Montag, 12. August 2013

Batrachomyomachia

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 20-13
 Achter Kriegstag

Der nächste der dran glauben musste
War der stets recht selbstbewusste
Mäusekrieger Mausolus.
Als er grad am Stromzufluss
Des Eridanos in den Teich
Am Rande von König Pausbacks Reich,
Um ein bisschen abzuschalten,
Wollt ein Nickerchen kurz halten,
Wurd er von Quarkpoch umgebracht.



Er ist nicht einmal aufgewacht
Als der Feindspeer spitz und lang
Im Schlafe ihm ins Herz eindrang.

Weil auch die Seele bereits tief
Just in dem Moment schon schlief
Als Quarkpoch hatte zugestochen,
Dauerte es ein paar Wochen
Bis sie erwachte; aber dann
Schickte sie sich sofort an
Aus dem wurmstichigen Leibe
Zu fahren und 'ne andre Bleibe,
Ohne den Toten zu verfluchen,
In einem Mauser sich zu suchen,
Welcher noch besser war zu Fuß
Und nicht so stank wie Mausolus.

***

Die Schlacht wurd immer rabiater.
Unker Quax  von Poggenvater
(Alle Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen
im Deutschen Wortatlas "Der Frosch", Marburg 1945)
Schlug mit einem dicken Ast
Zwei Mäuse tot ganz ohne Hast.


***

Die Kriegsberichter  hatten nun
Allerhand im Feld zu tun.


Jeder Vorfall wurd notiert,
Hinterfragt und recherchiert.
Man wollte schließlich wissen wer
Aus dem Krieg kommt heim nicht mehr.

Auch Schlagrahmschlürfer, eine Maus
Aus einem alten Adelshaus
Stand tags darauf auf jener Liste.
Auch dass man ihren Schwanz vermisste
Ward penibel festgehalten.
Dies übermittelt seiner Alten,
Konnte die den Krieg verfluchen
Und sich dann 'nen andern suchen
Denn ohne einen Mann im Haus
Kommt eine junge Maus nicht aus.

***

Eine andere Geschichte
Die eines Tags am Teich geschah,
Steht noch heut im Kriegsberichte,
So wie die Pressemaus es sah.

Die hatte es sogleich notiert
Und nach Haus telegrafiert.
 Am nächsten Tag, wie es gewesen,
Stand im Blatt daheim zu lesen:

"Feiger Mord aus Hinterhalt"
So lautete die Überschrift!
Und mit etwas dünn'rer Schrift:
"Notdurft beendet mit Gewalt!"

Darunter dann das Kriegsgeschehen
Wie der Reporter es gesehen.

- Ein Frosch welcher am Badestrand
In Pausbacks Reich auf Wache stand,
Auf einem Blatt, vor sich ganz nah,
Den Krieger Käsglocksträuner sah.
Der, ein wahrer Fröschehasser,
Machte sein Geschäft ins Wasser.


Er dachte bei sich ganz offenbar,
"Das Wasser ist hier viel zu klar;
Die Frösche unter Wasser sehen
Das Überwasser-Kriegsgeschehen
Und können, wenn wir vormarschieren
Sich dort unten so formieren
Dass, wenn wir den Angriff wagen
Sie uns mit unsrer Taktik schlagen."

Das wär' fatal, drum galt es nun
Dagegen schnellstens was zu tun!

Um die Sicht hüben wie drüben
Im klaren Wasser einzutrüben,
Machte er, erst Groß dann Klein,
In Physignathus Teich hinein.

Eine heldenhafte Tat
Die nie zuvor in der Geschichte
Stand je in einem Kriegsberichte.

Ein Frosch, der das gesehen hat,
Mit Namen hieß er Karaknitt,
Er war ein Sohn von Tiddalik,
Meldete den Vorfall gleich
An das Hauptquartier im Reich.

Die Generalität zu Haus,
Denn das war wirklich ein Skandal,
Suchte den besten Schützen aus
Und setzte ihn in Marsch
Mit dem Befehl "Ziel auf den Arsch!"

Als die freche Maus zum zweiten Mal
Grad fertig sich den Hintern putzte,
Einem Scharfschützen das  nutzte


Um auf die Maus der Rache wegen
Seinen Bogen anzulegen.

Er schoss gezielt mit einem Pfeil
Dem frechen Tier ins Hinterteil.
Die  Maus am Ufer, noch im Hocken
 Ward in ihren Mors getroffen.
Und fiel darüber arg erschrocken,
Ins Wasser. Dort ist sie ersoffen. -

 -Dann folgte noch ein Hinweis drauf,
Dass ihre Leiche tags darauf
Nach Hause wurde überführt
Und dass ihr große Ehre gebührt.

'Nen Orden sollte sie bekommen!
Ob sie den posthum hat angenommen
Wurde bekannt bisher noch nicht. -

So wie in diesem Kriegsbericht
Wurde alles detailliert
Festgehalten und notiert
Damit man nach dem Krieg in Ehren
Konnte den Ruhm der Toten mehren.

***

Auf dem Schlachtfeld unterdessen
Hat die Kräfte man gemessen
Um zu testen welche Seite
Am Ende siegen könnt im Streite.

Nun hatten grad in Pausbacks Land,
Die Mäus, so schien's, die Oberhand.
Frosch um Frosch wurd in der Schlacht
Verletzt nun oder umgebracht.

Frosch Quaste, Quax von Quarridux
(Alle Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen
im Deutschen Wortatlas "Der Frosch", Marburg 1945)
Starb ohne dass er noch 'nen Mucks
Von sich hätt' geben können. Ach!
Als Langohrer  ihm seinen Spieß

Durch Mark und Bein und Rippen stieß
Wurde der Tapfre plötzlich schwach.
Das Schwert entglitt der grünen Pranke.
Sein allerletzter Froschgedanke
Galt seinem Obergott Amun.
Der würde sicher alles tun
Um die verdammte Maus zu schwächen
Und somit seinen Tod zu rächen.

***

Ob der Ägyptergott das tat
Und Rache an Quastes Tod genommen hat,
Obwohl das war sehr interessant,
Ist im Berichte nicht genannt.

***


Dem grünen Recken Schapperch Jabe
Erging es ähnlich. Ohn' Gehabe
Stach Lukullus Mys von Schmatzekern,
Ein grauer, feiger Möchtegern,
Ihm die Lanze durch die Gosch
Tief in den Kopf bis ins Gehirn.


Jabe runzelte die Stirn
Und dacht bei sich: "Für einen Frosch
Hab ich mich ganz gut geschlagen."
Das wollt er auch dem Mörder sagen,
Doch er bracht das Maul nicht auf.
Der Speer in seinem Mund
War dafür der Grund.
Da nahm er, was da kam in Kauf
Ohne was zu sagen
Und ohne groß zu klagen.

Erst wurd es dunkel, dann wurd's Nacht
Um ihn herum: Nur ein paar Sterne
Sah er verlöschen in der Ferne;
Da war er auch schon umgebracht.

Der Mauser dacht: "Das war nicht schwer!"
Mit dem blutgetränkten Speer
Ging er auf Quarte Quakus los.
Er zielte, es war hundsgemein,
Auf des Grünen rechtes Bein


Und er traf. Die Freud war groß
Bei der Maus, beim Gegner nicht.

Mit ungläubigem Froschgesicht
Sah der sich die Bescherung an.
Quarte als Kriegsdienst-Veteran
Erkannt' sofort, das Bein war hin.
Die Lanze stak so tief darin,
Dass er dem Mauser Schmatzekern,
Weil er sich nicht zu helfen wusste,
Letztendlich darum bitten musste,
Ihm mit dem eignen Schwert mal eben
Gnädig den Gnadenstoß zu geben.

Das hat der Gegner liebend gern,
Auf dessen Bitte hin spontan
Zur Hilfe stets bereit, getan.

Poggoküz von Poggenkanter,
Ein durchtrieben militanter
Froschkrieger wurd in der Schlacht,
Als er sich im Fressverlangen
Wollt 'ne leckre Schnecke fangen,


Von Rahmverkoster umgebracht.
Die Schnecke überlebte; aber er
Der Frosch kann fressen sie nicht mehr.

Quadder, Krott von Quakerdux,
(Alle Froschnamen aus der Dissertation von Ursula Wiepen
im Deutschen Wortatlas "Der Frosch", Marburg 1945)
Ein Frosch von edlem Adel
Hatt' mit dem Feinde seine Crux
Weil der ihm eine Nadel
Von hinten in den Rücken stieß.



Der Krieger welcher Rotta hieß,
Kannte kein Erbarmen.
Im Gegenteil, er stieß dem Armen,
Zornig, nicht befehlsgemäß,
Das Schwert dazu noch ins Gesäß,
Dass der, als just ins Gras er biss,
Seinen letzten Dreck noch schiss.

Als Quadder dacht: "Das ist brutal."
War vorbei bereits die Qual.

Noch schlimmer ist es Fracksch ergangen.
Er verlor sein linkes Bein
Und das Leben obendrein.


Den Mord hat Kirchmauser begangen.
Als Fracksch just grad am Teichrand saß
Und seine Trockenfliege aß,
Schlug der graue Mausfilou
Mit seinem Säbel feige zu.
Ein Hieb, ein Schnitt, das Bein war ab
Grad als es was zu futtern gab.

Die Fliege blieb im Hals ihm stecken.
Was gedacht als Abendbrot
Brachte Fracksch in Atemnot.
"An Erstickung zu verrecken"
So dacht der Frosch im Sterben,
"Ist schlimmer als erdolcht zu werden,"

Der Appetit ward ihm verdorben.
So ist Fracksch der Frosch gestorben!

***

Er hatte in der leid'gen Sache
Just gerade ausgedacht,
Da nahte Moorkex welcher Rache
Für seinen Freund wollte mit Macht.


Die Maus, als Mörder tituliert,
Hat sich mit ihm drauf duelliert.
Das Gefecht ging hin und her
Bis Moorkex wurd der Arm zu schwer,
Um sein Langschwert  noch zu führen.
Ohne den Kampf noch mehr zu schüren
 Entschloss er sich darob zu fliehen
Und sich abrupt zurückzuziehen.

Im dichten Uferschilf versteckt
Hat Quarkgager ihn entdeckt.

Bewusstlos lag er dort wie tot.
Der Kamerad in seiner Not
Wollte just den Puls ihm messen
Und ihn ins Lazarett dann tragen.
Doch der andre unterdessen
Verstarb ganz schlicht an Herzversagen.

Das war Quarkgager sich im Klaren:
"Den Weg dorthin kann ich mir sparen!"

Just als er dieses sich gedacht
Hat eine Erfahrung er gemacht
Die er nie vergessen sollte.
'Ne Maus, von der er gar nichts wollte,
Eine von diesen wieselflinken,
Kam mit dem Schwerte in der Linken
Ganz überraschend angeflitzt
Und hat den Bauch ihm aufgeschlitzt.

Die Sache ging dem Frosch so nah,
Dass er rote Sterne sah.
Als jene langsam dann verblichen
Und ewiglichem Dunkel wichen,
Da wusst' der Frosch: "Nun ist es aus!"
Das gleiche dachte auch die Maus.
Doch sie bezog es nicht auf sich.
Sie zog das Schwert nach ihrem Stich
Aus dem toten Frosch heraus
Und wandte sich, oh Schreck oh Graus,
In Mordlust, nichts war ihr tabu,
Dem nächsten Frosch im Felde zu.

***

Um welchen Krieger es da ging
Dem der graue Mordlüstling
Den Garaus machen wollt brutal,
Verrat ich Euch das nächste Mal.

wird fortgesetzt


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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.