mit dem Banner dekoriert,

Ihm auf den Sargdeckel platziert.

Während der Priester weitersprach

Lag Tellerlecker ruhig und flach

Und ließ, ohne einmal aufzusehen,

Die Rede über sich ergehen.

„Unser Friedhof quillt schon über.

Die Lage hier wird immer trüber!

Der Platz wird knapp, demnächst bleibt kaum

Zwischen den Gräbern Zwischenraum.

Am Ende fehlt der Raum uns noch

Zu graben uns ein Wohnungsloch.

Wenn der Krieg so weitergeht

Es schlecht um Mausulina steht.

Die besten Mauser sind schon tot.

Die Weiber darben all in Not

Weil sie keinen Mauser haben.

Sie leben all von Bettelgaben

Und knabbern schimmeliges Brot.

Eine Hungersnot uns droht.

Speck und Käs, wie früher frisch,

Kommt nirgendwo mehr auf den Tisch.

Die Kinder, die das Maul aufreißen

Haben schon lang nichts mehr zu beißen.

Wie soll ich euch denn Beistand geben

Wenn ich selbst nichts hab zu leben?

Wie soll der König denn regieren,

Wenn er nichts hat zum Renommieren?

Wie soll der Adel überleben,

Der euch könnt Brot und Arbeit geben,

Wenn er selbst am Hungertuche

Nagen muss auf Futtersuche?

Selbst für den Hofstaat droht Gefahr.

Pralinen, Speck und Kaviar

Werden knapp, auch Buttercrem.

Das Leben, das so angenehm

Früher war bei Hofe,

Artet aus zur Katastrophe.

Durstig sitzt dort manche Maus

Traurig nun. Der Rahm ist aus.

Auch an Nüssen fehlt es und Torte

Gibt es am Wochenend‘ nur noch.

Schlechte Zeiten für den Koch.

Kein Braten will ihm recht geraten

Weil es an Butter fehlt zum Braten.

Käs gibt’s nur noch Magersorte.

Leberpastete, Trüffel gar

Sind bei Hofe auch schon rar.

Selbst der König schränkt sich ein

Und trinkt statt Wasser Moselwein.

Ich frag euch, wo führt das noch hin?

Was hat der Krieg für einen Sinn

Wenn Brotnager anstatt Genuss

Plötzlich Hunger schieben muss?

Und auch die Generalität,

Die planen muss von früh bis spät,

Wie soll sie denn den Krieg gewinnen

Wenn kein Rum im Tee ist drinnen?

Wie soll sie führen, wenn sie muss,

Wenn sie nicht lebt im Überfluss?

Wie soll die Truppe überleben

Wenn wir ihr nichts zu saufen geben“?

Und weiter sprach er zu den Frommen

Die um den Sarg des Toten standen:

„Es wird bei uns noch so weit kommen

Wie in des Ratten-Volkes Landen,

Dass wir hausen wie Vandalen

Und essen wie die Kannibalen.

Der Krieg hat uns’re Vorratsspeicher

Geleert. Ärmer werden wir statt reicher!

Wenn das noch anhält ein paar Tage

Wird aussichtslos noch unsre Lage.

Als Bettelmäuse werden wir

Im Kriege alle sterben hier.

Schon heute ist die Armut groß.

Der Krieg, der so erbarmungslos

Hereinbrach über unser Reich,

Macht unser Land der Wüste gleich.

Schon jetzt sieht es gar schlimm hier aus.

Wo wir gelebt in Saus und Braus

Ist heute nur verbrannte Erde!

Auf dass es so wie früher werde

Bitte ich euch alle nun,

Lasst uns was dagegen tun!

Ihr wisst wie ich, ein leerer Magen

Ist nicht sehr lange zu ertragen“!

Dann ließ er sich noch weiter aus:

„Demnächst verhungert Maus um Maus.

Es wird Zeit, dass wir beginnen

Uns allmählich zu besinnen.

Was soll aus Kunst und Künstlern werden?

Es häufen sich bereits Beschwerden.

Und auch des Königs Dynastie,

Die stolze Maus-Aristokratie

Hat schon mehrmals aufgemuckt.

Dass sie es nicht mehr länger schluckt

Ließ Gräfin Mausi höchst gerissen,

Unlängst den Kriegsminister wissen.

Das Badewasser war ein Grad

Zu kalt in ihrem Mäuse-Bad.

Ja, das Elend greift um sich“,

Sprach der Priester priesterlich

Und fuhr fort: „Die Lehrersfrau

Hat nun bereits seit Wochen“,

Ja er wüsste es ganz genau,

„Für den Mann nichts mehr zu kochen.

Das arme Weib hat nichts im Haus.

Am End‘ fällt noch die Schule aus

Weil der Lehrer viel zu schwach

Ist für das Mathematik-Fach.

Zum Schluss kommt er vor Hunger um

Und unsre Kinder bleiben dumm.

Drum lasst uns sammeln, gebt Almosen

Für all die Armen und Mittellosen,

Damit den Krieg sie überstehen

Und nicht durch ihn zu Grunde gehen.

Also Leute, geht nach Haus

Und quetscht nochmal den Sparstrumpf aus.

Bringt euern Schmuck auch mit vorbei.

Vielleicht ist ja da was dabei

Was der König und sein Clan

Zur Kriegsführung gebrauchen kann.

Und bringt für ihn nicht nur das Kleine.

Am dringendsten braucht er die Scheine.

Gold und Silber spendet mir

Damit den Göttern ich dann hier,

Wie auch den Exzellenz-und Eminenzen

Den Wein kann pflichtgemäß kredenzen.

Und denkt daran ihr lieben Leut‘,

Schenken hat noch nie gereut.

Lasst euch all dazu bequemen;

Geben ist schöner noch als nehmen!

Bringt mir euer Geld en bloc;

Werft es in den Opferstock.

Bringt mir eure milden Gaben

Damit die andern auch was haben“.

Und er fügte an gar keck:

„Notfalls tut es auch ein Scheck.

Die Götter im Parnassos oben

Solcherweis‘ im Krieg zu loben

Ist eine Tat, ließ Zeus verkünden,

Die tilgen wird euch alle Sünden.

Wer alles abgibt was er hat,

So steht’s im göttlichen Traktat,

Wird einst, nach seinem Erdenleben,

Als Engel durch den Himmel schweben“.

Da sprang Pelzner zornig auf:

„Ihr Pfaffen im Geschichtsverlauf

Habt neben Gottes Wort und Pracht

Viel Unheil unserer Welt gebracht.

Was du uns da hast vorgeschlagen

Ist wirklich kaum noch zu ertragen.

Ablasshandel, schlimmster Art

Der uns besser bleibt erspart“!

Dann zu den Trauergästen sprach

Er ruhiger weiter und gemach:

„Fallt nicht auf diesen Lumpen rein;

Wer nur für Gold und Edelstein

Die Hände faltet zum Gebet

Nicht auf der Seite Gottes steht“!

Die Gemeinde, die okkult

Vom Priester vorher eingelullt

Worden war, hörte in Ruh

Nun des Pelzners Rede zu.

Jeder dacht für sich allein,

„Der Pfaffe muss ein Lügner sein.

Er will uns, so scheint es, verprellen

Und uns auf eine Stufe stellen

Mit jenen die im Rachewahn

Den Krieg begannen einst spontan“.

Pelzner sprach, der Priester schwieg.

„Ich habe längst genug vom Krieg.

Seit drei Tagen alle Stunden,

Im Radio nichts als Schreckenskunden.

Unsere Söhne kommen tot

Von der Front zurück und Not

Herrscht überall im weiten Lande.

Nur die reiche Adelsbande

Schlägt Profit aus diesem Kriege.

Das Ganze ist eine Intrige,

Ich sag es euch aus meiner Sicht,

Die Vorteile bringt der Oberschicht.

Eingefädelt von den Aristokraten

Damit die all im Reichtum waten

Während wir vor Hunger darben.

Wie viele Adelige starben

Auf dem Schlachtfeld denn bisher?

Wir all bluten viel, viel mehr

Als jene die sich drüber freuen

Sand in die Augen uns zu streuen.

Wir machen stets die Drecksarbeit.

Der Adel verdient an diesem Streit.

Während wir die Haut zu Markte tragen

Und tapfer uns im Felde schlagen,

Macht man’s sich bei Hofe leicht,

Kassiert uns ab nach Strich und Faden.

Der Pfaffe, der das Geld einstreicht

Tut’s nicht zu seinem Schaden.

Glaubt es mir, die Oberschicht

Ist auf Frieden nicht erpicht.

Ihr geht es gut weil Schlacht um Schlacht

Mit unserm Blut Gewinn sie macht.

Es ist so, auch wenn’s zu bedauern,

Weil klüger sie sind als wir Bauern,

Versuchen sie uns all zu schröpfen.

Mann sollt die ganze Bande köpfen“.

Der Pfaffe wurde plötzlich bleich.

„Die Götter“ begann er einfallsreich,

„Denkt daran um Himmels Willen…“

„Wir wollen Dich nicht killen“

Unterbrach ihn Pelzner, „ja

…Sind nicht nur für die Reichen da“

So führte der mit flinkem Wort

Den Satzanfang des Priesters fort.

„Wenn Zeus der Obergott es duldet,

Dass wir bluten für das was ihr verschuldet,

Dann bitte richte es ihm aus,

Von Pelzner einer grauen Maus,

Dann wird sich der erlauben

Nicht mehr an ihn zu glauben.

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Wie Zeus hat reagiert darauf

Das zeig das nächste Mal ich auf

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.