Mittwoch, 27. Juni 2012


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 111
Sagenerzähler im Olymp




Der heilige Benno und die Frösche


Von Meißen, dort am Elbestrom,

In etwa da, wo heut' der Dom

Über die Stadt ragt hoch hinaus,

Zog einst der heil'ge Benno aus,

Um in den Elbe-Uferauen

Sein Abendmahl gut zu verdauen.

Als er in Andacht schritt dahin,

Störten die Frösche seinen Sinn,

Die im Schilf am Ufersaum

Quakten laut, so dass er kaum

Gottes Weisheit konnt' lobpreisen,

Die offenbarte sich um Meißen

Durch die Vielfalt der Natur.

Doch im Ried, da lärmten stur

Die Frösche, störten ihn dabei

Mit ihrem Quaken und Geschrei.

Weil zum Gebet er nicht recht fand,

Hob der Heilige die Hand

Und gebot dem lautem Volke

Zu schweigen dort im Uferkolke,

Denn er musste schließlich beten.

Die Frösche schwiegen ganz betreten.

 

Doch als die Lurche dann verstummt,

Nur noch 'ne Mücke hat gesummt,

Da viel dem heil'gen Manne ein:

"Es loben und es benedei'n,

Gott im Himmel rund die Uhr

Der Mensch und alle Kreatur."

 

Er dachte also: "Vielleicht loben

Die Frösche quakend den da oben.

Und vielleicht ist ihr Geschrei

Gott nicht ganz so einerlei.

Mag sein, dass dem das Froschkonzert

Viel mehr als mein Gebet ist wert."

 

Aus dem Gedankengang heraus

Rief laut er in das Schilf hinaus:

"Ich gebiete euch zu singen.

Lasst euer Quaken neu erklingen.

Wenn ihr wollt, dann lärmt und schreit,

Betet nur und benedeit."

 

So kommt es, dass am Elbestrom

Die Frösche heut' recht autonom

Quaken laut und selbstbewusst,

Dann, wenn sie grad haben Lust.

 

R.W.A.
***

Benno und das Froschkonzert

Man erzählte sich auch, Benno habe von einer seiner Visitationen zurückkehrend den wegen Unwetters eingestellten Fährbetrieb in Meißen nicht mehr benutzen können. Er breitete seinen Mantel über die Fluten und habe trockenen Fußes die Elbe überquert. Den lärmenden Fröschen, die ihn in seiner Meditation störten, gebot er erfolgreich heiliges Schweigen; als er aber auf Psalm 148,7 stieß („lobet den Herr, ihr Walfische und alles in den Wasserstiefen“) bereute er seine Anweisung und nahm sie zurück. Sofort ließen die Frösche ihre Stimme zu Gottes Ehre wieder erschallen. Für durstgepeinigte Hörer einer Predigt unter Sonnenglut im Freien stieß er seinen Bischofsstab in den Boden, und unmittelbar darauf schüttete eine Quelle reichlich frisches Wasser.

Benno und die Frösche

Bischof Benno half den Bauern, wo er konnte. Sie sollten die Sümpfe trockenlegen, damit sie neues Ackerland daraus gewinnen konnten. Doch die Bauern fürchteten sich vor den Sümpfen. Die Alten erzählten von Gespenstern, die sie dort gesehen hätten, von Irrlichtern und unheimlichen Gestalten. So versprach Benno den Bauern, segnend durch das Sumpfgebiet zu gehen, damit sie keine Angst mehr zu haben brauchten. Benno ging also mit seinem Gebetbuch durch die Sümpfe und betete. Da quakten die Frösche so laut und aufdringlich, dass Bischof Benno sich in seinem Gebet gestört fühlte und laut rief: „Ruhe, schweigt endlich.

Sogleich kehrte Ruhe ein.

Benno wollte weiter beten, überlegte aber dann: Hatte nicht Gott all die schönen Dinge der Natur erschaffen und auch den Fröschen im Teich ihre Stimme gegeben, damit sie quaken konnten nach Herzenslust? So blieb er stehen und besann sich. Dann rief er den Fröschen zu: „Quakt weiter euer Lied, denn Gott hat euch so geschaffen!“ Und gleich quakten sie wieder laut im Chor. Bischof Benno segnete weiter das Land. Am nächsten Tag teilte er das Land an die Familien auf und die Bauern machten sich an die Arbeit.

(Quelle: nach „Das gefurchte Antlitz“ Derksen, S. 429/430; www.gemeinden-in-berlin.de Heiliger des Monats)




Der Reformator

 

Froschgequake kann sehr stören,

Muss man es andauernd hören.

Dies wissen wir seit Luther schon,

Der zornig, voller Aggression,

Weil ihm der Lärm hat zugesetzt,

Als er die Bibel übersetzt,

Halbfertig erst mit seinem Buch,

Verwünschte sie mit seinem Fluch:

"Ihr Frösche dort zu Wittenberge,

Zur Hölle, über alle Berge."

 

Im Schanzgraben, erzählt die Sage,

Ist es still seit jenem Tage.

Kein Frosch lässt sich heut' dort  mehr hören

Aus Angst, es könnt' noch immer stören.


R.W.A.
***


Der Pfingstquak


Im Brauchtum spielte stets der tolle
See- und Teichfrosch eine Rolle.
Selbst wenn seit alters her bekannt,
Dass ihn zu schinden war riskant,
Weil man erblinden konnt' dabei,
War das den Burschen einerlei.

Die wussten, dass es Regen gibt,
Wenn der Frosch quakte verliebt.
Und daraus zogen sie den Schluss,
Dass man den Frosch nur zwicken muss,
Wenn es mal wieder regnen sollte
Und der Frosch nicht quaken wollte.

Drum hat man ihn, so wird erzählt,
Im Frühjahr ziemlich oft gequält,
Bis sein Quaken man vernahm,
Damit endlich der Regen kam.
Man zwackte ihn schmerzhaft ins Bein
Und tötete ihn hinterdrein.
Der Froschschinder, nach altem Brauch,
Stieß ihm 'nen Holzspieß in den Bauch.

Pfingstquak sich der Schinder nannte,
Der mit dem toten Frosch dann rannte
Durchs Dorf, hat Kühe ausgetrieben
Am Pfingsttag, die dann draußen blieben.

Um den Regen zu bekommen,
haben feiertags die frommen
Dörfler die Schinderei geduldet.
Sie hatten sie ja nicht verschuldet
Und begleiteten den Trubel
Mit Beifall und fröhlichem Gejubel.

Doch ist verbrieft, dass mancher Junge
Einen Frosch trägt auf der Zunge,
Als Strafe für die Freveltat,
Die er am Frosch begangen hat.

Das Brauchtum ist tot heut, Gott sei Dank,
Doch manchmal wird noch jemand krank,
Trägt ein Froschgeschwulst mit sich herum
Und weiß nicht recht wieso, warum.

Doch ist die Antwort schnell gegeben:
Auch heute lässt der Frosch sein Leben.
Wir graben ihm das Wasser ab
Und schaufeln ihm somit sein Grab.
Wir schwemmen Unrat, Gift und Gülle
In seinen Teich in Hüll' und Fülle
Und töten ihn, ganz nebenher,
Auf der Straße im Verkehr.

Wir stellen uns dabei noch blind,
was zeigt, dass wir nicht besser sind,
Als der Pfingstquak seinerzeit.
Auch wir sind heut' zum Mord bereit
Und töten weiter ungestüm,
Nur killen wir heut' anonym.

R.W.A.
***



 

Frösche stillen


Aus Frankreich stammte einst der Brauch
Frösche zu stillen, welcher auch
Später sollt' bei uns sich zeigen,
Hier genannt wurd': Frösche schweigen.

Damit die Gutsherrn oder Grafen
Konnten nachts schön ruhig schlafen,
                                                Und nicht erwachten durchs Geschrei
Von der Frösche Plärrerei,
Musst' das Gesinde Frondienst leisten
Für die Herren, jene dreisten,
Welche im Bett sich derweil gut
Vom Nichtstun haben ausgeruht.

Da Leibeigenschaft seinerzeit
Im Lande herrschte weit und breit,
Musste die Knechtschaft wider Willen
Nächtelang die Frösche stillen.
Mir Ruten aufs Gewässer schlagen
Und immer dafür Sorge tragen,
Dass am Teich es ruhig geblieben
Ist und die Frösche darin schwiegen
Damit die Herren, die tags sich sonnten
Des nachts auch ruhig schlafen konnten.

Selbst im Kloster bei den Mönchen
Und sogar auch bei den Nönnchen
Ging es damals lustig zu.
Wollt' man von den Fröschen Ruh',
Musste nachts, bis hin zum Morgen,
Das Gesinde dafür sorgen,
Dass Frosch und Kröte, wie auch Quappen,
Störten nicht, hielten die Klappen.

Auf der Insel Reichenau,
Wenn die Frösche nachts Radau
Machten, so wird es erzählt,
Die Fridinger war'n auserwählt
Ihre Knechtschaft loszuschicken.
Mit Ruten oder Stecken, dicken
Knüppeln oder and'ren Dingen
Die Frösche zum Schweigen schnell zu bringen,
Damit der Klerus in der Nacht
Nicht wurde um den Schlaf gebracht.

So war's im Mittelalter Brauch
in Frankreich und in Deutschland auch.

R.W.A.
***



Der Gärtner und die Kröte


Dem Gärtner Beck, vor vielen Jahren,
Ist 'ne Geschichte widerfahren,
Die er mir um Neunzehnhundert
Erzählte. Ich war ganz verwundert.

"Als ich einmal im Garten stand"
So sprach der gute Gärtner Beck,
"Ich eine dicke Kröte fand,
Die fraß den Salat mir dauernd weg."

"Die gräßlich' Krott, die musst du töten",
Hörte ich mein Weib schrill flöten.
"Die frisst von Rüben und Salat
Die besten Blätter, in der Tat.
Tu was, schnell, bring sie doch um.
Sie stiehlt uns unser Eigentum."

Doch Beck, das war ein guter Mann.
Zwar setzte er den Spaten an,
Doch hat er unterstochen
Die Kröte und gesprochen:

"Die Kröte ist ein Seelentier.
Liebe Frau, das merke dir.
Wer sie tötet oder schindet,
Später selbst nicht Ruhe findet."

Er trug die Pogg, in guter Laune,
Auf dem Spaten hin zum Zaune.
"Ich setze dich behutsam lieber
Auf die and're Seite rüber"
Sprach er zu ihr mit frohem Sinn
"Und nun leb wohl lauf schnell dahin.
Und wenn du Kinder hast zum Glück,
Komm ruhig zu mir wieder zurück.
Schau mit ihnen bei mir rein,
Dann will ich ihr Gevatter sein."

Ein Jahr später dann beim Beck,
Stand ein Zwerg im Garteneck
Und bat den Gärtner hinterm Gatter
Bei seinen Kindern zu Gevatter.

Beck nahm die Einladung gleich an
Und so kam es schließlich dann,
Dass er bei der Kindstauf saß,
Im Zwergenhaus das Festmahl aß.

Doch plötzlich, als er hob den Blick,
Erkannte er sein Mißgeschick.
Über seinem Kopfe hing
Ein Mühlstein. Riesengroß, das Ding.
Den Gast zu töten offenbar,
Hing er an einem Pferdehaar.
Beck sprang auf in seinem Schreck
Und wollte aus dem Haus schnell weg.
Doch der Zwerg hielt ihn zurück.
"Sei unbesorgt, genieß das Glück.
Lass feiern uns gemeinsam nun
Die Kindstauf. Einmal gar nichts tun.
Ich beschütze dich vor der Gefahr,
Wie du beschützt vor Tag und Jahr
Meine Frau, als sie war drüben
Als Kröte bei euch in den Rüben.
Wie du beschützt sie hast bei dir,
So schütz ich dich nun hier bei mir.
Sorg dich nicht wegen dem Stein,
Lass uns lieber fröhlich sein."
So stießen sie zur Taufe dann
Auf den Zwergennachwuchs an.

Als Beck viel später Abschied nahm,
Die Frau des Zwerges zu ihm kam.
Sie stopfte ihm die Taschen voll
Mit Pferdemist, der gut sein soll,
So sagte sie, für den Salat,
Den sie als Kröt getestet hat.

Der gute Beck zu Haus alsdann
Sich auf den Pferdemist besann.
Als den Salat er düngen wollt',
Fand seine Taschen er voll Gold.

So hat mir's einst um Neunzehnhundert
Beck selbst erzählt: Ich war verwundert
Und suchte lang nach der Moral.
Dann fand ich sie, sentimental.
Wenn offenbar selbst Pferdemist
Zur Verwandlung fähig ist,
So wurde damals es mir klar,
Die Kröt' 'ne arme Seele war,
Die drüben nun im Zwergenland
Glückliche Erlösung fand.

R.W.A.
***

Wundersame Heilung

-Sagenhaftes nach einem alten Brauch-

Wenn einer Kuh das Euter schwoll
Und keiner wusst' recht, was das soll,
Haben einst die Leut', die groben,
Dies auf einen Frosch geschoben
Und mit falscher Zung' erzählt,
Dass jener Nachts die Kühe quält.
Er war, so hat es dann geklungen,
Der Kuh ans Euter hoch gesprungen
Und hat, so glaubte man zu wissen,
Blutgierig dort dann zugebissen.
Um das Rindvieh noch zu heilen,
Musste schnell deshalb man eilen
Zum Teiche hin, den Frosch zu fangen,
Den man später aus Belangen
Des Aberglaubens ganz bewusst,
Und zwar lebend, so der Wahn,
In zwei Hälften reißen musst'
Den Fröschen hat das wehgetan.
Dem Vieh, das wollte man gesunden,
Hat man die Hälften umgebunden
Und zwar am Euter unterm Bauch.
Ja so war es eben Brauch.

Dass ein Rindvieh ist gesundet
Wurde hingegen nicht bekundet.

R.W.A.
***

wird fortgesetzt


Keine Kommentare:

Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.