Montag, 9. Februar 2009

Die Batrachomyomachia
im Ausland
(Dr. Friedrich Wild)

Im Studio indes war Madam
Sinnierlich nun als nächste dran.

Nachdem sie sich zurechtgesetzt,
Sprach sie: “Ins Ausland gehen wir jetzt.

Nicht weit, nur über den Kanal,
Nach England hin zunächst einmal.
In der englischen Philologie
Tauchte die Batrachomyomachie
Bereits vor tausend Jahren auf.
Doktor Friedrich Wild zuhauf
Bracht davon mit, ganz ungeniert
Aus London wo er recherchiert,
Sechzehn Tierkriegexemplare.
Ganz ohne Ausfuhrformulare,
Trug er am Tag vor Kriegsbeginn,
Sie von der Insel weg, nach Deutschland hin.

Er wollte ein Buch darüber schreiben.
Die Arbeit musste liegen bleiben,
Denn Wild zog als Soldat ins Feld.
Deutschland und der Rest der Welt
Schlitterten ins Kriegsgeschehen,
Wie einst die Tiere, aus Versehen.
Doch die Batrachomyomachie
War nichts gegen die Schlachten die,
Vom Führungsstil her nicht grad klug
Von vierzehn man bis achtzehn schlug.
Keinen der Kriegsteilnehmer fragte
Man, ob es ihm auch war genehm,
Bevor man ihn auf Schlachtfeld jagte,
Um kämpfend zu lösen das Problem,
Welches die Obrigkeit verbockt,
Sich hatte damals eingebrockt,
Die Unfähigkeit der Diplomaten,
Zwang rund den Globus die Soldaten
In den Krieg. Es sollte sich lohnen.
Nahezu siebzig Millionen
Männer zogen in die Schlacht.
Keinem hat es Spaß gemacht!

Nachdem der Schlieffen-Plan gescheitert,
Ward das Kriegsfeld kühn erweitert.
Manch unnütze Schlacht, wie Forscher sagen,
Wurde dereinst nur geschlagen,
Weil die Kriegsherren in jenen Jahren,
Noch dümmer als die Tiere waren,
Über die wir heute sprechen.
Es war ein Hauen und ein Stechen,
Das es zuvor, seit Menschen leben,
Gemessen am Ausmaße der Grausamkeit,
Seit dem Anbeginn der Zeit,
Hat auf der Welt noch nicht gegeben.
Von ihren Heerführern bewogen,
Soldaten in die Schlachten zogen.
„Marne“, “Loretto“, „Verdun“ und Flandern,
Von einem Einsatzort zum andern,
Zogen die Truppen und gekonnt
Verschanzten sie sich an der Front.
Schlamm im Westen, Frost im Osten.
Ganz Europa stand auf Posten.
Kugelhagel, Pulverdampf,
Mörderischer Grabenkampf,
Panzer, Mörser und Kanonen,
Bradschatzung wo Menschen wohnen.
Minen, Bomben und Granaten,
Gift und Gas. Für Heldentaten,
War in diesem Krieg kein Raum.
Es ist wahr, man glaubt es kaum,
Unnütz brachte man sich um.
Wieso das Ganze und warum,
Konnte keiner jenen sagen,
Die es wagten nachzufragen.

Der Krieg, das feige Ungetüm,
Zwang brave Menschen anonym,
In seine grauenhaften Klauen
Und zog zum Fürchten und zum Grauen,
Mit ihnen im Felde kreuz und quer,
In der ganzen Welt umher.
Er riss Bauern weg vom Pfluge
Und wütete zum eignen Truge.
Ohne sich lang zu besinnen,
Wen er lässt gewinnen.
Er stürzte, wie es seine Masche,
Die halbe Welt in Schutt und Asche.

Am Ende konnte keiner sagen
Wie viele Menschen ihm erlagen.
Neun Millionen oder mehr?
Friedrich Wild, der hatte Glück.
Schwer verletzt kam er zurück,
Mit einem Oberschenkelbruch.
Nutzlos geworden für das Heer,
Lag er, gefesselt nun ans Bett,
Wochenlang im Lazarett.
Dort schrieb er für uns dieses Buch,
Das wir als letzte seiner Gaben,
Heute Abend vor uns haben“.



Madam Sinnierlich holte Luft.
„Der Krieg der mörderische Schuft,
Zwang Wild zurück erneut zur Front.
Dort wo der Tod im Feld gekonnt,
Seinen Tribut fordert in der Schlacht,
Hat er auch Friedrich umgebracht.
Das letzte Wort von jenem Mann,
Das der im Felde für uns schrieb,
Füg ich hier in Prosa an,
So wie es uns erhalten blieb“.



„Die Feldpost ist hier angekommen“,
Sprach Madam Sinnierlich leis.
Ich habe sie mir vorgenommen.
Hier ist sie“. Und zum Beweis
Rückte das Werk von Friedrich Wild
Nebst sich selbst, sie stolz ins Bild.



Auch in England war es einst Mode,
Sprach sie erklärend frank und frei
Zu den Kollegen nebenbei,
Zu lesen den Tierkrieg von Homer.
Zum Griechisch-Studium mit Methode
War das Gedicht geeignet sehr.
Um fünfzehnhundertachtzig rum,
Setzte man ins Englisch um,
Was in Griechisch nur zu lesen
War bis zu jener Zeit gewesen.

Purfoote hieß der Übersetzer,
Dem seine Tat gereicht zur Ehr.
Friedrich Wild, obgleich kein Petzer,
Nannte uns noch viele mehr.

Ich will mit Namen euch verschonen“,
Gab Frau Sinnierlich zu verstehen.
Für Interessierte kann es lohnen,
Bei Aristoquakes nachzusehen,
Denn der, das hat er mir erzählt,
Hat die besten davon ausgewählt,
Und soweit sie ihm bekannt,
In seinem eignen Werk genannt.
Er führt allesamt auf mit Bravour
In seinem Band Literatur,
Des Machwerkes an dem er schreibt.
Keiner unerwähnt dort bleibt.



„Vier davon füge ich hier an,
An denen man ersehen kann,
Dass die Batrachomyomachie
Dereinst in England, dank dem Esprit
Von Dichtern und von Philologen
Beim Übersetzen wurde kaum verbogen.

„The Crown of Homer’s work“s, das passte.
Chapman, der das Werk verfasste,
Fügte als Nachsatz ein, im Eigenhohn,
„The work that I was born to do is done“.

Ein zweiter schrieb in Schwarz auf weiß:
„The Battle of the Frogs and Mice“

Auf einen wies besonders sie
Hin in der Kurz-Bibliographie.

Samuel Parker, ein Bischofssohn,
Legte in Oxford voller Hohn,
Erstmals das Poem politisch aus.
Er machte jene Posse draus,
Die, so wie er die Sache sah,
Der Wirklichkeit kam ziemlich nah.

Die Frösche als Anhänger von Wilhelm Drei
Waren die Bösen. Ihrer Prahlerei
War der Skandal am Hof zu danken
Sowie das Zerren und das Zanken
Um den Thron, der hoch begehrt,
Den Stuarts erstmals ward verwehrt.

Der Froschkönig, ein Bösewicht,
Stellt im englischen Gedicht,
Das wird jedem Dummkopf klar,
König Wilhelm als Verbrecher dar,
Der trotz allem Weh und Ach
Die Verfassung mehrmals brach.


Die Mäuse waren den Stuarts treu.
Das ist euch sicher alles neu“,
Lachte Madam Sinnierlich froh,
„und das nächste ebenso“.

„The Iliad in a Nutshel nannte
Wesley aus Angelsachsensicht,
Das uns allen wohlbekannte
Schöne homerische Gedicht,


“The Frog and Mouse Fight”
Hieß bei Lord Thurlow seinerzeit,
Das zweitausend Jahre alte Poem.

„Ich fand sie alle wunderschön“,
Sprach Frau Sinnierlich noch und dann
Fügte sie Fragmente an.
Und zeigte so damit versteckt,
Dass sie Englisch sprach perfekt.





wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.