Dienstag, 6. September 2011

Machwerk R.W. Aristoquakes

Teil 8 – 37

Auf dem Feld der Ehre


m Waldrand

wo die Tannen standen

Sich zwei zum Waffenstreite fanden

Die sich bislang noch nie gesehen,

Gelebt hatten in Wohlergehen,

Bis man sie zum Waffengang

Auf des Feld der Ehre zwang.

Beide mit inn‘rem Widersterben

Hatten sich dort hinbegeben

Denn sie hielten nichts davon,

Hatten gar `ne Aversion

Gegen den Krieg denn jeder wusste

Wie es im Kampfe kommen musste.

„Krieg“, dacht jeder, „ist eine Tat

Weitaus schlimmer noch als Hochverrat.

Wenn zwei Völker sich bekriegen

Muss das Volk im Blute liegen.

Die Führer die es sich erlauben

An einen Sieg im Krieg zu glauben

Sind allesamt nicht recht bei Trost“,

So dachten beide sie erbost.

„Krieg zu führen heißt nichts mehr

Als einen Knoten zu zerhauen!

Statt aufzulösen ihn mit Ehr

Die klügsten Leute zu betrauen

Schickt man uns Soldaten hin.

Kriege haben keinen Sinn“!

So dachten beide; was sie glaubten

Sie sich zu sagen nicht erlaubten.

Stattdessen taten sie ohne Lust

Was man im Kriege machen musst‘.

Beide hatten sich zwar vorgenommen

Gesund vom Kriege heim zu kommen;

Doch es kam anders als gedacht!

Es wurde ihre letzte Schlacht.

Prassophagos hieß der grüne

Sonst so friedfertige Hüne.

Sein Gegenüber Flusenschwanz

War etwas kleiner zwar von Wuchs

Doch im Kampf aus der Distanz

Beschlagen und listig wie ein Fuchs.

Mit dem Speer, das konnt‘ man sehen,

Verstand er bestens umzugehen.

Er wehrte mit dem langen Stab

Prassophagos Angriff ab.

Dessen Schwert, das buckelschwere

Hieb immer wieder nur ins Leere.

Dann stieß sie zu die tapf’re Kleine.

Heiß fuhr der Speer ihm durch die Beine.

Er war blockiert, konnt‘ nicht mehr laufen;

Sinnlos war das Weiterraufen.

Mit dem Schwerte in der Hand

Er aufrecht noch ein Weilchen stand.

Dann stürzte er, gefesselt so

Ward er des Lebens nicht mehr froh.

Sein Gegner hat den Speer zerbrochen.

Den Schaft ihm dann ins Herz gestochen.

Gebettet auf den Lederschild

War der Frosch nicht mehr gewillt

Zum Gegenschlage auszuholen.

Dazu war er schon zu tot.

Seine Seele in höchster Not

Ach was hatte sie Manschetten,

Hat heimlich sich davongestohlen

Um ihr Leben sich zu retten.

Sie ist Flusenschwanz entkommen.

Mit dem hat es ein End genommen

Welches noch schlimmer war als das

Von Prassophagos alias.

Im Rohrdickicht am Krötenpfuhl

Lauerte Pogg Quakecool.

Der stieß, wie bei Homer Achill

Einst Mulios den Speer mit Drill,

Gekonnt als wär‘s ihm angeboren

Flink durch beide Mäuseohren.

Flusenschwanz vom Speer durchbohrt,

Wollt‘ fliehen doch er konnt‘ nicht fort.

In den Ohren die ehern scharfe Spitze

Brannte in mörderischer Hitze

So dass Ihr beinah die Sinne schwanden.

„Wenn mir das Leben kommt abhanden“,

So dacht die Maus fern von zu Haus,

Dann ist es mit dem Mausen aus.

Da löste sich der Speer. „Den bin ich los“

Dach‘ sie. Da traf sie dessen Stoß

Mit Wucht erneut, nun in die Stirn

Und drang tief ein in ihr Gehirn.

Sie dachte nur noch „wie gemein“;

Dann trat der Exitus schon ein.

Sie hatte Glück: Sekunden später

Kam des Wegs ein Sanitäter.

Der stellte gleich den Hirntod fest.

Er schlug den Kopf ihr ab: Den Rest

Nahm er mit ins Lazarett

Denn die Maus trug im Jackett

Ein unterschrieb’nes Formular

Wonach Organspender sie war.

Im Lazarett der Stabsarzt dann

Sah sich die frische Leiche an.

Leber, Milz, das Herz, die Nieren,

Alles gut zu transplantieren.

Magen, Blase, Darmgeschling

Auch noch zu verwenden ging

Freute er sich: Auch der Schwanz,

Ja sogar das Fell ist ganz.

Auch die Beine sind noch heil.

Mit dem Skalpell schnitt Teil für Teil

Er aus dem edlen Spender-Nager

Heraus für das Ersatzteillager.

Der Oberstabsarzt bot derweil

Im Lazarett die Teile feil.

Da wurd gefeilscht; wer noch Fressalien

Hatte bekam die Materialien.

Die Kriegsversehrten stritten sich:

„Die Leber heut bekomme ich“

Brüllte der Hauptmann Schlürfebier;

„Ich hab noch etwas Trüffel hier.

Das Griebenschmalz soll obendrein

Für dich ein kleiner Anreiz sein

Mir auch die Leber einzubauen.

Ja ich hab zu dir Vertrauen.

Wenn du mich hast operiert

Und alles gut dann funktioniert,

Lade ich Dich zum Essen ein

Und zu `ner Flasche Schampus-Wein“!

Dem Angebot, wie vorgeschlagen,

Konnte der Doktor nicht entsagen.

Ein Handschlag, schon war‘s abgemacht,

Die Sachen an die Maus gebracht.

Die andern Teile, gegen Speck

Gingen wie warme Semmeln weg.

Pfoten, Milz und beide Nieren

Blieben bei den Offizieren

Denn die lagen erster Klasse

und hatten eine bessre Kasse.

Das Herz bekam Graf Quietscheklug

Weil seines schon sehr schwächlich schlug.

Er bezahlte keinen Cent

Denn er war Privat-Patient.

Der Oberst ließ den Doktor kommen

Und hat beiseite ihn genommen.

„Einen Orden schenk ich dir

Wenn du die Blase dort gibst mir

Samt dem ganzen Drum und Dran,

Damit ich wieder pinkeln kann.

Du kennst mein kleines Problemchen ja

Die viel zu große Prostata.

Flusenschwanz hätt‘ nichts dagegen“.

„Ja“ sprach der Stabsarzt, „sollst du haben;

Ich flick den Schwanz vom toten Knaben

Dir auch, wenn Du ihn willst, noch an.

Vieleicht brauchst du ihn ja irgendwann“

Dann hat schelmisch er gelacht

Und an die Arbeit sich gemacht.

Der Generaloberst von Rattenstein

Erhielt das rechte Hinterbein

Des Spenders namens Flusenschwanz

Denn ein rechter Offizier

Braucht neben Popanz und Ordensglanz

Für den Aufrechtgang stets vier.

Er hatte die rechte Hinterhand

Verloren jüngst im Feindesland

Als er in eine Falle trat

In welcher Käse lag parat.

Piepser, der Spieß hat Speck geboten

Für den Pelz von jenem Toten

Der als Soldat im Krieg bewährt

Zum Spender hatte sich erklärt.

Der Kirchenmauser Flizz arg arm,

Bekam umsonst ein Stückchen Darm,

Obwohl es davon reichlich gab,

Vom gefallenen Helden ab

Um sein Gedärm zu reparieren

Und den Bauchschuss zu kurieren

Den er sich eingefangen hatte.

Doch letztendlich war er angeschmiert.

Weil, als er wurde operiert,

So steht‘s auf seinem Krankenblatte,

Bei der OP ging was daneben.

Das Ersatzteil war zu kurz,

Tritt nun seitwärts aus sein Furz.

So ist das manchmal eben,

Im Frontlazarett beim Militär!

Für nichts gibt es im Krieg Gewähr

Schon gar nicht für das Leben

So ist‘s im Kriege eben.

Eines bleibt noch nachzutragen:

Fürst Schmalzner hat `nen neuen Magen,

Weil ein Geschwür saß drin im alten,

Auf diese Weise auch erhalten.

Außerdem Graf Spinneratz

Erhielt für seinen Schwanz Ersatz

Denn er hatte bisher einen

Viel zu kurzen und zu kleinen.

Während im Lazarett in Eile

Die Ärzte bauten neue Teile

Den Verletzten hastig ein,

Tobten draußen querfeldein

Die grauen und die grünen Streiter

Befehls- und pflichtgetreu brav weiter.

Die Heroen beider Staaten

Drängte es zu Heldentaten.

Der grüne Krieger Quakelaut,

Ansonsten eine brave Haut,

Schlug, er fühlte sich bedroht,

Auf einen Mauser ein verroht.

Mittels gezieltem Keulenhieb

Er den Gegner rückwärts trieb.

Dann stellte er der Maus ein Bein

Und hieb weiter auf sie ein.

Als sie dann am Boden lag,

Mit voller Wucht, der letzte Schlag,

Zornig und gar ungehalten

Vom wilden Frosche ausgeführt

Hat den Schädel ihr gespalten

Was zu ihrem Tod geführt.

Hopp Quäkeling mit seinem Speer

War hinter Speckaufspürer her.

Der hatte im Kampf sein Schwert verloren.

Drum blieb er jetzt nicht ungeschoren.

Aber der Mauser war nicht feig!

Bewaffnet mit einem Dornenzweig

Stellte er sich Hopp erneut.

Doch er hat es schnell bereut.

Des Frosches Lanze, sechs Ellen lang,

Ihm durch die Mäuse-Gurgel drang.

Als der Verletzte warmes Blut

An sich herunterströmen spürte

Verließ urplötzlich ihn der Mut.

Er tat was sterbend sich gebührte

Und sprach zum Himmel das Gebet

Welches bei Matthäus steht.

(Mt 6,5-15)

Den Text hatt‘ er nicht mehr ganz drauf.

Nach „Dein Reich komme“ gab er auf.

Dann schwand um ihn herum die Sicht.

„Tollkühnheit lohnt sich wirklich nicht“

So dachte er, dann kam das Aus.

Ob im Himmel dann der toten Maus

Vergeben wurden ihre Sünden

Könnt einer uns allein nur künden,

Der dort oben ist zu Haus.

Doch der schweigt sich lieber aus,

Vermeidet sich zu offenbaren

Hält sich aus allen Schlachten raus

Die auf Erden hier die Scharen

Seiner Geschöpfe tragen aus.

Auf dass man weiterhin ihn rühm

Bleibt er lieber anonym

Und lässt die Völker unten denken

Er würd für sie das Schicksal lenken.

Doch wie wir schon erfahren haben

Regieren die Götter all erhaben

Und lassen selbst, wenn sie es sehen

Das Unrecht auf der Welt geschehen

Ohne sich einzumischen weil

Auch ihnen ist das eig’ne Heil

Wichtiger als das der Ihren

Die an sie glauben all den Tieren.

Drum wurde unten in der Schlacht

Weiter gekämpft und umgebracht.

Mancher musst sein kostbar‘ Leben

Im Krieg den Göttern treu ergeben,

Kämpfend gegen fremde Rassen,

Draußen auf dem Schlachtfeld lassen.

Quäx von Quakus beispielsweise.

Er starb auf gar brutale Weise.

Gruselratt, ein Mäusekrieger

Und kampfbegabter Überflieger

In Sachen Unmoral und List

Rammte ihm zwecks Lustgewinn,

Einen Baumstamm unters Kinn

Dass dem Frosch der Helm wegflog

Und ihm der Spaß vergangen ist.

Obwohl er sein Buckelschwert noch zog,

Und mit dem Schilde blocken wollte,

Sein Kopf kurz drauf im Staube rollte.

Der Baumstamm traf mit dumpfen Krach,

Worauf das Genick dem Quakus brach.

Aus seinem Rumpfe bläulich-rot

Spritzte Blut. Er war schon tot

Bevor sein Schädel hinter ihm

Ausgerollt war ganz intim.

Das Schwert behielt er in der Hand.

Der Schild worauf geschrieben stand

„Gott mit uns“ lag gleich daneben

Schien zu verspotten den Epheben

Welchen der Mauser Gruselratt

Ins Jenseits just befördert hatt‘.

„Gott mit uns“! In großen Lettern

Prangte es der Maus entgegen.

„Trotzdem konnt‘ ich ihn zerschmettern“

Dacht‘ sie bei sich. Mit Gottes Segen

Werde ich meine Mordlust stillen

Und noch viele weitre killen.

„Ich weiß nun“, dacht‘ sie, „dass im Streite

Der Herrgott ist auf unsrer Seite“!

Gleich nebenan ein Stückchen weiter

Traf Gruselratt der Mäusestreiter

Auf die nächsten beiden Gegner.

Diesmal griff er noch verweg‘ner

Als er es zuvor getan

Blutrünstig und ohne Zögern an.

Mit dem Schwert beim Ausfallschritte

Traf er den ersten in die Mitte.

Vom Nabel bis zum Kehlkopf-Knauf

Schlitzte er den Gegner auf;

Ja er stach durch ihn hindurch

Und traf den zweiten Kämpferlurch,

Der den Kumpel stützte, in die Scham,

Was dem nicht nur den Atem nahm.

Sein bestes Stück samt einem Hoden

Fiel blutend vor ihm auf den Boden.

Mein Gott dachte der Frosch bei sich

„Das ist ja mehr als fürchterlich.

Was soll ich ohne Penis machen?

Die Weiber werden mich verlachen

Wenn ich so vom Krieg heimkehre

Und eine von ihnen begehre.

Schnell wurde dem stolzen Krieger klar

Dass dies das End‘ von allem war

An dem er bisher so sehr hing.

„Was nun“? dachte der Wollüstling.

Wie Aias der Große einst und Sohn

Des Insel-Königs Telamon,

Nach Aischylos, ins Schwert sich stürzte,

Sein Wahnsinns-Dasein so verkürzte,

So tat es nun in Pausbacks Reich

Der entmannte Frosch ihm gleich.

„Leben heißt kämpfen“ in Latein

Ritzte er ins Schwert noch ein.

Dann stellte er die Waffe auf

Vor sich, nach unten mit dem Knauf.

„Deo volente, so Gott will“

Hörte Gruselratt ihn lallen.

Ein Todesschrei gar schrecklich schrill;

Schon war der arme Frosch gefallen.

Quix von Krötenstein, ein Kamerad,

Seit Tagen auf dem Maus-Kriegspfad,

Hörte des Freundes letzten Schrei

Und stürmte durch das Schilf herbei.

„Ach großer Gott“ hat er gesagt,

„Wie konnte das passieren“?

Doch hat er nicht erst lang geklagt;

Er musst‘ es respektieren

Und griff zum Spaten. In der Grube

Liegt nun der tapf‘re grüne Bube.

Sein Schwert als Grabmal aufgestellt

Verweist darauf: Hier liegt ein Held.

Hier ruht Quax Reticulatus,

Ein Frosch vom Eridanos-Fluss.

Ruhe sanft, ohne Geschwafel

Stand darunter auf der Tafel.

Damit es im Jenseits gut ihm geht

Sprach Quix, der Freund noch ein Gebet:

„Er war ein guter Kamerad!

Sein Froschleben war viel zu kurz!

Oh Gott erweise ihm die Gnad‘

Nimm ihn auch ohne Schniedelwurz

Gnädig auf im Paradies

Den Freund: Ich bitt dich überdies

Gib ihm `nen Job; mach den Versuch;

Er war nie schlecht; jetzt als Eunuch

Könnte er deinem Weibe dienen

Nebst ihren Schwestern und Cousinen.

Ich bitte dich, erweis ihm Gnad;

Er war ein tapferer Soldat“!

Ob Zeus sich seiner angenommen

Und ob den Job er hat bekommen

Ist nicht sicher, fest steht nur,

Dass eine grünliche Figur

An jenem Tag den steilen Pass

Hinauf stieg langsam zum Parnass.

Der Aufstieg wurde ihm zu Qual.

Er wollt, so hieß es, sich zur Wahl

Stellen und gegen Zeus antreten.

Pausback hätte ihn gebeten

Diesen steilen Weg zu gehen

Um oben für Frieden einzustehen.

Ja selbst ein großer Teil der Mäus

War inzwischen gegen Zeus.

Viele konnten es nicht fassen

Dass der den Krieg hat zugelassen.

Nur Söldner und Berufssoldaten

Haben dem Grünen abgeraten

Für den Frieden dort zu werben.

„Besser ist’s wenn ein paar sterben“

Schimpften sie gar rigoros

„Als ohne Krieg hier arbeitslos“

Wie die Sache weitergeht

In der nächsten Folge steht.

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wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.