Dienstag, 14. April 2009

Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 1-5

Krümeldieb rühmt seine Männlichkeit,
Stärke und Tapferkeit


Zwar bin ich, fuhr der Prinz fort, von Person
Nur klein, doch biet ich Riesen Hohn;
Mein Herz jedoch ist groß und gut
Und heget unverzagten Mut.
Auch deutet des Körpers Umfang heute
Nicht immer auf den Geist der Leute.
Den Esel jagt die kleine Biene,
Ob gegen sie er ist ein Hüne.
Der Hase läuft, wie ihr wohl wisst,
Vor jedem Frosch, so klein er ist.
Was sollen auch versuchen sich
Maulwurf und Eidechs’ wider mich?
Die Schlange halt ich bei der Kehle,
Bis ich sie ganz zu Tode quäle.
Ein ganzes Regiment Heuschrecken
Mag ich mit einem Sprung erschrecken,
Kann hunderte von Grillen jagen,
Mit Füßen treten und zerschlagen,
Wie ich noch hab erwiesen heute.
Denn wenn ich frühe geh nach Beute
Und einen Kirschbaum hab erstiegen,
Fängt sich ein Zweiglein an zu biegen;
Da flohen rottenweis’ davon
Der Käfer ganzes Bataillon
Und auch die Vögel mancher Art,
Sie spüren meine Gegenwart.
Sogar den Fleischberg Elefant,
Jag ich, wenn’s sein muss, aus dem Land.
Kein Mann war je so dick und lang,
Dass er mich konnte machen bang.
Ich kriech ihm nach ins Bett mit Fleiß,
Wie kühne Flöh, bis in den Steiß;
Such Korn in seines Bettes Stroh,
Und treib mein Wesen keck und froh,
Ob er rumort gleich noch so sehr,
Als wenn’s der Lindwurm selber wär,
Sich umdreht und wie wild sich wehrt,
Und nach mir sticht mit bloßem Schwert;
Vermeint der Tropf, er wird mich schrecken,
Dass ich verängstigt lass das Necken.
Gefehlt! Kaum ich ihn wieder schlafen seh,
Hab ich ihn wieder bei dem Zeh,
Und kneif ihn wacker in die Waden;
Das macht mir Spaß, er hat den Schaden.
Erst neulich begaben sich ähnliche Sachen,
Dass ich noch jetzt muss bei mir lachen.
Der Ochs lag ausgestreckt im Stall,
Und kaute sein Gras zum dritten Mal.
Als ich nun um ihn her so tanze,
Schlägt mich der Flegel mit dem Schwanze.
Da sprach ich: O du fauler Tropf,
Hast wohl kein Hirn in deinem Kopf,
Kein Herz im Leib, noch Mark im Knochen:
So komm einmal hervor gekrochen,
Zum Kampf mit mir; ich will in Ehren
Mich deiner, du Grobian, erwehren.
Der Ochs sprang auf in wildem Zorn,
Sprach: „Elender Wurm, du bist verlor’n!
Ich will dich zerreißen, zerquetschen, zerstampfen,
Dass von deinem Blut die Erde soll dampfen!
Kann auch die Mücke sich so sehr vergessen,
Dass sie des Kampfes sich will ermessen
Mit Elefanten oder mir?
Wart ab, du sollst büßen dafür!
„Ein Narr ist wer den Feind veracht’“,
Sprach ich, und hab dabei gelacht.
Dann fuhr ich wie Davids Schleuderstein
Einst dem Riesen Goliath,
Mit einem Sprunge, er war platt,
Zwischen beide Hörner ihm.
Meine Klauen wie ein Pfriem
Drangen tief in seine Haut.
Er brüllte Zeter mordio laut,
Sprang, stampfte, bäumte sich und stieß
Hart gegen die Mauer, dass Funken und Kies,
Wie Blitz und Hagel, prasselnd fielen.
Allein das machte ihm selbst nur Schwielen,
Nicht mir, drum ließ ich im Beißen nicht nach.
Da wurde vom Toben er endlich ganz schwach,
Hielt ein und gab der Übermacht nach;
Fiel reuig hin vor mir auf die Knie,
Und bat um Schonung; ich gewährte ihm sie.

Dies sei gesagt, nicht mich zu loben,
Nein, sondern nur um ein paar Proben
Von meinem unverzagten Mut
Zu geben, der mein Attribut.

Auch heute, bevor ich zu euch kam,
Ich mich gar heldenhaft benahm.
Den Faltern bin ich nachgezogen;
Doch weil die dauernd weggeflogen
Sind in Panik und in Angst vor mir
Verfolgte ich sie bis nach hier.
Am Ufer sind sie mir entkommen.
Da hab ich einen Trunk genommen
Aus euerm frischen, klaren Born.
Der kühlte mir Gemüt und Zorn.

Weiter was man wissen muss,
Sprach Krümeldieb im Redefluss:
Nun aber hat der Herr der Welt
Sein Regiment hier so bestellt,
Dass jedes Geschöpf auch Feinde hat.
Er fügte es so akkurat,
Dass keines auf der weiten Erde
Zu sehr stolzier und sicher werde.
Wie denn das grüne Gräselein
Hat seinen Feind am Schäfelein,
Das Schaf den Wolf, der Wolf den Hund,
Der Hund des Bären Klau und Mund,
Der Bär den allgewalt’gen Leuen,
Der wieder muss das Manntier scheuen.

Das Manntier aber voller List,
Von allen das allerschlimmste ist.
Eins mordet das andre unbeschwert,
Was man von keinem Tier sonst hört.
Sowohl an Mordlust und an List
Der Mensch ein Ungeheuer ist.

Der leid’ge Habicht und der Falk
Bezwingen mich, der große Schalk
Fuchs Reinecke mit vieler List
So manches Mäuslein fängt und frisst.
Von allem doch, die unsrer Spur
Mordgierig folgen, fürcht ich nur
Drei; erst den Habicht, der geschwind,
Wenn grad am sichersten wir sind,
Mit frohem Tanz beginnt ein Fest,
Sich aus der Luft hernieder lässt,
Mit gieriger Wut uns greift dann an
Und wegführt, was er fressen kann.
Es folgen diesem bösen Brauch
Des Habichts viele Vettern auch,
Die Sperber, Eulen, Weihen;
Den Adler nur wir nimmer scheuen,
Der uns in seinem hohen Mut
Niemals etwas zu Leide tut.
Zum Zweiten fürchte ich die Katze
Mit ihrer mörderischen Tatze.
Wohl gleicht sie einem Jungfräulein;
Die Augen glänzen hell und klar,
Sie leckt und schlichtet sich das Haar,
Putzt ihre Hände, wäscht gar rein
Die netten zarten Wängelein,
So dass, wenn man sie noch nicht kennt,
Das Herz nach ihr gewaltig brennt.
Man sieht an ihr, dass Schmeichelei
Und Freundlichkeit oft Heuchelei;
Doch kaum ein andrer Heuchler ist
Ihr gleich an Mordlust, Tücke, List.
Zum Dritten fürchte ich vor allen
Sehr die verräterischen Fallen,
Die täglich fast auf neue Weise
Der böse Mensch mit großem Fleiße
Uns zu vertilgen stellet aus.
Da steht ein schönes kleines Haus
Mit Tür und Fenster, dass man denkt:
„Hier muss sich’s wohnen recht gemütlich“.
Gebratner Speck am Balken hängt
Und lockt, daran zu tun sich gütlich.
Wenn aber man hinein will gehen,
Sich dort ein wenig umzusehen,
Zu Schmecken ob dem Koch der Braten
Nach seinem Willen sei geraten,
Ob er nicht Mangel hat an Schmalz,
Ob es nicht fehlt daran an Salz,
Ob alles roh sei oder gar, -
Pautz! Fallen Fenster zu und Tor;
Mit Schadenfreude springt hervor
Wild lärmend eine Kinderschar;“
Und jubelt: „Seht, sie ist gefangen!
Wir wollen sie zum Spaße hangen.
Auch macht der Mensch wohl eine Brücke,
Die, wie man meint, ganz feste steht,
Daran jenseits ein lieblich Stücke
Käs hängt. Wenn man hinüber geht,
So bricht die trügerische Brücke,
In Wasser oder einem Kasten
Muss das betrogne Mäuschen fasten.
Auch richten sie wohl einen Stein
Empor mit einem Kreuzelein,
Als wenn’s ein stilles Bethaus wär.
Der Speck am Kreuze lockt gar sehr
Zur Andacht. Doch kaum ist die Maus
Am Kreuz, um mit gefalt’nen Händen
Zum Himmel ein Gebet zu senden,
Oh weh! So bricht das ganze Haus
Samt Kreuz mit großem Lärm hernieder.
Von dem Gebet kommt keiner wieder.
Auch mengen sie ins Zuckermehl,
Das einem schmeckt durch Leib und Seel’,
Ein duftend Pulver fein und rötlich;
Jedoch das Pülverchen ist tödlich.


Seht, Herr, so groß und grausam ist
Der Feinde Schar, die uns mit solchen
Verruchten Mitteln, Macht und List,
Seit ew’gen Zeiten schon verfolgen.
Ein Wunder ist’s, dass unsre Art
Nicht ganz schon ausgerottet ward,
Dass wir im Gegenteil uns mehren,
Dies aber eben gibt uns Mut
Und Kraft, dass wir mit tapfrem Blut,
Uns gegen unsre Feinde wehren;
Und wenn den Mut wir nicht verlieren,
So werden einst wir triumphieren“.

Gar viel hätt’ ich davon zu sagen,
Doch ziemt es sich nicht lang zu klagen.
Euer Gnaden halten mir zu gut,
Wenn meine Jugend Unrecht tut
Und redet mit Weitläufigkeit,
Sonst ist wahrhaftig mein Bescheid.

-
Wird fortgesetzt

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Zur Einstimmung

Bei dem hier unter dem Pseudonym R.W. Aristoquakes virtuell zur Veröffentlichung gebrachten, mehr als einhundertfünfzigtausend Doppelverszeilen umfassenden und mit über 15.000 Zeichnungen versehenen Epos handelt es sich um die umfangreichste Nacherzählung des Homer zugeschriebenen Kriegsberichtes, die jemals niedergeschrieben wurde und nach Auffassung des Autors, um das wichtigste literarische Werk der Neuzeit überhaupt.

Unter dem oben abgedruckten Titel veröffentlicht der noch unbekannte Schriftsteller an dieser Stelle in den nächsten fünf Jahren sein als Fortsetzungeerzählung entstandenes Mammutmachwerk über den antiken Tierkrieg und dessen Folgen für die Menschheit.

Das über zweitausend Jahre alte homerische Epillion, das im Original nur etwa 300 Verszeilen umfasst, wurde von R.W. A., der zehn Jahre lang daran gearbeitet hat, zu einem Mammutwerk aufgebläht, das die Batrachomyomachia mit der Ilias und der Bibel verbindet.

Diese Verknüpfung der drei wichtigsten Werke der abendländischen Literatur, die in etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, dient dem Autor dazu, seine religionsgeschichtliche These zu untermauern, in der er den Frosch als Ursprungsgottheit darstellt und behauptet, dass die Götter der Neuzeit nichts anderes sind als die konsequente Weiterentwicklung der ägyptischen Froschgötter.