Machwerk
R.W. Aristoquakes
Teil 17-21
- Sagenerzähler im Himmel -
"Ich dank dir Markus," gleich
danach
Der Herr zum Synoptiker sprach
Und hielt als spendete er Segen
Ihm den Branntweinkrug entgegen.
Der nahm den Krug und zum Applaus
Der andern trank er ihn fast aus.
Genüsslich wischte er die Lippen
Und grinste: "Daran nur zu nippen
Wär' eine Unterlassungssünde.
"Weil er grad so günstig stünde"
Hat der nächste sich als Grund genommen
Um auch an ein Glas Schnaps zu kommen.
Melchisedek ergriff das Wort
Und fuhr mit einer Sage fort,
Die bislang im Himmel keiner kannte,
Die sich "Kröte vom Heubühl
nannte".
Die Kröte vom Heubühl
Wir
alle kennen das Märchen vom Froschkönig. Wer aber weiß schon, dass es im
Steigerwald noch immer eine unglückliche Schwester des schönen Prinzen gibt,
die bis heute darauf wartet, von ihrem Fluch erlöst zu werden? Nur die Ältesten
aus der Gegend um Grafenrheinfeld wissen noch zu erzählen, was sich einst
zugetragen hat.
Vor
langer, langer Zeit kam eine fromme Magd in die Kapelle beim
"Heubühl" um zu beten. Aber sie spürte, dass sie nicht allein im
Raume war, wandte sich um und sah die flehenden Augen einer dicken, braunen
Kröte. Das Tier blähte sich auf und sprach mit menschlicher Stimme: "Ach
Jungfer, bitte, bitte küsst mich, dann werde ich erlöst sein!"
Dem Mädchen aber, das die Geschichte vom
Froschkönig nie gehört hatte, grauste es vor dem hässlichen Tier und es ergriff
angstvoll die Flucht. Verzweifelt versuchte die Kröte hinterher zu hüpfen, doch
das Mädchen rannte, ohne sich noch einmal umzublicken, so schnell es konnte
nach Hause. Schon bald gab die Kröte den ungleichen Wettlauf auf und begann,
den Tieren des Waldes ihr Leid zu klagen.
"Oh weh, nun kann ich erst wieder erlöst
werden und im mein Schloss zurückkehren, wenn eines von euch Vöglein einen
Kirschkern vor der Kapelle fallen lässt und daraus ein Baum erwächst. Das erste
Menschenkind, das dann die Kirsche von diesem Baume kostet, wird mich küssen
und mein Erlöser sein."
Den Leuten von Grafenrheinfeld ist dies
Geschichte wohlbekannt. Deshalb wandern viele seit alters her jeden Sonntag
nach dem Kirchgang zur kleinen Kapelle beim "Heubühl", um
nachzuschauen, ob dort endlich ein Kirschbaum wachse - bis heute allerdings
vergeblich.
Auch die dicke, braune Kröte ward bis heute
noch nicht wieder gesehen.
***
wird fortgesetzt
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