Donnerstag, 25. Juli 2013

Batrachomyomachia


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-9
 Achter Kriegstag


"Als ich zwischen all den Büchern saß
Und manchen gefälschten Schriftsatz las,
Wurd mir, weil ich sehr skeptisch war,
Nach und nach so manches klar.

In der geheimen Bibliothek 
Fand ich mancherlei Beleg
Dafür wie einst der Pontifex
Die Laterankirche regierte
Und im Sieben, Sieben, Eins-Kodex
Die alten Schriften dort frisierte.

Nehmen wir, weil es just passt,
"Lateran", den Froschpalast.

Wo heute im modernen Rom,
Die Haupkirche steht, der Petersdom,
Stand einst Neros Lateran-Palast
Welcher der Kirche ihren Namen gab.
Dem Papst mit seinem Hirtenstab
War Nero der Antichrist verhasst.
Deshalb durft' nicht sein was war.
"Lata-Rana", breiter Frosch,
Geboren aus des Kaisers Gosch,
War für die Kirche als ihr Name
Angebracht nicht als Reklame.
Das ward dem Pontifex  schnell klar
Weshalb den Namen er beizeiten
Begann von "Latus" abzuleiten,
Was so viel wie seitlich hieß
Und auf den Bezirk verwies
Wo im Norden der Stadt Rom
Tatsächlich steht der Petersdom."

"Ja, ja," hakte der Mausprälat
Mausenich nun grinsend ein:
"Die Krötenmutter Nero, nein,
Die wollt man nicht im Kirchenstaat!"

Und dann sprach er weiter: Doch
Vor tausend Jahren schrieb man noch
Von "Lata-Rana", Lateran!"
Dann fügte einen Vers er an
Der in der Kaiserchronik stand
Wo man kürzlich ihn erst fand:

"Als Nero in Rom bei Tische saß,
Und just zu essen grad begann,
Erbrach aus seinem Schmer
Auf seinen Teller unverdaut,
Eine so breite Kröte er
Dass ich's gar nicht sagen kann.
Da sprangen die Welschen gleich zuhauf
Am Tisch von ihren Stühlen auf
Und riefen "Lata Rana" laut.
So gewannen sie den Namen
 Der Kirche unsrer lateranen."

(Dar authentische Vers in der Kaiserchronik
lautet nach * Hergemüller S. 117 wie folgt:
"Als der König über dem Tisch saß,
Erbrach er aus seinem Hals heraus
Eine Kröte, viel breiter,
Als ich es sagen kann.
Das sprangen alle Welschen aud
Und riefen "Lata rana!"
So gewannen sie den Namen,
So dass sie heute heißt: "Lararan". )



"Da siehst du es!" rief Hoppefroh,
"Was in Quellen anderswo
Man noch verschiedentlich kann lesen
Über die Kirchenmutter-Thesen,
Ließ Rom aus den Analen streichen.
Der Papst wollt eines nur erreichen,
Uns Frösche, die wir all zusammen
In Ägypten heilig waren,
Samt dem Kaiser zu verdammen.
Die Froschverehrer hat in Scharen,
Damit sie nicht im Lande blieben,
Man an den Nil zurückgetrieben.
Man wollte sie im Reich nicht haben.
Vor uns und unserem Gesang,
Den wir stets zum Besten gaben,
Waren alle Päpste bang.

Viele hat man in der Nacht
Am Tiber damals umgebracht.

Um uns Frösche auszumerzen
Ließen die Päpste alles schwärzen
Was im Archiv von unsern Riten
Geschrieben stand. Wir Batrachiten
Sollten wie die Donatisten
Unter ihrem Schismaticus
Dem weisen Großen Donatus,
Gezwungen werden zu den Christen
In Rom uns schleunigst zu bekennen.
Um römisch katholisch uns zu nennen.
Erst als die Vandalen kamen
Sind wir konvertiert
Zum Gott unter dem Römernamen
Sonst hätten sie uns massakriert."

"Ja, ja," sprach da Maus Mausenich:
"Das Verfahren kenne ich.
Uns Mäusen haben die Katholen
Mit Mord gedroht ganz unverhohlen
Und uns allesamt bis jetzt
Um die halbe Welt gehetzt.
Fast dreitausend Jahre lang
War das Mausvolk auf der Flucht
Und hat vor seinen Feinden bang,
Eine neue Bleibe sich gesucht.
Mit Ratten hat man uns verglichen.,
Ach es war ein Graus.
Nachdem aus unserm Land wir wichen,"
So ließ sich der Prälat nun aus,
"Wurden in hundert Länder wir versprengt.
Dass unser Volk blieb unvermengt,
Beweist, dass es ist von einer Art
Die sich nicht mit andern paart."

"Einmal, lass es dir berichten,
Wollt man uns total vernichten.

Gröfaz hieß der Mäuseschinder.
(steht ironisch gemeint für A. Hitler als Abkürzung
für die Bezeichnung "Größter Feldherr aller Zeiten")
Alte, Junge, sogar Kinder
Ließ er jahrelang verspotten.
Um unser Volk ganz auszurotten
Ließ er, es war fürwahr ein Grauen
Kammern, uns zu vergasen bauen.
Durch seine braunen Mörderhorden
Ließ sechs Millionen er ermorden.
Nur weil ein starkes Volk wir sind,
Das sich vermehren kann geschwind,
Überlebten wir den Holocaust."

"Auch mir noch vor dem Lumpen graust"
Erwiderte der Kardinal,
Und er fügte sogleich dann
Ein paar Sätze weiter an:

"Doch was anno dazumal
Der Gröfaz hat im Größenwahn
Deinem Volke angetan
Ist nichts gegen das Froschpogrom
Das verschuldet ward von Rom.

In den Analen der Archive
Fand ich dereinst die Motive
Die den Papst veranlasst haben
Uns das Wasser abzugraben.

Weil wir, wie ihr, als unrein gelten,
Nach Nummer elf Levitikus
Ließ der Pontifex uns schelten
Und unsre Völker postumus
Nach Amun unserm Ahn
Wie Hitler einst im Größenwahn,
Verleumden, verketzern, diffamieren,
Verteufeln, anschwärzen und diskreditieren.
Mit andern Worten ausgedrückt:
Rom ist von uns abgerückt!
Wir, die selbst einst Götter waren,
Mussten Schimpf und Schmach erfahren.
Milliarden von uns wurden jetzt
Weltweit dem Rufmord ausgesetzt.
So nirgends mehr für voll genommen
Ist es dann so weit gekommen,
Dass man Steine nach uns schmiss.
Die Schuld an unserm Daseins-Drama,
Das ist bewiesen und gewiss,
Trägt der Mörder Gregor Neun.
Ohne es je zu bereu'n
Erließ er die Bulle Vox in Rama.

Was jener Pflicht- und Ehr vergessen,
Unserem so stolzen grünen Clan
In aller Welt hat angetan,
Kann nur ein Frosch wie ich ermessen."

Und dann führte er oh Graus
Was einst geschehen war gleich aus:

"Mit einem Rohr aus Stroh,
Von hinten direkt durch den Po,
Hat man die Bäuch' uns aufgeblasen,
So dass wir konnten nicht mehr tauchen.
Andre um sie zu vergasen
Ließ man Zigaretten rauchen
Bis sie nur noch japsten
Und ihnen die Lungen platzten.
Man hat das Leben uns vergällt
Und uns sogar beim Sex verprellt.
(Gemeint ist eine Art der Tierquälerei bei der die Frösche bereit zum
Amplexus auf eine Wippe gesetzt und dann hochgeprellt wurden)
Es war wie ein schlimmer Fluch.
Mancher erlitt 'nen Leistenbruch
Und viel von uns, so betrogen,
Sind in die Luft dabei geflogen,
Und mussten, es war nicht zu fassen
Das Leben bei dem Unfug lassen."

"Was stand denn in der Bulle drin?"
Wollte Mausenich gerissen,
Fragend nach dem Hintersinn,
Von seinem Gegenüber wissen.

"Ach," sprach darauf Hoppefroh,
"Die alte Sache die war so"
Und dann führte er der Maus
Was er drüber wusste aus.

"Als der Papst und seine Genossen
Sich in Rom dazu entschlossen
Gegen den Frevel vorzugehen
Der in Alemannia geschehen,
Gerieten wir, und nun gib Acht,
Schuldlos in Häresieverdacht."

"Wieso, weshalb, was tatet ihr,
Nun mach schon und erklär es mir"
Bat darauf kameradschaftlich
Der Mausprälat von Mausenich.

"Hör zu, die Sache die ist die...."
Und dann erzählte er ihm sie.

"Als vor siebenhundertsiebzig Jahren
So hab in Rom ich es erfahren,
Die Christen in den deutschen Landen,
Mit Luziferanern sich verbanden
Und ketzerisch dem Papste grollten
Und Respekt ihm nicht mehr zollten.
Sie drohten vom Glauben abzufallen
Und zeigten Gregor ihre Krallen.
Da wusst' der Papst nicht ein noch aus.
Und weil gefährdet war sein Haus,
Begann mit dreisten Lügen
Er Leid uns zuzufügen.

Mit Konrad von Marburg im Verein
Schritt der gegen die Ketzer ein.

Um sie alle zu vernichten
Ließ nach Rom er sich berichten,
Detailliert und akkurat
Was im Benefiziat
Die deutschen Christen alles trieben.

Die Proto-Inquisitoren,
Ganz nach Papst Gregors Belieben,
Reimten, beschrieben und beschworen
Sich eine Geschichte drauf zusammen,
Die von Münchhausen könnte stammen."

"Erzähl, erzähl, nun mach doch schon"
Drängte da der Maus-Prälat
In so aufgeregtem Ton
Dass Hoppefroh es sogleich tat:

"Ein Frosch in einer schwarzen Messe
Erregte danach das Interesse
Des Papste weil als Götze der
Angeblich gab sich dafür her,
Dass man ihm den Hintern küsst
Und auch das Maul mit Zungenkuss.
Und weil der Papst genau es wüsst'
Müsst gegen die verdorb'nen Seelen
Einen Kreuzzug er befehlen.
Und noch so manchen andern Stuss
Hat er denen die als Ketzer galten
In seiner Bulle vorgehalten."

"Ich hab Papst Gregor nicht gekannt,"
Führte der Kardinal der Maus
Zum besseren Verständnis aus.
"Vermutlich war sein Hirn verbrannt
Und er nicht mehr recht dicht;
Sonst hätte er die Bulle nicht
Am 14. Juni im Jahr sieben
Seies Postulates unterschrieben."

Der Prälat von Mausenich
Sprach drauf: "Das ist ja fürchterlich
Was euch der Papst hat angetan."
Dann fügte fragen sie noch an:
"Kannst du nicht vielleicht bis morgen
Eine Abschrift mir besorgen
Von dem päpstlichen Pamphlet
In dem das aufgeschrieben steht?
Die Sache interessiert mich sehr.
Vielleicht erfahr ich dann noch mehr."

Hoppefroh lachte: "Aber klar."
Er griff dabei in den Talar.
"Hier hast du es das ganze Drama,
Gregors Bulle "Vox in Rama."

***


 


Was der Klerus noch so trieb,
Und was geheim bis heute blieb,
Berichtet Euch der Kardinal
Hoppefroh das nächste Mal

wird fortgesetzt


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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.