Sonntag, 31. August 2008

Kriegsbericht Folge 8

Defilee bei Hofe

Der nächste Programmpunkt, nachdem die Parade passee

War in Blähbauchs Palast das königlich feierliche Hof-Defilee.

Seit an Seit mit dem Herrscher, so wie der es befahl,

Schritt Käslieb hinüber zum Palast in den Saal.

Dort hatte man aus dem königlichen Pfuhl

Dem Prinzen zur Ehr platziert einen Stuhl

Der verziert war mit Gold in höfischer Pracht,

Filigran geschnitzt und aus Seerosenblättern gemacht.

Der stand zur Linken, gleich neben dem Thron,

Dort wo einst saß des Froschkönigs Sohn.

Der starb vor zwei Jahren, eine dumme Geschicht’,

Infiziert von Aidsbazillus erlag er der Gicht.

Rechts neben dem Herrscher, im langen Gewand

Saß „Teichhilde-Hetschgern“, seine Gattin, er hielt ihre Hand.

Die Königin wirkte noch sehr jung und gepflegt.


Sie hatte zum Empfang grünes Rouge aufgelegt.


Vergebens hat Käslieb nach Quapphild geschaut.

Die hatte der König Jungfer Krott anvertraut.

Jene war schon über siebzig und ihr Dekollete’

Arg schon zerknittert, unpassend fürs Hof-Defilee.

Er hielt beide zu Haus gut unter Verschluss.

Weil man auf Jungfern gut Acht geben muss.

Zu Käslieb sprach er, erklärend den Grund

Schelmisch lächelnd und mit schmunzelndem Mund:

"Ich verspür keine Lust auf die zwei aufzupassen,

Drum hab ich sie lieber zu Hause gelassen".


Dann begann der Empfang, der Hofmarschall pochte

Dreimal mit dem Stab, so laut er es vermochte

Und rief in den Saal: „Durchlaucht, Exzellenzen, meine Damen,

Und dann fügte er an sukzessiv auch die Namen.


Als erster erschien, weil hochwohlgeboren,

Fürst Korax von Sumpfgern, das Haar frisch geschoren.


Er galt, jedem Frosch war dieses bekannt,

als mächtigster Mann neben Blähbauch im Land.


Ihm folgte Graf Grasgrün, der kam mit `ner Dame.

Von der war bekannt weder Herkunft noch Name.

Sie war gut gebaut, alle tuschelten nur

Und beneideten insgeheim deren Figur.

An ihr Aussehen und Outfit besonders die Herrn,

Erinnerten sich Jahre später noch gern.


Als nächste in der Reihe dann,

War Moorquarz Graf von Tümpling dran.

Er führte die Gattin galant zwar im Arm,


Doch außer dem Titel hatten beide kaum Charme.

Die Dienerschaft kuschte, so wie sich’s gehört.

Trinkgeld gab es nicht, keiner war groß empört.

Das war schon immer so, dachten die Braven

Bei den hohen Herrschaften aufwärts vom Grafen.

Dann rief der Hofmarschall besonders vornehm und laut:


„Fürst von Quakewohl aus Sumpfhausen mit Braut“.

„Welch ein hübsches aristokratisches Paar“

Dachte so manche der anderen im Publikum.

Doch König Blähbauch kurz angebunden lapidar,

Begrüßte die beiden nur Kopf nickend stumm.

Er mochte den Fürsten nicht seit der arrogant

Hatte ihn in der Jugend einst Dickwanst genannt.


Da ging ein raunen durch den Saal.

„Prinzessin Immergrün mit ihrem Gemahl“,

So rief der Hofmarschall sie aus.

Beifall gab es und Applaus.

„Hallo Papa“ rief sie, dann Käslieb zugewandt.

„Nett sie zu sehen“. Sie gab ihm die Hand.

Er hielt sie lang fest und gab ihr zu verstehen:

„Ich freue mich auch euch beide zu sehen“.

Und grüßen sie bitte ihre Schwester von mir.

Ich vermisse sie sehr beim Frosch-Empfang hier.

Ach richten sie ihr doch folgendes aus:

„In Gedanken wäre bei ihr Käslieb die Maus“.

„Oho“, scherzte da die Prinzessin Immergrün;

„Sie sind für eine Maus aber überaus kühn.

Sehr gerne richte ich Quapphilde das aus.

Sie weint zu Hause die Augen sich aus

Weil sie zum Empfang wäre so gern gegangen.

Auch sie hat, das weiß ich, nach ihnen Verlangen“.

Wie hat diese Nachricht dem Prinzen behagt.

Er hätte am liebsten noch mehr ihr gesagt.

Doch die Reihe des Hofadels war noch lang

Und alle wollten auch von ihm einen Händedruck beim Empfang.


Der nächste streckte die Rechte bereits aus

Und legte dabei seine Stirn in Falten arg kraus.

Er fragte den Prinzen direkt und ganz leger,

Wie teuer solch ein schöner Pelzmantel wär,

Und ob so ein dünner, langer und biegsamer Schwanz

Nicht hinderlich sei, besonders beim Tanz.

Käslieb hat darauf dem Aristokraten

Augenzwinkernd lächelnd das folgende verraten:

„Den Pelzmantel gibt es im Mausreich geschenkt

Und der Schwanz wird beim Tanz über die Schulter gehängt.


Dann kam in der Reihe der Fürst Quax von Quaxen.

Der machte nicht erst lang vornehme Faxen.

Er sprach grinsend zu Blähbauch „Hallo Paul“,

Weißt du noch damals wir beide als Kaul ,

wie schön es einst war als Quappe mit Schwanz,

mit all den hübschen Dingern, und nicht nur beim Tanz!

Der König lachte, an seiner Seite Teichhilde

Bekam rote Bäckchen, denn auch sie war im Bilde

Und wusste was die beiden dereinst zu zweit

Hatten getrieben in ihrer Jungquappenzeit.

Sie wusste so manches, den oft war sie mit

Den beiden im Schilfe zusammen zu dritt.

Ja das waren Zeiten, ach war das ein Glück,

Doch leider kommen sie nie wieder zurück.

Quax küsste der Gattin des Königs galant

Und zärtlich wie früher die feuchtgrüne Hand,

und überreichte ihr, der alte Filou

nebenbei auch noch ein paar Blümchen dazu.


Zu Blähbauch sprach er, wie früher zum Kaul,

Wir sehen uns demnächst und sei nicht so faul.

Dann lächelte er schelmisch zur Königin milde

Und flüsterte „Machs gut so wie früher Teichhilde“.


Als nächste war Witwe Quakefee

Dann an der Reihe beim Defilee.

Sie blieb vor Käslieb lange stehen.

Sie sind für eine Maus schon sehr berühmt

Sprach sie und sicher weit herumgekommen.

Und dann plötzlich und ganz unverblümt

Hat sein Schwänzchen sie genommen.

Um es genau sich zu besehen.

Ach hat freundlich sie gelacht

Mir scheint das ist aus Samt gemacht.

Darf ich mal streicheln mit der Hand?

Die Frösche hier in unserm Land

Fuhr sie fort und sah in sein Gesicht,

Kennen so was schönes nicht.

Er kam dem Wunsche gerne nach.

Die Witwe streichelte gemach,

So dass es sich begann zu heben.

Ach könnt’ mein Mann das noch erleben,

Sprach sie traurig dann im Gehen

Und vielen Dank auf Wiedersehen.


So geht es oft zu auf einem Empfang.

Der Wortwechsel ist meist nicht lang.

Doch wie just im Konjunktiv,

manchmal doch recht intensiv.

"Small Talk" ohne Lob und Tadel

Nennt solch ein Gespräch der Adel.


Danach war Oberst Padderan

Mit seiner Pickelhaube dran.

Nachdem den Helm er abgenommen


Ist er anmarschiert gekommen.

Er schritt schnurstracks auf Käslieb zu

Und bot ihm sogleich an das du.

Dabei hat er den Prinzen angegrient

Und nachgehakt mit „Wo gedient“.

Käslieb sagte drauf spontan

„nirgendwo“ zu Padderan.

„Mein Volk“, fuhr er fort mit Ziel gerichteter Wendung

Hält das Militär schon ziemlich lang für Verschwendung.

Dieser Antwort war der Oberst Padderan,

Ganz und gar nicht zugetan.

Er knallte die Hacken militärisch zusammen

Und es schien als wollt er den Mauser verdammen.

Für ein Volk ohne Militär und ganz ohne Schliff

War der Herr Oberst zu schwer von Begriff.


Das Defilee nahm seinen Gang.

Die Reihe der Honoratioren war lang.

Als nächster gab sich General von Quarzquak die Ehre,

ein grüner Oberfeldmarschall der Frösche im Heere.

Er hatte die Rede von vorher gehört

Und sich am abrupten Abbruch gestört.

Vor dem Prinzen ergriff auch er gleich das Wort

Und fuhr mit der Meinung seines Vorredners fort.

Ein Volk ohne Truppe, Soldaten und Drill,


Wie das vor den Nachbarn bestehen nur will

War ihm unerklärlich, das könne nicht sein.

Ein Volk ohne Schutz durch Offiziere geht ein.

Ein Land ohne Waffen und ganz ohne Militär

Für ihn undenkbar und gar lächerlich wär.

Käslieb hat ihm als Erwiderung erzählt,

dass sein Volk hatte Brot an Stelle von Waffen gewählt

Und zwar für alle, das ist daheim bei uns Pflicht,

Im Gegensatz zu anderen wo die herrschende Schicht,

Die oberen zehntausend im Wohlstande schlemmt,

Während dem Volke das Wort „satt“ bliebe fremd.

Das saß und hatte Quarzquak die Sprache verschlagen.

Wie konnte ein Fremder wie Käslieb es wagen,

Mit ihm, der beschützt im Froschvolk jedweden,

In solch einer deutlichen Sprache zu reden.

Doch wusste er nicht so recht sich zu wehren.

„Ich werd mich über dich beim König beschweren“

Schimpfte er laut, doch jener spitzte das Ohr

Und rief ihm grinsend zu. „Trag es mit Fassung und mit Humor“


Weiter ging es im Hof-Defilee,

„Graf Rülinger Hupps von der Hops Hautevolee“.

Danach Gräfin Hucke Plumperquatschmatsch

Mit ihrem Geliebten Hupf Kladdaradatsch.

Der folgte der Reichsrat Frosch Klunkerleklung

Mit einer Kröte die für ihn erheblich zu jung.

Dann Freiherr Fürst Kakokerakoax

Mit Madam Pogge Laichfertig von Lax.

Auch Kulo von Kecker und Tulunk trat auf

Und Krieger wie Quadart und Grünrock zu Hauf.

Prassäus ein Leutnant, gar schick anzusehen,

Blieb vor Blähbauch dem König lange Zeit stehen.

Sie hielten ein Schwätzchen und tauschten sich aus.

Doch um was es dabei ging konnte die Maus

Obwohl sie neugierig lauschte, nicht recht verstehen

Denn es war im allerfinstersten Plattquak geschehen.

Zu ihm selbst sprach in Hochquak der Leutnant ganz schlicht:

„Prassäus, angenehm, Guten Tag“ und mehr nicht.

Danach küsste er Teichhilde gar vornehm die Hand,

Was Käslieb überzogen und unpassend fand.

Er dachte bei sich und der Gedanke tat weh:

Das ist wohl der Schwiegersohn, jetzt noch in spe.

Plötzlich musste an Quapphildchen er denken:

Sollte die etwa sich an einen Soldaten verschenken?

In einem Staat wie in Froschland ist es sicher die Norm

Dass hübsche grüne Mädchen stehen auf Uniform.

Plötzlich fühlte er sich arg isoliert.

Doch dann dacht er bei sich, auf Gewissen und Ehr,

Was gäbe der Leutnant Prässäus denn her

Wenn er vor mir stünde un-uniformiert?

Dünne Beine, Plattfüße, großer Kopf mit breitem Mund,

Glotzaugen und glitschige Haut, was war nur der Grund,

An was mochte es, dacht er, in Wirklichkeit liegen,

Dass Quapphild, die Holde auf den konnte fliegen.

Da klopfte der Hofmarschall dreimal en bloc

Auf den steinernen Boden mit dem hölzernen Stock

Und hob seine Stimme zum vornehmsten Ton.

Seine Durchlaucht Blähbauchs Papa erschien vor dem Thron.

Er hatte sich glänzend, das sah man, gehalten.

Der König war ähnlich in manchem dem Alten.

Das Bäuchlein hatte er von seinem Vater geerbt

Wie auch seine Froschhaut war wasserdicht gegerbt.

Auch zog der Papa den Mund ähnlich breit

Wie der Sohn beim Quaken bis zu den Ohren hin weit.

Auch ihre Äuglein strahlten gleichermaßen gütig im Farbton Brokat.

Die beiden waren sich ähnlich, weiß Gott in der Tat.

Der alte Herr trug eine Gererals-Uniform.

Dazu hatte ihm sein Schneider geraten.

Das Koppel daran verlieh ihm die Form

Eines noch drahtigen jungen Soldaten.


„Hallo Papa“ rief Blähbauch und der ältre „Hall Paul“.

Dann umarmte der Vater gar herzlich den Kaul.

Zum Mausprinzen sprach er freundlich „ich bin darauf stolz

Einem wie dich kennen zu lernen aus anderem Holz“.

Du kommst von weit her, kennst dich aus auf der Welt.

Bericht uns doch, wie es um die ist bestellt.

Erstatt uns doch morgen, so bitt ich, Bericht,

Wie du die Dinge siehst aus mausgrauer Sicht.

Morgen nach der Video-Schau, das passt sicher gut,

Falls es dem Hofstaat genehm und dem König geruht.

Um zehn Uhr wenn’s recht ist, vor versammeltem Haus,

Und lass auch, wenn du magst dich über uns ruhig aus.

Erzähl uns von fremden Ländern, Kontinenten und den Sternen.

Mein Volk ist stets bereit und begierig zu lernen.

Wir sehen uns dann morgen, pünktlich um Zehn.

Bis dahin mach’s gut, ich muss nämlich geh’n.

Ich hab großen Hunger und bis hier das Bankett

Eröffnet wird, lieg ich längst schon im Bett.


Weiter ging es im Zeremoniell

Der Reihe nach, exakt und formell,

Hat man den Adel sowie die Frösche mit Geld

Der königlichen Herrschaft bei Hof vorgestellt.

Der Marquis Limmnocharis, ein Sänger von Rang

War ebenfalls gekommen, weil er gerade nicht sang.

Weitmaul von Tryller und Wrecke von Hops,

zwei neureiche, großmäulige Snobs

Waren auch eingeladen, weshalb wusst’ kein Frosch.

Wahrscheinlich war der Grund ihre vornehme Gosch.

Der Hauptmann Pelobates Rührendreck

Kam mit der Jungfer Plumpart Quappenschreck.

Das Edelfräulein Fleuchtdiekält

Wurde als Single vorgestellt.


Graf Klunkerlung mit seiner Mätresse

Erregte besonderes Aufsehen und Interesse

Denn die Geliebte war achtzehn und er

Achtzig bestimmt oder auch etwas mehr.


Auch Tulunk war da, ein hochgeistlicher Rat.

Er lebte im Sumpfe im Konkubinat.

Entspannt trat er auf, mit fröhlicher Mine,

Am Arme Moquetera die Konkubine.

„Wie geht’s euch“ fragte Blähbauch, „lang nicht geseh’n“

„Heute Früh ging’s noch und ich hoff es wird auch morgen noch gehen“

Antwortete Tulunk und grinste gar breit,

„Ich bin ja jetzt Rentner und hab sehr viel Zeit“.


Auch die Comtesse Hüpfegern von Sümfling

mit dem jungen Hüpfer Junker Grün, ihrem Günstling,

Gaben Anlass zu manchem neidischen Blick

Denn der Junge war bestens gebaut und sehr vornehm und schick.

Und die Comtesse mit ihren traumhaften Maßen,

Bewirkte, dass die manche zu atmen vergaßen.


Ein Nachfahr von Lymnocharis Physignatus trat auf,

Sowie uniformierte Militärs noch zu Hauf.

Watrachus, Quax, Kikkerling und Batrachus,

vier Leibgardisten dann zum Schluss.

Zu ihnen sprach Blächbauch gar vornehm und laut:

„Ich habe vor Jahren euch damit betraut,

Dass ihr dem Reiche dadurch sollt nützen,

Die königliche Familie vor Mördern zu schützen.

Das habt ihr bis heute wirklich bestens getan.

Drum heft ich als Dank diesen Orden euch an.

Mit dem Großkreuz das Reiches am grünen Jackett,

Schritten die vier dann stolz zum Bankett.

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.