Mittwoch, 27. August 2008

Kriegsbericht Folge 2

Auf Kontrollfahrt

Dann rief er die Wache, „kommt lasset uns gehen,

um unten am See nach dem Fremden zu sehen“.

„Wir nehmen“, sprach er, „das scheint mir kommod,

für die Reise dorthin von der Marine ein Boot“.

Das war der Befehl ! So wurd es gemacht.

Per Sänfte hat man den König zum Hafen gebracht.

Durchs flache Wasser und über das Watt


Zog den Herrscher auf einem Seerosenblatt,

Alle rekrutiert aus dem Kreis der Verwandten,

Die edle Schar seiner treuen Trabanten.

Sie schützten den König nach allen Seiten

Um ihn sicher durchs düsterer Schilf zu geleiten.

Im Hafen stieg man zur Marine an Bord.


Die stach gleich in See, lief aus Richtung Nord

Mit Kurs 360, auf den Froschteich hinaus

An den Klippen vorbei, hin zur schlafenden Maus.

Es war früher Morgen, es wurde schon hell,

Da entdeckte der Ausguck vom Mastkorb das Fell

Unter dem schnarchend am moosgrünen Strand,

Der Fremde ruhte auf verbotenem Land.

Eskortiert von vier Kriegern , es war sein Ressort

Nahm der Herrscher gar mutig sich den Eindringling vor.

Es galt zu entscheiden auf Verderb und Gedeih

Ob jener schuldig oder unschuldig sei.

Der König besah sich den Fremdling genau.

Dann sprach er: „Wenn recht meinen Augen ich trau,

Bist du ein Nachfahr von Maus Krümeldieb,

Deren Tod unsre Völker auf das Schlachtfeld einst trieb,

In den Wahnsinn des Krieges, zu Mord und Verderben.

Die Elite der Frösche und Mäuse musst sterben

Weil dein Ahn Krümeldieb, Gott hab ihn selig,

Vom Schwimmen nichts verstand und vom Tauchen zu wenig.

Er ist in der Antike zu Tode gekommen

Als Pausback ihn mit auf den See hat genommen.

Das Andenken an beide gilt es zu bewahren

Und auch das was geschah vor so vielen Jahren.

Just gestern haben Gelehrte besprochen

Und gar eifrig im Fernsehen life diskutiert

Was sich einst ereignet in jenen Epochen

Als, weil rau waren damals die Sitten,

Sich unsere Völker so heldenhaft stritten,

Um ein Unglück am See das damals passiert.

Noch heute preisen weltweit Literaten

Unserer Ahnen ruhmreiche Taten.

Wir saßen gerade gemütlich beisammen

Als Quakus, Gott möge den Dämlack verdammen

Uns störte beim Fernseh’n. Der dumme Kadett

Platzte mitten hinein ins Literatenquartett.

Er meldete mir, dass mein Volk sei bedroht

Weil ein Fremder missachtet hat das Verbot

Zu betreten unser froscheigenes Land

Und sich niederließ um zu schlafen am Strand.

Ein Feind, der zu solch einer Tat sich erkühnte

Wahrhaftig eine Tracht Prügel verdiente,

So hab ich im Zorne zu Hause gedacht

Und schleunigst hierher auf den Weg mich gemacht

Um den Eindringling eigenhändig zu erschlagen

Oder ihn aus meinem Reiche zu jagen.

Wie bin ich erfreut an eines Feindes Stelle

Euch hier zu finden an unserer Quelle.

Euerm Volk sei das Trinken auf ewig gewährt

So hat es Rex Pausback einst schriftlich erklärt.

So besteht auch kein Grund mit dir mich zu zanken.

Im Gegenteil, lass für den Besuch mich dir danken.

Wahrlich, ich freu mich leibhaftig zu treffen

Von Kümeldieb einen Ur-ur-ur-Neffen.

So tu ich was damals getan hat mein Ahn:

Ich bitt dich komm mit mir auf meinem Kahn.

Die Marine bringt uns zu meinem Palast.

Erweis mir die Ehre und sei dort mein Gast.

Und weil er im Mausblick die Skepsis gesehen

Gab er Krümeldiebs Nachfahren rasch zu verstehen,

Dass Angst vor der Überfahrt unangebracht

Weil die Marine das sicher ohne Risiko macht.

Und außerdem, sprach er, würde es passen,

Wenn wir uns gemeinsam nun einmal befassen

Mit der Entstehungsgeschichte und der Chronologie

Des Krieges von dereinst, der Batrachomyomachie.

„Bestimmt“, fuhr er fort, „ist es hoch interessant

Wie von der Antike zur heutigen Zeit

Für unsere Geschlechter der Bogen sich spannt.

Also komm doch mit, es ist ja nicht weit.

Ich freu mich schon jetzt ganz tierisch darauf

Wenn ich heut zu Haus das Video leg auf,

Was dann die klugen Manntier-Literaten

Uns über unserer Vorväter alles verraten

und ob aus heutiger Sicht von den alten Geschichten

Um Krümeldiebs Tod sie Neues berichten.

Doch bevor wir zur Navy an Bord uns begeben,

Berichte von dir, was machst du im Leben.

Dies zu erfahren hab ich hier das Recht

Denn auch ich bin ein König aus großem Geschlecht.

Adelig, rein, hochwohlgeboren und gut

Mit Edel im Sinne und Rasse im Blut.

Mein Volk nennt mich Blähbauch und begrüßt mich mit „Heil“.

Auch wird mir zu Hause jede Ehre zuteil

So wie es einem König und Herrscher gebührt

Der rechtschaffen ehrlich seine Untertanen führt.

Auch du, das fühl ich, bestimmt hab ich Recht,

Stammst aus edlem Geblüt und bist sicher kein Knecht.

Ein Graf, ein Fürst, vielleicht ein Kronprinz sogar,

So wie es im Altertum einst Maus Krümeldieb war.

So bitt ich dich herzlich, erstatt mit Bericht.

Erzähle mir alles, ich bin drauf erpicht.

Nenn mir deinen Namen und auch deinen Rang

Damit ich bei Hofe beim offiziellen Empfang

Vorstellen dich in gebührender Weise

Im erlauchten hochadeligen Froschhöflingskreise.

Da räusperte vornehm sich erstmals die Maus

Und rückte gesprächig mit der Antwort heraus.

„Großmütiger Blähbauch, ich grüß dich mit „Heil“.

Hab Dank für die Ehre die mir wird zuteil.

Jawohl du hast Recht. Mit scharfem Verstand

Hast du meine Herkunft richtig erkannt.

Mein Vater ist König und sitzt auf dem Thron.

Sein Name ist Käslieb und ich bin sein Sohn.

Meine Mutter stammt ab von Maus Specklerin.

Sie trägt Vaters Namen seit ich bei ihr bin.

Mein Papa trägt die Mauskrone schon

in der einhundertsiebzehnten Generation.

Ich mach ganz bescheiden damit dir nur klar,

Dass Troxartes mein Urahn verwandt mit ihm war.

Geschwister hab ich schon lange nicht mehr.

Meine Schwester kam um im Straßenverkehr.

Ein Bruder starb fliegend in einer Concord.

Alle Welt sprach damals von Überschallmord.

Der Airline mit der er nach Übersee wollte

Mein Vater, der König noch jahrelang grollte.

Der Erstgeborene, welcher Nussknacker hieß

Die Erde nach einem Gewehrschuss verließ.

Meine Mutter sprach weinend oft von Verrat

Und die Zeitungen schrieben von Mausattentat

Der Gute fürwahr, er wurde nicht alt.

Hinterhältig feige abgeknallt

Hat ihn ein Manntier mit geladenem Schrot

Im Schilf mit der Mauser. Er war sofort tot.

Doch was hülfe mein Jammern, was hätt ich davon?

An mir bleibt letztendlich hängen der Thron.

Du siehst edler Blähbauch, du hattest ja Recht,

Auch ich bin bald König im Mäuse-Geschlecht.

Mein Vater ist alt und er macht nicht mehr lang.

Dann erb ich seinen Namen, sein Reich und den Rang.

Käslieb der Zwote werd ich dann genannt.

Zu Hause bin ich heut schon als Kronprinz bekannt.

Mein Spitzname ist Listzahn, das sei dir verraten.

Das Mausvolk rühmt heute bereits meine Taten.

Würdest du einen von den Unsern befragen

Würde er dir manche Geschichte zutragen

Über mich den listigsten und kühnsten der Recken,

Den selbst die Krallen der Katze nicht schrecken.

Den Frosch der interessiert die Rede gehört

Hat zwar die Überheblichkeit etwas gestört

Mit welcher des Mauskönigs Sohn

Sprach über die seinen, sich selbst und den Thron.

Doch wollt er den blaublütigen fremden Gesellen

Nicht gleich mit seiner Antwort verprellen.

So erwiderte er gönnerhaft und gescheit:

„Edler Prinz bitte, mein Schiff steht bereit.

Komm mit mir an Bord, wir fahren zur See.

Die Marine gibt für uns ein Gala-Diner,

Denn Essen und Trinken das weiß jedermann

Ist was die Marine am besten noch kann.

So schippern gemütlich und ganz ohne Hast

Wir sicher hinüber zu meinem Palast.

Dort nehmen wir ab die Truppenparade

Der einundzwanzigsten Sumpfrohrbrigade

Die just gerade heute in Dienst wird gestellt.

Ich hoff dass dir der Programmpunkt gefällt.

Danach erwartet uns das Hofdefilee.

Die Minister mit den Damen und die Frosch-Hautevolee

Habe ich heute zum Tee eingeladen.

Auch stell ich dir vor ein paar Kameraden

Von denen ich einst das Kriegshandwerk lernte

Und ein paar Verwandte nicht allzu entfernte.

Am Nachmittag gehen wir zum Wasserballett.

Als Höhepunkt folgt das Literatenquartett

Das ich für dich, als besondere Gabe

Als Video-Mitschnitt zu Haus bei mir habe.

Den sehen gemeinsam mit den Ministern wir an

Weil man mit denen danach so schön plaudern noch kann.

Du wirst sehen, das wird auch für dich interessant.

Ich selbst bin schon jetzt wie ein Bogen gespannt.

Nach Blähbauchs Erwiderung gingen beide an Bord.

Schon unten am Fallreep salutierte ein Lord.

An Oberdeck stand als besondere Zier


Mit Orden geschmückt der Zeremonienoffizier.

Es wurde gepfiffen und getrillert gekonnt,

Erst Seite, dann Abpfiff und Anpfiff zur Front.


Und parallel zu alldem erfolgte das Glasen.

Die Besatzung stand still, salutierend und stramm.

Dem Froschkönig gefiel das ganze Tamtam.

Am Ende wurd auch noch die Hymne geblasen.

Dann kam der IO mit paradierendem Degen.

Geduldig nahm Blähbauch dessen Meldung entgegen.

Auf den Gast wirkte das maritime Zeremoniell

Irgendwie belustigend doch auch originell.

„Das ganze Schiff ist ziemlich mondän“,

Dachte die Maus. Da kam der Quakitän.


Mit Handschlag begrüßte , ganz ohne Getu’

Der Froschkönig jenen, man war einst vor Jahren

Gemeinsam in ein und derselben Crew

Auf dem Marine-Schulschiff Froschland gefahren.

„Hallo Hein, sprach der König im freundschaftlichen Ton.

„Mein Gast hier zur Rechten ist von Käslieb ein Sohn.

Er begleitet mich heim. Erweis ihm die Ehre

Und steuere einen ruhigen Kurs auf dem Meere.

Und dann fügte mit Blickrichtung zum Schiffssteuermann

Er schelmisch lächelnd der Nachsatz noch an.

Mein Freund ist kein Seemann, wie ihr ja wohl seht,

Der so wie wir Frösche, auf Seebeinen steht.

Also meidet die Wellen steuert so zum Palast

Dass den Prinzen die Seekrankheit nicht erst erfasst.

Doch nun Anker auf und die Segel gesetzt


Auslaufkurs Süd, mit raumen Wind so wie jetzt

Macht das Schiff zehn bis zwölf Knoten bestimmt.

Und wenn man das Mittel berechnet daraus,

Vorausgesetzt, dass der Wind nicht abnimmt,

Dann sind wir so gegen Mittag zu Haus.

Und weiter sprach er zur Maus hin gewandt:

„Der Quakitän ist dafür unser Garant

Dass sicher wir queren an Bord hier den Teich

Und wohlbehalten ankommen in unserem Reich.

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.