Machwerk R.W. Aristoquakes
Teil 10 - 224
Märchenerzähler
im Olymp
Hippodamas aus Perkote
(Ilias 11/335; Sohn des Merops
aus Perkote, von Odysseus getötet)
Erzählte eine Anekdote
Welche er Unkenmärchen nannte
Die noch keine Seele kannte.
Märchen von der Unke
Es war
einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen
mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof.
Wenn es aber anfing zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen,
senkte ihr Köpfchen in die Milch und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran,
und wenn es mit seinem Schüsselchen dasaß und die Unke kam nicht gleich herbei,
so rief es ihr zu:
'Unke, Unke, komm geschwind,
komm herbei, du kleines Ding,
sollst dein Bröckchen haben,
an der Milch dich laben.'
Da kam die
Unke gelaufen und ließ es sich gut schmecken. Sie zeigte sich auch dankbar,
denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Dinge,
glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch
und ließ die Brocken liegen. Da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug
ihr damit sanft auf den Kopf und sagte 'Ding, iss auch Brocken.' Die Mutter, die
in der Küche stand, hörte, dass das Kind mit jemand sprach, und als sie sah,
dass es mit seinem Löffelchen nach einer Unke schlug, so lief sie mit einem
Scheit Holz heraus und tötete das gute Tier.
Von der
Zeit an ging eine Veränderung mit dem Kinde vor. Es war, solange die Unke mit
ihm gegessen hatte, groß und stark geworden, jetzt aber verlor es seine schönen
roten Backen und magerte ab. Nicht lange, so fing in der Nacht der Totenvogel
an zu schreien, und das Rotkehlchen sammelte Zweiglein und Blätter zu einem
Totenkranz, und bald hernach lag das Kind auf der Bahre.
Quelle:
Kinder- und Hausmärchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), 1812-15,
KHM 105
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen