Dienstag, 4. November 2014

Die beiden Kriegsherrn


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 27- 9
- 9. Kriegstag -
- Die beiden Kriegsherrn -

Als Pausbacks scheelen Blick er sah,
Wurde böse er beinah.

"Das kleinste Säugetier der Welt,"
So hat er nochmals klargestellt
"Weil es den Leuten so gefiel,
Galt als heilig einst am Nil!"

"Du glaubst mir nicht, wie ich wohl seh'"
Und dabei schritt er zum PC.

"Komm her zu mir, nun komm schon, komm."
Sprach er und griff zur CD-ROM,
Um als Beweis, der Wahrheit wegen,
Sie ins Laufwerk einzulegen.

Er kannte gut sich damit aus.
"Schau, dieses Ding hier nennt man Maus,"
Grinste er. "Ein Computer-Fabrikant
Hat das Teil nach mir genannt."

Während er sprach, hat ganz geschickt,
Er zweimal kurz darauf geklickt,
Und schon kam auf dem Monitor
Das erste alte Bild hervor.

Es zeigt auf einem Ostrakon
Den Mausgott, der in Prozession
Von vier Schakalen, die sich plagen,
Zum Tempel wird zurückgetragen.

Der Scherbe ist schon ziemlich alt.
Viertausend Jahre sicher bald.

Der Mäusegott im alten Theben
Hat meine Ahnen ganz nach oben,
Später auf den Thron gehoben.
Dort ließ es sich für sie gut leben.

Zu seinen Worten simultan,
Klickte das nächste Bild er an.



Da wurde es selbst Pausback klar,
Wer einst am Nil der Herrscher war.
Troxartes nun ganz wild darauf
Seinen Gast noch vor dem Speisen
Alles das auch zu beweisen
Was Krümeldieb, sein guter Sohn
Dem Frosch am Teich erzählt hat schon.

Mit der Maus als Unterpfand
Der reinen Wahrheit in der Hand,
Klickte Bild um Bild er auf.


"Hier" sprach er "ist ein Fragment
Von einem Papyrus, auch vom Nil,
Auf dem man eine Maus erkennt,
Die, als wäre es ein Spiel,
Doch es war einst ihr Beruf,
Die Sonne täglich neu erschuf.

"Und hier" fuhr weiter er spontan,
"Schau dir dieses Bild mal an.



Noch ein Mauser auf dem Thron.
Die Ägypter wussten schon,
Dass wir Mäus' was bessres sind.

Hier eine Maus mit ihrer Zofe;
Vor der Brust trägt sie ihr Kind;
Wir waren gern geseh'n bei Hofe.



Die Katzen mussten uns bedienen,
Baden, bekochen und frisieren.
Wir gaben dafür Futter ihnen
Und haben unsern Hofhaustieren,"
So hat der König es erklärt,
"Auch freie Unterkunft gewährt.


Die Göttin Bastet damals gar
Bedienstet bei uns Mäusen war.

Als Wagenlenker, glaube mir,
Waren die allerbesten wir,
Die es im Nilstromlande gab.


Schied einer von uns aus dem Leben,
Trug man ihn im alten Theben
In einem Sarkophag zu Grab
Als wäre er der Pharao.

Auch wurde er dann ebenso
Wie der König balsamiert
Und in den Sarkophag platziert.


In diesem, auf einer Barke dann,
Seine Überfahrt begann
Ins Totenreich am Nilstromstrand.
So manche Maus man dort schon fand,
Die, obwohl Jahrtausende schon tot,
Einen schöneren Anblick bot
Als der tote Pharao
Und große Herrscher Ramses zwo.

Und so sah unsre Ahnenmaus
Im Sarkophage damals aus!"


***
 wird fortgesetzt

Sonntag, 2. November 2014

Die beiden Kriegsherrn


Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 27- 8
- 9. Kriegstag -
- Die beiden Kriegsherrn -

Die beiden Kriegsherrn unterdessen
Hatten andere Interessen.

So wie sie stets zu tun es pflogen,
Wenn draußen auf dem Feld der Ehre,
Es brenzlig wurd für ihre Heere,
Hatten sich zurückgezogen.

Sie spielten klug und geistig wach
Anstatt zu kämpfen lieber Schach,
Weil dabei nicht das Blut gleich fließt
Und einem den ganzen Krieg verdrießt.


Während draußen in der Schlacht
Wurd die Drecksarbeit gemacht,
Unterhielten sich die zwei
Nebst der Holzbrettspielerei,
Wo einer wollt den andern schlagen,
Über aktuelle Fragen.

Auch über den Krieg wurde gesprochen.
"Ja, das hat mein Sohn verbrochen",
Hat die Maus zum Frosch gesagt.
Psicharpax der dumme Bub
(Sohn des Mäusekönigs, der vom Frosch angeblich
 ersäuft wurde und  die Ursache für den Beginn
der kriegerischen Auseinandersetzung war. An anderer
Stelle auch Krümeldieb oder Bröseldieb genannt)
Im pubertären Wachstumsschub,
Ich hab mich auch schon aufgeregt,
Hat uns alle reingelegt.

Er ist damals, ich sag es offen,
Als mit dir zur See er fuhr,
In Wirklichkeit gar nicht ersoffen.
Er hat die Sache inszeniert,
Um mein Mitleid zu erregen.
Ich hab geschimpft mit ihm deswegen
Als er zurück nach Hause kam.
Worauf er seine Rüstung nahm
Und mit Langschwert, Pfeil und Bogen
Aus Protest ist in den Krieg gezogen.

Der gute Bub, es ist zum Weinen,
Wird noch sterben in der Schlacht."

Pausback wollt das nicht verneinen
Doch sprach zum andern er bedacht
Und ohne jede Stichelei:
"Ach was, der Krieg ist bald vorbei.
Dein Sohn kommt sicherlich nach Haus."

Dann  warf er ihm die Dame raus
Und sprach grinsend: "Du bist schachmatt."
Da war der Mäusekönig platt!

"Doch um bei deinem Sohn zu bleiben,"
Fuhr Pausback freundlich lächelnd fort;
"Der  neigt, scheint mir zum Übertreiben
Und führt gern das große Wort.

Als er an der Schilfrohrbucht
Mich am Teich hat einst besucht,
Hat zu meinem Missbelieben,
Er ein wenig übertrieben
Als er von sich und auch danach,
Von seinen werten Eltern sprach."

"Was hat denn Krümeldieb gesagt?"
Hat Troxartes da gefragt
Und fügte sogleich ganz spontan,
Einen Nachsatz auch noch an:

"Der Bub ist sicher kein Genie;
Doch übertreiben würd' er nie.
Dafür ist er zu bescheiden!"

Pausback wollte es vermeiden
Den Gastgeber des Buben wegen,
Erneut nun nochmals aufzuregen.
Doch der Wahrheit wegen dann,
Fing er zu berichten an:

"Er sprach von sich, als wär' er reich
Und dass rein gar nichts wär' mein Teich,
Gegen all die Ländereien
Seines Vaters: Jene seien
Zig tausendmal größer als mein Pfuhl.
Und dass zu Haus auf güldnem Stuhl,
Er würd' nebst seinem Papa sitzen,
Der auf der nördlichen Hemisphäre,
Der größte aller Herrscher wäre.

Du würdest so viel Land besitzen,
Dass die Sonne, wenn sie am Himmel steht,
Niemals darin untergeht.
Es reicht, log er, vom Hellespont,
Nach Westen bis zum Horizont
Und noch, so führte er es aus,
Ein gutes Stück ins Meer hinaus.

Und er sprach, mich zu verstimmen,
Und eure Lebensart zu preisen,
Über all die leckeren Speisen,
Welche ihr beim Mahl genießt.
Ihr würdet all im Reichtum schwimmen,
Weil Honig dort bei euch nur fließt,
Wo bei uns die Flüsse pur
Führen simples Wasser nur.

Krümeldieb, das lass Dir sagen,
Hat ziemlich dick einst aufgetragen,
Als ich ihn am Teich erwischte,
Wo er sich nach einem Zank
Mit einem Wiesel grad erfrischte
Und von meinem Wasser trank.

Er wollte mich gar glauben machen,
Dass euer Volk und eure Rasse
Wär' auf der Welt die Herrscherklasse,
Der ich, weil er vor dir das wüsste,
Mich tunlichst unterordnen müsste.

Weil Mäuse, darauf wollt er wetten,
Eine bessre Herkunft hätten,
Als wir Frösche; und auch du
Wärst makellos; es stünd' euch zu
Unser stolzes Volk am Teich
Verpflichten zum Fron in euerm Reich.
Du würdest binnen ein paar Wochen
Mich und die meinen unterjochen.

All das und noch viel dümmere Sachen
Hat Krümeldieb mir aufgetischt,
Als ich ihn hab am See erwischt,
Wo, das will ich nicht verhehlen,
Er das Wasser wollt mir stehlen!"

Da musste Troxartes lauthals lachen.
"So ist er nun einmal mein Sohn!"
Sprach er mit Stolz im Unterton.
"Er scheut das Wasser so wie ich,
Denn unser Volk versteht es eben
An Land viel besser noch zu leben
Als du mit deinem Lurchenvolk
Im Teiche unterm Uferkolk.

Wir haben alles was wir brauchen
Und müssen deshalb nicht erst tauchen!"

Der Froschkönig vernahm den Hohn
In seines Gegenübers Ton,
Doch ließ er sich nicht provozieren
Und fuhr statt dessen stante pede
Fort in seiner Klagerede.


"Und am Schluss hat ungefragt
Dein Filius mir noch gesagt,
Dass ihr die edelsten von allen Tieren
Wäret weil ihr all zusammen,
Würdet von Apoll abstammen,
Und der, so sprach er frank und frei,
Noch heute euer Schutzgott sei.

Er hat den Mund sehr voll genommen
Als wir miteinander sprachen.
Doch als er auf meinem Rücken saß
Und ich mit ihm bin los geschwommen,
Ist vergangen ihm der Spaß.
Da hat er ohne jeden Grund
Gewinselt wie ein feiger Hund!"


Auch der Mäusekönig jetzt
Ließ den andern nicht erkennen
Dass seinen Sohn feige zu nennen
Ihn gar tief hatte verletzt.

Um Streit jetzt zwischen ihnen beiden
In seinem Hause zu vermeiden
Fuhr beschwichtigend mit Stolz im Wort
Er zu seinem Gaste fort:

"Was mein Bub dir hat beschrieben,
Ist alles wahr, das kannst du glauben.
Er hat sogar noch untertrieben.
Du wirst es nachher selber sehen
Wenn nach nebenan wir gehen,
Und ich dich nach 'nem Honigbade,
In mein Haus zum Essen lade.
Es gibt Käse heut mit Trauben.
Das Bad davor, wie immer hier,
Damit auch alles passt
Und du alles hast,
Bereitet meine Gattin dir.

Ich hab ihr viel von dir erzählt.
Seit ich mit Leckmüll bin vermählt,
Tauschen wir uns rege aus.
Sie ist eine kluge Maus
Und eine Schönheit obendrein,
Auf die ein König stolz kann sein.

Sie ist die schönste Maus von allen.
Du wirst ihr sicher auch gefallen."

Pausback wollte protestieren
Obwohl er Appetit schon hatte.

"Du brauchst dich bei uns nicht zu zieren"
Sprach indessen Leckmülls Gatte.
Fühl dich bei uns ganz zu Haus."

"Vor dem Festmahle jedoch,"
Fuhr fort die königliche Maus,
"Ein paar klare Worte noch:"

"Dass wir Mäuse all zusammen,
Vom Griechengott Apoll abstammen,
Ist bei uns hier unbestritten.
Doch unsere guten alten Sitten,
Und unser ganzer Lebensstil,
Stammen noch aus der Zeit am Nil,
Wo vor vielen tausend Jahren
Unsere Ahnen Götter waren.

Als kleinstes Säugetier der Welt
Unter Ägyptens Himmelszelt,
So war dereinst der Status Quo,
Regierten wir nebst dem Pharao."

***

Wird fortgesetzt







Samstag, 1. November 2014

Auf dem Schlachtfeld

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 27- 7
- 9. Kriegstag -
- Auf dem Schlachtfeld -

Draußen im Felde unterdessen,
Weil das Schlagen einer Schlacht
Mehr als Nichtstun hungrig macht,
Dachten die ersten schon ans Essen.

So auch Hubbs, der mit dem Speer
Hinter einer Maus war her,
Einer von den dreisten frechen,
Um sie von hinten abzustechen.

Doch just bevor der Mord geschah,
Er eine fette Fliege sah.


Die hat ihn derart abgelenkt,
Denn er wollt sie haben,
Dass er vor der geplanten Tat
Das Ziel noch mal gewechselt hat
Und dem Tier, anstatt der Maus,
Das Leben löschte hungrig aus,
Um sich an ihr zu laben.

"Er hat das Leben mir geschenkt"
Dachte die Maus in ihrem Glück
Und zog sich dann zur Frühstückspause,
Hinter die Frontlinie zurück.

Am Käsebrot, das ihr zu Hause
Die Liebste hatte mitgegeben,
Wollte sie sich stärkren eben
Als Utschepong, ein Froschsoldat,
(Ursula Wiepen S. 118)
Sie die Hände hoch zu heben bat.

  
"Flossen hoch und Käse her!"
Schrie er, "den brauchst du jetzt nicht mehr!"

Als er den Bogen hat gespannt,
Fiel ihr der Käse aus der Hand.

Als der Frosch dann ziemlich fies,
Die Sehne plötzlich flitschen ließ,
Traf es die Maus. Sie war gleich tot.
Der Mörder aß ihr Käsebrot.

Es hat phantastisch ihm geschmeckt.
Satt hat er sich im Schilf versteckt,
Um dort, was er gewohnt zu tun,
Sich nach dem Essen auszuruh'n.
 
Er war gerade eingenickt
Und träumte von der Nachkriegszeit.
Da hat ein Mauser ihn erblickt.
Der nutzte die Gelegenheit
Und hat sich leise angeschlichen.


Tückisch durchstieß von oben her,
Er den Träumer mit dem Speer
Und hat sich schnell davongemacht.

Der Frosch ist nie mehr aufgewacht.
Er starb auf angenehme Art.
Jeder Schmerz blieb ihm erspart.
Er ist im Schlaf verblichen.

 ***
 
Der Krieg wurd immer rabiater!
Zeus der alte Göttervater,
Bequem in seinem Liegesitze,
Hoch oben auf des Idas Spitze,
Sah interessiert die Schlacht sich an
Und hatte seinen Spaß daran.

Als er aus der Ferne sah
Was dort unten just geschah,
Lachte er laut schallend los.
"Ach was ist das doch famos,
Wenn so wie wir in alten Zeiten,
Dort unten sich die Völker streiten!"

Dann schrie er freudig: "Ganymed,
Mach schon, bring mir neuen Med!"

***

Frosch Pogwatsch war mit seinem Speer
Hinter Maus Großbissner her,
Welche im Rennen offenbar
Noch schneller als er selber war.



Als der Froschkrieger erkannte,
Dass der andre schneller rannte,
Weil größer wurde die Distanz,
Trat dem Feind er auf den Schwanz.

Ein jäher Ruck ging durch die Maus.
Danach ein Stich, "Ojemine,
Was tut das Sterben doch so weh!"
Dacht sie noch, dann war es aus.


Pogwatsch gab sogleich den Trick
An seinen Kameraden weiter.
Auch der, ein tapferer grüner Streiter.
Bewährt im Zweikampf hundertfach,
Eiferte dem Kumpel nach.


Maus Vorkatzschiss im Missgeschick,
Ihr war die Lanze grad zerbrochen,
Wurde so von ihm erstochen.

***

Das Kriegsglück auf dem Feld der Ehr,
Schwappte hin und schwappte her
Und blieb, das freilich war nicht neu,
Weder dem einen noch dem andern treu.

***

Eine Maus mit einer Fackel
Wollte dem alten Korax Quackel
Den Allerwertesten verbrennen.

Da half nur eines: Rennen, rennen
Und dann schnell ins Wasser springen.

Zwei andere Krieger sah man ringen.
Der eine, Korax Quackels  Sohn,
Quetschte im Kampfstil Pankration
Dem Sohn von Beißmann, Dexenor,
Die Innereien all zu Brei

Und biss ihn nebenbei ins Ohr,
Dass der mit einem spitzen Schrei,
Befreit von seinen schlimmen Schmerzen,
Schließlich mit gebrochnem Herzen,
Am Teich im dichten Uferried,
Urplötzlich aus dem Leben schied.

***

O ja, der Krieg war dazumal
Beinahe auch schon so brutal,
Wie ihn heut die Terroristen
Führen, die als Dschihadisten
Kämpfen für das Kalifat
Und für einen Gottesstaat.

***

Wie die Geschichte weiter geht
In der nächsten Folge steht.

wird fortgesetzt





Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.