Samstag, 1. August 2009

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 1-7
Kriegsrat der Mäuse

Der Jägermeister Tellerlecker
Und sein Gesell, der Butterwecker,
Zwei Mäuse von der Diener Schar,
Die auf die Jagd gezogen war
Mit Bröseldieb, und diesen nun
Aufsuchten ohne Rast und Ruh’n,
Die kamen eben zu dem See,
Als Bröseldieb auf Pausback ritt,
Und sah’n wie in des Wassers Mitt’
Er kläglich sank. Mir großem Weh
Vernahmen sie sein Abschiedswort.

Verzweifelnd liefen sie am Rand,
Besah’n das Wasser und das Land,
Versuchten ob durch Schwimmen, Waten
Die Rettung ihnen mocht’ geraten,
Versuchten hier, versuchten dort;
Doch ach! Vergebens war ihr Wagen;
Sie mussten, wollten sie ihr Leben
Für nichts und wieder nichts nicht geben,
Ans Land zurück. Sie heulen, klagen
Und ringen ihre Hände sehr
Und rufen laut der Frösche Heer,
Vor allem deren Könige,
Drohworte zu nicht wenige
Und Flüche, schrecklich anzuhören.
Was aber half’s, sie mussten ohne
Den jungen Fürsten nun zum Throne
Des hoch betagten Vaters kehren.
Und einem Frosche, der im Schrecken,
Sich vor der Schlange zu verstecken,
Am Rand gekrochen war ins Gras,
Verlegten sie behänd den Paß;
Der musste nun, da er gefangen,
Erzählen wie es zugegangen.

Sie kamen heim. Wer malt den Schmerz!
Der nun zerreist der Eltern Herz!
Die Königin insonderheit
Starb fast vor bittrem Herzeleid
Um ihren einz’gen, letzten Sohn
Und den Erben von des Königs Thron.
An Schönheit kam im ganzen Reich
Und Tugend ihm wohl keiner gleich.
Vor Allem hörte man sie klagen,
Dass man nicht konnt’ zu Grab ihn tragen.
Und dass er tief im See vergessen,
Sich sollt von Schlangen lassen fressen.
Es klagt der Diener ganze Schar,
Und jeder treue Untertan,
Der des Geschehens kundig war,
Zog seine Trauerkleider an.

Im Schloss zu Mausulina war
So Alt wie Jung der Freude bar;
Die Wände wurden schwarz beschlagen,
Man hörte Jammern nur und Klagen.
Die Königin in Ihrem Saal
In Ohnmacht viel gut zwanzig Mal,
Und ihre Tränen flossen bitter;
Die Prinzen weinten und die Ritter.
Die Damen rangen ihre Hände
Da war des Weinens gar kein Ende.
Das ganze Land versank in Trauer,
Waldmaus und Städter, selbst der Bauer:
Denn Maus und Mäusin hatten lieb
Den toten Prinzen Bröseldieb.

Am meisten brannt’ in Wut und Schmerz
Schinkenklaubers Vaterherz,
Als er des Sohnes Tod vernahm,
Der durch den Frosch ums Leben kam,
Und wie er noch zuletzt gesprochen:
„Lasst meinen Tod nicht ungerochen!“
Er hob gen Himmel gleich die Hand
Und rief: „Verwünscht sei all mein Land,
Mein Schloss soll Feuer mir zerstören,
Der Storch die Kinder mir verzehren,
Der Iltis soll mein Weib genießen,
Der Igel mag mich selber spießen,
Wenn ich nicht halte mein Versprechen,
Ihn an dem Mördervolk zu rächen!“

So schwor der König und entbot
Ins Schloss die Räte seiner Krone.

Von Walde kam Fürst Eicheltod,
Der war der Nächste bei dem Throne;
Fürst Wurzelkratzer war der Zweite.
Der brachte mit ein groß Geleite
Von Kriegsvolk wie zu einer Schlacht;
Er prahlte gern mit seiner Macht.
Zu diesen Waldherren kamen noch
Zwei Feldherrn; einer Hupfinsloch,
War Herr im offnem Felde drüben;
Wo in Kartoffeln, Kraut und Rüben
Die Mäuse wohnten weit getrennt,
Führt’ er sein friedlich Regiment.
Sein Nachbar war Fürst Tennenmauser;
Er galt für einen argen Knauser,
Und jede Kornmaus weit und breit
War ihm zu Dienst und Zins bereit.
Von Mausherrn traten ihnen bei
Fürst Semmelzahn, ein guter Degen,
Und Mauerwühler, diese Zwei,
Der Letztere stark und auch verwegen.
Die standen um den König her,
Dess’ Herz von Groll und Kummer schwer,
Und also hub er an zu reden:

Der Kriegsrat der Mäuse

Wir fochten schon so manche Fehden
Mit Feinden aus, ihr edlen Herrn,
Und immer halft ihr gut und gern;
Doch lieber war mir Kampf und Streit
Noch niemals als zu dieser Zeit,
Da Pausback solchen Gruß mir bot
Und Bröseldieb ertränkt zu Tod.

Jetzt gebt mir Rat in Zorn und Qualen,
Wie wir dem Quakfrosch das bezahlen.“

Da sprach nun jeder das und dies.
Fürst Eicheltod schlug an den Spieß
Und sprach zuerst: „Es werde Krieg,
Denn unerhört ist solch Erkühnen;
Blut lässt sich nur mit Blute sühnen;
Gerechter Sache folgt der Sieg!“

Es stimmte seiner Meinung bei
Fürst Wurzelkratzer mit Geschrei;
„Den Sieg schafft unser Durst nach Rache!“
So rief er aus mit großem Grimme;
„Was nützt uns eine gute Sache?“


Auch Semmelzahn gab seine Stimme
Für Krieg; nur riet er, gut zu rüsten,
Statt sich mit Zuversicht zu brüsten.
Fürst Mauerwühler sprach: „Mein König,
Nur los! – Das andre liegt mir wenig:“

Da trat Fürst Tennenmauser vor;
Der griff bedenklich hinters Ohr
Und sprach: „ Wir haben Schild und Lanzen,
Allein wie steht’s mit den Finanzen?
Der Krieg verschlingt 'ne Menge Geld;
Wenn uns der Würfel günstig fällt,
So gibt es gute Beute doch;
Wie aber, wenn wir unterliegen?“

Zum Frieden riet auch Hüpfinsloch;
Er sprach: „Was haben wir vom Siegen?
Vergossen wird viel schuldlos Blut;
Kommt unserm Prinzen das zu gut?
Mein Rat ist, dass man gleich beordert
`Nen Boten und zum Zweikampf fordert
Den König Pausback. Das ist nötig.
Zum Zweikampf bin ich selbst erbötig.

„Ihr seid sehr gütig“, sprach voll Hohn
Der König drauf, „für meinen Sohn
Das teure Leben dran zu wagen;
Doch wozu wollt ihr selbst euch plagen?

"Vielleicht ist Tennenmauser willig;
Gebt ihm nur Geld, er macht es billig!"

Ich will’s in meinen Händen halten;
Krieg gibt’s ihr Herrn, und Schädelspalten!
Wir sammeln unsre ganze Macht
Und bieten dem Gezücht die Schlacht,
Und sollten sie uns die versagen,
Soll sich kein Frosch an Land mehr wagen,
Es sei denn lebensüberdrüssig.
Bis morgen Abend seid bereit;
Ich schmied noch heut den Plan zum Streit;
Ein andrer Rat ist überflüssig.“

wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.